Dampfmühle
Eine Dampfmühle ist eine Mühle, die mittels Dampfkraft (zumeist von einer Dampfmaschine, seltener auch einer Dampfturbine) angetrieben wird.
Geschichte
Erste Dampfmühlen entstanden in England, dem Mutterland der Industrialisierung, Ende des 18. Jahrhunderts. Die bekannteste war die Albion Mill in London von 1786.[1] Um 1820 wurden die ersten Dampfmühlen in Deutschland gebaut: 1816 in Waldenburg/Schlesien,[1] 1818 in Magdeburg[1] und 1822 in Berlin.[2]
Im Laufe des 19. Jahrhunderts löste die Dampfkraft dann die beiden klassischen Antriebsarten für Mühlen, die Wasser- und Windkraft, als dominierende Form ab. Gegenüber der Windkraft bietet die Dampfkraft den Vorteil, dass sie wetterunabhängig ist und somit zuverlässig und nach Bedarf abgerufen werden kann. Gegenüber der Wasserkraft, die nicht ganz so starken natürlichen Schwankungen unterworfen war wie die Windkraft, kam als Vorteil hinzu, dass keine Wasserrechte erworben werden mussten. Diese Vorteile wogen den Nachteil auf, dass die Antriebsenergie im Gegensatz zu Wind und Wasser nicht kostenlos zur Verfügung stand; der Brennstoff für den Dampfkessel (in der Regel Kohle) musste eingekauft werden.
Die bedarfsgerechte Verfügbarkeit und der Wegfall der Leistungsbeschränkung bildete die Grundlage für eine Veränderung des Mühlenwesens weg von kleinen, handwerksmäßig organisierten Mühlen hin zu industriellen Großbetrieben. Die Dampfkraft war somit indirekt verantwortlich für das vielbeklagte (Erste) Mühlensterben Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
So analysierte beispielsweise Karl Marx: „Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten.“[3]
Im 20. Jahrhundert wurde der Dampfantrieb in den meisten Mühlen wiederum durch Verbrennungsmotoren und schließlich den Elektroantrieb ersetzt, was aber nicht so tiefgreifende Auswirkungen auf die Struktur des Mühlenwesens hatte, da die industriellen Mühlen ohne weiteres auf die neuen Antriebe umgerüstet werden konnten.
Technik
Im Gegensatz zu Wind- und Wassermühlen, in denen die Königswelle normalerweise direkt über Getrieberäder den oder die Mühlsteine antrieb, bestand eine Dampfmühle aus einem zentralen Dampfkessel und einer zentralen Dampfmaschine, von der die Antriebskraft über Riementriebe auf die verschiedenen Maschinen, insbesondere die Mahlwerke, in der Mühle verteilt wurde. Über die Riemen konnten einzelne Maschinen nach Bedarf zu- und abgeschaltet werden. Nicht selten trieb eine Dampfmaschine mehr als 10 Mahlwerke und Hilfsmaschinen an.
Die Mühlengebäude waren große, mehrstöckige Gebäude im Stile einer Fabrik.
- (c) Chris Allen, CC BY-SA 2.0
Dampfmaschine in der Holmes-Mühle in Clitheroe, England
Einzelnachweise
- ↑ a b c Franz M. Feldhaus: Die Technik der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und der Naturvölker. (PDF; 2,6 MB). Engelmann, Leipzig / Berlin 1914.
- ↑ Max Fromm von Kreuznach: Das Mühlengewerbe in Baden und in der Rheinpfalz. Druck und Verlag der G. Braunschen Hofbuchdruckerei, Karlsruhe 1907.
- ↑ Karl Marx: Das Elend der Philosophie. In: MEW. 4, S. 130.
Weblinks
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Autor/Urheber: Uwe Barghaan, Lizenz: CC BY 2.5
Langes Mühle --- Mill of Lange in Uetersen (Germany)
(c) Chris Allen, CC BY-SA 2.0
Bamford Mill: The mill engine at full chat.A public steaming day with the Musgrave engine running at just over 100 rpm - which is why the barring teeth on the flywheel rim are blurred. The engine still survives but there is no steam plant and the mill is now all flats. The picture was taken with the aid of a Metz Mecablitz 60CT1 - an invaluable tool for this type of work.
(c) Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de
Ausschnitt aus: Briefkopf eines Geschäftsbriefes (urspr. Wassermühle (Mühlenstraße 107) 1873 zur Dampfmühle
ausgebaut)Autor/Urheber: Gregory David Harington, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Grain mill at Dordrecht, Eastern Cape. Note bevel gears and pulley for flat belt driven by stationary engine.
(c) Chris Allen, CC BY-SA 2.0
Steam engine, Holmes Mill, Clitheroe