Zweierlinie

Verlauf der Zweierlinie


Zweierlinie, auch [ehemalige] 2er-Linie, bis 1910 ausschließlich, nach 1960 seltener werdend Lastenstraße, ist die umgangssprachliche Bezeichnung für einen Straßenzug im Zentrum von Wien, der außerhalb parallel zur Wiener Ringstraße verläuft. Der Name stammt von einst in diesem Straßenzug verlaufenden Straßenbahnlinien mit der Zusatzziffer 2.[1] Heute verläuft die U-Bahn-Linie U2 zum Teil unter dem Straßenzug.

Lage im Stadtgebiet

Der Straßenzug verläuft, historisch gesehen, von der Hinteren Zollamtsstraße (nahe dem Donaukanal) im 3. Bezirk, östlich der Altstadt, über Invalidenstraße, Am Heumarkt und Lothringerstraße zum Karlsplatz südlich der Altstadt und von dort zur Alser Straße / Universitätsstraße im Nordwesten, immer in einer Entfernung von etwa 200 bis 400 Meter stadtauswärts parallel zum Ring.[2] Er wurde am äußeren Rand des Glacis genannten Schussfeldes errichtet, als ab 1858 die Stadtmauer abgetragen wurde, etwa gleichzeitig mit der Ringstraße, die im zentralen Bereich des ehemaligen Glacis angelegt wurde. Die damalige Lastenstraße diente dazu, Lastentransporte aufzunehmen.

Heute wird vor allem der Abschnitt Karlsplatz–Alser Straße / Universitätsstraße als Zweierlinie bezeichnet,[3][4] gelegentlich auch der Abschnitt von der Lothringerstraße über den Karlsplatz bis zur Alser Straße / Universitätsstraße.

Der zentrumsseitige Rand der Straße Richtung Norden bildet von der Ecke Getreidemarkt / Gauermanngasse bis zur Ecke Landesgerichtsstraße / Universitätsstraße die Bezirksgrenze des 1. Bezirks zu den Bezirken 6, 7 und 8.

Öffentlicher Verkehr

Garnitur der Linie G2 an der nördlichen Rampe des U-Strab-Tunnels in der Landesgerichtsstraße, rechts im Bild das Landesgericht für Strafsachen Wien, 1979
Garnitur der Linie H2, auf der südlichen Rampe aus dem U-Strab-Tunnel kommend, neben der Secession; rechts die nordwärts führende Richtungsfahrbahn des Getreidemarkts, 1978

Der Bau der Straßenbahn auf der späteren Zweierlinie erfolgte in Etappen:

  • 1899 in der Invalidenstraße von Landstraßer Hauptstraße bis Ungargasse (im Zuge einer Verbindung zum Südbahnhof),
  • 1900 in der Hinteren Zollamtsstraße und der Invalidenstraße nördlich der Landstraßer Hauptstraße,
  • 1901 von Getreidemarkt / Friedrichstraße bis Landesgerichtsstraße,
  • 1902 das noch fehlende Verbindungsstück von Am Heumarkt über Johannesgasse, Lothringerstraße und Karlsplatz bis zu Friedrichstraße / Getreidemarkt.[5]

Der Name „Zweierlinie“ leitet sich davon ab, dass auf der hier verlaufenden Strecke im Liniennetz der Wiener Straßenbahn seit 1907 die Durchgangslinien mit Index 2 verkehrten.

Es fuhren hier folgende Linien (die fett geschriebenen verkehrten am längsten und trugen intensiv zur Verfestigung des Begriffs Zweierlinie in der Wiener Allgemeinheit bei; sie verkehrten u. a. auf der heutigen Zweierlinie im engeren Sinn)[6]:

  • 1910–1980: H2, Hernals, Wattgasse–Prater, Hauptallee
  • 1911–1932: J2, Schottenhof [= 16., Erdbrustgasse]–Radetzkystraße
  • 1911–1919: R2, MauerPraterstern
  • 1918: O2, Praterstern–Südbahnhof
  • 1924–1980: E2, Gersthof, Herbeckstraße–Praterstern
  • 1925–1927: S2, Grinzing–Prater(stern)
  • 1928–1980: G2, Hohe Warte–Praterstern

Liniensignale aus einzelnen Buchstaben bezeichneten im 1907 eingeführten Schema so genannte Durchgangslinien, die nicht nur Radialstrecken (Peripherie–Stadtzentrum) befuhren, sondern im Stadtzentrum zusätzlich auf Ring und/oder Franz-Josefs-Kai oder auf der Zweierlinie einen Kreisbogen, seltener einen ganzen Kreis, um die Altstadt machten. (Auf die Linie D trifft dies heute noch zu.) Mit dem tiefgestellten Zweier als Zusatz wurde für Fahrgäste klargestellt, dass diese Linien nicht über die Ringstraße verkehrten.

