Das Urteil im Münchner Theaterprozeß. Die Zeit, 1914-06-08, S. 4-


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Die Zeit

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Ende 1910 wurde auf der Delegiertenversammlung der Bühnengenossenschaft gegen Direktor Ernst Schrumpf der Vorwurf erhoben, seine Stellung als Theaterdirektor den weiblichen Mitgliedern seiner Gesellschaft gegenüber mißbraucht zu haben. Im März 1912 wurden in einem "Prozeß gegen mehrere Schauspielerinnen, die Schrumpf der ärgsten Unsittlichkeitsverbrechen beschuldigt hatten", zwei seiner Opfer freigesprochen und eines zu einer Geldstrafe verurteilt. Im September 1913 hat die "Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger" Direktor Schrumpf offiziell auf die sogenannte schwere Warnungsliste gesetzt und in einem Zeitschriftenartikel alle Mitglieder nachdrücklich vor Direktor Schrumpf sowie Engagements an dem von ihm geführten Theater gewarnt. Die anschließende öffentliche Diskussion führte dazu, dass die für den ordentlichen Theaterbetrieb verantwortliche Münchner Polizeibehörde Direktor Schrumpf zwang, gegen die schweren Anschuldigungen zu klagen, worauf im Juni 1914 ein Prozess mit über achtzig Zeugen stattfand, die Schrumpf so glaubwürdig und schwer belastet haben, dass er den von ihm angestrengten Prozess verlor: "Das Gericht hatte zu untersuchen, ob die Zeuginnen, die dem Direktor Schrumpf sittliche Verfehlungen im Theater vorwarfen, Glauben finden können. Das Gericht kam zur Ansicht, daß die beeideten Aussagen sämtlicher Zeuginnen über die sittlichen Verfehlungen Schrumpfs erwiesen sind. Das Gericht hatte fernen zu untersuchen, ob die Rohheiten, zu denen sich Schrumpf bei den Proben und während der Vorstellungen seinen Mitgliedern gegenüber hinreißen ließ, und die einer Kunstanstalt unwürdig sind, den Tatsachen entsprechen. Das Gericht kam zur Überzeugung, daß auch hier die Wahrheit vollkommen erwiesen ist. [/] Bei voller Rücksichtsname auf die künstlerischen Fähigkeiten des Schauspielers und Regisseurs Schrumpf wurde dessen Nervosität als krankhaft hingestellt. Das Gericht nahm die Wahrheit dieser Behauptung an, aber eben deshalb tauge Schrumpf auch nicht, wenn er sich zu derartigen brutalen Akten, wie sie in der Verhandlung erörtert und erwiesen wurden, zum Leiter eines Theaters.“

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Die Zeit, 1914-06-08, S. 4.

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