Zensur in der DDR

Als Zensur in der DDR und zuvor in der Sowjetischen Besatzungszone werden Maßnahmen zur Kontrolle von Medien, Meinungsäußerungen und künstlerischer Produktion bezeichnet.

Überblick

In der Sowjetischen Besatzungszone wurde am 9. Juni 1945 die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) mit Sitz in Berlin-Karlshorst installiert; sie übernahm die Regierungsgewalt und führte ein striktes System der Vorzensur ein.

Die DDR verschleierte die Zensurinstanzen seit der Verfassung von 1949 systematisch, der Begriff „Zensur“ verschwand aus Gesetzen, Verlautbarungen und Medien. Während die Verfassung in revolutionärer Tradition Presse- und Meinungsfreiheit formal garantierte, entstand ein Netz von Instanzen, das die DDR-Öffentlichkeit kontrollieren und steuern sollte. Diese Kontrollinstanzen waren zunächst nach Trägerorganisationen gegliedert, wesentlich nach Zugehörigkeit zur SED, zur staatlichen Bürokratie oder zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Im Laufe der Jahre entwickelte sich neben der hierarchischen eine regionale Gliederung der Zensurinstanzen. Zudem entstanden Gesetze, die gegen missliebige Äußerungen eingesetzt werden konnten.

Die SED vermied bei der Zensurpolitik nach Möglichkeit öffentliche Konflikte durch klare Streichungen oder Veröffentlichungsverbote. Man versuchte die Kontrolltätigkeit als Fördertätigkeit erscheinen zu lassen, entwickelte Verzögerungstaktiken und Hilfsargumente („Papierknappheit“) und gab Belohnungen bzw. Vergünstigungen (Westreisen, Preise und Orden, Stellen und andere Privilegien) für Anpassungsleistungen von Kulturschaffenden (z. B. Literaten, Theaterintendanten oder Regisseuren). Es entstand ein Klima, in dem alle von möglicher Zensur Betroffenen stetig reflektierten, ob die geplante Äußerung zur herrschenden Ideologie passe und welcher Preis zu zahlen wäre, wenn man sich zu weit aus dem Fenster lehnte. Dabei entwickelte sich die Zensur im jeweiligen politischen Kontext und in Reaktion auf historische Großereignisse wie den Mauerbau, den Einmarsch in Ungarn oder die Tschechoslowakei oder durch Machtwechsel in der SED.

„Das Wort Zensur gehörte selber zu den Tabus, die von der Zensur in der DDR bewacht wurden.“[1]

Ein Ziel der SED-Kulturpolitik war auch die Funktionalisierung von Künstlern und Kultur. Auch Darbietungen, die man in der DDR nicht gern gesehen hätte, standen in der Systemkonkurrenz zwischen Bundesrepublik und SED hoch im Kurs.

Als Michail Gorbatschow 1985 in der Sowjetunion einen klaren Reformkurs – Glasnost und Perestroika – einschlug und befreundeten Parteien und Regierungen in den Ostblockstaaten nunmehr freie Hand für die innere Entwicklung („Sinatra-Doktrin“) ließ, lehnte das SED-Regime diesen Weg strikt ab. Es verhängte über sowjetische Medien eine Zensur und propagierte einen „Sozialismus in den Farben der DDR“. Dies stieß in der DDR-Bevölkerung bis hinein in die eigenen SED-Reihen auf Unverständnis und zunehmenden Widerstand; die DDR zerfiel 1989/1990.

Sowjetische Besatzungszone

In der Sowjetischen Besatzungszone übte von 1945 bis zur Gründung der DDR im Oktober 1949 die Sowjetische Militäradministration (SMAD) die Zensur aus. In den örtlichen Kommandanturen waren dafür Presseoffiziere, meist im Hauptmanns- oder Majorsrang mit in der Regel sehr guten Deutschkenntnissen, eingesetzt. Während die Zeitungen der Sozialistischen Einheitspartei (SED) sich mit Selbstzensur an die vorgegebenen Sprachregelungen für die Berichterstattung („Parteilinie“) hielten, unterlagen die Blätter der so genannten Blockparteien CDU, LDPD und NDPD der Vorzensur. In der Praxis musste ein dafür bestimmter Redakteur vor Beginn des Druckprozesses die Seitenabzüge der nächsten Ausgabe in der Kommandantur vorlegen und sich das Imprimatur erteilen lassen.

