Diverses:Wie die Zähmung des Widerspenstigen gründlich misslingt oder: Die Locken des Führers

Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.

So ging es zu, früher bei Shakespeare's

Prolog

Der Industrielle G. von V., aus deutschem Hochadel, kehrt von einer Vernissage, es kann aber auch ein Bordellbesuch gewesen sein, spät abends heim. Sein Maybach hatte eine Panne und von V. hatte es eilig, also kürzte er ab durch das Kneipenviertel. Dort stolperte er fast über ein Bündel Mensch in einem billigen Anzug. Er nimmt den Surzbetrunkenen mit zu sich nach Hause, auf sein Anwesen. Dabei reift in von V. ein perfider Plan. Er gedenkt dem fast Besinnungslosen eine andere gesellschaftliche Rolle zukommen zu lassen. Vorläufig. Und ihm dann dieses Privileg der höheren Geburt wieder zu nehmen.

Im Anwesen des von V.

"Elvira, Bruno, rasch herbei", ruft G. von V., "ich habe etwas mitgebracht. Stinkt nach billigem Fusel, verspricht aber ein köstlicher Spaß zu werden!" Elvira, die Gattin G.'s und der Diener Bruno eilen ins Entrée und greifen dem völlig betrunkenen Mann unter die Arme. "In den Sessel mit Ihm!" dirigiert von V.. "Bruno, Du wechselst dem Taugenichts die Kleidung und machst ihn etwas frisch. Und Du, liebe Elvira, rufst Deine Laienspielschaartruppe zusammen!"

Erster Akt

Der Betrunkene liegt mehr als er sitzt, im Sessel und kommt gerade zu sich. Bruno hatte ihm mit einer ganzen Schüssel Bratenfett das Haar angeklitscht und ihm eine Wollmaus (von unter dem Sofa her) unter die Nase gepappt. G. von V. steht an der Anrichte und fragt: "Herr Vorsitzender, noch ein Gläschen Burgunder?" "Herr Vorsitschender?", lallt der Angesprochene verwundert, "Isch bin Poschtkutschenma... äh Postkartenmaler!" G. von V. tut überrascht und ruft: "Elvira, er kommt zu sich!" und zum Postkartenmaler gewandt: "Nein, Herr Hitler, Sie sind Vorsitzender der NSDAP! Und erholen sich grad von einem posttraumatischen Schock, den Sie im Ersten Weltkrieg erlitten hatten!" Der Postkartenmaler runzelt die Stirn... "Stimmt. Ich war Gefreiter im Weltkrieg und musste nach einem Scharmützel in die Klapse, das weiß ich noch... Aber... Hitler? Heiße ich Hitler?" "Jawohl, Adolf Hitler! ... und, Herr Hitler, Sie waren gerade dabei, dieses Theaterstück von Leni Riefenstahl zu begutachten! Da kommen auch schon die Schauspieler!" Die Laienschauspieler treten auf, hastig hatten sie ihre Kostüme zusammengewürfelt. "Wovon handelt das Schtückk?", will der Herr Hitler wissen. "Von der Zähmung!" sagt G. von V.. Und schon tritt ein als Frau verkleideter dicker Mann auf die improvisierte Bühne: "Wenn mein Liebster mich freien soll, muss zuerst meine Schwester Katharina unter die Haube!", so tönt der Beleibte.

Derart aufgebrezelt ging's in die Kneipe

Zweiter Akt

Eine Schauspielerin tritt auf, vergeblich war die Mühe der Maskenbildnerin, sie auf attraktiv zu schminken:"Ich bin mein eigner Herr," lässt die Dame verlauten, "und wehe dem, der es anders zu behaupten wagt!" Ein klappriger Schauspieler, mit dennoch tadelloser Haltung, tritt auf und ruft der Dame zu: "Oh wunderbare Katharina, wie schön leuchten die Sterne am Firnament!" "Das sind keine Sterne", behauptet die Angesprochene, "es sind die Leuchtspurgeschosse der Junkers." "Wie dem auch sei, ob Sterne oder Kartätschen, sie umspielen Euer feines Antlitz. Genug des Vorspiels: Lass' uns ficken!" ruft der Klapprige und nästelt bereits an seinem Hosenlatz. "Vorhang!" ruft panisch da der G. von V..

