Eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!»

Die eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!» (kurz Zweitwohnungsinitiative) war eine schweizerische Volksinitiative zur Beschränkung von Zweitwohnungen und sogenannten «kalten Betten» – Wohnraum, der nur während eines Bruchteils der Zeit genutzt wird.

Über die Initiative wurde am 11. März 2012 abgestimmt, und sie trat am selben Tag in Kraft.

Die Initiative wurde vom Komitee «Helvetia Nostra» um den Tier- und Landschaftsschützer Franz Weber eingereicht und von verschiedenen Umweltschutzorganisationen unterstützt. Das Abstimmungsergebnis war mit 50,6 Prozent Ja denkbar knapp; bis September 2016 wurde nur die Masseneinwanderungs-Initiative mit einem knapperen Resultat angenommen.

Initiativtext

I
Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:

Art. 75b (neu) Zweitwohnungen
1 Der Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde ist auf höchstens zwanzig Prozent beschränkt.
2 Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden, ihren Erstwohnungsanteilsplan und den detaillierten Stand seines Vollzugs alljährlich zu veröffentlichen.

II
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:

Art. 197 Ziff. 8 (neu)
8. Übergangsbestimmungen zu Art. 75b (Zweitwohnungen)
1 Tritt die entsprechende Gesetzgebung nach Annahme von Artikel 75a nicht innerhalb von zwei Jahren in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen über Erstellung, Verkauf und Registrierung im Grundbuch durch Verordnung.
2 Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 1. Januar des auf die Annahme von Artikel 75a folgenden Jahres und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen erteilt werden, sind nichtig.

Abstimmungskampf und Gesetzgebung

Gegner der Initiative waren zum grossen Teil wirtschaftsnahe Parteien und Verbände sowie die Bewohner und Behördenmitglieder von touristisch geprägten Bergdörfern. In den städtisch geprägten, alpenfernen Regionen war die Zustimmung am höchsten, so etwa in Genf, Basel-Stadt, Neuenburg und Schaffhausen. Ein deutlicher Konflikt zwischen den Interessen von inländischen Touristen, denen die Erhaltung von Dorfbildern und alpiner Landschaften naheliegt, und den Immobilienbesitzern trat zu Tage. Erbitterten Widerstand leisteten die Stimmbürger des Kantons Wallis (73,8 % Nein, mit 57,2 % die höchste Wohneigentumsquote der Schweiz[1]).

Nach der Annahme begann im National- und Ständerat eine heftige Debatte um die Gestaltung des Ausführungsartikels. Von Bedeutung waren insbesondere mögliche Umgehungen des Zweitwohnungsverbots, etwa indem Zweitwohnungen zeitweise als Ferienwohnungen vermietet werden, oder auch der Erhalt von historischer Bausubstanz (z. B. Grotti im Tessin), welche durch ein Bewohnungsverbot nicht mehr gepflegt werden könnte.

In drei Punkten, nämlich der Ausschreibung von Zweitwohnungen zur Vermietung über kommerzielle Plattformen (z. B. Airbnb), bei der Umnutzung erhaltenswerter Gebäude und der Umnutzung unrentabler Hotels, trafen sich die Initianten und Politiker zu einem Kompromiss.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wohnverhältnisse – Daten, Indikatoren. Wohneigentumsquote. (Memento vom 29. August 2016 im Internet Archive)
  2. Die drei Zugeständnisse bei der Zweitwohnungsinitiative. In: Tages-Anzeiger. 3. März 2015.