Organisatorisch bestand die „Verwaltung für Propaganda und Zensur“ (russisch управление пропаганды, uprawlenije propagandy), später „Verwaltung für Information“ (управление информации, uprawlenije informazii) als Teil der SMAD. Leiter dieser Verwaltung war 1945 bis September 1949 Generalmajor Sergei Iwanowitsch Tjulpanow.[2] Vergleichbare Abteilungen wurden auch bei den Landesverwaltungen des SMAD eingerichtet.

Mit der Gründung der DDR 1949 war die „Gleichschaltung“ der Presse und die Verstaatlichung der Medien und Druckereien soweit abgeschlossen, dass die Vorzensur abgeschafft und durch subtilere Formen der Zensur abgelöst wurde.

Steuerung der Inhalte der Medien

Gegenstände und Schwerpunkte der Berichterstattung der Medien wurden zentral vorgegeben. Diese zentrale Vorgabe erfolgte durch das Politbüro des Zentralkomitees (ZK). Dem ZK-Sekretär für Agitation und Propaganda war unter anderem die Abteilung Agitation unterstellt, die für die Organisation und Lenkung der Massenmedien verantwortlich war. Instrumente der Steuerung waren tägliche Konferenzen in Berlin, Konferenzschaltungen zu den übrigen SED-Zeitungen und Presseanweisungen. Ein weiteres Instrument waren die „Anleitungen“ des Presseamtes der DDR-Regierung.

Auf lokaler Ebene erfolgte dieser Prozess über die staatlichen „Ämter für Information“, die ebenfalls „Anleitungen“ gemäß der Ost-Berliner Vorgaben erließen. Auch über die Parteizentralen wurde eine indirekte Zensur durch die Vorgabe von den Redaktionen täglich über Fernschreiber zugestellten Pflichtthemen, Kommentarargumenten, Schlagzeilenformulierungen und „Sollplänen“ ausgeübt. Unter Redakteuren der Provinzzeitungen herrschte deshalb das geflügelte Wort: „Meine Meinung kommt um zwei Uhr aus Berlin!“

Zensur von Literatur, Theater und Film

Anders als im Westen konnten sich die DDR-Literaten, Künstler und Musiker der Aufmerksamkeit höchster staatlicher Stellen sicher sein. Kultur spielte eine wichtige Rolle für das Aufbaukonzept der SED. Deutlich wird dies am Beispiel Schauspiel: „Politiker wollten, dass das Theater eine positive Rolle bei der Gestaltung der Identität des neuen Staates und seiner Bürger spielen sollte.“[3] Dabei entwickelten Staat und Partei durchaus widersprüchliche Interessen. Größen wie Bertolt Brecht waren einerseits willkommene Repräsentanten der frühen, diplomatisch isolierten DDR, andererseits standen Brecht und sein Berliner Ensemble im Dauerkonflikt mit den Prinzipien des Sozialistischen Realismus, einer Kunstkonzeption, die durch positive Beispiele und Helden die Entwicklung des Sozialismus fördern und dabei Kritik an Partei und Wirtschaft vermeiden sollte. Ein frühes Lehrstück zum Versuch staatlicher Stellen, Einfluss auf Inhalte Formen zu nehmen, zeigen die aufwendigen Verfilmungsversuche von Brechts Mutter Courage und ihre Kinder. Immer stärker wurde der Druck der Kultur- und Filmpolitik, in das Drehbuch zum Drama positive sozialistische Gründergestalten einzuführen und Bauern zu zeigen, die über die Soldateska triumphieren.

