Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise

Planetarium Jena (1926). Die nur sechs Zentimeter starke Betonschale der Planetariumskuppel hat einen Durchmesser von 25 Meter.
(c) Bundesarchiv, Bild 102-17156 / CC-BY-SA 3.0
Der große Windkanal 1935. Die Wandstärke beträgt lediglich 8 cm.
Der unter Denkmalschutz stehende Zeiss Bau 23 in Jena ist Standort des Pharmaunternehmens Jenapharm. Der stützenfreie Raum von ca. 85 Metern Länge und knapp 18 Metern Breite wird durch eine nur 6 cm starke Schalenkonstruktion überspannt.

Die Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise, auch Zeiss-Dywidag-Verfahren oder Zeiss-Dywidag-System genannt, ist der Vorläufer des heutigen Spritzbetonverfahrens für Ingenieurbauwerke aus Spritzbeton nach DIN 18551.

Entwicklung

Das Verfahren wurde ab 1922 von dem deutschen Bauingenieur Franz Dischinger und dem Physiker Walther Bauersfeld entwickelt und im Januar 1924 von der Firma Zeiss als Pfettenloses Eisenbeton-Tonnendach zum Patent angemeldet. Am 8. Juli 1926 wurde den Patentansprüchen als DRP 431.629 vom Reichspatentamt entsprochen.[1]

Bei dem Verfahren wird zunächst eine tragfähige Gitterstruktur erstellt, die durch ein engmaschiges Drahtnetz verstärkt wird. Darauf wird der Beton im Trockenspritzverfahren (Torkretverfahren) aufgetragen. Das rautenförmige Gitter-Netzwerk dient als Lehrgerüst und wurde bei den ersten Bauten zunächst als Bewehrung mit einbetoniert. Später wurde das Netzwerk nur noch als Schalungsgerüst verwendet und war dann wiederverwendbar.[2]

Das Schalenprinzip wurde u. a. beim Bau des Großen Windkanals im Aerodynamischen Park in der heutigen Wissenschaftsstadt und Technologiezentrum Berlin-Adlershof, der Kuppel des Zeiss Planetariums Jena, dem Tonnengewölbe der Großmarkthalle Frankfurt und dem Dach des Zeiss Bau 23 angewendet. In den USA wurde es von Anton Tedesko verbreitet, den Dywidag 1932 dorthin entsandte, die Schalenbauweise dort aber auch selbständig weiterentwickelte.

Literatur

  • Franz-Ferdinand von Falkenhausen, Otto Haueis, Ute Leonhardt, Otto Wiegand, Wolfgang Wimmer: Carl Zeiss in Jena 1846 bis 1946, Sutton Verlag GmbH, 2004
  • Hartwig Schmidt: Von der Steinkuppel zur Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise, in: Beton- und Stahlbetonbau 100. Jg., 2005, H. 1, S. 79–92.
  • Doris Weilandt: Jenapharm – Architektur & Kunst am Bau, Verlag Vopelius Jena, 2009
  • Bernhard Maidl u. a.: Handbuch für Spritzbeton. Ernst, Berlin 1992, ISBN 3-433-01196-6.
  • Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures: Searching for Equilibrium, Ernst & Sohn, Berlin 2018, S. 734–740, ISBN 978-3-433-03229-9.
  • Kleinlogel: Die Schalengewölbe der Großmarkthalle Frankfurt a.M. in: Beton und Eisen, Heft I, Berlin 1928, S. 25
  • Günther Ruffert: Spritzbeton. Beton-Verlag, Düsseldorf 1991, ISBN 3-7640-0282-4.
(c) 7alaskan, CC BY-SA 3.0
Wrack der Ulrich Finsterwalder (ehemaliger Betontanker der Hydrierwerke Pölitz AG) im Dammscher See, 2008

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Karl-Eugen Kurrer: Geschichte der Baustatik: Auf der Suche nach dem Gleichgewicht, Ernst & Sohn, 2. Auflage, 2015, ISBN 9783433031346.
  2. Fachzeitschrift Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012) Heft 6, S. 416 (bzw. S. 86 bei issuu.com), Verlag Ernst & Sohn; abgerufen im Dez. 2016.

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Zeiss Bau 23 (Jenapharm).jpg
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Der Zeiss Bau 23 ist ein Schalenbau aus dem Jahre 1923/24 für die Firma Carl Zeiss. Seine Dachkonstruktion war die erste Zylinderschale der Welt nach dem Zeiss-Dywidag-Patent von Bauersfeld (Carl Zeiss Jena) & Dischinger (Betonfirma Dyckerhof & Widmann). Nach dem gleichen Schalenbauprinzip wurde die Kuppelschale des Jenaer Planetariums 1926 errichtet. Seit 1947 nutzt das Pharmaunternehmen Jenapharm GmbH & Co. KG das Gebäude, welches heute unter Denkmalschutz steht.
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Luftströme durchrasen den Windkanal in 250 Klm. pro Stunde. Interessante Aufnahmen in der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Bln.-Adlershof! Die Außenansicht des großen Windkanals der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Bln.-Adlershof. In einer Länge von 125 m. zieht sich der riesige Rohrring durch das Gelände der deutschen Versuchsanstalt. Durch ein Gebläse im großen Windkanal werden Luftströme bis zu 250 Klm. pro Stunde erzeugt. In diesen Strom werden Flugzeugmodelle aufgehängt und durch besondere Vorrichtungen geprüft.