Verlag
Ein Verlag ist in der Medienwirtschaft ein Medienunternehmen, dessen Betriebszweck in dem Erwerb des Rechts und der Pflicht (Akquise) zur Vervielfältigung und Verbreitung auf eigene Rechnung (Vertrieb) von Werken aus Kunst, Literatur, Musik, Unterhaltung und Wissenschaft besteht. Zu den Aufgaben eines Verlags zählen auch das Lektorat, die Marktforschung, die Werbung und der Druck.
Etymologie
Die Worte „Verlag“ und dessen Nomen Agentis Verleger lassen sich auf den historischen Begriff des Verlagssystems zurückführen. Typisch für dieses war ein Unternehmer (Verleger), der Heimarbeitern Rohstoffe vorfinanzierte („vorlegte“ oder „verlegte“), die von den Heimarbeitern weiterverarbeitet und dann dem Unternehmer auf dessen Unternehmerrisiko zum Vertrieb überlassen wurden. Das Verb „verlegen“ bedeutete im Mittelhochdeutschen „Geld ausgeben“ oder „etwas auf seine Rechnung nehmen“;[1] „Verleger“ war also derjenige, der „anderen das Rohmaterial … so lange vorschießt, bis es an den Konsumenten gelangt ist“.[2] Wendet man diesen Begriffsinhalt auf den heutigen Verlag und Verleger an, so vermarktet er die von Autoren oder Urhebern in „Heimarbeit“ konzipierten Werke über sein Vertriebssystem auf eigenes Unternehmerrisiko.
Allgemeines
Die Werke stammen von ihren Urhebern und werden durch Verlage zu Medienprodukten oder Informationsgütern transformiert. Verlage sind deshalb in der Medienwirtschaft ein wichtiger Intermediär zwischen Urhebern und Verbrauchern.[3] Verlage bezeichnen sich selbst im deutschsprachigen Raum häufig mit dem Beinamen „Edition“. Das Nomen Agentis zum Verlag ist der Verleger.
Aufgaben
Verlage sind mehr oder weniger in den Produktionsprozess (Verlagsherstellung), in Handelsstufen und in den Vertriebsprozess für diese Güter eingebunden. Bei Büchern und Zeitschriften ist der Verlag zuständig für die Vorbereitung des Druckes bzw. Vervielfältigung des Werkes sowie dessen Finanzierung. Der Verkauf kann entweder über den Handel (Kunst-, Zeitschriften-, Buchhandel usw.) oder durch den Verlag selbst erfolgen. Zudem sorgt er für die Werbung und den Verkauf; zu diesem Zweck erstellt der Verlag eigene Kataloge. Das gilt auch für Musikwerke, die der Musikverlag in eigener Verantwortung einem Musiklabel anbietet, damit dieses einen Interpreten auswählt, der dem Musikwerk zum Erfolg verhilft.
Die Auswertungsrechte, über die ein Verlag an einem Buch verfügt, schließen auch das Recht ein, gegen Fortsetzungen (Sequels) ein Veto zu erheben. Ein einschlägiger Rechtsfall war 1999 das Verbot der Vermarktung von Jim Williams’ Doktor-Schiwago-Fortsetzung Laras Tochter durch den Bundesgerichtshof (BGH),[4] bei dem sich der BGH auf § 121 Abs. 4 UrhG stützte.
Verlagsarten
Es gibt folgende Verlagsarten:
Der Filmverleih stellt die Handelsstufe zwischen Filmproduktion und Filmpräsentation dar.[5] Filmverleih ist die inländische Kinoauswertung, während die internationale Auswertung als „Filmvertrieb“ bezeichnet wird.[6]
Weitere Verlagsarten
- Für Text- und Bildmedien
Verlage für Druckerzeugnisse, E-Books und/oder Netzpublikationen:
- Buchverlag
- Publikumsverlag
- Zuschussverlag (verlangt grundsätzlich einen Druckkostenzuschuss)
- Onlineverlag (ausschließlich für Netzpublikationen)
- Spezialverlage
- Fachverlag (Medien für die beruflich bedingte Nutzung; fordert in der Regel einen Druckkostenzuschuss)
- Formularverlag für Formulare
- Loseblattverlag für Loseblattsammlungen
- Universitätsverlag
- Unternehmensverlag
- Wissenschaftsverlag (u. a. für Hochschulschriften)
- Kalenderverlag für Kalender
- Kartenverlag
- Kunstverlag
- Für andere Medien
- Filmverleih (Filme)
- Hörbuchverlag (Hörbuch)
- Publisher/Softwareverlag (Software und Computerspiele)
- Spieleverlag (Spiele)
Selbstverlag
- Selbstverlag (nur sofern für Selbstpublikationen ein Unternehmen gewerblich angemeldet wird; tritt dann aber oft auch nominell als „Verlag“ und nicht als „Selbstverlag“ auf)
Rechtsgrundlage
Das Verlagsgesetz (VerlG) stellt den Verlagsvertrag in den Mittelpunkt und erwähnt lediglich zwei Vertragsgegenstände, ein Werk der Literatur oder der Tonkunst. Der Verlagsvertrag verpflichtet den Verfasser, dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, der Verleger verpflichtet sich als Gegenleistung, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 1 VerlG). Diese Bestimmung mit dem Rechtsbegriff „Verfasser“ zeigt, dass das Verlagsgesetz auf Buch-, Zeitungs- und Musikverlage zugeschnitten ist. Nur in Ausnahmefällen darf sich der Verfasser in die Vervielfältigung und Verbreitung einmischen, etwa bei einer Übersetzung in eine andere Sprache oder bei der Bearbeitung eines Musikwerks (§ 2 Abs. 2 VerlG). Das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung (Verlagsrecht) steht dem Verleger mangels anderer Vereinbarung lediglich bei der ersten Auflage zu (§ 5 Abs. 1 VerlG). Für die Korrektur des Werkes vor seiner Veröffentlichung ist der Verleger zuständig (§ 20 VerlG), ebenso auch für die Preisfestsetzung (§ 21 VerlG). Die Vergütungspflicht obliegt dem Verleger, die Vergütung ist bei Ablieferung des Werkes zu entrichten (§ 23 VerlG). Ist die Vergütung vom Absatzvolumen des Werkes abhängig, so hat der Verleger jährlich für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Rechnungslegung vorzunehmen (§ 24 VerlG). Die Regelungen über Autorenexemplare finden sich in den §§ 25 VerlG und § 46 Abs. 1 VerlG.
