Verlag

Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.

Ein Verlag ist ein Haus, in dem unaufgefordert Manuskripte eingehen, die dort sofort von sogenannten Lektoren verlegt werden. Fragt ein Autor einmal nach, wie weit es um sein Meisterwerk steht, wird ihm nur ausweichend geantwortet, da man sein Manuskript nicht wiederfinden kann.

Taucht das sorgfältig gebundene Schriftstück dann doch noch unvermittelt auf, wird es dem Autor ungelesen und mit einem ablehnenden Begleitschreiben zurückgesandt.

Verlagshäuser werden von einem Verleger geleitet und verdienen ihr Geld durch Vermittlung zwischen Autoren und Druckerwerkstätten. Um kein unnötiges Risiko einzugehen, übernehmen sie ausschließlich Eigenverantwortung für Kochbücher und Übersetzungen von bereits erfolgreichen Autoren.

Der Verleger

Neben Besitzern von Banken oder Versicherungen gibt es kaum noch legale Möglichkeiten, viel Geld zu verdienen. Eine der wenigen Ausnahmen ist der sogenannte Beruf des Verlegers.

Er steht einem Verlagshaus vor, gibt diesem häufig seinen Namen und genießt in der Welt des geschriebenen Wortes ungeteilte Macht. Diese lebt er hemmungslos aus. Er weiß, dass es ohne seine Zustimmung keinem Autoren gelingen wird, Bücher über die Erstauflage hinaus zu veröffentlichen. Berühmtheit erlangt der Autor erst, wenn ihm der Verleger wohlgesonnen ist. Frauen haben es in diesem Metier tendenziell leichter, besonders wenn sie gut aussehen. Männliche Schriftsteller müssen ungefähr die dreifache Arbeit leisten, bis ihr Werk anerkannt ist, es sei denn, ihr Verleger steht nicht so auf Frauen.

Den Beruf des Verlegers kann man nicht erlernen. Man wird es durch Vererbung, Bestechung oder, falls kein Erbe bereit steht, durch eine gönnerhafte Geste des amtierenden Verlegers. Einem guten Verleger ist sowohl kaufmännisches Denken wie künstlerischer Müßiggang zu eigen. Fehlt eine dieser Eigenschaften, wird sein Verlag von internationalen Großkonzernen aufgekauft.

Lektorinnen

Lektorinnen üben den eigentlichen Beruf des Verlegers aus. Sie sind zu erkennen an einer randlosen Brille und ihrer Bob-Frisur. Ihr Hauptarbeitsgebiet besteht im Verlegen von Manuskripten, die sie sonst hätten lesen müssen. Bei der tägliche Flut von Neuzugängen grenzt es fast an ein Wunder, dass diese Werke überhaupt wiedergefunden werden. Bei Absagen, für die die Lektorinnen verantwortlich sind, vergeben sie gerne Worthülsen:

Ihr Werk
...passt nicht in unser Programm.
...erfüllt nicht unsere Anforderungen.
...erzielt augenblicklich nicht unser Interesse.
...ist leider unverkäuflich.
...kann zur Zeit nicht verlegt werden.
...findet keine Zielgruppe.
...erreicht nicht die Mindestauflage.

Lektorinnen sind in aller Regel diplomierte Germanistinnen, Philologinnen oder Pädagoginnen, denen der Eintritt in die Welt des Schreibens auf dem direkten Weg nicht gelang. Sie hoffen, über den Umweg des Lektorats entdeckt zu werden und haben häufig eine vorausschauende Beziehung zum Verleger. Sie wollen ihren Stil nicht verschlechtern und weigern sich daher, die Manuskripte von unbekannten Autoren zu lesen. Ihr eigenes Werk schreiben sie während der Arbeitszeit am Firmen-PC, sodass ihnen auch gar keine Zeit zum Lesen fremden Stoffes bleibt.

Mit zunehmenden Alter erkennen diese Damen, dass auch sie keine Chance auf dem Buchmarkt haben. Entweder entschließen sie sich, reich zu heiraten, oder sie werden zu frustrierten Ziegen.

