Organismus

Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.

Eine Organistin, die sich hinter der Tür versteckt hat und an Organe Unwissender will

Der Organismus ist eine lebensbejahende, extremistische Bewegung von Ärzten, und solchen, die sich zu eine der beiden Gruppen zählen. Die Gesinnung ist sehr weit verbreitet und oftmals nicht als solche erkennbar, da sie sehr schnell von Laien verstanden oder zumindest nachvollzogen werden kann.

Credo

"Wer keine Organe hat, der kann nicht leben." Dieser Grundsatz prägt den Alltag der extremistischen Bewegung und ist zentraler Bestandteil des Medizinstudiums: Tagaus, tagein wird gelehrt und gelernt, welche Organe der menschliche Körper besitzt, was genau ihre entsprechenden Funktionen sind und welche man eventuell doch nicht braucht, weil man bei Notoperationen feststellte, dass man nicht gestorben ist, nachdem man sie entfernte - typisches Trial and Error mit ein paar Toten, aber es ist schließlich für die Wissenschaft.
Mittlerweile haben amerikanische Wissenschaftler herausgefunden, dass die Menschen ohne ihr Herz beispielsweise ziemlich schlecht überleben können. Zwar gibt es seit ein paar Jahrzenten Maschinen, die das Herz ersetzen können, aber so richtig praktisch ist es bis jetzt noch nicht, mit technisch-monströsen Geräten bei der Fußballweltmeisterschaft mitzuspielen. Auf einige Organe kann aber zumindest teilweise verzichtet werden: Man kann noch mit nur einem Lungenflügel außerordentlich Lustig sein und Kindern die Welt erklären, mit nur noch einer Niere Nierenstein bekommen und ohne Hirn Völkermord begehen. Letzteres ist jetzt nicht wirklich positiv, aber die Bewertung überlassen Wissenschaftler lieber den Philosophen des 21. Jahrhunderts: Der Schwarmintelligenz im Internet. Sie muss sich nur noch eben kurz mit dem süßen Katzen-GIF ablenken.

Mit diesem Credo stehen Organisten nicht auf einer Linie mit Geistlichen oder anderen spirituellen Entitäten. Wenn man stirbt, liegt das nicht daran, dass die Hirnfunktionen infolge von Multiorganversagen eingestellt werden, sondern daran, dass wahlweise das Chi nicht mehr richtig fließt, man irgendwo wiedergeboren wird oder man von Aliens mittels einer Laserstrahlkanone langsam, aber sicher vaporisiert wird. Es gibt bestimmt eine Religion, die damit den Verwesungsprozess erklärt. Bislang konnte noch kein Organist in einem Eigenversuch beweisen, dass man stirbt, wenn lebenswichtige Organe versagen, weil sie danach entweder auf ewig schwiegen (da sie eingesehen haben, dass sie falsch lagen) oder zu feige waren, es an sich selbst auszuprobieren. Experimente an Dritten sind nicht zulässig, da hier die Gefahr besteht, dass sie bestochen worden sein könnten. Geld brauche der Mensch schließlich, anders als Organe, immer. Kapitalismus rockt.

Ethik ist zweitrangig

Ein Organist ist Organist im klassischen Sinne und spielt dem zu Tötenden das Lied vom Tod
Sauber getrennt per Guillotine: Der Kopf von den noch zu benutzenden Organen

Organisten, die nicht die Orgel spielen, sondern Anhänger der Organismus-Bewegung sind, versuchen stets andere Personen davon zu überzeugen, nach dem Tod die Organe zur Adoption freizugeben. Organe werden hier als wichtiger als das eigene Leben bezeichnet und haben infolge dessen auch ein deutlich längeres Leben als der Mensch selbst.
Während von den meisten alles getan wird, um Organe, aber nicht unbedingt Menschen so lange wie möglich am Leben zu erhalten, ist es eine noch radikalere Splittergruppe, die weitergehende Forderungen stellt und das Menschenleben noch mehr wertschätzt als die meisten anderen: So fordern sie den bedingungslosen Mord an einer Person, sollte diese vernünftige Organe besitzen, damit ein paar mehr Leute überleben können. "Ein Leben kann so bis zu fünf andere Menschenleben retten. Je nach dem, wie viele Organe wir bei dem Mord beschädigen", heißt es von den Anhängern dieser Strömung, zu der sich der IS bis jetzt noch nicht bekannt hat. Ethische Fragen wie "Was ist mehr wert: Das eine Menschenleben oder die fünf anderen?" werden dabei klar beantwortet. Während sich Schulkinder noch mit der Frage "Du stehst an einer Weichenschaltung. Ein Zug fährt heran. Links auf den Gleisen ist ein spielendes Kind, rechts ein Krampfadergeschwader. Du kannst die Weiche nur ein Mal umstellen. Wer soll sterben?" beschäftigen, schaffen Organisten Tatsachen und bringen einfach alle um, damit die Organe weitergegeben werden können.

Rechtslage

Die Rechtslage in Deutschland ist womöglich unsicher. Einerseits stellen die extremistischen Organisten eine Gefahr für das Gemeinwohl dar, da potenziell jeder von ihnen für die eigenen Organe umgenietet werden könnte. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" heißt es im Grundgesetz, "Du sollst nicht töten" in den Zehn Geboten und Batman predigt das auch regelmäßig. Die Extremisten weisen aber darauf hin, dass es in Deutschland (in Österreich und der Schweiz vermutlich auch, aber was weiß der Autor schon?) die sogenannte gibt. Zwar greift derjenige, der die Organe noch hat, den Sterbenden mit fehlenden Organen nicht wirklich an - warum sollte er auch? - aber ohne seinen Tod wäre der Typ ohne Organe auch krepiert. Rechtfertigt das Notwehr?

Natürlich nicht. Die Extremisten behaupten das aber trotzdem.

Einem Hirntoten allerdings die Organe zu entnehmen ist kein Problem, schließlich ist die Person ja schon tot. Besitzansprüche könnte der tote Körper zwar trotzdem noch geltend machen, aber dafür müsste er erst einmal einen auf The Walking Dead machen und zum Zombie mutieren, sodann den Passierschein A38 besorgen und dann noch warten, bis die Behörde geklärt hat, wem das Organ eigentlich gehört - dem untoten Zombie oder dem Typen, dem das Organ in der Zeit, in der sich der Untote mit den Behörden rumgeschlagen hat, vor 15 Jahren eingepflanzt wurde, lange lebte und womöglich schon selbst wieder gestorben ist und er seinerseits Besitzansprüche geltend machen könnte.
Organe können in dem Punkt leider nicht befragt werden. Die Möglichkeiten, es zu befragen, wo sie lieber sein möchten, sind in etwa so beschränkt wie bei einem Goldfisch. Der kann seiner Besitzerin schließlich auch nicht sagen, dass sie lieber den teuren Kram von Fressnapf zum Füttern kaufen soll und nicht Brotreste aus dem Aldi um die Ecke ins Goldfischglas zu werfen hat.