Wie die Literatur wurden Dramen zunächst vor der Drucklegung geprüft. Träger des Druckgenehmigungsverfahrens, des zentralen Verfahrens zur Zensur von Literatur in der DDR, war ab 1956 die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel (HV) im Ministerium für Kultur in Nachfolge des „Amtes für Literatur und Verlagswesen“. Aufgrund der Verordnung über die Entwicklung fortschrittlicher Literatur war es die Aufgabe, den Druck von Büchern durch die Zuweisung von Papier zu gestatten oder zu untersagen.[4] Die HV hatte ein vollständiges Monopol über alle 78 Verlage der DDR. Neben der Zuweisung von Papier und Druckkapazitäten konnte die HV damit direkt auf Verlagsleiter und Lektoren zugreifen.[5]

Auch war nicht zulässig, dass Schriftsteller der DDR zur Umgehung der Zensur ihre Werke im westlichen Ausland veröffentlichten. Dies war seit 1966 nur mit Genehmigung des Büros für Urheberrechte erlaubt. Eine Erteilung konnte verweigert oder mit Auflagen versehen werden.[6]

Mit der Druckgenehmigung war die staatliche Kontrolle besonders im Bereich des Theaters nicht abgeschlossen. Proben wurden von verschiedenen Instanzen beobachtet, etwa von der regionalen Politik am Spielort, von der Parteiorganisation der Belegschaft des Theaters, vom MfS. Selbst bei der Zulassung einer Aufführung wurde der Prozess fortgesetzt und konkret die Reaktion des Publikums analysiert. Dabei war ein Ziel, komplette Verbote von Stücken zu vermeiden und durch verschiedene Interventionen das Stück zu entschärfen oder Aufführungen aus technischen Gründen zu verschieben.[7]

Laura Bradley hat konkrete Zensurmaßnahmen der DDR im historischen Kontext untersucht. Sie zeigt mit Kategorien des französischen Soziologen Pierre Bourdieu, wie auf der Basis der umfangreichen staatlichen Kontroll- und Belohnungssystems ein soziales Feld entsteht, in dem die Akteure stetig reflektieren, welche Gewinne oder Verluste auf ihre Aktionen und Äußerungen folgen könnten. Gleichzeitig wurden die Spielräume für kulturelle Experimente immer neu ausgelotet.[8]

1990 wurde in Berlin die Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus gegründet, mit dem Ziel in der DDR verbotene Bücher aufzubewahren.

Zensur von Zeitungen und Zeitschriften

Die Herausgabe von Periodika unterlag als Lizenzzeitung der Lizenzierung. In der SBZ wurden bis auf wenige überparteiliche Zeitungen (z. B. die Abendpost in Erfurt oder die Tagespost in Potsdam) nur parteinahe Zeitungen zugelassen. Mit der Gleichschaltung der Parteien zu Blockparteien erlangte die SED die vollständige Kontrolle. Mit der Einstellung der letzten überparteilichen Zeitungen Anfang der 1950er-Jahre waren alle Tageszeitungen der DDR von Blockparteien und Massenorganisationen kontrolliert.

Der Postzeitungsvertrieb der DDR verfügte über ein Monopol des Verkaufs und der Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften. Der Postzeitungsvertrieb führte eine Liste der zu vertreibenden Zeitungen und Zeitschriften. Eine Nichtaufnahme oder Streichung von dieser Liste war faktisch einem Verbot gleichzusetzen. Im November 1988 wurde z. B. die sowjetische Zeitschrift „Sputnik“ wegen mehrerer kritischer Artikel für ein Jahr von der Liste gestrichen.

Das Zentralkomitee (die „Auslese-Gruppe“ der Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED) und das Presseamt verfügten über Auswertungsabteilungen, die alle Veröffentlichungen auswerteten. Diese Auswertungen waren die Basis für die Entscheidungen über Sanktionen gegen Medien oder Journalisten.[9]

Zensur von Hörfunk und Fernsehen

Die nach dem Krieg unter Kontrolle der sowjetischen Militärregierung gegründeten regionalen Hörfunksender (z. B. der Berliner Rundfunk, der Mitteldeutsche Rundfunk und die Landessender Dresden, Schwerin, Halle, Erfurt und Potsdam) standen unter Kontrolle des Berliner Rundfunks, der wiederum von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) gesteuert wurde.