Zwischenspiel

Zwei teuflische Biedermänner

Hinter dem Vorhang herrscht aufgeregte Betriebsamkeit, eine laute Unterredung, mehr schon ein Gewirr von Stimmen, ist zu hören, in dem es um das Entgleiten des Stückes zu gehen scheint. Der Klapprige, ein Freund der V.'s und pensionierter Rittmeister aus der preußischen Armee des Alten Fritz' ist kaum davon abzuhalten, aufzusitzen, während im Publikum der Herr Hitler langsam nüchtern wird. Zufällig fällt sein Blick auf den silbern glänzende Sektkübel und er erschrickt ob seines Spiegelbildes. "Wo sind meine Löckchen hin?", fragt sich "Hitler" und nestelt an seinem Haar. Da springt auch eine Tolle aus der glatt fettierten Haarkappe hervor und kringelt sich auf der Stirn. "Scheiße!", denkt Hitler, denn seine neue Frisur hatte ihm gefallen.

Dritter Akt

Der Vorhang hebt sich, "Katharina" springt von der Bühne und wirft sich dem so genannten Herrn Hitler in die Arme. "Rette er mich vor dem Lustgreise!", haucht sie. Der so Angesprochene lässt sich nicht lange bitten und schlägt dem heranhinkenden Rittmeister mit der flachen Hand vor die Stirn. "Aus, Blondi!", ruft er. Der Rittmeister kauert sich winselnd vor Hitlers Füßen nieder. "Sapperlot", ruft nun freudig erregt der Dicke in Frauenkleidern von der Bühne, "welch natürliche Autorität! Ein Solcher sollte das Deutsche Reiche führen!" Er schreitet großtuerisch auf Herrn "Hitler" zu und verbeugt sich. "Gestatten, Göring, Hermann!"
G von V. versucht in seiner Verzweifelung zu retten, was zu retten ist, um zu seinem ursprünglichen Plan, den Delinquenten wieder betrunken zu machen und vor die Tür zu befördern: "Herr Vorsitzender, noch ein ?" "Trinke keinen Alkohol!", hört sich der Angesprochene sagen und ist darob selbst etwas verwundert.

Zu Hause habe ich ein richtiges Kaninchen!

"Recht so", sagt Göring, "es gibt viel zu tun, für einen so vollendeten Führer!" Das Bratenfett kann nun auch die zweite Haartolle nicht mehr halten und fast wie in einer atomaren Kettenreaktion -obwohl Oppenheimer die Bombe noch gar nicht erfunden hatte- krumpeln sich drei, vier, ach fast schon ein Dutzend weitere Locken auf des Hitlers Haupt. "Ach, wie süß, Locken!", meint die Dame und rutscht dann aber etwas verlegen auf Hitlers Schoß herum. "Herr Hitler, ich spüre einen harten Knüppel an meinem Gesäß, seid ihr gar Polizist?" "Nein, Postkartenmaler. Und das ist mein Pinsel!" "Ach, Locken und ein Pinsel! Bravissimo!" haucht die Dame und steht auf, "Gestatten, Braun mein Name, Eva." Hitler erhebt sich ebenfalls: "Na dann kommen se mal mit mir Frollein Braun. Zu Hause habe ich ein Kaninchen. Ein echtes...obwohl... dafür scheinen Sie mir fast schon etwas zu alt!" Der Hausherr rauft sich verzweifelt die Haare; er kann nicht verhindern, dass Hitler und Gefolge den Ort des gründlich vermasselten Schauspiels verlassen.

Epilog

Hitler, eingehakt bei Hermann Göring und Eva Braun, verlässt zu Fuß das Anwesen der V.'s. Die drei scherzen lautstark und stimmen sogar ein kleines Liedchen an: "Die Fahne hoch...". Ein Anwohner fordert lautstark "Ruhe!" und wird dafür vom Rittmeister, der hinter dem Trio hertrottet, verbellt. Aus der Villa hört man einen Schuß knallen; aus einer Walther P38. Ja, so ein Blaublütiger weiß, was sich gehört, wenn ein Plan scheitert.