Zum schwarzen Ferkel

Das Schwarze Ferkel (eigentlich: Weinhandel und Probierstube, Inhaber Gustav Türk) war ein Berliner Lokal an der Ecke Unter den Linden/Neue Wilhelmstraße. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das Lokal war im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ein Treffpunkt der skandinavisch-deutsch-polnischen Künstlerszene.

Für die Literaturgeschichte kommt dem Schwarzen Ferkel als Ort der Begegnung und des regen Austausches für einen gleichermaßen international wie interdisziplinär geprägten Kreis moderner Künstler ein hoher Stellenwert zu – vergleichbar mit dem Friedrichshagener Dichterkreis in der Peripherie Berlins, dessen Mitglieder zum Teil auch im Schwarzen Ferkel verkehrten.

Den Namen Zum schwarzen Ferkel erhielt das Lokal durch den schwedischen Schriftsteller August Strindberg, der es, während seines Berlinaufenthaltes in den 1890er Jahren, für sich entdeckte. Ihm fiel, wie Adolf Paul in Aus der Chronik zum schwarzen Ferkel berichtet, der Name beim Anblick eines schwarzen, ausgestopften Weinschlauchs ein, der an eisernen Ketten über der Eingangspforte der Kneipe hing. Nachdem Strindberg das Lokal von 1892 bis 1893 zu seinem abendlichen Hauptaufenthaltsort wählte, wurde das Schwarze Ferkel bald zum Treffpunkt einer internationalen Künstler-Bohème. Zu den Stammgästen gehörten u. a. der norwegische Maler Edvard Munch, die deutschen Schriftsteller Richard Dehmel und Peter Hille, der polnische Schriftsteller Stanislaw Przybyszewski, die norwegische Dichterin Dagny Juel und der dänische Dichter Holger Drachmann. Auch Arthur Schnitzler erwähnt in seinem Tagebuch den Besuch.[1]

Der Name soll auch eine Anspielung auf einen Auftritt Richard Dehmels als St. Antonius „mit einem Ferkel“ am Rosenmontag 1892 sein, bei einem Kostümfest der Neuen Klause.

Literatur

  • Carl Ludwig Schleich: Strindberg-Erinnerungen (auch abgedruckt in: ders.: Besonnte Vergangenheit).
  • Adolf Paul: Aus der Chronik des „schwarzen Ferkels“. (eine Nach- und Umdichtung der Geschehnisse und der Gespräche, die sich im „Ferkel“ ergaben)
  • Adolf Paul: Zum schwarzen Ferkel (Beitrag über eine Berliner Gaststätte, geschrieben um 1920), in: Jahrbuch „Der Bär von Berlin“, hrsg. v. Verein für die Geschichte Berlins, 28. Jahrgang, Berlin 1979.
  • Frida Strindberg: Lieb, Leid und Zeit. Meine Ehe mit August Strindberg.
  • Stanislaw Przybyszewski: Erinnerungen an das literarische Berlin. München, Winkler, 1965.
  • Carla Anna Lathe: The Group Zum Schwarzen Ferkel. A Study in Early Modernism. (Dissertationsschrift, University of East Anglia, 1972).
  • Karin Bruns: Das schwarze Ferkel [Berlin]. In: Wulf Wülfing / Karin Bruns / Rolf Parr (Hrsg.): Handbuch literarisch-kultureller Vereine, Gruppen und Bünde 1825-1933. Metzler, Stuttgart / Weimar 1998 (Repertorien zur Deutschen Literaturgeschichte. Hrsg. von Paul Raabe, Bd. 18), S. 406–416. ISBN 3-476-01336-7.
  • Marek Fialek: Die Berliner Künstlerbohème aus dem „Schwarzen Ferkel“. Dargestellt anhand von Briefen, Erinnerungen und autobiographischen Romanen ihrer Mitglieder und Freunde. Hamburg, Kovač, 2007. ISBN 978-3-8300-2996-0.
  • Torben Recke: Die Tragödie in Tiflis. Eine editionsphilologische Analyse der Berichte vom tragischen Ende der Dagny Juel Przybyszewska. In: Orbis Linguarum 30 (2006), S. 95–118. ISSN 1426-7241. ISBN 83-7432-146-6.
Commons: Zum schwarzen Ferkel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Arthur Schnitzler: Tagebucheintrag zum Montag, 26. Oktober 1896. In: Tagebuch. Abgerufen am 22. Oktober 2024.

Koordinaten: 52° 30′ 58,9″ N, 13° 22′ 51″ O