Zoroastrischer Kalender

Der zoroastrische Kalender ist ein Sonnenkalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen plus fünf zusätzlichen Tagen am Ende des Jahres (→Epagomene), die keinem Monat zugeordnet sind.

Es gibt drei verschiedene Versionen dieses Kalenders, die sich darin unterscheiden, dass sie ein anderes Jahr als Jahr 1 bezeichnen.

  • Der Qadimi-Kalender (alter Kalender) wird im Iran benutzt.
  • Der Shenshai-Kalender (königlicher Kalender) wird von den Parsi in Indien benutzt und läuft dem Qadimi-Kalender um 30 Tage hinterher.
  • Der neuere Fasli-Kalender (jahreszeitlicher Kalender) oder Bastani[1]-Kalender (traditioneller Kalender) hat Gemeinjahre mit 365 Tagen und Schaltjahre mit 366 Tagen. Das neue Jahr beginnt zur Zeit der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche.

Geschichte

Die ältesten persischen Monatsnamen sind aus der dreisprachigen Inschrift von Behistun bekannt, in der vom Sieg König Darius I. (522–486 v. Chr.) über niedergeworfene Aufständische berichtet wird[2]. Die ältesten Bezeichnungen der 30 Monatstage finden sich im Bundahischn[3].

Das altpersische Jahr war wohl ursprünglich ein Jahr von 12 Monaten zu je 30 Tagen. Um den Kalender mit den Jahreszeiten im Einklang zu halten, wurde von Zeit zu Zeit ein ganzer Monat eingeschoben. Etwa im 6. oder 5. Jahrhundert v. Chr. wurde der Kalender reformiert, und statt alle 6 Jahre einen vollen Monat einzufügen, wurden jedem Jahr 5 Tage hinzugefügt[4], so dass ein Wandeljahr von 365 Tagen entstand, das sich alle vier Jahre um einen Tag gegen das tropische Jahr verschob.

So wanderte der Jahresanfang von Mitte März im 6. Jahrhundert v. Chr.[5] bis in den Juli im 5. Jahrhundert n. Chr.[6]

Unter dem Sassanidenherrscher Kavad I. wurde dann um 500 n. Chr. das Neujahrsfest jeweils auf denjenigen Monat gelegt, der in der Nähe der Frühlingstagundnachtgleiche begann; alle 120 Jahre sollte dann ein zusätzlicher Schaltmonat eingefügt werden.[6] Die Einfügung eines Schaltmonats wurde aber sehr unregelmäßig durchgeführt und unterblieb nach der Eroberung Persiens durch die Araber im Jahre 641 n. Chr. ganz, so dass sich der Jahresanfang wieder verschob.[6]

Nach der Islamisierung Persiens wurde der Zoroastrismus allmählich vom Islam abgelöst, und der islamische Kalender fand Verbreitung. Insbesondere jene Perser aber, welche vor den Verfolgungen der Araber flohen, behielten den persischen Kalender bei. Während sie im Jahre 1131 n. Chr. wieder einen Schaltmonat einfügten, taten das die Zoroastrier in Persien nicht, wodurch sich die beiden Kalender um einen Monat unterschieden. Allerdings wurde später nie mehr ein Schaltmonat eingefügt.[7]

Als Parsen im Gujarat diese Abweichung im 18. Jahrhundert feststellten, kehrten sie als „Qadimi“ zum vermeintlich richtigen Kalender zurück. Die „Traditionalisten“ behielten den eigenen Kalender bei und nannten sich Shenshais.[7]

Unter dem Großsultan Dschalaleddin Malik Shah wurde der persische Kalender 1079 grundlegend reformiert (siehe Iranischer Kalender). Der Jahresanfang wurde auf die astronomische Frühlingstagundnachtgleiche festgelegt. Die genaue Einfügung des Schalttages ist unbekannt, doch wurde vermutlich eine Schaltperiode von 33 bzw. 37 Jahren eingeführt[8]. Dieser Kalender war später die Grundlage für die Kalenderreform von 1940, durch die bei einigen zoroastrischen Gemeinden der Fasli-Kalender (in Indien) bzw. der Bastani-Kalender (im Iran) eingeführt wurde[9].

