Mitropapokal (Fußball)

Mitropapokal (Fußball)
Central European Cup - Mitropa CupVorlage:InfoboxFußballwettbwerb/Wartung/Logoformat
VerbandEuropa
Erstaustragung1927
Letzte Austragung1992
SpielmodusK.-o.-System
TitelträgerBosnien und Herzegowina 1992 Borac Banja Luka (1992)
RekordsiegerUngarn 1957 Vasas Budapest (6. Titel)

Der Mitropapokal, auch Mitropacup (offizieller Name: La Coupe de l’Europe Centrale), war im Fußball der erste große internationale Wettbewerb der Welt für Vereinsmannschaften und in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg die wichtigste Trophäe im kontinentaleuropäischen Vereinsfußball. Er wird als Vorgänger des Europapokals beziehungsweise der Champions League gesehen. Der Name Mitropa leitet sich aus dem Wort Mitteleuropa[1] ab. Dass ein Zusammenhang mit einem möglichen Sponsoring durch die MITROPA bestand, in deren Eisenbahnwaggons die Mannschaften der Legende nach regelmäßig zu den Auswärtsspielen unterwegs waren, ist mittlerweile widerlegt[2].

Geschichte des Mitropapokals 1927 bis 1940

Vorgeschichte und Gründung

Als erster „grenzübergreifender“ Wettbewerb für Fußballvereine wurde im Jahre 1897 der Challenge-Cup von John Gramlick senior, einem Mitbegründer des Vienna Cricket and Football-Club, geschaffen. An diesem Pokalwettbewerb konnten alle Vereine Österreich-Ungarns teilnehmen, die ansonsten nicht in Meisterschaftswettbewerben aufeinander trafen. Der Challenge-Cup wurde bis zum Jahre 1911 ausgetragen und wird heute als Vorläufer des Mitropacups angesehen.

Die Idee eines europaweiten Cupwettbewerbes kam nach dem Ersten Weltkrieg auf. Zentrum dieser Idee waren die mitteleuropäischen Länder, die damals im Fußballsport führend waren. Zu Beginn der 1920er-Jahre führten sie als erste Nationen Kontinentaleuropas professionelle Ligen ein. Den Beginn machte Österreich 1924, gefolgt von Ungarn 1925 und der Tschechoslowakei 1926. Um die Vormachtstellung dieser Länder im europäischen Fußball zu stärken und den professionellen Vereinen in wirtschaftlicher Hinsicht unter die Arme zu greifen, wurde am 17. Juli 1927 im italienischen Venedig die Einführung des Mitropacups beschlossen. Die Initiative ging hierbei vom österreichischen Verbandskapitän Hugo Meisl aus. Zudem einigte man sich auch auf die Austragung eines Europapokals für Nationalmannschaften (Europameisterschaft), wobei in einem Meisterschaftssystem über mehrere Jahre hinweg gespielt werden sollte.

Anfang und Blütezeit

Nationen, aus denen Vereine am Mitropacup teilnahmen (1927–1940)

Bereits in der ersten Saison des Mitropapokals gab es sowohl bei den Vereinen sowie den Fans einen großen Zuspruch. Die erste Austragung startete am 14. August 1927 mit den besten Teams (zumeist Meister und Vizemeister oder Pokalsieger) Österreichs, Ungarns, Jugoslawiens und der Tschechoslowakei. Seitdem wurde die Anzahl der teilnehmenden Länder und Vereine stetig vergrößert. 1929 nahmen erstmals die besten Mannschaften Italiens teil, die ab der darauf folgenden Saison in einer professionellen Liga spielten. 1936 nahmen bereits 20 verschiedene Vereine, darunter erstmals vier Schweizer Teams, teil. Ein Jahr darauf kamen auch die rumänischen Mannschaften hinzu.

Der Mitropacup wurde vor allem durch die österreichischen, ungarischen, tschechoslowakischen und italienischen Teams dominiert, die alle Finals für sich entscheiden konnten. Die Zuschauerzahlen lagen teilweise bei 100.000 Fans, die Duelle waren vor allem durch ihre Härte geprägt. Der Schriftsteller Friedrich Torberg schrieb dazu „Was ein richtiges Mitropacup-Match ist, muss auf der Botschaft zu Ende gespielt werden“.[3] Die Matches waren neben den Länderspielen ein Höhepunkt in der Fußballsaison und wurden oftmals als Länderkampf gesehen. Sie lebten vom Aufeinandertreffen von damaligen Fußballstars wie Matthias Sindelar und Giuseppe Meazza (Finale 1933).

