Lore Maria Peschel-Gutzeit

Lore Maria Peschel-Gutzeit (* 26. Oktober 1932 in Hamburg) ist eine deutsche Juristin und Politikerin (SPD).

Lore Maria Peschel-Gutzeit, 2010

Leben und Wirken

Kindheit und Jugend

Peschel-Gutzeit wurde als Tochter eines aus dem Thüringischen stammenden, promovierten Volkswirtes und einer Lehrerin in Hamburg geboren.[1] Von hier stammte auch die Familie der Mutter, die während des Ersten Weltkrieges verarmte Kaufmannsfamilie Brüggmann. Der Vater war keine prägende Person im Leben Peschel-Gutzeits, weswegen sie in ihrer Autobiografie ihren Adoptivvater, einen ehemaligen Wehrmachtsgeneral,[2] als „leiblichen Vater“ angibt. Dieser adoptierte sie jedoch erst bei Volljährigkeit. Von ihm stammt der Name Gutzeit. Bis dahin hieß sie, wie ihre Mutter, Brüggmann.[3] Sie hat eine vier Jahre ältere Halbschwester aus der ersten Ehe der Mutter. Nach der Bombardierung Hamburgs und Kinderlandverschickung zusammen mit der Halbschwester kehrte sie 1946 nach Hamburg zurück.

Beruflicher Werdegang

Peschel-Gutzeit studierte ab 1951 Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und schloss ihre juristische Ausbildung 1959 mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung ab. Anschließend war sie zunächst kurz als Rechtsanwältin tätig, dann wurde sie Richterin am Landgericht Hamburg.

Früh legte Peschel-Gutzeit ihre Schwerpunkte auf Familienrecht, Kinderrechte und auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Sie war 1977 bis 1981 Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes und trat 1988 in die SPD ein.

Ab 1972 war Peschel-Gutzeit Familienrichterin am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg, wo sie 1984 nach einigen internen Querelen als erste Frau zur Vorsitzenden eines Familiensenats ernannt wurde. 1990 wurde sie an der Universität Freiburg mit der Arbeit „Das Recht zum Umgang mit dem eigenen Kinde. Eine systematische Darstellung“ zum Dr. jur. promoviert.

Im Jahr 1988 veröffentlichte die Zeitschrift Emma im Rahmen ihrer PorNO-Kampagne einen Gesetzesentwurf, der in Zusammenarbeit mit Peschel-Gutzeit erarbeitet worden war.[4][5] Der Entwurf wurde nicht umgesetzt.

1991 wurde sie von der Bürgerschaft in den Hamburger Senat gewählt und gehörte dem Senat Voscherau II an. Sie wurde Justizsenatorin. Sie verblieb in diesem Ressort bis Ende 1993, als die SPD die absolute Mehrheit verlor und eine Koalition mit der STATT Partei einging (Senat Voscherau  III).

1994 wurde sie zur Nachfolgerin von Jutta Limbach als Justizsenatorin in Berlin in den Senat Eberhard Diepgens (Senat Diepgen III) berufen.

Aus diesem Amt schied sie 1997 aus, um erneut das Justizressort in Hamburg zu übernehmen, diesmal unter Ortwin Runde (SPD) in einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen. Nach dem Verlust der Regierungsmehrheit 2001 (Bürgerschaftswahl in Hamburg 23. September 2001) schied Peschel-Gutzeit aus dem Amt und kehrte der Politik den Rücken.

Während ihrer Tätigkeit als Justizsenatorin in Hamburg, Berlin und anschließend wieder in Hamburg legte Peschel-Gutzeit ihren Schwerpunkt auf die rechtliche Durchsetzung der im Grundgesetz verankerten Gleichberechtigung von Mann und Frau. Obwohl sie auf heftige Gegenreaktionen stieß, konnte sie dementsprechende Gesetzesvorlagen verwirklichen, z. B. die sogenannte Lex Peschel (§ 92 BBG), in der festgeschrieben wurde, dass Beamte aus familiären Gründen Teilzeitarbeit leisten können. Ebenfalls setzte sie sich in einem Artikel der Neuen Juristischen Wochenschrift für das „Wahlrecht von Geburt an“ ein, ausgeübt bis zur Volljährigkeit durch die Eltern.[6]

2019 erhielt sie für ihre Pionierarbeit im Bereich der Frauenrechte den Marie Juchacz-Frauenpreis des Landes Rheinland-Pfalz.[7]

Persönliches

Ihre erste Ehe mit einem todkranken Kollegen endete 1958 durch dessen Tod und blieb kinderlos. Im Jahre 1961 heiratete sie den ebenfalls am Landgericht in Hamburg tätigen Strafrichter Horst Peschel, mit dem sie drei Kinder hat.[8] Die Ehe wurde im Jahre 1973 geschieden.[9]

Unter dem Titel Selbstverständlich gleichberechtigt veröffentlichte Peschel-Gutzeit im Jahr 2012 ihre Autobiografie.[10]

Ehrungen

Veröffentlichungen

  • Verfahren und Rechtsmittel in Familiensachen, Beck, München 1988.
  • Das Recht zum Umgang mit dem eigenen Kinde. Eine systematische Darstellung. Schweitzer, Berlin 1989, zugleich Dissertation, Freiburg 1990.
  • Hrsg., Das Nürnberger Juristen-Urteil von 1947. Historischer Zusammenhang und aktuelle Bezüge, Baden-Baden 1996
  • Aufarbeitung von Systemunrecht durch die Justiz, Berlin 1996.
  • Unterhaltsrecht aktuell. Die Auswirkungen der Unterhaltsreform auf die Beratungspraxis, Baden-Baden 2008.
  • Selbstverständlich gleichberechtigt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, ISBN 978-3-455-50248-0 (Autobiografie).

Weblinks

Commons: Lore Maria Peschel-Gutzeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Geburtenbuch 20 Hamburg, 1195/1932
  2. Ehemalige Justizsenatorin Peschel-Gutzeit - "So was macht man mit einem Mann nicht". Abgerufen am 8. Oktober 2021 (deutsch).
  3. Familienbuch Peschel, StA Quickborn, 3. Dezember 2002
  4. Alice Schwarzer: Pornografie ist geil ..., EMMA, Nr. 5, 2007
  5. Alice Schwarzer: Die konventionelle Unkonventionelle, emma.de, EMMA Herbst 2012
  6. Jakob Augstein: Wählerschicht in Windeln, in: Süddeutsche Zeitung, 23. Oktober 1997, S. 5. Vgl. auch Manfred Günther: Hilfe! Jugendhilfe. Rheine 2018, S. 69
  7. Lore Maria Peschel-Gutzeit erhält den 1. Frauenpreis des Landes Rheinland-Pfalz. SWR, 6. Februar 2019, abgerufen am 8. Februar 2019.
  8. Familienbuch Peschel, StA Quickborn, 3. Dezember 2002.
  9. LG Itzehoe, 2 R 115/73.
  10. Lore Maria Peschel-Gutzeit: Selbstverständlich gleichberechtigt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2012
  11. Hammonia - Liste aller Preisträgerinnen seit 2008. In: Landesfrauenrat Hamburg e. V. Abgerufen am 8. Februar 2019.

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