Äquatorialkamm

Äquatorialkämme von Saturnmonden

Ein Äquatorialkamm ist in der Astronomie ein Gebirgskamm eines Himmelskörpers, der dessen Äquator genau folgt. Äquatorialkämme sind ein Merkmal von mindestens drei Saturnmonden: des großen Mondes Iapetus und der kleinen Monde Atlas und Pan. Sie scheinen für das Saturn-System einzigartig zu sein, aber es ist ungewiss, ob die Ereignisse zusammenhängen oder zufällig sind. Alle drei Äquatorialkämme wurden 2005 von der Cassini-Sonde entdeckt. Daphnis scheint ebenfalls einen solchen Kamm zu haben. Der Kamm auf Iapetus ist fast 20 km breit, 13 km hoch und 1300 km lang. Der Kamm auf Atlas ist bezüglich der Größenverhältnisse noch bemerkenswerter, da der Mond viel kleiner ist und dadurch eine scheibenartige Form hat. Bilder von Pan zeigen eine ähnliche Struktur wie Atlas. Titan hatte früher möglicherweise auch einen Äquatorialkamm.[1]

Entstehung

Es ist nicht sicher, wie sich die Äquatorialkämme gebildet haben oder ob eine Verbindung zwischen ihnen besteht. Da Atlas und Pan den Saturn in dessen Ringen umkreisen, ist eine wahrscheinliche Erklärung für ihre Äquatorialkämme, dass sie während ihrer Umlaufbahn Ringpartikel aufwirbeln, die sich um ihre Äquatoren aufbauen. Diese Theorie ist weniger anwendbar auf Iapetus, dessen Umlaufbahn außerhalb der Saturn-Ringe liegt. In den hellen Regionen Iapetus’ gibt es keinen Kamm, sondern eine Reihe von isolierten 10 km hohen Gipfeln entlang des Äquators. Das Gratsystem ist stark kraterartig, was darauf hinweist, dass es uralt ist. Die markante äquatoriale Ausbuchtung verleiht Iapetus ein walnussartiges Aussehen. Es gibt mindestens vier aktuelle Hypothesen, aber keine erklärt, warum der Kamm auf die Cassini Regio beschränkt ist:[1]

Flug über den Äquatorialkamm des Saturnmondes Iapetus
  • Ein Team von Wissenschaftlern, die mit der Cassini-Mission in Verbindung stehen, hat argumentiert, dass der Kamm ein Überbleibsel der abgeflachten Form des jungen Iapetus sein könnte, als er noch eine höhere Rotationsgeschwindigkeit hatte.[2] Die Höhe des Kamms deutet auf eine maximale Rotationszeit von 17 Stunden hin. Wenn Iapetus schnell genug abgekühlt ist, um den Kamm zu erhalten, aber lange genug plastisch geblieben ist, damit die vom Saturn angehobenen Gezeiten die Rotation auf die derzeit 79 Tage verlangsamten, muss Iapetus durch den radioaktiven Zerfall von Aluminium-26 erhitzt worden sein. Dieses Isotop scheint im Sonnennebel, aus dem sich der Saturn gebildet hat, reichlich vorhanden gewesen zu sein, ist aber seitdem vollständig zerfallen. Die Mengen an Aluminium-26, die benötigt werden, um Iapetus auf die erforderliche Temperatur zu erwärmen, geben ein vorläufiges Datum für seine Bildung im Vergleich zum Rest des Sonnensystems: Iapetus muss früher als erwartet entstanden sein, nur zwei Millionen Jahre nachdem sich die Asteroiden gebildet hatten.
  • Der Grat könnte eisiges Material sein, das unter der Oberfläche hervorquoll und sich dann verfestigte. Wenn es sich zu diesem Zeitpunkt von der Position des Äquators weg gebildet hätte, erfordert diese Hypothese, dass die Rotationsachse vom Grat in ihre aktuelle Position getrieben worden wäre.
  • Die Äquatorialkämme sind durch Akkretion entstanden. Iapetus hatte möglicherweise ein eigenes Ringsystem. Durch Kollisionen im Inneren des Rings verloren die Trümmer Energie, bis sie schließlich im flachen Winkel auf den Äquator regneten und so den Kamm auftürmten.[3]
  • Der Kamm und die Ausbuchtung könnten das Ergebnis eines alten konvektiven Umsturzes sein. Diese Hypothese besagt, dass sich die Ausbuchtung im für terrestrische Berge typischen isostatischen Ausgleich befindet. Dies bedeutet, dass sich unter der Ausbuchtung Material mit geringer Dichte befindet. Das Gewicht der Ausbuchtung wird durch auf die darauf wirkende Auftriebskräfte ausgeglichen. Der Kamm besteht ebenfalls aus weniger dichter Materie. Seine Position entlang des Äquators ist wahrscheinlich ein Ergebnis der Corioliskraft, die auf ein flüssiges Inneres von Iapetus wirkt.[4][5]