Das Jahr

Iranischer Kalender für 3740 zoroastrisch, 1381 iranisch, 1423 islamisch, 2002 gregorianisch (von rechts nach links)
  • Das Jahr hat zwölf Monate zu je 30 Tagen und fünf Zusatztage (Epagomenen).
  • Das Jahr hat im Qadimi-Kalender und im Shenshai-Kalender stets 365 Tage.
  • Das Jahr hat im Fasli-Kalender im Gemeinjahr 365 Tage, im Schaltjahr 366 Tage.

Die Jahreszählung

Die Jahre werden fortlaufend gezählt. Es gibt verschiedene Epochen. Eine Ära zählt ab der Thronbesteigung des letzten Sassanidenherrscher Yazdgard III. mit der Epoche 16. Juni 632 n. Chr. Eine andere Ära zählt ab der Ermordung dieses Königs Ende 651 n. Chr. Eine dritte Ära beginnt mit dem Jahr 1738 v. Chr., der legendären Geburt Zoroasters.

Der Jahresanfang

Das Jahr beginnt derzeit im Kalender der Qadimi im Juli, im Kalender der Shenshai im August. Im Fasli-Kalender beginnt das Jahr mit der Frühlingstagundnachtgleiche.

Die Jahresanfänge für den Zeitraum 2015 bis 2030 n. Chr. sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt:

Qadimi
Jahr
greg.
Datum
Shenshai
Jahr
greg.
Datum
Fasli
Jahr
greg.
Datum
138519. Juli 2015138518. August 2015139421. März 2015
138618. Juli 2016138617. August 2016139520. März 2016
138718. Juli 2017138717. August 2017139621. März 2017
138818. Juli 2018138817. August 2018139721. März 2018
138918. Juli 2019138917. August 2019139821. März 2019
139017. Juli 2020139016. August 2020139920. März 2020
139117. Juli 2021139116. August 2021140021. März 2021
139217. Juli 2022139216. August 2022140121. März 2022
139317. Juli 2023139316. August 2023140221. März 2023
139416. Juli 2024139415. August 2024140320. März 2024
139516. Juli 2025139515. August 2025140420. März 2025
139616. Juli 2026139615. August 2026140521. März 2026
139716. Juli 2027139715. August 2027140621. März 2027
139815. Juli 2028139814. August 2028140720. März 2028
139915. Juli 2029139914. August 2029140820. März 2029
140015. Juli 2030140014. August 2030140921. März 2030

Schaltjahre im Fasli-Kalender sind hervorgehoben.

Die Schaltung

Das Wandeljahr des Qadimi- und des Shenshai-Kalenders kennt keine Schaltung, so dass sich das Kalenderjahr gegenüber dem gregorianischen Kalender alle vier Jahre um einen Tag verschiebt. Die Schaltung im Fasli-Kalender ist so festgelegt, dass die Jahreslänge möglichst genau der Länge des mittleren Sonnenjahres entspricht. Außerdem wird die Abweichung so klein wie möglich gehalten und wächst nicht – wie im gregorianischen Kalender – auf einen ganzen Tag an[10]. So ist zwar meist jedes vierte Jahr ein Schaltjahr, aber gelegentlich auch erst das fünfte Jahr.

Die Genauigkeit

Mit einer Länge von 365 Tagen weichen der Qadimi- und der Shenshai-Kalender jährlich um 0,24219052 Tage vom tropischen Jahr oder um 1 Tag in rund 4 Jahren ab.

Der Monat

Der Monat hat keine Beziehung zum Mondlauf. Das Jahr ist in zwölf gleiche Monate zu je 30 Tagen eingeteilt, daran schließen sich fünf, in einem Schaltjahr des Fasli-Kalenders sechs Zusatztage an.

