Atlas (Mond)

Atlas
Saturnmond Atlas, aufgenommen aus 11.000 km Entfernung von der Raumsonde Cassini am 12. April 2017 (84 Meter pro Pixel)
Saturnmond Atlas, aufgenommen aus 11.000 km Entfernung von der Raumsonde Cassini am 12. April 2017 (84 Meter pro Pixel)
Vorläufige oder systematische BezeichnungS/1980 S 28
ZentralkörperSaturn
Eigenschaften des Orbits
Große Halbachse137.670 ± 10 km
Exzentrizität0,0012
Periapsis137.505 km
Apoapsis137.835 km
Bahnneigung
zum Äquator des Zentralkörpers
0,003 ± 0,004°
Umlaufzeit0,6016947883 d
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit16,63 km/s
Physikalische Eigenschaften
Albedo0,40
Scheinbare Helligkeit18,5 mag
Mittlerer Durchmesser30,6 ± 2,4
(46 × 38 × 19) km
Masse6,6 ± 0,6 · 1015 kg
Oberfläche≈ 3.700 km2
Mittlere Dichte0,44 ± 0,11 g/cm3
Siderische Rotation0,6016947883 Tage
Achsneigung0,0°
Fallbeschleunigung an der Oberfläche≈ 0,0017 m/s2
Fluchtgeschwindigkeit≈ 7,4 m/s
Oberflächentemperatur≈ −192 °C / 81 K
Entdeckung
Entdecker

Richard John Terrile

Datum der Entdeckung12. November 1980
AnmerkungenVermeintlicher Schäfermond des A-Rings
Saturn's Rings PIA03550.jpg
Die Positionen der inneren Saturnmonde in Saturns Ringsystem. Von innen nach außen: Pan, Atlas, Prometheus, Pandora, Janus/Epimetheus, Mimas, Enceladus, Tethys, Dione und Rhea

Atlas (auch Saturn XV) ist der von innen vierte und einer der kleineren der 82 bekannten Monde[1] des Planeten Saturn. Der Mond umkreist den Planeten in der Roche-Teilung außerhalb der Außenkante des A-Rings der Saturnringe.

Entdeckung und Benennung

Atlas wurde kurz vor dem 12. November 1980 von dem Astronomen Richard John Terrile bei Auswertungen von Aufnahmen der Raumsonde Voyager 1 entdeckt, die an dem genannten Tag den Saturn passierte.

Am Tag darauf wurde die Entdeckung von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) bekannt gegeben; der Mond erhielt zunächst die vorläufige Bezeichnung S/1980 S 28. Diese hohe Nummerierung resultierte aus der Meinung, dass Saturn bislang 28 Monde besaß, was sich später als Übertreibung herausstellte. Da viele der „neu entdeckten“ Monde bereits bekannt waren, reduzierte sich die Anzahl auf 17, womit Atlas der 17. entdeckte und bestätigte Saturnmond war. Da die etwa gleichzeitig oder kurz zuvor entdeckten niedriger nummerierten Monde Prometheus und Pandora sich weiter entfernt von Saturn erwiesen, erhielt Atlas die römische Nummerierung XV.

Zwischen 1980 und 2004 konnte der Mond nicht wieder aufgefunden werden. Erst im Juni 2004 wurde er auf Fotos der Raumsonde Cassini „wiederentdeckt“.

Am 30. September 1983 wurde der Mond dann nach dem Titanen Atlas benannt, der in der griechischen Mythologie die Welt auf seinen Schultern trägt. Atlas war der Sohn von Iapetos und der Okeanide Asia, der Bruder von Menoitios, Prometheus und Epimetheus und der Vater der Hyaden, Plejaden, Hesperiden und (nach Homer) der Nymphe Kalypso. Hyginus Mythographus, der das urweltliche der Gestalt herausstreichen wollte, machte Atlas zum Sohn von Aether und Gaia.