Literatur

  • Thomas Bührke, Roland Wengenmayr: Geheimnisvoller Kosmos: Astrophysik und Kosmologie im 21. Jahrhundert. John Wiley & Sons, Weinheim 2012, ISBN 9783527661473, S. 126 & 127.
  • Joshua Colwell: The Ringed Planet, Second Edition: Cassini's Voyage of Discovery at Saturn. Morgan & Claypool Publishers, San Rafael 2019 (2. Ausgabe), ISBN 9781643277141, S. 4-26–4-28.

Einzelnachweise

  1. a b heise online: Ein Mond wie eine Walnuss. Abgerufen am 7. Januar 2021.
  2. Richard A. Kerr: How Saturn's Icy Moons Get a (Geologic) Life. In: Science. 311. Jahrgang, Nr. 5757, 6. Januar 2006 (sciencemag.org).
  3. W.-H Ip: On a ring origin of the equatorial ridge of Iapetus. In: Geophysical Research Letters. 33. Jahrgang, Nr. 16, 2006, bibcode:2006GeoRL..3316203I.
  4. L. Czechowski, Leliwa-Kopystynski: Isostasy on Iapetus: the myth of fossil bulge. In: EPSC Abstracts. 7. Jahrgang, 25. September 2012, S. 834 (copernicus.org [PDF]).
  5. L. Czechowski, Leliwa-Kopystynski: Remarks on the Iapetus' bulge and ridge. In: Earth, Planets and Space. 65. Jahrgang, Nr. 8, 25. September 2013, S. 929–934, bibcode:2013EP&S...65..929C (copernicus.org [PDF]).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flight over Iapetus.gif
Cassini sails low over the surface of Iapetus on approach to its close encounter with the enigmatic moon on Sept. 10, 2007. Its flight takes it over the rugged, mountainous ridge along the moon's equator, where ancient, impact battered peaks -- some topping 10 kilometers (6 miles) in height -- are seen rising over the horizon and slipping beneath the spacecraft as it flies. Frames used in this movie were acquired with the Cassini wide-angle camera on Sept. 10, 2007, as the intrepid robot soared past Iapetus (1,468 kilometers, or 912 miles across), within a few thousand kilometers of the surface. Additional simulated images were inserted between the Cassini images in this movie in order to smooth the appearance of the movement, a scheme called interpolation.
PIA21449-SaturnMoons-Atlas-Daphnis-Pan-20170628color.jpg
PIA21449: Small Wonders (color image)

Saturn Moons (Atlas, Daphnis, Pan)

https://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA21449

This montage of views from NASA's Cassini spacecraft shows three of Saturn's small ring moons: Atlas, Daphnis and Pan at the same scale for ease of comparison.

Two differences between Atlas and Pan are obvious in this montage. Pan's equatorial band is much thinner and more sharply defined, and the central mass of Atlas (the part underneath the smooth equatorial band) appears to be smaller than that of Pan.

Images of Atlas and Pan taken using infrared, green and ultraviolet spectral filters were combined to create enhanced-color views (Figure 1), which highlight subtle color differences across the moons' surfaces at wavelengths not visible to human eyes. (The Daphnis image in Figure 1 was colored using the same green filter image for all three color channels, adjusted to have a realistic appearance next to the other two moons.)

A version of the montage using only monochrome images is also provided (Figure 2).

All of these images were taken using the Cassini spacecraft narrow-angle camera. The images of Atlas were acquired on April 12, 2017, at a distance of 10,000 miles (16,000 kilometers) and at a sun-moon-spacecraft angle (or phase angle) of 37 degrees. The images of Pan were taken on March 7, 2017, at a distance of 16,000 miles (26,000 kilometers) and a phase angle of 21 degrees. The Daphnis image was obtained on Jan. 16, 2017, at a distance of 17,000 miles (28,000 kilometers) and at a phase angle of 71 degrees. All images are oriented so that north is up.

The Cassini mission is a cooperative project of NASA, ESA (the European Space Agency) and the Italian Space Agency. The Jet Propulsion Laboratory, a division of the California Institute of Technology in Pasadena, manages the mission for NASA's Science Mission Directorate, Washington. The Cassini orbiter and its two onboard cameras were designed, developed and assembled at JPL. The imaging operations center is based at the Space Science Institute in Boulder, Colorado.

For more information about the Cassini-Huygens mission visit https://saturn.jpl.nasa.gov and https://www.nasa.gov/cassini. The Cassini imaging team homepage is at https://ciclops.org.