FDGB-Pokal 1960

Die Spiele um den FDGB-Fußballpokal 1960 waren die zehnte Auflage dieses Wettbewerbes.

Die Pokalspiele fanden letztmals im Kalenderjahres-Rhythmus statt und starteten am 20. Februar mit einer Vorrunde, die nach territorialen Gesichtspunkten gelost wurde, an der aus der Saison 1959 die 15 Bezirkspokalsieger, die beiden Absteiger aus der DDR-Oberliga, die Mannschaften aus der DDR-Liga (ohne Aufsteiger) und die Vertreter der drittklassigen II. DDR-Liga teilnahmen. Alle Pokalrunden wurden im K.-o.-System ausgetragen, deren Spiele bei Gleichstand nach der regulären Spielzeit durch Verlängerung und gegebenenfalls durch ein Wiederholungsspiel entschieden wurden.

In der sich anschließenden 1. Hauptrunde stießen die 14 Mannschaften der DDR-Oberliga hinzu, von denen sich Einheit Dresden und Fortschritt Weißenfels sogleich aus dem Pokalgeschehen verabschiedeten. Eine Besonderheit gab es in diesem Jahr in der 2. Hauptrunde: Der DFV hatte beschlossen, die Austragung der Begegnungen auf neutralen Plätzen in ländlichen Orten im Norden der DDR durchführen zu lassen. Damit sollte die Verbundenheit zur landwirtschaftlichen Bevölkerung gezeigt werden. 1960 wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zwangsweise durch eine Kampagne der SED abgeschlossen. In dieser Runde schieden mit den Rotation Leipzig, Aktivist Brieske-Senftenberg und Aufbau Magdeburg drei weitere Oberligisten aus.

Das Achtelfinale erreichten neben den verbliebenen neun Oberligamannschaften der letzte Bezirksvertreter Dynamo Erfurt, sowie jeweils drei Mannschaften aus der II. und der I. DDR-Liga. Hier scheiterten die Vorjahres-Finalisten Dynamo Berlin (0:1 bei Empor Rostock) und Wismut Karl-Marx-Stadt (0:3 bei Lokomotive Stendal). Dynamo Erfurt hatte das Glück, zuhause gegen Einheit Greifswald aus der I. DDR-Liga antreten zu können, nutzte seine Chance mit einem 2:0-Sieg und zog zusammen mit Motor Karl-Marx-Stadt als einzige Unterklassenmannschaften in das Viertelfinale ein. Erfurt ging mit einer hohen 1:8-Niederlage bei Chemie Halle unter, die Karl-Marx-Städter erkämpften sich ein 2:0 gegen Lokomotive Stendal, schieden dann aber im Halbfinale ebenfalls mit hoher 1:7-Niederlage bei Motor Jena aus. Neben den Jenaern qualifizierte sich für das Finale der SC Empor Rostock. Für die Thüringer war es die erste Endspielteilnahme, während die Mecklenburger nach 1955 und 1957 schon den dritten Versuch starteten, den Pokal an die Ostsee zu holen.

Vorrunde

Die Spiele fanden vom 20. bis 24. Februar 1960 statt.