Zweiter Weltkrieg und Ende

Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus kam das Ende des Mitropacups. Nach dem Anschluss Österreichs durch das Deutsche Reich 1938 verlor der Wettbewerb sein erstes Gründungsland. 1939 spielten nur noch acht Teams um den Pokal; 1940 musste der Wettbewerb nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges abgebrochen werden, wobei die ausstehenden Finalpartien nicht mehr ausgetragen werden konnten. Es wurden zwar weiterhin Spiele zwischen „ostmärkischen“ Teams, Vereinen aus dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie aus dem deutschlandfreundlichen Ungarn ausgetragen, jedoch ohne vergleichbare Resonanz.

Endspiele (1927–1940)

JahrFinalpaarung (Sieger fettgedruckt)
Ergebnisse
1927Tschechoslowakei 1920 Sparta Prag6:2 / 1:2Osterreich SK Rapid Wien
1928Ungarn 1918 Ferencváros Budapest7:1 / 3:5Osterreich SK Rapid Wien
1929Ungarn 1918 Újpesti FC5:1 / 2:2Tschechoslowakei 1920 Slavia Prag
1930Tschechoslowakei 1920 Sparta Prag0:2 / 3:2Osterreich SK Rapid Wien
1931Osterreich Wiener AC2:3 / 1:2Osterreich First Vienna FC
1932Italien 1861 AGC Bologna2:0 / 0:1*Osterreich First Vienna FC
1933Italien 1861 AS Ambrosiana-Inter Mailand2:1 / 1:3Osterreich FK Austria Wien
1934Osterreich SK Admira Wien3:2 / 1:5Italien 1861 AGC Bologna
1935Ungarn 1918 Ferencváros Budapest2:1 / 0:3Tschechoslowakei 1920 Sparta Prag
1936Osterreich FK Austria Wien0:0 / 1:0Tschechoslowakei 1920 Sparta Prag
1937Ungarn 1918 Ferencváros Budapest4:2 / 5:4Italien 1861 Lazio Rom
1938Tschechoslowakei 1920 Slavia Prag2:2 / 2:0Ungarn 1918 Ferencváros Budapest
1939Ungarn 1918 Ferencváros Budapest1:4 / 2:2Ungarn 1918 Újpesti FC
1940Ungarn 1918 Ferencváros Budapestnicht ausgetragenRumänien Konigreich FC Rapid Bukarest
* 
Bologna war nach gewonnenem Halbfinale gegen First Vienna kampflos Mitropapokal-Sieger, da die Mannschaften des zweiten Halbfinals disqualifiziert wurden.

Ranglisten / Rekorde (1927–1940)