Der Autor

Anfänger

Menschen, die glauben, Schreiben liege ihnen im Blut, schreiben irgendwann ihr erstes Buch. Sie zwingen bald darauf Ehepartner, andere Familienmitglieder und ihren Freundeskreis, sich das Werk durchzulesen. Da niemand ein solches Opfer auf sich nimmt, gleichzeitig aber niemand den jungen Autoren beleidigen möchte, lobt man das Buch als sehr gelungen, als nett formuliert oder als dass das noch keiner veröffentlicht hat! Der Autor schwimmt auf einer Welle des Glücks und wendet sich zunächst an bekannte, große Verlagshäuser.

Nach mehreren Monaten fragt der aufgeregte Autor höflich nach, ob denn sein Werk schon gelesen sei. Er erhält vage Ausreden:

Das Buch

  • ...sei besser als man zuerst annahm.
  • ...befindet sich bereits in einer zweiten Lesung
  • ...sei gelesen worden, aber der Chef vom Dienst müsse noch absegnen
  • usw.

Erwartungsfroh lässt sich der unbedarfte Autor mit diesen Aussagen abspeisen. Nach weiteren vielen Monaten bangen Wartens erhält er dann sein Manuskript zurück. Doch zu seinem Missgefallen erhält er auch eine Absage anbei.

Im nächsten Schritt wendet er sich an kleine und ihm völlig unbekannte Verlage. Dort wiederholt sich die .

Enttäuscht wendet er sich jetzt vom Schriftstellertum ab und schreibt entmutigt Berichte für Wikipedia.

Der Könner

Er hat es, auf welchem Weg auch immer, geschafft, sein erstes Buch zu veröffentlichen. Wider Erwarten verkaufte sich sein Buch erstaunlich schnell, sodass eine Zweit- und Drittauflage geplant wird.

Ab diesem Zeitpunkt verdient der Verlag Geld. Da Geld allein nicht reicht, sondern nur viel Geld für den Verleger interessant ist, drängt er den Autor auf Schreiben eines nächsten Buches. Weigert sich dieser, weist der Verleger süffisant auf Kleingedrucktes im sogenannten Autoren-Vertrag hin, den der Autor damals blauäugig unterschrieben hat.

Nun ist es an ihm, ständig neue Ausreden zu finden, warum die Schreibblockade einfach nicht aussetzt und dass nur ein Vorschuss auf das zu erwartende Buch diese lösen könne. Der Verleger geht meist auf diese Forderung nicht ein. Er verdient auch Geld, wenn er den Autoren wegen Nichterfüllung des Vertrages verklagen kann.

Der Profi

Bereits etablierte oder noch besser, bereits berühmte Autoren müssen sich ums Schreiben keine Gedanken mehr machen. Sie verhandeln ausschließlich über Höhe der Provisionen aus Buch-Verkauf, Merchandisingartikel und Filmverleih. Sie stellen die Forderungen und der Verleger muss diese nur im Rahmen halten. Hier angekommen, verkauft sich allein der Name. Die Qualität des Geschriebenen interessiert niemanden, auch den Käufer, nicht.

Profi-Autoren, die schon länger im Geschäft sind und nicht mehr jeden Cent einzeln umdrehen müssen, sind in der Lage, sogenannte Ghost-Writer zu beschäftigen. Dies sind Menschen, die für wenig Geld viel schreiben. Sie stehen damit besser da als Stupidedia-Autoren, die für gar kein Geld viel schreiben.

Der Profi braucht durch seine Helfer nicht mehr die Tasten seiner Tastatur beschmutzen und erntet Ruhm, Ehre und eine Haufen Geld.

Die Buchmesse

Um gleich von vorn herein mit einem gängigen Vorurteil aufzuräumen: Bücher verkauft man nach Gewicht und nicht nach Quadratmeter. Das Messen von Büchern hat also keinen Sinn. Die Buchmesse ist demnach keine Tätigkeit, bei der man Büchern mit dem Zentimetermaß auf den Leib rückt. Auch eine Buchwiege gibt es nicht.

Vielmehr ist die Buchmesse ein Warenumtauschplatz für Geschriebenes. Verleger mieten in den Hallen für teueres Geld Flächen an, auf denen sie ihre neuesten Veröffentlichungen darstellen. Sie hoffen auf Buchhändler, die hier ein bestimmtes Kontingent an Büchern abnehmen. Bedeutende Plätze für solche Buchmessen sind Frankfurt und Leipzig.