In der Filmwirtschaft werden die Verträge über die Filmverwertung in aller Regel durch den Filmhersteller geschlossen, wobei diesem durch die Filmurheber zuvor die Nutzungsrechte eingeräumt wurden.[7] Verwertungsform bei Kinofilmen ist die Filmvorführung in einem Kino. Hierfür schließt der Filmhersteller mit einem Filmverleih einen Filmvorführungsvertrag ab, der es dem Filmverleih ermöglicht, einen bestimmten Kinofilm – mit örtlichen und zeitlichen Beschränkungen – in Kinos vorführen zu lassen. Die Auswertung als Video erfolgt meist später und räumt einem Hersteller von Bildträgern (DVD, Videokassetten) das Recht für die Vervielfältigung der Videodateien ein. Wiederum danach kann die Ausstrahlung im Fernsehen mittels vom Filmhersteller eingeräumten Senderecht erfolgen.[8]
Ergänzende Bestimmungen für das Rechtsverhältnis zwischen Verlag und Urheber finden sich im Urheberrechtsgesetz.
Berufe
Angestellte in einem Verlag sind etwa ausgebildete Verlagshersteller, Medienkaufleute Digital und Print, Verlagskaufmann, Buchwissenschaftler und je nach Ausrichtung des Verlages vor allem Lektoren verschiedener Studienrichtungen (z. B. Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre, Germanistik).
Statistik
Die größten deutschen Buchverlage
Die größten deutschen Buchverlage sind:[9]
Name | Umsatzerlöse in Mill. Euro | Mitarbeiter |
---|---|---|
Springer Science+Business Media | 590,1 | 8.467 |
Cornelsen Verlag | 346,9 | 1.300 |
Klett Gruppe | 333,3 | 9.441 |
Westermann Gruppe | 300,0 | 1.400 |
Weltbild | 224,2 | 1.200 |
Weka Group | 208,3 | 1.400 |
Penguin-Random House | 296,7 | 929 |
Wolters Kluwer Deutschland | 270,0 | 1.200 |
Rudolf Haufe Verlag | 345,0 | 2.300 |
Vogel Communications Group | 144,0 | 700 |
Die Publizität der Unternehmensdaten ist nicht immer vorhanden, ein Betriebsvergleich ist kaum möglich.
Die weltweit größten Filmproduktionsgesellschaften
Die weltweit größten Filmproduktionsgesellschaften sind:[10]
Name | Umsatzerlöse in Mrd. US-Dollar | Mitarbeiter |
---|---|---|
Warner Bros. Entertainment | 47,0 | 12.073 |
Universal Studio Group | 46,0 | 2.786 |
Columbia Pictures | 42,0 | k. A. |
Walt Disney Pictures | 39,0 | 220.000 |
Marvel Studios | 39,0 | 1.623 |
Die Unternehmensdaten werden unterschiedlich angegeben und sind kaum vergleichbar.
Die weltweit größten Musikverlage
Die weltweit größten Musikverlage sind:[11]
Name | Umsatzerlöse in Mrd. US-Dollar | Musiktitel in Mill. Stück |
---|---|---|
Sony Music Publishing | 1,25 | 5,46 |
Universal Music Publishing | 1,18 | < 4,0 |
Warner/Chappell Music | 0,65 | > 1,0 |
BMG Rights Management | 0,60 | > 1,9 |
Die Unternehmensdaten sind teilweise nicht vergleichbar. So besteht die deutsche BMG Rights Management aus den Geschäftsfeldern Plattenlabel und Musikverlag, deren Umsätze nicht im Rahmen einer Segmentberichterstattung getrennt ausgewiesen werden.