Die Zweierlinien verkehrten vom Heumarkt bis zur Landesgerichtsstraße zumeist auf eigenem Gleiskörper. Von 1966 bis 1980 wurden die drei Linien von der Secession (Friedrichstraße, Getreidemarkt) beim Karlsplatz nordwärts als USTRABA (Unterpflaster-Straßenbahn) in einem knapp unter der Straßenoberfläche liegenden Tunnel geführt, um an der Oberfläche mehr Platz für den Individualverkehr zu gewinnen.

1980 wurde der Tunnel adaptiert und wird seither von der U-Bahn-Linie U2 genutzt, die an der Zweierlinie die Stationen Museumsquartier, Volkstheater und Rathaus besitzt. Die Station Lerchenfelder Straße wurde wegen zu geringen Abstands zur Station Volkstheater aufgelassen, als die Strecke 2003 für U-Bahn-Langzüge adaptiert wurde.

O-Wagen auf der Markthallenbrücke, einem Rest der historischen Straßenbahnstrecke auf der Zweierlinie

Seit 1981 wird von der Linie O noch der Abschnitt Hintere Zollamtsstraße–Invalidenstraße der historischen Zweierlinie im 3. Bezirk befahren, doch wird hier kein Konnex zur Liniengeschichte hergestellt und der tiefgestellte Zweier nicht verwendet.

Die Strecke in der Lothringerstraße zwischen Schwarzenberg- und Karlsplatz wird nur noch bei Sonderfahrten und Umleitungen befahren.

Auf der Lothringerstraße besteht als Rest der historischen Zweierlinie eine Gleisverbindung vom Schwarzenbergplatz zum Karlsplatz mit einer Schleife bei den historischen Stadtbahnpavillons. Diese Verbindung wird bei Sonderfahrten, oft mit Wagen aus dem Verkehrsmuseum Remise, benützt. Auf dem Großteil der historischen Zweierlinie bestehen seit 1966 (Oberfläche) bzw. 1980 (Straßenbahntunnel) keine Straßenbahngleise mehr.

Individualverkehr

Der damals inoffiziell als „äußere Ringstraße“ oder „Lastenstraße“ bezeichnete Straßenzug wurde in den 1860er Jahren im Zuge der Anlage der Ringstraße geschaffen, um Lastentransporte von der repräsentativen Prachtstraße fernhalten zu können: Auf dem Ring gilt seit jeher ein Lastwagen-Fahrverbot. Obwohl der Individualverkehr seit den 1960er Jahren sehr stark zugenommen hat, hat sich für einen Teil des historischen Straßenzugs die vom öffentlichen Verkehr stammende inoffizielle Bezeichnung Zweierlinie durchgesetzt.

Da der Ring heute Einbahn im Uhrzeigersinn ist, stellt die stadtauswärtige Richtungsfahrbahn der Zweierlinie (Fahrtrichtung Süden) außerdem einen „Gegen-Ring“ in die andere Richtung dar. Die Zweierlinie ist in beiden Richtungen befahrbar, verfügt teilweise über baulich getrennte Richtungsfahrbahnen und ist heute für den Individualverkehr im Stadtzentrum von großer Bedeutung.

Wird die Ringstraße wegen Großveranstaltungen oder Demonstrationszügen gesperrt, erfolgt die Umleitung über die Zweierlinie. An Adventwochenenden wird an der Zweierlinie eine Parkspur für Touristenbusse eingerichtet.[7]

Unterteilung und wichtige Bauwerke

(Hier ist nur der Abschnitt vom Stadtpark west- bzw. nordwärts dargestellt, der heute hauptsächlich als Zweierlinie bezeichnet wird.)

