Eberhard Diepgen

Eberhard Erik Diepgen[1] (* 13. November 1941 in Berlin) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er war Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Berlin und von 1984 bis 1989 sowie von 1991 bis 2001 Regierender Bürgermeister von Berlin. Zudem ist er Namensgeber und Schirmherr des Eberhard-Diepgen-Preises.
Leben
Eberhard Diepgen wurde als Sohn des Juristen und Rechtsanwalts Erik August Diepgen (1907–1985) und dessen Frau Erika, geb. Krüger, im Pankower Krankenhaus „Maria Heimsuchung“ geboren.[2][3] Der Gynäkologe und Medizinhistoriker Paul Diepgen (1878–1966) war sein Großvater.[4] Der Kommunalpolitiker Martin Diepgen ist ein 15 Jahre jüngerer Halbbruder.
Die Kriegsjahre verlebte Diepgen wegen der Mutter-und-Kind-Verschickung in Klingenthal im Vogtland.[5] Er wuchs in West-Berlin ohne seinen leiblichen Vater auf, zunächst in Berlin-Gatow und ab 1951 in der Gartenstadt Atlantic in Berlin-Gesundbrunnen.[6][2][7] Nachdem er 1960 das Abitur am Diesterweg-Gymnasium abgelegt hatte,[5] studierte Diepgen Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin (FU). Im Rahmen der Juristenausbildung in Deutschland legte er das erste Staatsexamen 1967 ab, das zweite 1972.
Diepgen trat 1963 der CDU bei,[8] nicht jedoch dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS).[9] Ende Januar 1963 wählte ihn der 14. Konvent der FU zum Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Die Wahl rief das Missfallen des Ältestenrats des Konvents hervor, da Diepgen Mitglied einer schlagenden Verbindung war, der Burschenschaft Saravia zu Berlin. Mit der Begründung: „Die Ältesten halten es für unvereinbar mit dem Geist der Freien Universität und den Vorstellungen einer modernen Universität …, daß ein Mitglied einer schlagenden Verbindung die Gesamtheit aller Studenten der Freien Universität vertritt“, setzte der Ältestenrat eine Urabstimmung über die Gültigkeit der Wahl durch. Daraufhin wählte am 15. Februar 1963 die Studentenschaft der FU Diepgen bei hoher Wahlbeteiligung mit deutlicher Mehrheit ab.[10] Zwei Jahre später wurde Diepgen zum stellvertretenden Vorsitzenden des AStA-Dachverbands VDS gewählt.
Zusammen mit Freunden aus der Zeit seines Jurastudiums gründete Diepgen eine Gruppe, die man bezogen auf einen der Köpfe, Peter Kittelmann, auch ironisch „K-Gruppe“ nannte. Seit seiner Studienzeit an der juristischen Fakultät der FU Berlin ist Diepgen eng mit Klaus-Rüdiger Landowsky bekannt, dem späteren Fraktionsvorsitzenden und der „grauen Eminenz“ der CDU im Abgeordnetenhaus während Diepgens Bürgermeisterschaft.

Im Jahr 1971 wurde Diepgen Mitglied des Landesvorstandes und 1983 schließlich für insgesamt 19 Jahre Landesvorsitzender der CDU Berlin. In dieser Zeit gehörte er mehrfach dem Präsidium der Bundes-CDU an. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1971 wurde er erstmals ins Abgeordnetenhaus von Berlin gewählt. Von 1980 bis zu seiner Wahl zum Regierenden Bürgermeister 1984 und von 1989 bis 1991 war er dort Vorsitzender der CDU-Fraktion. 1980 wurde er außerdem in den Deutschen Bundestag gewählt, legte sein Mandat aber bereits am 3. Februar 1981 nieder. Nachdem er 2001 aus dem Abgeordnetenhaus ausgeschieden war, zog Diepgen 2002 mit seiner Frau Monika von Berlin-Zehlendorf nach Berlin-Wilmersdorf und war seitdem als Rechtsanwalt tätig. Diepgen hat einen Sohn und eine Tochter.