Am 12. Oktober 1949 übernahm offiziell der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik die Kontrolle des Hörfunks. 1952 wurden die Sender zentralisiert und unter Aufsicht des Staatlichen Komitees für Rundfunk (StKfR) gestellt, das seine Anweisungen von der Abteilung Agitation und Propaganda des Zentralkomitees der SED erhielt. „In Presseanweisungen wurden Themen und die Art, wie sie zu behandeln sind, zentral vorgegeben. Der einzelne Journalist setzte die Vorgaben um, ohne die Anweisung als gedruckte Quelle greifbar zu haben.“[10]

Am 4. September 1968 wurde nach dem Vorbild des StKfR das Staatliche Komitee für Fernsehen gegründet[11], dessen langjähriger Leiter Heinz Adameck (1968–1989) wurde.

Die Wirkung der Zensur der elektronischen Medien blieb eingeschränkt, da die Menschen in der DDR in der Lage waren, die Hörfunk- und Fernsehprogramme aus dem Westen zu empfangen. Noch bevor das Westfernsehen eine wichtige Rolle bei der Information der Bevölkerung erhalten hatte, waren es Radiosender wie der RIAS, die das Informationsmonopol der DDR-Führung brachen.

Es wurde versucht, den Empfang mit Störsendern zu verhindern. Gestört wurde allerdings nur der Mittelwellenempfang. Westdeutsche UKW-Hörfunk- und Fernsehprogramme wurden technisch nicht gestört, ein Empfang war in weiten Teilen der DDR problemlos möglich und bei der Bevölkerung auch üblich, wenn man vom „Tal der Ahnungslosen“ absieht.

Der Empfang des Westfernsehens und westlicher Radioprogramme war in der DDR nie offiziell verboten, aber der Staat versuchte bereits in den frühen 1950er-Jahren, deren Nutzung einzuschränken.[12] Dessen ungeachtet gab es in den 1980er-Jahren staatlich geduldete Initiativen zum Bau von Kabelnetzen, die überwiegend für einen besseren Empfang westdeutscher Programme errichtet wurden.[13]

Rechtliche Grundlagen

Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit

Die Verfassung der DDR von 1949 garantierte Meinungs- und Pressefreiheit:

„Artikel 9

(1) Alle Bürger haben das Recht, innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze ihre Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich zu diesem Zweck friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Diese Freiheit wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt; niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Eine Pressezensur findet nicht statt.“[14]

In der Verfassung des Jahres 1968 kommt der Begriff Zensur nicht mehr vor.[15] Artikel 27 der Verfassung der DDR garantierte jedem Bürger das Recht, seine Meinung frei zu äußern sowie die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens.

„Artikel 27

(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt. Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet.“[16]

Der Begriff der Zensur war durch die klare Regelung in verschiedenen Versionen der DDR-Verfassung tabuisiert. Dennoch wurde ein umfangreicher, mehrgleisiger Zensurapparat etabliert, differenziert nach tragender Instanz, etwa Verwaltung, Partei oder MfS, nach Region und nach überwachten Sparten.

Eine rechtliche Grundlage findet sich im Artikel 18 der Verfassung von 1968:

„Artikel 18

(1) Die sozialistische Nationalkultur gehört zu den Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft. Die Deutsche Demokratische Republik fördert und schützt die sozialistische Kultur, die dem Frieden, dem Humanismus und der Entwicklung der sozialistischen Menschengemeinschaft dient. Sie bekämpft die imperialistische Unkultur, die der psychologischen Kriegführung und der Herabwürdigung des Menschen dient. Die sozialistische Gesellschaft fördert das kulturvolle Leben der Werktätigen, pflegt alle humanistischen Werte der nationalen Kulturerbes und der Weltkultur und entwickelt die sozialistische Nationalkultur als Sache des ganzen Volkes.
(2) Die Förderung der Künste, der künstlerischen Interessen und Fähigkeiten aller Werktätigen und die Verbreitung künstlerischer Werke und Leistungen sind Obliegenheiten des Staates und aller gesellschaftlichen Kräfte. Das künstlerische Schaffen beruht auf einer engen Verbindung der Kulturschaffenden mit dem Leben des Volkes.“[16]

Aus der Perspektive der SED waren die Entwicklung und die inhaltliche und formale Gestaltung der Kultur politische Aufgaben. Zensur erschien aus dieser Perspektive euphemistisch als Förderung.

