Realistische Wikipedia

Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.

Die realistische Wikipedia ist eine Übertragung sämtlicher interner Richtlinien der Wikipedia in das reale Leben. Hierbei wird davon ausgegangen, dass alles, was bei der Wikipedia an Richtlinien, Verordnungen etc. gebräuchlich ist, automatisch Gesetz wird.

Gehe von guten Absichten aus!

"Von guten Absichten ausgehen" wird in Fässern verkauft. 49,99€ pro Barrel. Trinkt man es nicht, versteht man es nicht.

Eine der wichtigsten Regeln der Wikipedia ist: "Gehe von guten Absichten aus!" Egal, was jemand tut, man muss ihm geradezu unterstellen, dass er ursprünglich nur helfen wollte. Wenn der komplette Artikel von Karl-Theodor zu Guttenberg gelöscht wird, wollte die unbekannte IP vermutlich nur helfen - eventuell hat er ja einen Fehler entdeckt und hat den kompletten Artikel nur aus Versehen gelöscht. Ein dezenter Hinweis hilft dabei. Sollte er weiter machen, darf er in einen Krabbelkäfig zusammen mit den anderen Personen, die es auch alle nur gut meinten. Gut für sich selbst.
Im realen Leben ist die Regel, auf Englisch "assume good faith" (AGF), ziemlich schwer umsetzbar. Wenn jemand eine Bank überfällt, muss die Polizei zunächst davon ausgehen, dass der Bankräuber, und wenn er noch so viele unschuldige brutal niedermetzelt, primär eine gute Absicht hat. Zum Beispiel sich selbst nach absetzen oder sich einen fetten Porsche kaufen (und somit Arbeitsplätze sichern). Rund 100% aller Polizisten halten sich jedoch nicht an die AFG-Regel, sodass es die Bankräuber tendenziell eher schwer haben. Notfalls helfen dann ab und zu auch mal ein paar Journalisten.

Sei tapfer!

Ein tapferer Mann (rechts) blickt der Gefahr ins Auge und riskiert dabei Prügel vom Gegner (links)

Eine weitere Regel, in dem Fall jedoch eher eine Empfehlung, ist die Aufforderung, tapfer zu sein. Gerade Neulingen wird dies immer wieder geraten. Wenn man nicht tapfer wäre, würde man sich nie durchsetzen und man hätte in der Wikipedia schlechte Karten. Die meisten sind auch so tapfer und werfen mit Beleidigungen vor Selbstachtung strotzend nur so um sich - bis es nicht mehr geht, da sie gesperrt wurden.
Was im Internet jedoch geht, muss nicht zwangsläufig auch in der Realität klappen. Die Aufforderung "Sei tapfer!" meint dabei nicht, dass man auch in der Realität alles im Umkreis von nur fünf Metern bis zum geht-nicht-mehr. Man wird dafür vermutlich zwar noch nicht einmal gesperrt, aber man bekommt eine Gratisreise ins Krankenhaus. Wenn man besonders tapfer war, darf man auch den örtlichen Friedhof besuchen. Für den Rest des Lebens nach dem Leben.

Sei mutig!

Mutig: Der Kerl hat einen Lolly geklaut. Erwischt wurde er trotzdem.

Es ist geradezu ziemlich merkwürdig, dass die Wikipedia zwischen "mutig" und "tapfer" unterscheidet, obwohl dies fast schon Synonyme sind. Während sie beim Tapfersein beteuert, Mut zu beweisen, verlangen die Administratoren vom Mutigsein, die Tapferkeit unter Beweis zu stellen. Diese Redundanz hat den einfachen Grund, dass man dann einen Artikel mehr in der Datenbank hat.
Im echten Leben kann man Mut und Tapferkeit voneinander durchaus unterscheiden. Es ist mutig, sich einem Nazi in den Weg zu stellen und tapfer, daraufhin freiwillig Prügel einzustecken. Was dazwischen passierte, gehört in die Kategorie "Blöd": Man muss einen Nazi schließlich nicht mit dem Ruf "ROTFRONT!" begrüßen und die Faust ballen.

Sei freundlich!

Was auch schon der Freiherr Knigge wusste: Man muss freundlich im Umgang mit anderen Menschen sein. Beleidigungen wie "Fick dich!" oder auch "Du Arsch!" gehen gar nicht. Das gilt sowohl auf der Wikipedia als auch auf dem 08/15-Bürgersteig. Dummerweise beherrschen einige Menschen nicht die Kunst des Freundlichseins und möchten gerne alles und jeden ansprechen, anfassen oder , obwohl das Opfer gar nicht erst in so eine Situation wollte. In solchen Fällen hilft es oft nur, die Polizei zu rufen. Im Internet schließt man einfach den Browser.

Sei grausam!

Dieses Mädchen kommt und haut alle mit der Peitsche, wenn man nicht grausam genug ist. Wie grausam.