Diepgen als Regierender Bürgermeister

Am 9. Februar 1984 wählte das Abgeordnetenhaus Diepgen als Nachfolger von Richard von Weizsäcker, der für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte, zum Regierenden Bürgermeister von Berlin. Innerhalb der Berliner CDU hatte sich Diepgen zuvor gegen die Gegenkandidatin Hanna-Renate Laurien durchgesetzt. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 1985 konnte sich die CDU unter seiner Führung trotz leichter Verluste (46,4 % der Stimmen) klar als stärkste Fraktion behaupten. Diepgens Gegenkandidat war der langjährigen Bundesfinanz- und Verteidigungsminister Hans Apel von der SPD.
Im Zuge der „Antes-Affäre“ von 1985/86 wurde aufgedeckt, dass Diepgen mindestens 75.000 Mark als „Spende“ vom Bauunternehmer Kurt Franke erhalten hatte. Auf dessen Spenderliste standen zahlreiche Personen aus der Berliner Politik und Verwaltung. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1989 erlitt die CDU Verluste in Höhe von 8,7 Prozentpunkten. Da außerdem sein Koalitionspartner FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, musste er zugunsten von Walter Momper, der einen rot-grünen Senat bildete, aus dem Amt ausscheiden. Nach den ersten Gesamt-Berliner Wahlen am 2. Dezember 1990 war die CDU wieder deutlich stärkste Fraktion. Diepgen wurde am 24. Januar 1991 von einer Großen Koalition aus CDU und SPD erneut zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Damit wurde Diepgen zum einzigen Regierenden Bürgermeister, dem nach Ausscheiden aus dem Amt eine Rückkehr gelang.
Nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1995 und 1999 wurde er jeweils als Chef einer großen Koalition wiedergewählt, wobei sich Diepgen 1995 trotz eigener Stimmenverluste gegen Ingrid Stahmer und 1999 erneut gegen Walter Momper behaupten konnte. 1999 übernahm Diepgen auch das Justizressort, da sich die Koalitionsparteien nicht auf die Zahl der Kabinettsposten einigen konnten. Die fehlende Eigenständigkeit des Ressorts wurde von Richter-, Staatsanwalts- und Rechtsanwaltsvereinigungen kritisiert.[11][12]
Nach dem Berliner Bankenskandal kam es im Frühsommer 2001 zum Bruch der Großen Koalition. Am 16. Juni 2001 schließlich wurde Diepgen mit den Stimmen von SPD, PDS und Bündnis 90/Die Grünen mittels eines Misstrauensvotums abgewählt. Zu seinem Nachfolger wurde der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit gewählt. Diepgen war mit seinen zwei Amtszeiten von insgesamt 15 Jahren und fünf Monaten der am längsten amtierende Regierende Bürgermeister Berlins. In seine „Regierungspause“ von 1989 bis 1991 fiel die Phase vom Mauerfall (am 9. November 1989) bis zur Wiedervereinigung (am 3. Oktober 1990) – in diesen knapp zwei Jahren musste er das Amt des Stadtoberhaupts seinem SPD-Rivalen Momper überlassen. Zudem schaffte Diepgen es nicht ins Amt des Bundesratspräsidenten, da das Land Berlin die Bundesratspräsidentschaft ebenfalls in Mompers Amtszeit (1. November 1989 bis 31. Oktober 1990) innehatte, um sie dann ein halbes Jahr nach Diepgens erneutem Ausscheiden (1. November 2001) wieder zu übernehmen. Sein Nachfolger Klaus Wowereit wiederum hält den Rekord für die längste ununterbrochene Amtszeit als Regierender Bürgermeister von Berlin.