Euphemismen für die Zensur

Laura Bradley hat in einer Untersuchung aus dem Jahre 2010 gezeigt, dass Zensur in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Teil der Entnazifizierung durchaus Akzeptanz gefunden habe, nach der Verfassung von 1949 aber nur noch verklausuliert habe angesprochen werden dürfen. Durch penibel eingehaltene Sprachregelungen (siehe Sprachgebrauch in der DDR) sei die sehr weitgehende Kontrolle als positive Förderung dargestellt worden.[17] Begriffe wie „Zensur“ oder „Verbot“ wurden systematisch ausgeschlossen und durch offizielle Codes ersetzt. Eine Quelle der euphemistischen Sprache war die Planwirtschaft, staatliche Eingriffe in die Kultur erscheinen als „Planung“, „Leitung“, „Lenkung“, „Spielplangestaltung“ und „parteimäßige Führungstätigkeit“.[18] Eine andere sprachliche Tarnung entstammte nach Bradley der Amtssprache: Die Vorzensur wurde zum „Genehmigungsverfahren“, die Zensurbefehle zu „Weisungen“, aus Aufführungsverboten wurden „administrative Maßnahmen“.[19] Die SED selber und ihre Zensoren hätten sich dabei als Kulturförderer und Pädagogen stilisiert, indem sie mit Begriffen wie „ideologische Klärungsprozesse“, „geduldige Überzeugung“, „Hilfe“, „Unterstützung“ und „Selbstkritik“ operierten.

„Ihre Sprache charakterisierte die Partei als geduldig und allwissend und präsentierte Dramatiker und Regisseure als nervige Teenager, denen es an ausreichender Weisheit fehlte und an Einsicht, die sorgfältige Tutoren brauchten und einiges zu lernen hätten.“

Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 13[20]

Strafrecht

Das Strafgesetzbuch der DDR stellte eine Reihe von Rechtsnormen zur Verfügung, die zur Durchsetzung der Zensur Anwendung fanden:

  • Der „Gummiparagraph“ 106 stellte „staatsfeindliche Hetze“ und damit die „Diskriminierung der gesellschaftlichen Verhältnisse“ unter Strafe.
  • Mit dem § 219 „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“ konnte Besitz und Weitergabe westlicher Zeitungen und Zeitschriften bestraft werden.
  • § 220 „Staatsverleumdung“ schützte staatliche Organe und ihre Mitarbeiter nicht nur vor Verleumdung, sondern auch vor „Verächtlichmachung“.
  • §§ 245, 246 „Geheimnisverrat“ wurde genutzt, um die Weitergabe von Informationen über die Situation in der DDR an westliche Medien zu bestrafen.

Urheberrecht

Um zu verhindern, dass Schriftsteller der DDR zur Umgehung der Zensur ihre Werke im westlichen Ausland veröffentlichen, regelte die „Anordnung über die Wahrung der Urheberrechte durch das Büro für Urheberrechte“,[21] dass dies nur mit Genehmigung des Büros für Urheberrechte erlaubt sei.

Umgehungsversuche

Ausgabe des von der Umweltbibliothek herausgegebenen Telegraph

Die Zensur führte zu Versuchen, eine (illegale) Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Neben einigen kleineren kirchlichen Blättern sind hier insbesondere die Samisdat und der Magnitizdat innerhalb der Leipziger Liederszene[22] zu nennen. Eine mehr als lokale Wirkung konnten diese jedoch nicht erreichen.