Tausende Menschen, die nicht alle nur Buchhändler sein können, strömen dann in die Messehallen. Zu Ihnen gehören

  • Verleger – Ihr Auftritt gleicht immer dem eines Weltstars. Im gewissen Sinne sind sie ja auch die wahren Machthaber dieses Spektakels.
  • Verlagsangestellte – allen voran Vertriebsmenschen und Lektorinnen. Sie sind genötigt, an den Buchständen ihres Verlags Bücher zu verkaufen und vorbeischlendernden Passanten den Weg zur Toilette zu erklären.
  • Autoren – sie halten, als Bestandteil ihres Vertrages, Lesungen vor einem uninteressierten Publikum ab. Insgeheim hoffen sie auf Kamerateams des Fernsehens, durch das sie ihre Popularität steigern möchten.
  • Buchhändler – sie machen sich ein Bild über die wichtigsten Neuerscheinungen und bestellen für ihr Geschäft. Da sie das aber auch über ihre bestehenden Großhändler machen können, scheint der wahre Grund ein anderer zu sein. Die zahlreichen Prostituierten, die aus Tschechien und der Ukraine als Verstärkung zu Messezeiten eingeflogen werden, liefern unter Umständen ein Indiz für den hohen Zulauf der Messe.
  • Manuskriptschreiber – sie sind leicht an den Schweißtropfen, die ihr Antlitz zieren, zu erkennen. Der Gang von Stand zu Stand, von Verlag zu Verlag, an denen sie ihr Manuskript wie Sauerbier anbieten, ist anstrengend. Anfänglich haben sie noch ein freudig errötetes Gesicht, später ein Entmutigtes. Erkennen die Verlagsmenschen einen solchen, verlassen sie fluchtartig ihren Stand und lassen sich verleugnen.
  • Fußvolk – an Öffnungstagen, an denen auch Privatpersonen teilnehmen dürfen, gibt es nur zwei relevante Gruppen: die lesewütigen Frauen und ihre mitgeschleppten Männer. Darüber hinaus tauchen vermehrt Gigolos auf, die jungen Autorinnen vormachen, sie seien bedeutende Verleger. Welchen Zweck sie damit beabsichtigen, ist nur spekulativ.
  • Literaturkritiker - Literaturkritiker lassen sich nur seltenst herab ihren Fuß in die halbseidene Welt des Messeglamours zu setzen, da dies grundsätzlich ihnen zu populistisch erscheint-Ausnahme: Die Bereitstellung von Gratiskäseschnittchen

Verlagsrisiken

Ein Verlag ist angehalten, seinem Verleger ordentliche Gewinne zu bescheren. Hierzu ist die Einhaltung einer gewissen Kette nötig. Der Verlag ist gezwungen,

  • einen Autor billig einzukaufen
  • ostzonales Papier geringster Güte zu beschaffen
  • einen Drucker, der kurz vor dem Konkurs steht, zu finden und ihm ein unmoralisches Angebot zu unterbreiten. Weigert er sich, dieses anzunehmen, lässt ihn seine Hausbank fallen. Er muss also!
  • einen reißerischen Titel zu finden und diesen in Hochglanz mit einem sensationellen Foto als Einband zu drucken
  • einen dramatischen Klappentext dazu zu erfinden
  • einen unter Vertrag stehenden berühmten Autor (u. U. eine dem Verlagshaus angehörige Zeitschrift) zu einer Buchbesprechung hinreißen zu lassen
  • dem Autor Auftritte in jeder erdenklichen Talk-Show zu vermitteln
  • das Buch möglichst teuer zu verkaufen.

Gelingt diese Kette nicht oder nur unvollständig, läuft ein Verlag Gefahr, auf dem Druckwerk sitzen zu bleiben. Er trägt in diesem Falle das ganze Risiko. Häufig wird versucht, ein solches Buch als Mangelexemplar zu veräußern, um wenigsten die Selbstkosten wieder rauszuholen. Billiger und weitaus effektiver hat sich jedoch bewährt, die Bücher in Wasser einzuweichen, um daraus neues Druckpapier herzustellen.