Pitlochry (Schiff)

Die Pitlochry[pɪtˈloxrɪ] war eine stählerne Viermastbark, die, 1894 in Dundee, Schottland, gebaut, für die Reederei F. Laeisz fuhr. 1913 sank sie nach einer Havarie mit dem Dampfer Boulama südlich der Einfahrt in den Ärmelkanal auf der Reise nach Chile.

Beschreibung

Der große Windjammer, benannt nach der Stadt Pitlochry in Schottland, hatte dem damaligen Standard gemäß einen Stahlrumpf aus vernieteten Platten auf Stahlspanten und einen Kollisionsschott im Vorschiff. Sie wurde als Dreiinselschiff gebaut, dessen Mittschiffsinsel auch als Liverpoolhaus bezeichnet wird. Drei Großluken, eine vor dem Besanmast und jeweils eine vor und achtern (hinter) der Mittschiffsinsel führten zu den Laderäumen, dazu eine kleinere vor dem Fockmast. Vier Rettungsboote waren paarweise jeweils hinter dem Fockmast und vor dem Besanmast an Davits verstaut.

Typisch für ein Segelschiff aus Großbritanniens Werften war das nach achtern viertelkreisförmig abgedeckte Heckruderhaus. Sie führte ein modernes Standardrigg mit doppelten Mars- und Bramrahen, darüber Royalrahen. Manche Quellen beschreiben den Großsegler mit Jubiläumsrigg, also ohne Royalsegel, was aber durch Fotos[1][2] widerlegt werden kann. Der Besanmast war als Pfahlmast (Untermast und Besanstenge ein Stück) mit zwei Gaffeln ausgeführt.

Der Schiffsrumpf war in den Laeisz'schen Farben schwarz-weiß-rot gestrichen: Schwarz das Überwasserschiff mit weiß abgesetzter Mittschiffsinsel, weiß der Wasserpass und rot das Unterwasserschiff. Sie war ein sehr schnelles, schönes Schiff, hervorragend konstruiert; Linien- und Segelriss, Deckaufteilung und Takelage waren optimal aufeinander abgestimmt, wie Kapitän Robert Miethe formulierte. Ausgezeichnete Segeleigenschaften wurden ihr von ihren Kapitänen attestiert, leicht und prompt reagierte sie auf das Ruder. Die Kapitäne Hinrich Nissen und Robert Miethe führten sie wie eine große Segeljacht.

Die Viermastbark war ursprünglich von Alexander Stephen and Sons in Dundee auf eigene Rechnung gebaut worden, Carl Laeisz kaufte sie vom Helling herab. Sie war mit 3.111 BRT vermessen, konnte bis 4.724 t / 4.650 ts (1 ts (Tonne) = 1,01605 t) Fracht aufnehmen und war bei Indienststellung die größte FL-Einheit.[3]

Geschichte

Wie die überwiegende Mehrzahl der Laeisz-Segler fuhr sie – mit Ausnahme einer Weltreise 1898 unter Kapitän Georg Schlüter (1850–1931) über Philadelphia, Hiogo, Valparaíso – ausschließlich auf der „Salpeterroute“ Europa-Chile und machte viele gute und schnelle Reisen. Der legendäre Segelschiff-Kapitän Robert Hilgendorf war ihr erster Schiffsführer und segelte sie auf der Jungfernreise nach Valparaíso und über Iquique mit einer Salpeterladung zurück nach Hamburg, wo er die Fünfmastbark Potosi übernahm.

Als einer der wenigen Großsegler schaffte die Pitlochry die Fahrt vom Englischen Kanal nach Valparaíso in 58 Tagen (1902) unter Kapitän Jochim Hans Hinrich Nissen. Am 24./25. September 1905 erlitt die große Bark unter Kapitän Carl Victor Jessen eine Teilentmastung (Klüverbaum, Fockmast, Großmastmarsstenge und Kreuzbramstenge) in schwerem Orkan vor Kap Hoorn und segelte unter Notrigg nach Montevideo zurück. Nach zehn Tagen nahm der britische Dampfer Junna den Segler am 5. Oktober 1905 auf den Haken und schleppte ihn zur Reparatur in den Montevideoer Hafen ein. Die Wiederherstellung sollte Monate in Anspruch nehmen. Schließlich konnte die Reise zur Westküste erfolgen und die Rückreise mit Salpeter von Talcahuano nach Hamburg im Frühjahr 1907 beendet werden.[4]