nach Klubs
RangKlubSiegeJahr(e)
1 Ferencváros Budapest21928, 1937
Sparta Prag21927, 1935
Újpesti FC21929, 1939
FK Austria Wien21933, 1936
AGC Bologna21932, 1934
6SK Rapid Wien11930
Slavia Prag11938
First Vienna FC11931
nach Ländern
RangLandSiege
1Osterreich Österreich4
Ungarn 1918 Ungarn4
3Tschechoslowakei 1920 Tschechoslowakei3
4Italien 1861 Königreich Italien2
Rekordspieler
RangSpielerKlubSpiele
1Tschechoslowake Jaroslav BurgrSparta Prag50
2Tschechoslowake Josef ČtyřokýSparta Prag45
3Tschechoslowake Josef KošťálekSparta Prag44
Ungar Gyula LázárFerencváros Budapest44
5Ungar György SárosiFerencváros Budapest43
6Tschechoslowake Oldřich NejedlýSparta Prag42
Ungar József HádaFerencváros Budapest42
Ungar Géza ToldiFerencváros Budapest42
9Belgier Raymond BraineSparta Prag40
Ungar Gyula PolgárFerencváros Budapest40
11Ungar Lajos KorányiFerencváros Budapest36
12Tschechoslowake Erich SrbekSparta Prag35
Tschechoslowake Jaroslav BoučekSparta Prag35
14Italiener Giovanni FerrariJuventus Turin (24)
AS Ambrosiana-Inter Mailand (10)
34
Ungar Mihai TänzerFerencváros Budapest34
16Tschechoslowake František PláničkaSlavia Prag33
Ungar Gyula KissFerencváros Budapest33
18Österreicher Josef SmistikSK Rapid Wien32
Italiener Mario VarglienJuventus Turin32
20Österreicher Matthias SindelarFK Austria Wien31
21Österreicher Leopold HofmannFirst Vienna FC30
Rekordtorschützen
RangSpielerKlubTore
1Ungar György SárosiFerencváros Budapest49
2Italiener Giuseppe MeazzaAS Ambrosiana-Inter Mailand29
Ungar Géza ToldiFerencváros Budapest29
4Ungar Gyula ZsengellérÚjpesti FC24
Österreicher Matthias SindelarFK Austria Wien24
6Tschechoslowake Oldřich NejedlýSparta Prag21
7Belgier Raymond BraineSparta Prag19
Ungar / Rumäne Stefan AuerÚjpesti FC
Rapid Bukarest
19
9ÖsterreicherÖsterreich Franz WeselikSK Rapid Wien16
10Tschechoslowake Josef BicanSK Rapid Wien
WSC Admira Wien
Slavia Prag
15
Österreicher Ferdinand WeselySK Rapid Wien15
Torschützenkönige
SaisonSpielerKlubTore
1927Tschechoslowake Josef SilnýSparta Prag5
1928Ungar József TakácsFerencváros Budapest10
1929Ungar Stefan AuerÚjpest Budapest10
1930Italiener Giuseppe MeazzaAS Ambrosiana-Inter Mailand7
1931Österreicher Heinrich HiltlWiener AC7
1932Argentinier Renato CesariniJuventus Turin5
1933Argentinier Raimundo OrsiJuventus Turin5
Tschechoslowake František KlozSparta Prag
Italiener Giuseppe MeazzaAS Ambrosiana-Inter Mailand
Österreicher Matthias SindelarFK Austria Wien
1934Italiener Carlo ReguzzoniAGC Bologna10
1935Ungar György SárosiFerencváros Budapest9
1936Italiener Giuseppe MeazzaAS Ambrosiana-Inter Mailand10
1937Ungar György SárosiFerencváros Budapest12
1938Österreicher / Tschechoslowake Josef BicanSlavia Prag10
1939Ungar Gyula ZsengellérÚjpest Budapest9
1940Ungar György SárosiFerencváros Budapest5
Rekordmarke

Zentropapokal 1951

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gab es insbesondere von italienischer und österreichischer Seite Bestrebungen, den Mitropacup wiederaufleben zu lassen. Seine erste Neuauflage erlebte der Wettbewerb im Jahre 1951 unter dem Titel „Zentropacup“. Anders als der Europapokal der Fußball-Nationalmannschaften, der bereits 1948 wieder eingeführt wurde, wurde der Mitropacup allerdings erst wieder ab 1955 regelmäßig ausgetragen.

SaisonAustragungsortSiegerFinalistEndergebnis
1951WienOsterreichÖsterreich SK Rapid WienOsterreichÖsterreich SC Wacker Wien3:2

Der neue Mitropacup und sein Ende (1955 bis 1992)

Im Jahre 1954 kam es zur Gründung der UEFA. Im Rahmen ihres ersten Kongresses in Wien vom 2. bis 3. März 1955 wurde auch die Wiedereinführung des Mitropacups beschlossen. Man einigte sich, dass an diesem Wettbewerb die Meister und Pokalsieger Österreichs, Italiens, Ungarns, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens teilnehmen würden, obgleich mehrere Länder, insbesondere Rumänien, darum baten, ebenfalls teilnehmen zu dürfen. Am 7. Mai 1955 wurde diese Neuauflage des Wettbewerbes von der FIFA anerkannt und die UEFA gebeten, die Austragung zu übernehmen. Im selben Jahr kam es jedoch zur Einführung des Europapokals der Landesmeister, was den Wettbewerb schlagartig abwertete. Dennoch war der Zuspruch zum Mitropacup in den Teilnehmerländern anfangs noch groß; das Finale von 1956 verzeichnete 110.000 Zuschauer im Entscheidungsspiel in Budapest.