Zeus bestrafte Atlas nach dem Titanenkampf für seine Loyalität zu Kronos (röm. Saturn), indem er ihn – anstatt ihn wie die meisten anderen Titanen in den Tartaros zu verbannen – dazu verurteilte, an Gaias (der Erde) westlichstem bekannten Punkt zu stehen und durch seine enorme Kraft für alle Zeiten deren Gatten Uranos (den Himmel) zu tragen. Das Ziel war jedoch weniger die Bestrafung von Atlas, sondern Zeus wollte verhindern, dass Uranos auf die Erde brach, weil so viele Kämpfe dort stattgefunden hatten. Eine besondere Bestrafung erhielten auch Atlas’ Brüder Prometheus und Epimetheus sowie Kronos selbst. Da Atlas später unfreundlich zu Perseus war, versteinerte dieser ihn mit dem erbeuteten Haupt der Medusa.

Der Name Atlas (griechisch für „(Er)träger“) wurde für das Atlasgebirge verwendet (das Atlas selbst darstellen soll), für den Stern Atlas, die Atlas-Trägerrakete, den Atlas-Halswirbel, sowie für den Atlantischen Ozean. Der Name steht jedoch nicht für den Atlas als Kartenwerk oder für die sagenumwobene Insel Atlantis.

Bahneigenschaften

Umlaufbahn

Atlas umkreist Saturn auf einer prograden, fast perfekt kreisförmigen Umlaufbahn in einem mittleren Abstand von 137.670 km (ca. 2,284 Saturnradien) von dessen Zentrum, also 77.402 km über dessen Wolkenobergrenze. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,0012, die Bahn ist 0,003° gegenüber dem Äquator von Saturn geneigt, liegt also fast genau in der Äquatorebene des Planeten. Durch die niedrige Exzentrizität variiert die Entfernung zu Saturn um nur rund 30 km.

Die Umlaufbahn des nächstinneren Mondes Daphnis ist im Mittel 1.165 km von Atlas’ Orbit entfernt, die Entfernung der Bahn des nächstäußeren Mondes Prometheus beträgt im Mittel 1.710 km.

Atlas umläuft Saturn in 14 Stunden, 26 Minuten und 26,4 Sekunden. Dies entspricht in etwa der Umlaufzeit des Uranusmondes Cupid. Atlas benötigt für einen Umlauf etwa 11 Minuten länger als der innere Nachbar Daphnis. Der Mond läuft in der 2.605 km breiten nach Édouard Albert Roche benannten Roche-Teilung um den Planeten, die den A-Ring vom F-Ring trennt und ist dabei nur 895 km von der Außenkante des A-Rings entfernt. Es wurde lange angenommen, dass Atlas als Schäfermond mit seiner Gravitation auf den inneren A-Ring wirkt; stattdessen ist mittlerweile bekannt, dass die A-Ring-Außenkante sich in einer 7:6-Bahnresonanz mit den größeren, weiter entfernten Monden Epimetheus und Janus befindet.

Die Umlaufbahn von Atlas wird vom größeren Prometheus (mit dem er sich in einer 54:53-Bahnresonanz befindet) signifikant und in einem geringeren Maß von Pandora gestört, was zu Abweichungen in der Länge von bis zu 600 km (~0,25°) von der präzedierenden Keplerbahn mit einer Periode von ca. 3 Jahren führt. Da die Bahnen von Prometheus und Pandora chaotisch sind, könnte dies für Atlas auch zutreffen.[2]

Im Jahr 2004 wurde ein lichtschwacher dünner Saturnring entdeckt („Ringlet“), der sich entlang der Bahn von Atlas befindet und den provisorischen Namen R/2004 S 1 erhielt.

Der Mond umläuft Saturn innerhalb eines kritischen Abstandes, der sogenannten Roche-Grenze, was einen größeren Mond in diesem Bereich zum Zerbersten bringen würde. Wahrscheinlich wird Atlas nur aufgrund seiner geringen Größe oder eines lockeren inneren Aufbaus vor diesem Schicksal bewahrt.

Rotation

Die Rotationszeit ist gleich der Umlaufzeit und Atlas weist damit (wie der Erdmond) eine synchrone Rotation auf, die sich somit ebenfalls binnen 14 Stunden, 26 Minuten und 26,4 Sekunden vollzieht. Seine Rotationsachse steht fast genau senkrecht auf seiner Bahnebene.

Physikalische Eigenschaften

Größe

Atlas hat einen mittleren Durchmesser von 30,6 km. Auf den Aufnahmen der Cassini-Huygens-Sonde erscheint Atlas als ein unregelmäßig geformtes längliches Objekt mit Abmessungen von 46 × 38 × 19 km, wobei die Längsachse auf Saturn ausgerichtet ist.