Ergebnis
BSG Aktivist Unterbreizbach2:4SG Dynamo Erfurt
BSG Motor Kranichfeld4:3BSG Chemie Lauscha
BSG Aktivist „Grube Deutschland“ Oelsnitz6:3BSG Aufbau Meißen
BSG Einheit Kamenz3:2ASK Vorwärts Cottbus
ASK Vorwärts Leipzig4:0BSG Fortschritt Meerane
BSG Chemie Weißwasser2:3SG Dynamo Frankfurt/Oder
BSG Chemie Sandersdorf2:3 n. V.BSG Wismut Gera
BSG Aktivist Gommern3:1BSG Chemie Wittenberge
ASG Vorwärts Potsdam2:3BSG Motor Schönebeck
SG Adlershof2:2 n. V.TSC Oberschöneweide
BSG Motor Eberswalde II0:2BSG Chemie Grünau-Schmöckwitz
BSG Einheit Ueckermünde2:2 n. V.BSG Motor Stralsund
ASG Vorwärts Zingst2:2 n. V.BSG Turbine Neubrandenburg
BSG Chemie Schwarza II1:6BSG Aktivist Böhlen
BSG Einheit Ludwigslust3:1BSG Einheit Rostock
ASK Vorwärts Neubrandenburg1:1 n. V.BSG Einheit Greifswald
BSG Motor Eberswalde0:2SG Dynamo Hohenschönhausen
BSG Stahl MK Eisleben2:1BSG Aktivist Kali Werra Tiefenort
BSG Stahl Stalinstadt3:3 n. V.SG Dynamo Dresden
BSG Fortschritt Neustadt-Glewe1:4BSG Lokomotive Stendal
BSG Motor Wismar0:0 n. V.SG Lichtenberg 47
BSG Motor Rostock2:0SG Grünau
SC Traktor Schwerin2:0BSG Rotation Babelsberg II
BSG Einheit Burg3:3 n. V.SG Dynamo Schwerin
BSG Motor Warnowwerft Warnemünde3:2BSG Rotation Babelsberg
BSG Empor Neustrelitz5:0BSG Motor Süd Brandenburg
BSG Motor Rathenow3:3 n. V.BSG Lokomotive Halberstadt
BSG Berliner Verkehrsbetriebe1:3BSG Chemie Bitterfeld
BSG Turbine Finkenheerd0:7BSG Motor Bautzen
BSG Lokomotive Cottbus4:5BSG Stahl Riesa
BSG Chemie Riesa4:2BSG Motor Hennigsdorf
BSG Motor Oberlind4:3BSG Wismut Plauen
BSG Motor Steinach1:2SC Turbine Erfurt
BSG Aktivist „Karl Marx“ Zwickau4:2BSG Motor Sonneberg
BSG Motor Erfurt Nord0:2BSG Stahl Thale
BSG Motor Altenburg5:0BSG Motor Eisenach
BSG Motor Breitungen3:7BSG Lokomotive Weimar
BSG Motor Nordhausen-West2:1BSG Chemie Wolfen
BSG Motor Suhl3:4BSG Aktivist Geiseltal Mücheln
BSG Motor Görlitz1:3HSG Wissenschaft Halle
BSG Aktivist Welzow3:3 n. V.BSG Empor Wurzen
BSG Motor Gohlis-Nord Leipzig2:0BSG Aktivist Laubusch
SG Zwenkau2:0BSG Chemie Schwarzheide
BSG Motor Sömmerda3:3 n. V.SG Dynamo Eisleben
BSG Fortschritt Weida0:7SC Motor Karl-Marx-Stadt
BSG Wismut Rodewisch2:2 n. V.BSG Chemie Leuna
BSG Stahl Silbitz3:2BSG Motor Dessau
BSG Chemie Greppin1:0BSG Chemie Glauchau
BSG Motor Schkeuditz0:2BSG Motor Brand-Langenau

Durch ein Freilos zog die BSG Glückauf Bleicherode direkt in die 1. Hauptrunde ein.

Wiederholungsspiele

Die Wiederholungsspiele fanden vom 24. Februar bis 13. März 1960 statt.

Ergebnis
TSC Oberschöneweide0:2SG Adlershof
BSG Motor Stralsund2:0BSG Einheit Ueckermünde
BSG Turbine Neubrandenburg9:3ASG Vorwärts Zingst
BSG Einheit Greifswald2:0ASK Vorwärts Neubrandenburg
SG Dynamo Dresden4:1BSG Stahl Stalinstadt
SG Lichtenberg 472:3BSG Motor Wismar
SG Dynamo Schwerin0:2BSG Einheit Burg
BSG Lokomotive Halberstadt2:0BSG Motor Rathenow
BSG Empor Wurzen2:0BSG Aktivist Welzow
SG Dynamo Eisleben2:0BSG Motor Sömmerda
BSG Chemie Leuna2:0BSG Wismut Rodewisch

1. Hauptrunde

Die Spiele fanden vom 12. bis 16. März 1960 statt.