Lothringerstraße

Fassade des Konzerthauses

Von 1. / 3., Johannesgasse, bis 1. / 4., Karlsplatz

Karlsplatz

Das Musikvereinsgebäude an der Seite zum Karlsplatz

Von 1., Lothringerstraße, bis 1., Friedrichstraße

Getreidemarkt

Das heute auch „Palais Eschenbach“ genannte Haus Eschenbachgasse 9–11 vom Getreidemarkt aus

Von 1., Karlsplatz / Friedrichstraße, bis 1., Babenbergerstraße / 6., Mariahilfer Straße

Museumsplatz

Von 1., Babenbergerstraße / 7., Mariahilfer Straße, bis 1., Bellariastraße / 7., Burggasse

MuseumsQuartier und 2er-Linie
Blick vom Balkon des Volkstheaters

Museumstraße

Volkstheater

Von 1., Bellariastraße / 7., Arthur-Schnitzler-Platz, Burggasse, bis 1., Schmerlingplatz / 7., Lerchenfelder Straße

Auerspergstraße

Palais Auersperg

Von 1., Schmerlingplatz / 8., Lerchenfelder Straße, bis 1., Stadiongasse / 8., Josefstädter Straße

  • Palais Auersperg
  • Ehem. Sanatorium Auersperg, erbaut 1907 / 1908 von Robert Oerley, Sterbeort des Malers John Quincy Adams, 1964 Studentenheim, seit 2008 Hotel „Levante Parliament“
  • Ecke Stadiongasse: 1954–1973 Forumkino, damals das größte der Stadt, zuletzt für Büros aufgestockt; 1976–1980 durch das Rechenzentrum des Magistrats ersetzt, das 2017 / 2018 für einen Neubau abgerissen wurde.

Landesgerichtsstraße

Von 1., Stadiongasse / 8., Josefstädter Straße, bis 1., Universitätsstraße / 9., Frankhplatz (Alser Straße), unterbrochen vom Friedrich-Schmidt-Platz

Friedrich-Schmidt-Platz

(c) Peter Haas, CC BY-SA 3.0
K.u.k. Militärgeographisches Institut

Von 1., Lichtenfelsgasse / 8., Loidoldgasse, bis 1., Felderstraße / 8., zwischen Tulpen- und Florianigasse

Landesgerichtsstraße

(siehe oben)

Auf Grund der großen Straßenbreite bildet dieses Haus den optischen Abschluss der Landesgerichtsstraße:

Literatur

Weblinks

Commons: Zweierlinie – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Kaiser: Bemerkenswerte Bruchstücke in Wien. Die Unterpflasterstraßenbahn in Wien, Teil 2, in: Strassenbahn Magazin, GeraMond-Verlag, München, Ausgabe 9/09, S. 68–75
  2. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 3: Ha–La. Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 689.
  3. @1@2Vorlage:Toter Link/www.24h-online.atErich Vorrath in 24 Stunden für Wien, Online-Kundenmagazin der Wiener Stadtwerke, Nr. 212 / November 2010 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2018. Suche in Webarchiven.)
  4. Joseph Gepp: Schöne zweite Reihe, in Wochenzeitschrift Falter, Wien, Nr. 6 / 4. Februar 2009
  5. Walter Krobot, Josef Otto Slezak, Hans Sternhart: Straßenbahn in Wien - vorgestern und übermorgen, Verlag Josef Otto Slezak, Wien 1972, ISBN 3-900134-00-6, S. 300 f.
  6. Helmut Portele: Sammlung „Wiener Tramwaymuseum“, Eigenverlag, Wien 2009, ISBN 978-3-200-01562-3, S. 960 f.
  7. Buskonzept der Stadt Wien. Abgerufen am 20. September 2016.

Koordinaten: 48° 12′ 46,9″ N, 16° 21′ 21,5″ O

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Ostansicht des Volkstheater am Arthur-Schnitzler-Platz im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau.
Das Theater wurde ab 1887 nach Plänen von Hermann Helmer und Ferdinand Fellner in Neorenaissanceformen errichtet und am 14. September 1889 mit Ludwig Anzengrubers Schauspiel „Der Fleck auf der Ehr’“ als Deutsches Volkstheater eröffnet. Über dem Hauptportal befinden sich die Büsten von Ferdinand Raimund, Johann Nestroy und Franz Grillparzer. Diese wurde im Zuge der Generalsanierung 1989 angebracht. Ursprünglich gab es welche von Friedrich Schiller, Gotthold Ephraim Lessing und Grillparzer.
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Blick vom Balkon des Volkstheaters über die Zweierlinie in Richtung des Naturhistorischen Museums in Wien, Österreich.
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Um 1710 vermutlich nach Entwürfen von Johann Lucas von Hildebrandt als Sommerpalais für Ferdinand Karl Graf Weltz errichtet. Um 1720 Ankauf und Ausbau des Palais durch Hieronymus Marchese Capece di Rofrano. Dabei wurde unter anderem vermutlich von Johann Christian Neupauer der polygonale vorspringende Mittelrisalit angebaut. Um 1780 kam das Palais in den Besitz von Johann Adam Fürst Auersperg und von 1853 bis 1856 erfolgte eine umfassende Restauration.
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