Hochauflösende Bilder, die im Juni 2005 durch die Raumsonde Cassini aufgenommen wurden, zeigen, dass Atlas nicht rund, sondern am Äquator viel breiter als an den Polen ist. Er erhält dadurch das Aussehen einer fliegenden Untertasse. Man nimmt an, dass die besonders ausgeprägte Form dadurch entstand, dass Atlas an seiner Äquatorregion Material des ausgesprochen dünnen Ringes R/2004 S 1 aufgesammelt hat.[3] Tatsächlich ist die Größe der äquatorialen Ausbuchtung mit der erwarteten Größe der Roche lobe von Atlas vergleichbar. Dies würde bedeuten, dass sich keine weiteren Partikel am Äquator mehr sammeln könnten, ohne von der Zentrifugalkraft, die die schwache Schwerkraft von Atlas überwindet, wieder in den Weltraum befördert zu werden.

Die Gesamtfläche von Atlas beträgt schätzungsweise 3.700 km², dies entspricht in etwa der Landfläche des Burgenlandes.

Innerer Aufbau

Die mittlere Dichte von Atlas ist mit 0,44 g/cm³ weitaus geringer als die der Erde und sogar wesentlich niedriger als die Dichte von Saturn; sie ist so niedrig, dass Atlas auf Wasser schwimmen würde. Dies weist darauf hin, dass der Mond überwiegend aus Wassereis zusammengesetzt ist.

Dass Atlas Saturn innerhalb der Roche-Grenze umläuft, weist darauf hin, dass er entweder eine sehr feste innere Struktur hat, oder dass er zu den sogenannten Rubble Piles gehört, die durch die vergleichsweise schwache Gravitation im Innern Hohlräume aufweisen. Durch die extrem niedrige mittlere Dichte ist die letztgenannte Hypothese wahrscheinlicher.

Oberfläche

Die Oberfläche des Mondes weist kaum Einschlagskrater auf, was auf ein relativ junges Alter hindeutet. Atlas besitzt eine relativ hohe Albedo von etwa 0,4, was bedeutet, dass er eine helle Oberfläche besitzt, die 40 % des eingestrahlten Sonnenlichts reflektiert. An seiner Oberfläche beträgt die Schwerebeschleunigung 0,0017 m/s², dies entspricht etwa 0,2 ‰[4] der irdischen. Die mittlere Oberflächentemperatur von Atlas wird auf ungefähr −192 °C (81 K) geschätzt.

Erforschung

Aufgrund der geringen Größe und scheinbaren Helligkeit von 18,1m (die 1:20900000 jener des Zentralplaneten beträgt) sowie der großen Nähe zum Saturn und der Tatsache, dass er von diesem überstrahlt wird, ist Atlas mit erdgebundenen Teleskopen nicht auszumachen; es ist aus diesem Grund nicht erstaunlich, dass Atlas 24 Jahre lang nicht wieder gefunden werden konnte.

Atlas wurde seither bislang von drei Raumsonden besucht, namentlich von den Vorbeiflugsonden Voyager 1 am 12. November 1980 und Voyager 2 am 25. August 1981 sowie dem Saturn-Orbiter Cassini, der vom 1. Juli 2004 bis zum 15. September 2017 den Saturn umkreiste. Atlas wurde von Cassini mehrmals ins Visier genommen, so dass seine orbitalen Parameter mittlerweile ziemlich genau bekannt sind. Der nächste Vorbeiflug von Cassini ereignete sich während des 46. Umlaufs um Saturn am 12. Juni 2007, als die Sonde Atlas in einer Entfernung von 40.000 km passierte. Dabei konnten einige Aufnahmen mit guter Auflösung gemacht werden.

Galerie

Weblinks

Commons: Atlas (Mond) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Paul Rincon: Saturn overtakes Jupiter as planet with most moons. BBC, 7. Oktober 2019, abgerufen am 20. März 2020 (englisch).
  2. The Orbits of Saturn’s small satellites. Abgerufen am 15. Februar 2011.
  3. Spektrogramm. In: Spektrum der Wissenschaft, 2/08
  4. Erdbeschleunigung g ~ 9,81 m/s^2, daher entspricht die Oberflächenbeschleunigung auf Atlas 0,0017 / 9,81 ~ 1,73 * 10^(−4) ~ 2 * 10^(−4) = 0,2 Promille * g
weiter innenSaturnmonde
Große Halbachse
weiter außen
DaphnisAtlas
137.700 km
Prometheus

Auf dieser Seite verwendete Medien

Saturn's Rings PIA03550.jpg
Original caption from NASA:

Saturn's Rings (Artist's Concept)

This is an artist's concept of Saturn's rings and major icy moons.