Die Zeit nach der Bürgermeisterschaft
Zur vorgezogenen Abgeordnetenhauswahl im Oktober 2001 verzichtete Diepgen sowohl auf eine erneute Spitzenkandidatur wie auch auf eine Kandidatur für ein Mandat im Abgeordnetenhaus. Spitzenkandidat wurde Frank Steffel. 2002 gab er das Amt des Landesvorsitzenden der Berliner CDU an den ehemaligen Kultursenator Christoph Stölzl ab, nachdem ihm von seiner eigenen Partei der Listenplatz 1 für die Bundestagswahl 2002 verweigert wurde. Bis Ende 2011 war Diepgen als Anwalt in einer internationalen Kanzlei für Wirtschaftsrecht tätig.[13]
Im Jahr 2004 wählte die Berliner CDU Eberhard Diepgen zu ihrem Ehrenvorsitzenden. Bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag 2005 kandidierte er als Direktkandidat im Wahlkreis Berlin-Neukölln, unterlag jedoch dem Gegenkandidaten Ditmar Staffelt von der SPD. Auf einen Listenplatz hatte er nach den Erfahrungen aus dem Jahr 2002 verzichtet.
Im Oktober 2007 wurde Diepgen auf Vorschlag seines Nachfolgers, des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. 2014 erhielt er schließlich die Stadtältestenwürde Berlins.
Er ist Namensgeber und Schirmherr des 2018 von der CDU Berlin ausgerufenen Eberhard-Diepgen-Preises, der an Personen oder Organisationen vergeben wird, die sich in herausragender Weise für den sozialen Zusammenhalt in Berlin engagiert und verdient gemacht haben.
Auf Vorschlag der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin war Diepgen am 13. Februar 2022 Wahlmann in der 17. Bundesversammlung.
Ehrenamtliches Engagement
- Stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung Gegen Vergessen – Für Demokratie
- Kuratoriumsmitglied der Stiftung Synanon, Berlin
- Kuratoriumsvorsitzender der Otto Benecke Stiftung
- Kuratoriumsmitglied in der Stiftung Ernst-Reuter-Archiv
- Vorsitzender des Trägervereins „Käthe-Kollwitz-Museum und grafische Sammlung Hans Pels-Leusden e.V.“
Auszeichnungen (Auszug)
- Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik (1986)
- Großkreuz des Ordens des Infanten Dom Henrique (1989)
- Großes Bundesverdienstkreuz (1987) mit Stern (1994) und Schulterband (1999)
- Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich[14] (1993)
- Honorary Knight Commander of the Order of the British Empire (1994)
- Orden für Verdienst (1998)
- Orden des Marienland-Kreuzes (II. Klasse) (2000)
- Verdienstorden des Landes Berlin (2007)
- Komtur des Verdienstordens der Republik Ungarn (2011)
- Stadtältester von Berlin (2014)
- Namensgeber des Eberhard-Diepgen-Preises (ab 2018)
Senate
Trivia
- In der 6. Folge von Drei Damen vom Grill stehen Ulli und Otto vor dem Haus mit der Praxis von Dr. Oswald. Im selben Haus hat auch ein Rechtsanwalt mit dem Namen Eberhard Diepgen seine Kanzlei.
- 2001 hatte Diepgen einen Gastauftritt in der ZDF-Serie Unser Charly.[15]
- Diepgen ist in der im Jahr 1963 produzierten Filmreihe „Mondo ni Note“ zu sehen, eine Szene handelt vom beim rituellen Biertrinken (Salamander) in einer anderen sind er und seine Kommilitonen Klaus-Rüdiger Landowsky und Peter Kittelmann (alle CDU) bei einer Mensur zu sehen (siehe Mondo di notte – Welt ohne Scham).
Werke
- Zwischen den Mächten. Edition Q, Berlin 2004, ISBN 3-86124-582-5.
Filmografie
Literatur
- Mathew D. Rose: Berlin. Hauptstadt von Filz und Korruption. Transit Buchverlag, Berlin 1999, ISBN 3-426-26930-9.
- Werner Breunig, Andreas Herbst (Hrsg.): Biografisches Handbuch der Berliner Abgeordneten 1963–1995 und Stadtverordneten 1990/1991 (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin. Band 19). Landesarchiv Berlin, Berlin 2016, ISBN 978-3-9803303-5-0, S. 117 f.
- Michael Sontheimer und Jochen Vorfelder: Antes & Co. Geschichten aus dem Berliner Sumpf. Rotbuch Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-88022-324-6.