Die Begeisterung währte allerdings nur kurz und die Veranstalter führten immer wieder Neuerungen ein. So wurden teilweise die Ergebnisse der Mannschaften zu einer Länderwertung addiert oder die Wettbewerbe wurden in einem Tabellenmodus ausgetragen. Am Mitropacup nahmen jedoch bald nur noch mittelklassige Teams teil, die keine Chance auf einen Europapokalstartplatz hatten. Insbesondere italienische Teams, die selbst noch keinen Titel gewinnen konnten, luden in der Endzeit des Turniers zum Mitropacupturnier ein, um so leicht ihre nicht vorhandene Titelsammlung aufzuwerten. 1989 nahmen gerade einmal drei Mannschaften teil. Bei der letzten Austragung 1992 waren vier Mannschaften am Start. Nachdem der Gastgeber US Foggia bereits in seinem ersten Spiel ausgeschieden war, fand das Finale vor nur knapp 900 Zusehern statt.

Liste der Sieger

1955 Ungarn 1949 Budapesti Vörös Lobogó
1956 Ungarn 1949 Vasas Budapest
1957 Ungarn 1957 Vasas Budapest
1958 Jugoslawien Roter Stern Belgrad1
1959 Ungarn 1957 Honvéd Budapest
1960 Ungarn 1957 Ungarn2
1961 Italien FC Bologna
1962 Ungarn 1957 Vasas Budapest
1963 Ungarn 1957 MTK Budapest
1964 Tschechoslowakei Sparta Prag
1965 Ungarn 1957 Vasas Budapest
1966 Italien AC Florenz
1967 Tschechoslowakei Spartak Trnava
1968 Jugoslawien Roter Stern Belgrad
1969 Tschechoslowakei FK Inter Bratislava
1970 Ungarn 1957 Vasas Budapest
1971 Jugoslawien Čelik Zenica
1972 Jugoslawien Čelik Zenica
1973 Ungarn 1957 Bányász Tatabánya
1974 Ungarn 1957 Bányász Tatabánya
1975 OsterreichÖsterreich Wacker Innsbruck
1976 OsterreichÖsterreich Wacker Innsbruck
1977 Jugoslawien Vojvodina Novi Sad
1978 Jugoslawien FK Partizan Belgrad
1979 kein Wettbewerb
1980 Italien Udinese Calcio
1981 Tschechoslowakei TJ Tatran Prešov
1982 Italien AC Mailand
1983 Ungarn 1957 Vasas Budapest
1984 OsterreichÖsterreich SC Eisenstadt
1985 Jugoslawien NK Iskra Bugojno
1986 Italien SC Pisa
1987 Italien Ascoli Calcio
1988 Italien SC Pisa
1989 Tschechoslowakei Baník Ostrava
1990 Italien AS Bari
1991 Italien AC Turin
1992 Bosnien und Herzegowina 1992 Borac Banja Luka

1 
Im Jahre 1958 wurde der Mitropacup als Donaucup ausgetragen, wobei auch Mannschaften aus Rumänien und Bulgarien teilnahmen.
2 
Im Jahre 1960 wurden die Ergebnisse der einzelnen Mannschaften zu einer Länderwertung zusammengezählt und kein eigener Verein als Sieger gekürt.

Siehe auch

Commons: Mitropapokal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Guy Oliver: „The Guinness Record Of World Soccer“, S. 164, London 1992, ISBN 0-85112-954-4
  2. Stephan Krause, Dirk Suckow: Der Mitropa-Pokal und die Legende mit den roten Schlafwagen. Fußball, Raumkonstruktion und europäische Eisenbahnverkehrsgeschichte in den 1920er/ 1930er Jahren. In: STADION. Band 44, Nr. 2, 2020, ISSN 0172-4029, S. 338–365, doi:10.5771/0172-4029-2020-2-338 (nomos-elibrary.de [abgerufen am 11. April 2022]).
  3. Hugo Meisl erfand den Mitropacup in Josef Huber: „75 Jahre WFV“

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