Saturn's rings make up an enormous, complex structure. From edge-to-edge, the ring system would not even fit in the distance between Earth and the Moon. The seven main rings are labeled in the order in which they were discovered. From the planet outward, they are D, C, B, A, F, G and E.
Roche division, rings of Saturn.jpg
Atlas, seen here, is one of the two moons that ply the Roche Division—the region between Saturn's A and F rings. Prometheus also orbits within this division.

This view looks toward flying-saucer-shaped Atlas (32 kilometers, or 20 miles across at its widest point) and the unilluminated side of the rings from about 37 degrees above the ringplane.

The image was taken in visible light with the Cassini spacecraft narrow-angle camera on March 9, 2008. The view was obtained at a distance of approximately 1.5 million kilometers (925,000 miles) from Atlas and at a Sun-Atlas-spacecraft, or phase, angle of 44 degrees. Image scale is 9 kilometers (6 miles) per pixel.
Atlas with rings.jpg
With A and F rings to scale, Cassini. Atlas, a moon of Saturn, with the edge of the nearby A ring and the narrow F ring visible. The Keeler gap can be seen within the A ring. Image taken by the Cassini spacecraft on 30 June, 2006 from a distance of approximately 428,551 km with clear filters.
Atlas (moon) (31077864).jpg
Autor/Urheber: alan taylor from Hudson, MA, usa, Lizenz: CC BY 2.0

Tiny moon silhouetted against Saturns cloudtops

Courtesy NASA/JPL-Caltech
Atlas - Voyager 1.jpg
This image of Atlas was acquired by the Voyager 1 spacecraft on November 12, 1980.
F Ring and Atlas PIA10448.jpg
Original Caption Released with Image:

A train of diagonal channels in Saturn's F ring follows behind the moon Prometheus. Each of these features was created during a previous close approach of Prometheus to the ring.

When the moon is at the farthest point in its orbit of the planet, it strays close to (and often into) the F ring. The resulting gravitational disturbance leaves behind the channels seen here.

Atlas (30 kilometers, or 19 miles across at its widest point) appears at lower right.

This view looks toward the unilluminated side of the rings from about 27 degrees above the ringplane. The image was taken in visible light with the Cassini spacecraft narrow-angle camera on July 5, 2008. The view was acquired at a distance of approximately 1.1 million kilometers (675,000 miles) from Saturn and at a Sun-Saturn-spacecraft, or phase, angle of 34 degrees. Image scale is 6 kilometers (4 miles) per pixel.
Cassini Atlas N00084634 CL.png
Narrow Angle Camera image of Atlas. Adapted from source images. Imaged from 181,000 km with clear filters, about 1km per pixel.
Atlas 2017-04-12 raw preview.jpg
Uploader's notes: The original NASA image has been modified by cropping, removing artifacts and increasing linear pixel dimensions by a factor of 1.295.

Original caption released with image:

This raw, unprocessed image of Atlas was taken on April 12, 2017 and received on Earth April 13, 2017. The camera was pointing toward Atlas at approximately kilometers away, and the image was taken using the CL1 and IR1 filters. The image has not been validated or calibrated. A validated/calibrated image will be archived with the Planetary Data System in 2018.

The Cassini Solstice Mission is a joint United States and European endeavor. The Jet Propulsion Laboratory, a division of the California Institute of Technology in Pasadena, manages the mission for NASA's Science Mission Directorate, Washington, D.C. The Cassini orbiter was designed, developed and assembled at JPL. The imaging team consists of scientists from the US, England, France, and Germany. The imaging operations center and team lead (Dr. C. Porco) are based at the Space Science Institute in Boulder, Colo.

For more information about the Cassini Solstice Mission visit http://ciclops.org, http://www.nasa.gov/cassini and http://saturn.jpl.nasa.gov.