Doch schon gleich im nächsten Schritt revidieren die werden Administratoren alles, was Knigge jemals behauptet hat: Sie fordern, möglichst grausam, erbarmungslos und ohne Skrupel zu sein. Es ist die am meisten beherzte Regel, da das Grausamsein einfach viel zu viel Spaß macht, um alle anderen Regeln auch noch berücksichtigen zu können. So kann ein Administrator einfach mal ein paar Dutzend Personen sperren, ohne, dass sie sich schuldig fühlen müssen. Sie sind grausam und das ist auch von der höchsten Wikipedia-Stelle verlangt worden.
Dass das Grausamsein am meisten Spaß macht, haben auch zahlreiche Personen bewiesen, die die Wikipedia an sich gar nicht kennen, weil sie unter anderem gar kein Internet haben, um auf die Wikipedia zugreifen zu können oder weil sie sich selbst schon einmal diese Regel aufgestellt haben und sie so abgöttisch lieben wie ihren eigenen Sohn. Eventuell sogar mehr. Diese Regel wurde von alten Veteranen wie dem Sonnenkönig, Josef Stalin und Adolf Hitler ebenso berücksichtigt wie noch lebenden Zeitgenossen wie Kim Jong Il, Fidel Castro und dem Hauptdiktatorexporteur Afrika an sich. Auch deutsche und amerikanische Polizisten beherzigen diesen Rat öfters und denken auch daran, wenn sie jemanden mit Wasserwerfern in die Augen schießen oder die Occupy Wall Street-Bewegung mit unbegründeten Rumsprühen von Pfefferspray aufhalten wollen. Notfalls kann man natürlich noch die Grausamkeit zumindest bit ein bisschen Freundlichkeit ergänzen: "Dürfte ich Sie bitte mit einem Flammenwerfer abschießen?". Die Antwort wird nicht abgewartet, man soll schließlich mutig und tapfer sein und einfach loslegen. Anders als bei der Wikipedia kann man die Tat allerdings nicht einfach mit einem Drücken auf den "Rückgängig machen"-Knopf rückgängig machen. Daher macht das Grausamsein in der Realität auch mehr Spaß.

Störe Wikipedia nicht, um etwas zu beweisen!

Demonstranten. Stören alle. Wo bleibt verdammt noch mal die Polizei!?

Auf gut Deutsch: "Mache bei uns gar nichts, sonst machst du es kaputt."
Die Regel ist im Grunde genommen von der aktuellen Politik übernommen worden: Man gibt dem Volk alle vier oder fünf Jahre die Gelegenheit, über irgendwas abzustimmen (im deutschen Pendant der Bundestag) und danach wird immer wieder dieselbe Scheiße fabriziert. Wenn man dann einschreiten will, um zu demonstrieren (beispielsweise gegen Castortransporte), bekommt man einen auf den Deckel, weil man die aktuelle Politik stört, obwohl man nur beweisen möchte, dass das Volk es (relativ gesehen) immer besser kann. Die Politik ist anderer Meinung und die Polizei sowieso, weil sie dann einen Grund hat, grausam zu sein.

Nimm an Abstimmungen teil!

Soooo viele schöne Sachen zur Auswahl!

Ein wichtiger Bestandteil der Wikipediacommunity sind die regelmäßigen Abstimmungen, damit die niedere Userschaft noch das Gefühl hat, irgendetwas mitentscheiden zu können, beispielsweise bei Löschabstimmungen oder der Wahl neuer Administratoren. In Wahrheit sind so viele User auf der Wikipedia, dass eine einzelne Stimme wie ein Fliegenschiss neben einem fünf Meter hohen Haufen Mist aussieht: Zum einen nicht gerade sehr bekömmlich aus und zum anderen ist es ziemlich frustrierend. Durch zahlreiche Sockenpuppenaccounts werden die Abstimmungen von vornherein sowieso derart manipuliert, dass man nicht mehr durchsteigt.
Dass die einzelne Stimme so gut wie nichts mehr wert ist, ist auch der Grund, warum die Beteiligung bei Bundestagswahlen so niedrig ist wie das Niveau von Mario Barth. Viel besser wäre hierbei ein Zensuswahlrecht: Die Stimmen werden anhand der Popularität und der Leistungen für den Staat dem Fakt, wie wenig sie dem Staat bis jetzt geschadet haben, gewichtet. Bisher scheiterte es jedoch immer an der Vorstellung, dass Verona Pooth dann wohl 10% aller Stimmen erhalten würde.

Nimm nicht an Abstimmungen teil!

Hä? Was? Haben die nicht gerade noch was anderes gesagt?

Ignoriere alle Regeln!

Ignorieren. DER Freibrief für alle.

Nachdem sich der werte Herr Neuling durch die ganzen Artikel gewälzt hat, jede Regel auswenig lernte, um ja keine Konflikte heraufzubeschwören, heißt die letzte Regel: Ignoriere sie alle.
Gefrustet kehrt der Neuuser der Wikipedia den Rücken zu und beschäftigt sich mit etwas Sinnvollerem.
Gegen Ende seines Lebens bemerkt der normale Mensch, dass er alles, was er sich im Laufe seines Lebens erwirtschaftet hatte, nicht mit in den Tod nehmen konnte. Zumindest ist das die heute weitreichendste Meinung, früher hat man Pyramiden gebaut bauen lassen und den Pharao mit all seinem Bling-Bling dort verscharrt. Heute weiß man, dass es noch nicht mal 5.000 Jahre dort liegen bleiben konnte - nicht einmal die Mumie selbst. Die liegt im ägyptischen Staatsmuseum.
Die Moral des Lebens lässt sich dadurch wie folgt erklären: Egal, was man macht, sterben wird man sowieso. Wirklich. Ganz ehrlich. Deswegen kann man auch alle Regeln ignorieren.

Fazit: Würde wirklich jeder nach den Statuten des weltweit größten Online-Nachschlagewerkes leben, wäre die Welt im Chaos und nichts wäre so, wie man es bisher kennt. Ein Glück, dass die Wikipedia derzeit nicht die Weltregierung stellt.