Ergebnis
SC Motor Karl-Marx-Stadt4:2BSG Chemie Riesa
HSG Wissenschaft Halle6:1BSG Stahl Silbitz
BSG Aktivist Geiseltal Mücheln3:0SG Zwenkau
BSG Lokomotive Weimar5:2BSG Aktivist „Grube Deutschland“ Oelsnitz
BSG Stahl Thale1:2SC Lokomotive Leipzig
SC Turbine Erfurt2:3BSG Stahl MK Eisleben
BSG Stahl Riesa0:1SC Chemie Halle
BSG Motor Bautzen2:0BSG Einheit Kamenz
BSG Chemie Bitterfeld0:0 n. V.SC Aktivist Brieske-Senftenberg
BSG Lokomotive Stendal2:0BSG Motor Gohlis-Nord Leipzig
BSG Aktivist Böhlen0:3SC Wismut Karl-Marx-Stadt
BSG Motor Schönebeck2:0SC Fortschritt Weißenfels
BSG Wismut Gera4:1SC Einheit Dresden
SG Dynamo Frankfurt/Oder1:3ASK Vorwärts Berlin
SG Dynamo Erfurt3:0BSG Motor Oberlind
BSG Motor Rostock2:3BSG Empor Neustrelitz
BSG Chemie Leuna2:1BSG Aktivist „Karl Marx“ Zwickau
SG Dynamo Eisleben5:0BSG Motor Kranichfeld
BSG Empor Wurzen1:2BSG Motor Zwickau
BSG Motor Eisenach0:4SC Motor Jena
BSG Lokomotive Halberstadt3:1BSG Motor Nordhausen-West
BSG Einheit Burg1:0 n. V.SG Adlershof
SG Dynamo Dresden6:2BSG Chemie Greppin
BSG Einheit Greifswald5:2BSG Motor Warnowwerft Warnemünde
BSG Turbine Neubrandenburg1:4 n. V.SC Empor Rostock
BSG Motor Stralsund3:2SC Traktor Schwerin
BSG Aktivist Gommern0:1ASK Vorwärts Leipzig
BSG Glückauf Bleicherode1:3 n. V.BSG Chemie Zeitz
BSG Motor Brand-Langenau0:1SC Rotation Leipzig
BSG Motor Wismar1:3SC Aufbau Magdeburg
SG Dynamo Hohenschönhausen10:10BSG Einheit Ludwigslust
BSG Chemie Grünau-Schmöckwitz0:1SC Dynamo Berlin

Wiederholungsspiel

Das Wiederholungsspiel fand am 16. März 1960 statt.

Ergebnis
SC Aktivist Brieske-Senftenberg4:1 n. V.BSG Chemie Bitterfeld

2. Hauptrunde

Die Spiele fanden am 24. April 1960 statt.

ErgebnisSpielort
BSG Motor Zwickau4:3BSG Lokomotive WeimarAlt Ruppin
BSG Chemie Zeitz1:0BSG Chemie LeunaNeubukow
BSG Stahl MK Eisleben2:4BSG Lokomotive StendalLübtheen
SC Aufbau Magdeburg0:1SC Motor Karl-Marx-StadtGransee
SC Dynamo Berlin2:0BSG Aktivist Geiseltal MüchelnZiltendorf
ASK Vorwärts Leipzig2:0SC Rotation LeipzigFerdinandshof
SC Wismut Karl-Marx-Stadt2:0SG Dynamo DresdenSeelow
BSG Empor Neustrelitz0:2BSG Einheit GreifswaldMirow
SC Lokomotive Leipzig2:0BSG Motor BautzenRöbel
SG Dynamo Erfurt1:0 n. V.BSG Wismut GeraNonnendorf
ASK Vorwärts Berlin3:1SG Dynamo HohenschönhausenKarstädt
SC Chemie Halle3:1 n. V.BSG Einheit BurgNeukloster
SC Empor Rostock2:0BSG Lokomotive HalberstadtSternberg
SC Aktivist Brieske-Senftenberg2:3 n. V.HSG Wissenschaft HalleGramzow
BSG Motor Stralsund1:2BSG Motor SchönebeckFranzburg
BSC Motor Jena1:0SG Dynamo EislebenKolpin

Achtelfinale

Die Spiele fanden vom 28. Juli bis 10. August 1960 statt.

Ergebnis
ASK Vorwärts Leipzig0:1SC Chemie Halle
BSG Chemie Zeitz1:4SC Lokomotive Leipzig
SG Dynamo Erfurt2:0BSG Einheit Greifswald
SC Motor Jena3:2BSG Motor Zwickau
BSG Motor Schönebeck0:3SC Motor Karl-Marx-Stadt
BSG Lokomotive Stendal3:0SC Wismut Karl-Marx-Stadt
HSG Wissenschaft Halle0:7ASK Vorwärts Berlin
SC Empor Rostock1:0SC Dynamo Berlin

Viertelfinale

Die Spiele fanden am 21. August 1960 statt.

Ergebnis
SC Chemie Halle8:1SG Dynamo Erfurt
SC Motor Karl-Marx-Stadt2:0BSG Lokomotive Stendal
ASK Vorwärts Berlin1:2 n. V.SC Empor Rostock
SC Lokomotive Leipzig0:2SC Motor Jena

Halbfinale

Die Spiele fanden am 4. September 1960 statt.