1908 übernahm Kapitän Robert Miethe die große Bark. Als er im selben Jahr bei bestem Wetter den Ärmelkanal nach Süden durchfuhr und das englische Seebad Brighton in Sicht kam, hielt Kapitän Miethe auf die Küste zu und änderte durch Halsen im letzten Moment – wenige Schiffslängen vor dem menschenerfüllten berühmten Pier – den Kurs aufs Meer zurück. Die Badegäste konnten die Kommandos sowie das Rennen der Matrosen an Deck hören und waren begeistert von dem Manöver eines unter Vollzeug auf sie zusegelnden und dann abdrehenden riesigen Windjammers. Sie jubelten und klatschen so laut, dass im Gegenzug die Mannschaft an Bord den Applaus deutlich hören konnte. Miethe sagte, solch eine Gelegenheit, bei bestem Segelwetter küstennah so spektakulär zu operieren, käme im Leben nur einmal vor.[5] Im Jahr 1909 bewies das Schiff wiederum seine Segeleigenschaften unter Kapitän Robert Miethe, der mit der großen Bark wegen eines aufkommenden Sturmes keinen Lotsen in Cuxhaven erhielt, weder Wenden (Sturm) noch Halsen (kein Raum) konnte, um auf die offene See zurückzusegeln, und so die Elbe hinauf nach Hamburg an drei von damals fünf Feuerschiffen vorbeifuhr und bei Nebel und Dämmerung den letzten Ankerplatz vor dem Hafen fand. Am Folgetag staunten die Kapitäne der dort ebenfalls den Sturm abwetternden Dampfer nicht schlecht, einen großen Viermaster an dieser Stelle (ohne Schlepper und Lotse) ankern zu sehen.

Nach 19-jähriger Dienstzeit, einer Weltumsegelung und 23 Rundreisen nach Chile und zurück kollidierte sie unter dem Kommando von Kapitän Heinrich Horn am 28. November 1913 schuldlos südwestlich der Scilly-Inseln im Atlantik auf Position 47° 20′ N, 8° 6′ W (ca. 300 Seemeilen westlich von Nantes) auf der Reise nach Valparaíso mit dem 2.613-BRT-Dampfer Boulama der Elder-Linie (Elder Dempster & Co. / African Steam Ship Co.) und sank nach etwa 20 Minuten. Die 33-köpfige Mannschaft konnte vom Dampfer gerettet und nach Liverpool gebracht werden. Außer der Pitlochry verlor die Reederei Laeisz von ihren Vier- und Fünfmastern nur die Preußen 1910, die Pangani 1913 (30 Tote) und die Petschili 1919, keine davon durch eigene Schuld. Damit waren die „Flying P-Liners“ deutlich zuverlässiger als andere Segelschiffe ihrer Zeit.

Schiffsdaten

Siehe auch

Liste großer Segelschiffe

Literatur

  • Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner. Die Segelschiffe der Reederei F. Laeisz. 2. Auflage. Verlag „Die Hanse“, Hamburg 2000, ISBN 3-434-52562-9, S. 21–22, S. 136 (Foto), S. 138–140.
  • Hans Georg Prager: F. Laeisz – vom Frachtsegler bis zum Bulk Carrier. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1974, ISBN 3-7822-0096-9.
  • Hans Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, ISBN 3-7822-0341-0, S. 24 (Foto), S. 165–166.
  • Oliver E. Allen: Die Windjammer. Aus der Reihe: Die Seefahrer. TIME-LIFE Books B. V., Amsterdam 1981, ISBN 9-06-182-406-0, S. 57–59.

Weblinks

Fußnoten

  1. Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner. Die Segelschiffe der Reederei F. Laeisz. Hamburg 1998 und 2000, S. 22 oben (Postkarte um 1900) und S. 136 unten (Foto)
  2. Hans Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt. Herford 1984, S. 24 (Foto)
  3. Viermastbark Pitlochry. Schiffsregister Hamburg, Band-4 (1866–1940) Nr. 2040
  4. Katastrophenwinter 1905 am Kap Hoorn S. 146-147
  5. Oliver E. Allen: Die Windjammer. Aus der Serie: Die Seefahrer. Amsterdam 1981, S. 57

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