Binge-Watching
Der folgende Artikel ist ein Satire-Artikel. Es kann sein, dass er nicht ganz ernst gemeinte Aussagen enthält. Es kann aber auch sein, dass der Artikel irgendeine tiefgründige Botschaft vermitteln möchte.
Binge-Watching klingt nach Commitment, Fun und Quality Time, ist aber eher so: Die eigene Antriebslosigkeit mit Chips und Cola im Bett zelebrieren und sich einreden, dass eine Staffel Game of Thrones innerhalb eines Tages geschaut zu haben mit "etwas erreicht haben" gleichzusetzen ist. Es beschreibt nämlich das ununterbrochene Schauen einer Fernsehserie, bei gleichzeitiger hermetischer Abriegelung des eigenen Zimmers, dem Verzicht auf sämtliche soziale Interaktionen und dem Bewegungsschema Bett-Mikrowelle-Bett.
Video-on-Demand-Angebote wie Netflix, Hulu oder Amazon Video sind die Profiteure. Oder Lovefilm - der Streamingdienst, den man nur kennt, weil er einem signalisiert, dass man statt des neuen BMW im McDonalds-Monopoly wieder nur einen Trostpreis gewonnen hat (und dafür hat man jetzt 27 Cheeseburger gekauft?) und einen Monat lang gratis bingewatchen darf. Sofern man seine Mailadresse an einen Internetdienst weitergeben möchte, der deutlich eher nach Porno klingt als xHamster. Wohinter sich wiederum keine Online-Tierhandlung verbirgt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist das?
Binge-Watching beschreibt die durchgängige Fernsehberieselung im Niemandsland zwischen Selbstaufgabe und . Gewissermaßen eine Sucht, die Betroffene zwingt pausenlos Serien durchzugucken und dies nach außen hin als vollwertige Freizeitbeschäftigung verkaufen zu können. Es verhält sich wie mit Alkohol, Computerspielen und Online-Communities - eigentlich weiß jeder genau, dass es nicht gut für sich und den eigenen Körper ist, man die eigene Zeit sinnvoller investieren könnte und vielleicht sogar was aus sich machen sollte, doch am Ende gewinnt die aufwandsgeringe Selbstbespaßung. Neben Cordhosen, Nutella-Käse-Broten und lila-gefärbten Haaren ist Binge-Watching somit eine von vielen gesellschaftlich akzeptierten Sünden.
Binge-Watching ist zugekrümelte Bettlaken akzeptieren und Schlafdefizite haben, obwohl man 20 Stunden des Tages im Bett verbracht hat. Es liegt voll im Zeitgeist einer übereffizienten Gesellschaft, doch signalisiert gleichzeitig Prokrastination. Binge-Watching war in Großbritannien das Wort des Jahres 2015 und in Deutschland nicht. Im Endeffekt ist es jedoch einfach eine effiziente Freizeitüberbrückungsmethode, die die Zeit bis zum nächsten Schul- oder Arbeitstag möglichst schnell vorbeiziehen lässt. Ob es gleichzeitig Zeitverschwendung ist, kann soweit nicht beurteilt werden. Denn Binge-Watcher sind noch zu jung, als dass sie an ihrem Totenbett (Netflix & Die) ihre Reue bekunden könnten, dreimal durchgeguckt zu haben, anstatt für Freunde und Familie dagewesen zu sein.
Was bedeutet das?
Die Kultur des Binge-Watching verändert die Art und Weise wie wir fernsehen und wie Fernsehen produziert wird. Eine Studie aus den USA offenbarte zudem, dass sich Netflix-Nutzer 1,7-mal häufiger krankmelden als Menschen mit einem gesunden Pflichtbewusstsein. Doch wer keinen Account bei Streamingdiensten hat, muss damit rechnen, dass er bei Büro-Smalltalk in der Kaffeeküche Probleme hat den Themen zu folgen. Denn statt des nächsten Meetings und die Frage, wer ständig auf den Kloschüsselrand pinkelt, geht es auf einmal um Mittelalter-Inzest, die Frage wie cool meth-tickende Buchhalter wären oder die Erkenntnis, dass auch ganz witzig wäre, wenn Wolfgang Schäuble die Hauptrolle spielen würde.
Kommen wir zur positiven Seite dieses Trends: Binge-Watching zwingt die Fernsehmacher dazu besseres Fernsehen zu produzieren. Der Consumer hat nahezu unbegrenzte Auswahlmöglichkeiten, im Zeitalter des Online-Streaming setzt sich Qualität durch (oder eben Beautykanäle). Denn ganz ehrlich: Sendungen wie die hat sich doch niemand angeschaut, weil er Oliver Pocher, Maddin Schneider oder Jürgen Vogels Zahnlücke so unfassbar lustig fand, sondern nur weil es nach Feierabend immer noch besser war als Waschen, Bügeln, Fitness, Self-Improvement oder einfaches Denken.
Zudem funktioniert der klassische Cliffhanger nicht mehr, wenn die Auflösung nur noch einen Klick entfernt ist. Denn während Serien wie CSI:Miami noch darauf setzen konnten, dass Zuschauer weiterguckten, um herauszufinden, ob das Ermittlerteam nach der Werbepause zum 548. Mal in 548 Folgen den Täter schnappen konnte, müssen neue Serien mittlerweile echte Spannung einbauen.
Wie geht das?
Binge-Watching - easy to learn, but hard to master. Wer eine Fernsehsendung erfolgreich durchsuchten möchte, muss teils akribische Vorbereitungen treffen. Binge-Watcher sind wie Bären, die sich passioniert auf den Winterschlaf vorbereiten. Eine gemütliche Liegeposition, warme Decken, eine geregelte Sauerstoffzufuhr und Kompressionsganzkörperanzüge um die Blutzirkulation zu gewährleisten, nur einige von zahlreichen Faktoren, die entscheiden, ob das Binge-Watching-Experience ein Erfolg wird.
Warum sollte ich niemals twittern, dass ich die Tagesschau binge-watche?
Oder auch: Die Do's and Don'ts des Binge-Watching.
Do's
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Don'ts
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