Generaldirektion der Europäischen Kommission

Eine Generaldirektion (kurz GD, auch DG für englisch Directorate General / französisch Direction générale) ist eine Verwaltungseinheit der Europäischen Kommission, die jeweils für einen bestimmten Politikbereich zuständig ist. Die Generaldirektionen bilden das Kernstück des exekutiven Unterbaus der Europäischen Union, sie sind daher funktional mit Ministerien auf nationaler Ebene vergleichbar. Während allerdings ein nationales Ministerium stets einem bestimmten Minister untersteht, decken sich die Ressorts von Kommissionsmitgliedern und Generaldirektionen manchmal nicht genau: Zwar sind die Generaldirektionen jeweils bestimmten Mitgliedern der Kommission zugeordnet, manche Kommissare verfügen aber über mehrere Generaldirektionen. In der Vergangenheit kam es zudem bisweilen dazu, dass einzelne Generaldirektionen mehreren Kommissaren zuarbeiteten; mit dem Amtsantritt der Kommission Barroso II wurden jedoch die Ressorts und die Generaldirektionen einander im Zuschnitt angeglichen. Die meisten Generaldirektionen sind in Brüssel angesiedelt, wo im Berlaymont-Gebäude auch der Hauptsitz der Europäischen Kommission ist. Ein Nebensitz befindet sich in Luxemburg.

An der Spitze jeder Generaldirektion steht ein Generaldirektor (Director-General / Directeur-Général). Sie sind als Behördenleiter die höchstrangigen Verwaltungsbeamten der Europäischen Union und etwa mit den Amtschefs eines nationalen Ministeriums (Staatssekretär oder Ministerialdirektor in Deutschland, Sektionschef/Generalsekretär in Österreich) zu vergleichen. Die Generaldirektoren sind für die alltägliche Arbeit in ihrem jeweiligen Ressort verantwortlich und bleiben politisch meist im Schatten der zuständigen Kommissare. Als Grundregel stammen Kommissar und Generaldirektor niemals aus demselben EU-Mitgliedstaat, um nationale Einflussbereiche zu verhindern. Zudem ist vorgesehen, dass Generaldirektoren alle zwei bis fünf Jahre ihren Posten wechseln.[1]

Der Aufbau der Generaldirektionen ähnelt demjenigen von nationalen Ministerien: Sie sind in Direktionen untergliedert, die sich wiederum in Referate (Units) aufteilen. Bis 1999 waren die Generaldirektionen durchnummeriert, seit einer Strukturreform im selben Jahr werden sie nach ihrer Zuständigkeit benannt. Die Direktionen sind meist mit Buchstaben, die Referate mit Nummern gekennzeichnet. Die GD Landwirtschaft besteht beispielsweise aus dreizehn Direktionen mit je drei bis sechs Referaten.

Im Rang den Generaldirektionen gleichgestellt sind auch einige Europäische Ämter (etwa das Statistische Amt) und Dienste der Europäischen Kommission (wie Übersetzungs-, Dolmetsch-, Pressedienst). Auch die zeitlich begrenzt eingerichteten Exekutivagenturen der Europäischen Union haben den Rang einer Generaldirektion. Insgesamt umfasst die Verwaltung der Kommission rund 32.000 Mitarbeitende[2] (zum Vergleich: die deutsche Bundesverwaltung beschäftigt etwa 316.500, die Schweizer Bundesverwaltung etwa 33.000 Mitarbeitende).

Die Generaldirektionen

1. Spalte: Die Generaldirektionen gliedern sich in vier organisatorische Bereiche

  • P: Politikfelder (Policies)

  • E: Außenbeziehungen (External relations)

  • G: Allgemeine Dienste (General services)

  • I: Interne Dienste (Internal services)

  • Die Bereiche sind in der Tabelle nach der ersten Spalte sortierbar.
    3. Spalte: Die Abkürzungen leiten sich meist von den englischen oder französischen Benennungen ab.