Siehe auch

Literatur

  • Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis: „Jedes Buch ein Abenteuer!“ Zensursystem und literarische Öffentlichkeiten in der DDR bis Ende der sechziger Jahre. Akademie-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-05-003118-2.
  • Laura Bradley: Cooperation and Conflict: GDR Theatre Censorship, 1961–1989. Oxford University Press, 2010, ISBN 0-19-958963-1 (englisch).
  • Siegfried Bräuer, Clemens Vollnhals (Hrsg.): „In der DDR gibt es keine Zensur.“ Die Evangelische Verlagsanstalt und die Praxis der Druckgenehmigung. 1954–1989. Leipzig 1995, ISBN 3-374-01583-2.
  • Siegfried Lokatis: Verantwortliche Redaktion. Zensurwerkstätten der DDR. Dr. Ernst Hauswedell Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-7762-1319-5.
  • Siegfried Lokatis, Martin Hochrein (Hrsg.): Die Argusaugen der Zensur. Begutachtungspraxis im Leseland DDR. Dr. Ernst Hauswedell Verlag, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-7762-2104-6.
  • Siegfried Lokatis, Theresia Rost, Grit Steuer (Hrsg.) Vom Autor zur Zensurakte. Abenteuer im Leseland DDR. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-95462-110-1.
  • Joachim Walther: Der fünfte Zensor: Unterdrückte Literatur in der DDR. In: Claudius Rosenthal (Hrsg.): Zensur. Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 2003, ISBN 3-933714-90-7, S. 77.
  • Falco Werkentin: Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht. Ch. Links, Berlin 1995, ISBN 3-86153-069-4.
  • Ernest Wichner, Herbert Wiesner: Literaturentwicklungsprozesse, Zensur der Literatur in der DDR. Edition Suhrkamp 1782, Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1993.
  • Die Tore weit. In: Der Spiegel, 15. Januar 1996.

Einzelnachweise

  1. Ernest Wichner, Herbert Wiesner: Literaturentwicklungsprozesse – die Zensur der Literatur in der DDR. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1993.
  2. Martin Broszat, Gerhard Braas, Hermann Weber: SBZ-Handbuch; München: Oldenbourg, 1993², ISBN 3-486-55262-7, S. 53–54.
  3. Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 2.
  4. Verordnung über die Entwicklung fortschrittlicher Literatur vom 16. August 1951; GBl. Nr. 100, 27. August 1951, S. 785.
  5. Nils Kahlefendt: Abschied vom Leseland? Die ostdeutsche Buchhandels- und Verlagslandschaft zwischen Ab- und Aufbruch. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 13/2000)
  6. Marcel Reich-Ranicki: Nur noch mit Genehmigung. Ein neuer Schlag gegen die Schriftsteller in der DDR. In: Die Zeit, Nr. 13/1966.
  7. Vgl. Laura Bradley: Cooperation and Conflict: GDR Theatre Censorship, 1961–1989 (Oxford UP, 2010), New York 2011, S. 2 f.
  8. Vgl. Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 4 f.
  9. Günter Höhne:Prenzlauer Berg und Jammertal. Ab heute in der KulturBrauerei: Zeitzeugnisse der 80er Jahre über einen verhinderten Dialog zur Stadterneuerung. (Memento vom 22. Dezember 2009 im Internet Archive) Zuerst erschienen als Rezension in: Der Tagesspiegel, 1996.
  10. Patrick Conley: Der parteiliche Journalist. Metropol, Berlin 2012, ISBN 978-3-86331-050-9, S. 36.
  11. Mitteldeutscher Rundfunk:Lexikon: Rundfunk der DDR (Memento vom 14. August 2006 im Internet Archive)
  12. Claudia Dittmar: Feindliches Fernsehen. Das DDR-Fernsehen und seine Strategien im Umgang mit dem westdeutschen Fernsehen. Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1434-3, S. 100.
  13. DDR - Mythos und Wirklichkeit - Medien (Memento vom 6. August 2020 im Internet Archive)
  14. Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 auf documentarchiv.de
  15. Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. April 1968 auf dokumentenarchiv.de
  16. a b zitiert nach: Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. April 1968 auf dokumentenarchiv.de
  17. Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 9 ff.
  18. Vgl. Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 11.
  19. Laura Bradley: Cooperation and Conflict, S. 12.
  20. Laura Bradley: Cooperation and Conflict: GDR Theatre Censorship, 1961–1989, S. 13; Original: “Their language characterized the Party as patient and omniscient, and presented dramatists and directors as troublesome teenagers who lacked suffizient wisdom and insight, needed careful tutoring, and had a good deal to learn.”
  21. Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil II, Nr. 21
  22. Leipziger Liederszene Magnitisdat

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