Die zwölf Monate haben folgende Namen:

persisch[11]Transkription[5]
ﻓﺮوردﻳﻦFerverdîn
اردﻳﺒﻬﺸﺖArdebehesht
ﺧﺮﺩادKhordâd
ﺗﻴﺮTîr
ﻣﺮدادMordâd
ﺷﻬﺮﻳﻮرSharîr
ﻣﻬﺮMehr
ﺁﺑﺎﻥÂbân
ﺁﺫﺭÂder
دﯼDeï
ﺑﻬﻤﻦBahmen
اﺳﻔﻨﺪAsfend(ârmed)

Die 30 Tage eines Monats haben ebenfalls Namen:

persisch[12]Transkription[13]
ﻫﺮﻣﺰAûharmazd
ﺑﻬﻤﻦVahûman
اردﻳﺒﻬﺸﺖArdavahisht
ﺷﻬﺮﻳﻮرShatvaîrô
اﺳﻔﻧﺪﺍﺭﻣﺪ^Spendarmad
ﺧﺮﺩادHorvadad
ﻣﺮدادAmerôdad
ﺁﺫﺭ ﺑﻪ ﺩﻯDin-i pavan Âtarô
ﺁﺫﺭÂtarô
ﺁﺑﺎﻥÂvân
ﺧﻮﺭKhûrshêd
ﻣﺎﻩMâh
ﺗﻴﺮTîr
ﮔﻮﺵGôsh
ﻣﻬﺮ ﺑﻪ ﺩﻯDin-i pavan Mitrô
ﻣﻬﺮMitrô
ﺳﺮﻭﺵSrôsh
ﺭﺷﻦRashnû
ﻓﺮوردﻳﻦFarvardî̄n
ﺑﻬﺮﺍﻡVâhrâm
ﺭﺍﻡRâm
ﺑﺎﺩVâd
ﺩﻳﻦ ﺑﻪ ﺩﻯDin-i pavan Dînô
ﺩﻳﻦDînô ̄n
ﺍﺭﺩArd
ﺍﺷﺘﺎﺩÂshtâd
ﺍﺳﻤﺎﻥÂsmân
ﺯﺍﻣﻴﺎﺩZamjâd
ﻣﺎﺭﺳﻔﻨﺪMârspend
ﺍﻧﻴﺮﺍﻥAnîrâ̄n

Die fünf bzw. sechs Zusatztage haben folgende Namen:

persisch[14]Transkription[15]
ﺍﻫﻧﺪAhnad
ﺍﺷﻧﺪAshnad
اﺳﻔﻧﺪﺍﺭﻣﺪEsfandârmed
ﺍﺧﺸﺘﺮAchschatar
ﺑﻬﺸﺖWahisht

Die Woche

Heute ist die siebentägige Woche in Gebrauch, jedoch haben nur der Freitag und der Samstag einen eigenen Namen, die übrigen Tage werden als Tage nach dem Samstag gezählt:

شنبهShanbehSamstag
یک‌شنبهYek-shanbehSonntag
دوشنبهDo-shanbehMontag
سه‌شنبسه‌Se-shanbehDienstag
چهارشنبهChahar-shanbehMittwoch
پنج‌شنبهPanj-shanbehDonnerstag
آدینهAadinehFreitag

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906.
  • Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, ISBN 0-87930-496-0.
  • Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, ISBN 0-521-77167-6, Compact Disc.

Einzelnachweise

  1. Zoroastrian calendar en:Zoroastrian calendar#The Fasli calendar
  2. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 275
  3. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 280
  4. Mohammad Heydari-Malayeri, A concise review of the Iranian calendar, S. 16. (englisch; PDF; 238 kB), abgerufen 13. Februar 2010.
  5. a b F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 286
  6. a b c Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, S. 336
  7. a b Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, S. 337
  8. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 300
  9. Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, S. 338
  10. Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, S. 347
  11. Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, Persian Calendar, Month Names
  12. Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, Persian Calendar, Day Names
  13. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 281
  14. Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, Persian Calendar, Epagomenæ Names
  15. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Aegypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Suedostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906, S. 287
  16. Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, Persian Calendar, Weekday Names
  17. Lance Latham: Standard C Date/Time Library. Programming the World's Calendars and Clocks. R & D Books, Lawrence KS 1998, S. 346

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Iranian Calendar of 2002.jpg
Doppelseite aus einem iranischen Kalender für 3740 zoroastrisch, 1381 persisch, 1423 islamisch, 2002 gregorianisch (von rechts nach links)