Ergebnis
SC Motor Jena7:1SC Motor Karl-Marx-Stadt
SC Empor Rostock1:0SC Chemie Halle

Finale

Statistik

PaarungSC Motor JenaSC Empor Rostock
Ergebnis3:2 n. V. (2:2, 0:1)
DatumFreitag, 7. Oktober 1960 um 14.15 Uhr
StadionErnst-Grube-Stadion, Magdeburg
Zuschauer10.000
SchiedsrichterWerner Bergmann (Hildburghausen)
Tore0:1 Werner Drews (30.)
0:2 Herbert Pankau (63.)
1:2 Peter Ducke (78.)
2:2 Peter Ducke (90.)
3:2 Horst Kirsch (110.)
SC Motor JenaHarald FritzscheHilmar Ahnert, Walter Eglmeyer, Hans-Joachim OttoHans Graupe, Siegfried Woitzat (C)ein weißes C in blauem KreisRoland Ducke, Helmut Müller, Peter Ducke, Dieter Lange, Horst Kirsch
Cheftrainer: Georg Buschner
SC Empor RostockJürgen HeinschErwin Schmidt, Kurt Zapf (C)ein weißes C in blauem Kreis, Siegfried SöllnerHerbert Pankau, Heinz MinuthRolf Leeb, Arthur Bialas, Jochen Ernst, Heino Kleiminger (89. Gerhard Schaller), Werner Drews
Cheftrainer: Walter Fritzsch

Spielverlauf

Das 10. Pokalendspiel lebte vor allem durch seine Dramatik und Spannung und hinterließ einen am Boden zerstörten Verlierer. Über eine Stunde lang sahen die Rostocker wie der sichere Sieger aus, doch konnten sie den doppelten Fluch nicht besiegen: Auch im dritten Endspiel konnten sie nicht gewinnen, und noch nie gingen sie in Punktspielen gegen Jena als Sieger hervor.

Zunächst hatte Empor Rostock seinen Gegner fest im Griff, die Deckung um den sicher agierenden Kurt Zapf kaufte den ungestüm angreifenden Jenaer Stürmern den Schneid ab. Auf der anderen Seite setzten die Rostocker Außenstürmer Leeb und Werner Drews die Jenaer Abwehr gehörig unter Druck und Torwart Fritzsche musste Schwerstarbeit leisten. In der 30. Minute musste er sich jedoch geschlagen geben, als Drews einen Kopfball seines Mittelstürmers Ernst mit einem angeschnittenen Direktschuss unter die Latte setzte. Als Pankau in der 63. Minute ungedeckt auf Flanke von Bialas das 2:0 erzielten konnte, wähnten sich die Rostocker bereits auf der Siegerstraße.

Während Rostock nun selbstgefällig seine Kreise zog und fortan jeglichen Biss vermissen ließ, drehte Motor Jena den Spieß um und startete einen Sturmwirbel, der den Gegner zu einer Fülle von Fehlern zwang. Zwangsläufig fiel in der 78. Minute der Jenaer Anschlusstreffer, als Peter Ducke Minuth ausdribbelte und Torwart Heinsch mit einem Weitschuss überraschte. Auch danach bekamen die Rostocker ihr Spiel nicht mehr in den Griff, und Peter Duckes Ausgleichstreffer, bedingt durch einen Fehlschuss des Rechtsverteidigers Schmidt in der 90. Minute, entnervte die Empor-Spieler völlig.

Jena zog in der Verlängerung sein modern angelegtes Spiel durch, bei Rostock lief nichts mehr zusammen. Der Siegestreffer der Jenaer in der 110. Minute verdeutlichte den Spielverlauf der letzten Viertelstunde: Lange stürmt über die rechte Seite, zwei Rostocker Abwehrspieler können seinen Pass in die Mitte nicht verhindern, dort steht Kirsch völlig unbedrängt und kann sich die Ecke aussuchen. Rostocks Trainer Walter Fritzsch kommentierte das Geschehen folgendermaßen: „Mit dem Anschlusstreffer war das Spiel für uns verloren. Aber trösten wir uns, der Gegner war sehr gut, das Spiel insgesamt dramatisch, spannend wie lange keines.“ (Deutsches Sportecho, 8. Oktober 1960)

Literatur

  • Die neue Fußballwoche. Fuwo. Sportverlag, ISSN 0323-8407 (Hefte der Saison 1960).
  • DSFS AG Nordost (Hrsg.): DDR-Chronik 1949–1991, DDR-Fußball in Daten, Fakten und Zahlen. Band 2: 1957–1962/63. Berlin 2006.

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