Abgrenzung
Kein Verlag im hier beschriebenen Sinne sind Selbstkostenverlage oder Self-Publishing-Plattformen, die ohne unternehmerisches Risiko selbst publizierte Medien erstellen. Selbstkostenverlage firmieren u. a. auch als Druckkostenzuschussverlag oder Dienstleisterverlag und gelten innerhalb der Branche als „Pseudoverlage“ – eine Bezeichnung, die seit 2009 auch durch einen Gerichtsbeschluss legitimiert ist.[12]
Siehe auch
- Liste von Theaterverlagen im deutschen Sprachraum
- Backlist
- Verlagsbeilage
- Verlagsnummer (Teil der ISBN)
- Liste deutschsprachiger Esoterik-Verlage
- Liste deutschsprachiger Verlage
- Bibliodiversität
- Liste deutschsprachiger Hörbuchverlage
Literatur
- Hans-Helmut Röhring, Klaus-W. Bramann (Hrsg.): Wie ein Buch entsteht. Einführung in den modernen Buchverlag. 9., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Primus, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-735-4.
- Wilhelm Ruprecht Frieling, Johann-Friedrich Huffmann: Wörterbuch der Verlagssprache: Der aktuelle Führer durch das Fachchinesisch der Verleger, Redakteure und Drucker. 5., überarbeitete Auflage. Frieling, Berlin 2005, ISBN 3-8280-2278-2.
- André Schiffrin: Verlage ohne Verleger. Über die Zukunft der Bücher. Wagenbach, Berlin 2000, ISBN 3-8031-2387-9 (Originaltitel: The business of books. Übersetzt von Gerd Burger).
- Ralf Plenz (Hrsg.): Verlagshandbuch. Leitfaden für die Verlagspraxis. 5. Auflage. Input, Hamburg 2008, ISBN 3-930961-16-4.
- Eckhard Bremenfeld, Holger Knapp: Fachwissen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Leitfaden für Verlagsberufe und Quereinsteiger. 2. Auflage. Springer-VDI, Düsseldorf 1998, ISBN 3-9806286-0-4 (Erstausgabe: 1996).
- Ulrich Stiehl: Verlagswesen in Schaubildern. Hüthig 2004 (PDF; 582 kB, Ausgabe 2008).
- Frank Kauter: Kleines Verlagslexikon: Die wichtigsten Begriffe aus den Bereichen Anzeigen, Herstellung, Vertrieb und Werbung. Beruf + Schule, Itzehoe 1995, ISBN 3-88013-495-2.
- Thomas Breyer-Mayländer u. a.: Wirtschaftsunternehmen Verlag. 3. Auflage. Bramann, Frankfurt 2005, ISBN 3-934054-21-8.
- Manfred Plinke: Mini-Verlag. Selbstverlag, Publishing on Demand, Verlagsgründung, Buchherstellung, Buchmarketing, Buchhandel, Direktvertrieb. 6. Auflage. Autorenhaus-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-932909-27-5.
- Dietrich Kerlen: Lehrbuch der Buchverlagswirtschaft. Hauswedell, Stuttgart 2003, ISBN 3-7762-1002-8.
- Reinhard Mundhenke, Marita Teuber: Der Verlagskaufmann. Berufsfachkunde für Kaufleute in Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchverlagen. 9. Auflage. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-7973-0792-6.
- Ralf Plenz: Verlagsgründung. Wie mache ich mich mit einem Verlag selbständig? 7. Auflage. Input, Hamburg 2008, ISBN 978-3-930961-06-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Gerhard Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 434
- ↑ Karl Bücher, Verlagssystem, in: Johannes Conrad/Ludwig Elster/Wilhelm Hector/Richard Albrecht Lexis/Edgar Loening (Hrsg.), Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Band 3, 1892, S. 940
- ↑ Michael Vilain/Sebastian Wegner, Crowds, Movements & Communities, 2018, S. 107
- ↑ BGH GRUR 1999, 984, 988 − Laras Tochter
- ↑ Insa Sjurts, Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2011, S. 217
- ↑ Hans-Jürgen Homann, Praxishandbuch Filmrecht, 2001, S. 252
- ↑ Gunda Dreyer/Jost Kotthoff/Astrid Meckel/Christian-Henner Hentsch, Urheberrecht: Urheberrechtsgesetz, Verwertungsgesellschaftengesetz, Kunsturhebergesetz, 2018, S. 2472
- ↑ Gunda Dreyer/Jost Kotthoff/Astrid Meckel/Christian-Henner Hentsch, Urheberrecht: Urheberrechtsgesetz, Verwertungsgesellschaftengesetz, Kunsturhebergesetz, 2018, S. 2473
- ↑ GeVestor.de vom 1. Dezember 2017, Das sind die 10 größten deutschen Verlagshäuser, 2017
- ↑ GeVestor.de vom 1. Dezember 2022, Das sind die 5 größten Filmunternehmen der Welt, 2022
- ↑ Rolling Stone vom 2. März 2020, Music Biz Features
- ↑ Oberlandesgericht München definiert Pseudoverlag. auf: buchmarkt.de, 7. August 2009.