    Generaldirektion, Amt, DienstAbk.Generaldirektor/-inHerkunftslandIm Zuständigkeitsbereich des Kommissionsmitglieds für
    PBeschäftigung, Soziales und InklusionEMPLJoost KorteNiederlande NiederlandeBeschäftigung, Soziales und Integration
    PBildung, Jugend, Sport und KulturEACThemis ChristophidouZypern Republik ZypernBildung und Kultur
    GBinnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMUGROWKerstin JornaDeutschland DeutschlandBinnenmarkt und Dienstleistungen
    PEnergieENERDitte Juul JørgensenDanemark DänemarkEnergie
    PMobilität und VerkehrMOVEHenrik HololeiEstland EstlandVerkehr
    PMaritime Angelegenheiten und FischereiMARECharlina VitchevaBulgarien BulgarienUmwelt, Ozeane und Fischerei
    PForschung und InnovationRTDMarc LemaîtreLuxemburg LuxemburgForschung und Innovation
    PGemeinsame ForschungsstelleJRCStephen QuestFrankreich Frankreich Vereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichForschung und Innovation
    PGesundheit und LebensmittelsicherheitSANTESandra GallinaFrankreich FrankreichGesundheit und Verbraucherpolitik
    PKommunikationsnetze, Inhalte und TechnologienCONNECTRoberto ViolaItalien ItalienDigitale Wirtschaft
    PJustiz und VerbraucherJUSTAna Gallego TorresSpanien SpanienJustiz, Grundrechte und Bürgerschaft
    PMigration und InneresHOMEMonique PariatFrankreich FrankreichInneres
    PLandwirtschaft und ländliche EntwicklungAGRIWolfgang BurtscherOsterreich ÖsterreichLandwirtschaft und ländliche Entwicklung
    PRegionalpolitik und StadtentwicklungREGIONormunds PopensLettland LettlandRegionalpolitik
    PSteuern und ZollunionTAXUDGerassimos ThomasGriechenland GriechenlandSteuern und Zollunion
    PUmweltENVFlorika Fink-HooijerDeutschland DeutschlandUmwelt
    PKlimapolitikCLIMAKurt VandenbergheBelgien BelgienKlimaschutz
    PWettbewerbCOMPOlivier GuersentFrankreich FrankreichWettbewerb
    PWirtschaft und FinanzenECFINMaarten VerweyNiederlande NiederlandeWirtschaft und Finanzen
    PFinanzstabilität, Finanzdienstleistungen und KapitalmarktunionFISMAJohn BerriganIrland IrlandBinnenmarkt und Dienstleistungen
    PVerteidigungsindustrie und WeltraumDEFISTimo PesonenFinnland FinnlandBinnenmarkt
    PEuropäischer Katastrophenschutz und humanitäre HilfeECHOMaciej PopowskiPolen PolenHumanitäre Hilfe und Krisenschutz
    EDienst für außenpolitische InstrumenteFPIJosep BorrellSpanien SpanienHoher Vertreter
    ENachbarschaftspolitik und ErweiterungsverhandlungenNEARGert Jan KoopmanNiederlande NiederlandeErweiterung
    EInternationale PartnerschaftenINTPAKoen DoensBelgien BelgienEntwicklung
    EHandelTRADESabine WeyandDeutschland DeutschlandHandel
    GAmt für VeröffentlichungenOPHilde HardemanBelgien BelgienKommissionspräsident
    GBetrugsbekämpfungOLAFVille ItäläFinnland FinnlandSteuern und Zollunion
    GEurostatESTAT / EurostatMariana KotzevaBulgarien BulgarienVerwaltung
    GGeneralsekretariatSGIlze JuhansoneLettland LettlandKommissionspräsident
    GKommunikationCOMMPia Ahrenkilde-HansenDanemark DänemarkKommissionspräsident
    IAmt für die Feststellung und Abwicklung individueller AnsprüchePMOAlexander Gemberg-WiesikeDeutschland DeutschlandVerwaltung
    IInspire, Debate, Engage and Accelerate ActionIDEAAnn MettlerSchweden SchwedenKommissionspräsident
    IInformatikDIGITVeronica GaffeyIrland IrlandDigitale Wirtschaft
    IDatenschutzbeauftragterDPONiels Bertil Rasmussen (kommissarisch)Danemark DänemarkKommissionspräsident
    IDolmetschenSCICGenoveva Ruiz CalaveraSpanien SpanienHaushalt und Personal
    IAmt für Gebäude, Anlagen und Logistik - BrüsselOIBMarc BecquetBelgien BelgienVerwaltung
    IAmt für Gebäude, Anlagen und Logistik - LuxemburgOILMarc Becquet (kommissarisch)Belgien BelgienVerwaltung
    IHaushaltsplanBUDGStéphanie RisoFrankreich FrankreichFinanzplanung und Haushalt
    IInterner AuditdienstIASCristiana Giacobbo (kommissarisch)Italien ItalienSteuern und Zollunion
    IJuristischer DienstSJDaniel Calleja y CrespoSpanien SpanienKommissionspräsident
    IÜbersetzungDGTChristos Ellinides (kommissarisch)Zypern Republik ZypernMehrsprachigkeit
    IHumanressourcen und SicherheitHRGertrud IngestadSchweden SchwedenVerwaltung
    (1) 
    Der Europäische Auswärtige Dienst hat formal den Rang einer Generaldirektion der Europäischen Kommission. Er ist jedoch zugleich auch dem Rat der Europäischen Union zugeordnet und setzt sich neben Kommissionspersonal auch aus Mitgliedern der nationalen diplomatischen Dienste zusammen. Seine Struktur unterscheidet sich daher in vielerlei Hinsicht von anderen Generaldirektionen. Unter anderem wird er nicht von einem Generaldirektor geleitet. Geschäftsführender Generalsekretär ist der Franzose Pierre Vimont, Verwaltungschef der Ire David O’Sullivan.

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Stühlerücken: Europäische Kommissionsbeamte lösen sich gegenseitig ab. EurActiv, 8. Januar 2010.
    2. Commission staff. Abgerufen am 22. Dezember 2021.

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    Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
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    Man sagt, dass der grüne Teil die Mehrheit der katholischen Einwohner des Landes repräsentiert, der orange Teil die Minderheit der protestantischen, und die weiße Mitte den Frieden und die Harmonie zwischen beiden.