Liveact
Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.
Beim Liveact denkt der Lesende an Bands oder ähnliche Formationen mit Instrumenten wie Maultrommel oder Abflussrohr-Didgeridoo. Der Begriff Liveact wird dennoch überwiegend im Bereich der elektronischen Musik verwendet und beschreibt eine Abwandlung des DJs.
Inhaltsverzeichnis
Qualifikationen
In den meisten Fällen reicht als Ausrüstung ein Computer mit mittelprächtiger Leistung. Dazu kommen raubkopierte Software und diverse Audioschnippsel, genannt Samples. Alles zusammen kräftig durchgerührt und im Zufallsprinzip zusammengesetzt, dazu Kickdrum und eine Art Bass aus Sägezahn oder Sinuswelle.
Nun wird das ganze vorarrangiert in eine andere raubkopierte Software geladen und schon fehlt nur noch die Namensfindung. Hier wird meistens mehr Energie investiert. "Kick-Bass Schulz", "Peter Superstar", "Dancefloor-Demolator" oder ähnliches sind hier in deutscher oder englischer Sprache favorisiert.
Das Einzige, was nun noch zum erfolgreichen Liveact fehlt, ist große Reisebereitschaft (anfangs nur in dubiosen Klein-Clubs, später dann weltweit), Trinkfestigkeit (eine Stunde Programm müssen ja schließlich irgendwie optisch mit viel Alkoholkonsum untermalt werden) und das Interesse, sich regelmässig verprellen zu lassen (Gage ist für die meisten Veranstalter und Booker nur eine Floskel ohne Grundlage).
Das Auftreten
Im Allgemeinen verhalten sich Liveacts mit zunehmender Bekanntheit immer skuriler. Erst fangen sie als kleine schüchterne Personen hinter dem an. Im Laufe der Karriere mutieren sie dann zu mit Schmuck und Markenkleidung behangenen, selbstverliebten Menschen, die jeden anderen und das Publikum verachten. Äußerungen wie, "Das Sample habe ich schon vor zwölf Jahren benutzt", "Guck dir mal den Typen da an, der tut ja nur so als würde er auflegen" oder "Hast du dir mal das Publikum angeschaut? Die sind heute echt verhalten bei dem Hammersound" gehören zum Standardvokabular und täuschen über die eigene schwache Leistung hinweg.
Ebenso steigt die Superstar-Attitüde und schon nach dem ersten Auftritt im Ausland sind Billigfluglinien oder Economy-Class-Tickets nicht mehr gut genug. Dies wird dann meist gefolgt von Wünschen nach Fünf-Sterne-Hotels und sechs Flaschen Vodka, zuzüglich halbnackten Tänzerinnen auf der Bühne.
Dieses Verhalten ist essenziell für Liveacts, da sie sich durch protzen besser im Kollektiv bestätigt fühlen. Nach vielen Jahren Tätigkeit würden viele Aktive gerne aufhören zu spielen, sind allerdings dadurch verhindert, dass sie keine Ausbildung oder andere Form der Bildung genossen haben und somit beim Arbeitsamt als schwer vermittelbar gelten.
Die Show
Nachdem der Liveact dreißig Minuten zuspät an der Bühne erscheint, beginnt die Kritik- und Wunschwelle. Zuerst wird der Stagemanager mit dem Problem der entleerten und der fehlenden Klimatisierung des Shuttles belagert. Im Anschluss wird die Bühne inspiziert und der vorher spielende DJ mit einem kurzen Handschlag der Windstärke 10 degradiert, so dass es auch alle anwesenden Gäste sehen.
Nun folgt Runde zwei beim Stagemanager, der nun wichtige Probleme lösen muss. Häufig geht es hierbei um Backup-CD-Player, Handtücher, Fussbodenheizung im DJ-Podest oder mehr blaues Licht. Sollte der Stagemanager nicht alle Aufgaben sofort und gründlich, erledigen wird ein unmittelbarer Anruf beim Management erfolgen und der Auftritt ist gefährdet.
Im Falle einer kurzen Zufriedenstellung des Liveacts, bastelt dieser mindestens 20 Minuten seine komplizierte Anlage, bestehend aus Laptop, Soundkarte, winzigen Midi-Controler und der unverzichtbaren Backup-CD auf dem generell zu kleinen Tisch. Nach einem kurzen Test des Systems bleiben dem Künstler nun noch weitere fünf Minuten, um Stagemanager oder andere Anwesende über den schlechten Monitorsound zu informieren. Nun folgt der meist einstündige Auftritt für zahlende, geladene und gekaufte Tänzer. Hierzu wird nach einer möglichst langen Pause die Backup-CD gestartet und möglichst synchron der Computer mit dem bunten Bildschirm. Nun wird viel mit den Armen herumgewirbelt, gehüpft oder konzentriert auf das Display gestarrt. Neuerdings wird die Show mit dem Verteilen von Aufklebern oder dem Besteigen des DJ-Tisches gesteigert. Gerne werden auch andere sinnlose Dinge, wie Hackbraten oder für die meist jungen Gäste nicht abspielbare CDs ins Publikum geschleudert.
Nach dem Auftritt
Diese Zeit ist für Liveacts besonders wichtig, denn hier gibt es gelegentlichen Publikumskontakt bevor es abgeschirmt zurück ins Hotel geht. Gerne wird vor Kameras posiert oder auf Armen und Beinen unterschrieben, so dass ein gewisses Selbstwertgefühl durchaus gestützt werden kann. Nach dem kurzen Bad in der Menge und weiterer Belästigung verantwortlicher Personen wird nun noch ein kleines Gespräch mit einem bekannteren DJ oder Liveact versucht, um an neue Auftritte oder Kooperationen zu gelangen.
Selbst ein frisch ausgeschlafener Liveact muss nun schnellstmöglich das Event verlassen. Dies tut er nicht nur um Groupies oder andere Personen im Hotel zu belästigen, sondern um sich interessant zu halten. Denn nur ein kurz erscheinender Liveact ist ein guter Liveact!