- Mathew D. Rose: Eine ehrenwerte Gesellschaft. Transit Buchverlag, Berlin 2003, ISBN 3-88747-179-2.
- Mathew D. Rose: Warten auf die Sintflut. Über Cliquenwirtschaft, Selbstbedienung und die wuchernden Schulden der Öffentlichen Hand unter besonderer Berücksichtigung unserer Hauptstadt. Transit Buchverlag, Berlin 2004, ISBN 3-88747-196-2.
Weblinks
- munzinger.de
- Biografie von Eberhard Diepgen
- Literatur von und über Eberhard Diepgen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Berlin: Junge Wilde vor 30 Jahren. Als Diepgen und Landowsky den Generationswechsel vollzogen. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 4. Januar 2023]).
- ↑ a b Gregor Gysi & Eberhard Diepgen. Abgerufen am 17. April 2023 (deutsch).
- ↑ Vgl. Who's who in Germany, Ausg. 1983, S. 323.
- ↑ Eberhard Diepgen - Munzinger Biographie. Abgerufen am 4. Januar 2023.
- ↑ a b Anja Reich: In Berlin ist es eben überall ganz anders (Interview mit Eberhard Diepgen). In: Berliner Zeitung, 25./26. April 2015.
- ↑ Mathias Stengel, Sabine Flatau: Gartenstadt Atlantic so schön wie einst. In: Die Welt, 26. Oktober 2005
- ↑ Karteikarte bei Munzinger, abgerufen am 15. Oktober 2020.
- ↑ 50 Jahre 1968. Interview mit Eberhard Diepgen und Knut Nevermann. In: Berliner Geschichte, Ausgabe 11 (Berlin 1968), Oktober 2017.
- ↑ Eberhard Diepgen im Interview mit Gregor Gysi, 5. Februar 2023, ab Minute 26:30
- ↑ Rolf Elker: Diepgen und die Folgen. In: Josef Fendt (Hrsg.): Fu60. Gegendarstellungen. AStA FU, Berlin 2008, ISBN 978-3-926522-31-3, S. 12–15. PDF.
- ↑ Anett Seidler. Diepgen als Justizsenator überfordert. In: Die Welt, 14. Januar 2001
- ↑ Sabine Deckwerth: Regierender und Senator: Diepgen verhandelt mit sich selbst. In: Berliner Zeitung, 23. Februar 2001
- ↑ Eberhard Diepgen. Thümmel, Schütze & Partner, archiviert vom am 21. September 2011; abgerufen am 27. November 2017 (Biografie auf der Seite der Kanzlei; Ende der Tätigkeit in Archiv-Fassung nicht belegt).
- ↑ Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
- ↑ Ralf Georg Reuth: Was macht ein Affe an Diepgens Schreibtisch? In: Welt am Sonntag. 27. Mai 2001, abgerufen am 1. Juni 2023.
Personendaten | |
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NAME | Diepgen, Eberhard |
ALTERNATIVNAMEN | Diepgen, Eberhard Erik |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU), MdA, MdB |
GEBURTSDATUM | 13. November 1941 |
GEBURTSORT | Berlin |
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Eberhard Diepgen auf einer Wahlkampfveranstaltung in den 1980er Jahren.
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Ralf Roletschek in der Wikipedia auf Deutsch, Lizenz: GFDL
Autor: Ralf Roletschek Marcela
Eberhard Diepgen (2. v. l.) bei der Eröffnung der S-Bahn- Strecke Olympiastadion am Messebahnhof
Bild ist selbst aufgenommen, das genaue Datum kenne ich leider nicht mehr. Wurde von der S-Bahn Berlin und Berliner Zeitung verwendet, das Urheberrecht liegt bei mir und ich stelle es uneingeschränkt zur Verfügung.
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Bundesratssitzung
Autogramm vom 10.01.1994, erhalten von Eberhard Diepgen in Berlin Neukölln
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Eberhard Diepgen
(c) Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
29. Sitzung der 19. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin: Wahl des Regierenden Bürgermeisters