Wilhelm von Goertzke

Wilhelm Adolf Albrecht von Goertzke (* 4. März 1875 in Großbeuthen; † 18. November 1961 in Kiel) war Domherr zu Brandenburg, Kurator der dortigen Ritterakademie Brandenburg und Gutsbesitzer auf Großbeuthen bei Trebbin.

Leben

Wilhelm von Goertzke wurde als Sohn des Gutspächters Albrecht Hans von Goertzke (1843–1883) auf dem Rittergut seiner Vorfahren geboren. Seine Mutter war Luise von Ribbeck-Horst-Blumenthal (1848–1920). Die Jugend erlebte er auf dem Askanischen Gymnasium zu Berlin und dann mit dem Abschluss des Abiturs von 1894 bis zur Reifeprüfung 1896 auf der Ritterakademie Brandenburg.[1] Danach[2] folgte das Studium der Landwirtschaft in Göttingen und Halle/Saale. Eine reine Militärzeit ist nicht nachgewiesen. Nach Quellenbelegen war er aber vom Sommer 1915 bis Februar 1917 bei der Militärverwaltung Kurland in Mitau (heute Jelgava), dann Leiter der Kreiswirtschaftstelle des Kreises Teltow mit Sitz in Berlin.[3] Goertzke war über fünfzig Gutsherr auf Großbeuthen und wohnte die letzten Lebensjahre in Kiel.

Familie

1904 heiratete er die pommersche Gutsbesitzerstochter Leontine von Weiher-Zemmin (1878–1954). Das Paar hatte eine Tochter und drei Söhne.[4]

Die Tochter Christa heiratete den aus Schlesien stammenden Inspektor und späteren Gutsbesitzer Claus-Ulrich von Koschembahr (1907–1969), der Verwalter unter anderem der Rittergüter Großbeuthen und später in Krahne – Rotscherlinde (von Schierstädt) sowie auf Klessen (von Rochow) war. Alle drei Söhne, Karl Albrecht, Horst und Friedrich, gingen auf die Ritterakademie, wurden Gutsmitinhaber, schlugen eine höhere Verwaltungslaufbahn ein oder waren Marineoffizier.[5]

In Tradition des evangelischen Landadels schloss er sich 1910 dem Johanniterorden an und wurde Rechtsritter im Jahre 1922.[6] Sein Bruder Joachim (1877–1951) war Genealoge[7] und Militärschriftsteller[8] und zuletzt Oberstleutnant a. D. Die Familie von Goertzke-Großbeuthen und ihre Anverwandten waren fast sämtlich Mitglieder der Deutschen Adelsgenossenschaft.[9] Nach dem Zweiten Weltkrieg war Wilhelm von Goertzke zusammen mit seinem Schwiegersohn sogar als Autor tätig.[10]

Gutsbesitzer

Wilhelm erbte durch den frühen Tod des Vaters Großbeuthen. Die Größe des Betriebes blieb von 1896 bis 1929 konstant um die 950 ha. Die Übernahme der Geschäfte ist nach eigenen Angaben auf 1899 datiert. Nur wenige Zeit später wurde er als Bauherr tätig und ließ das Gutshaus Großbeuthen modernisieren,[11] weitere Bautätigkeiten folgten 1922 und Ende der 1930er Jahre mit dem Umbau von zwei Werkwohnungen.[12] Auf dem Rittergut Großbeuthen waren Mitte der Zwanziger Jahre 27 festangestellte Mitarbeiter, vom Schafmeister bis zum herrschaftlichen Kutscher angestellt, mit Emma Lorenz eine einzige Gutsarbeiterin.[13]

Er pachtete zwischenzeitlich das 590 ha große Gut Wendisch (Märkisch) Wilmersdorf[14] des Fritz Graf von Schwerin und war Mitglied in dessen Deutscher Dendrologischen Gesellschaft.[15] Zu allen Zeiten hielt Goertzke Kontakt mit anderen Gutsherren, bis hin ins Baltikum[16] und nach Ostpreußen.[17] Besonders zu den Nachbargütern der näheren Umgebung, Stücken, Siethen, Löwenbruch, und Kerzendorf sowie Genshagen wurden unabhängig der Konfession oder der Nobilitierung gesellschaftliche Konnexionen gepflegt.[18] Für 1940 wird das Rittergut Groß- und Kleinbeuthen mit 870 ha Größe geführt.[19] Der Gutsbesitz war nachweislich vor 1600 in den Händen seiner Vorfahren.[20] Goertzke war zudem einige Jahre Stellvertreter bei der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg.[21] Als Gutsbesitzer war Wilhelm von Goertzke auch Patron der Kirchengemeinde Großbeuthen und zum Teil der Kirchengemeinde Gröben, wo sich sein Wappen im Kirchenfenster findet. In der Kirche zu Großbeuthen sind die Wappen der eingeheirateten Frauen an der Empore abgebildet.

Domherr zu Brandenburg

1924 wurde Wilhelm als ehemaliger Zögling zum Kurator der Ritterakademie und zugleich Domherr des Hochstifts zu Brandenburg gewählt.[22] Als Kurator vertrat er viele Jahre die traditionsreiche Adelsschule mit Internat ehrenamtlich nach außen. Er rettete 1937 bei seinen Verhandlungen mit Emil Stürtz, NS-Oberpräsident und Gauleiter von Brandenburg, die Einrichtung vor der kompletten Schließung und konnte zu mindestens das Alumnat schützen. Die Zöglinge gingen danach auf die nicht minder bekannte Saldria-Schule in Brandenburg. Danach gab er die Ämter auf, sein Nachfolger wurde der Gutsbesitzer Hans von Rochow-Stülpe.[23]

Literatur

Weblinks

  • Bildportrait im Domstiftsarchiv Brandenburg (Havel), Datei: PDF

Einzelnachweise

  1. Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705 – 1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Alumnatsverzeichnis. Band I, Zögling Wilhelm von Goertzke-No.: 1580. Selbstverlag. Druck P. Riemann, Belzig, Ludwigslust 1913, S. 363 (staatsbibliothek-berlin.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  2. Otto Heine: Ritter-Akademie zu Brandenburg a. H. XL. Bericht über das Schuljahr von Ostern 1895 bis Ostern 1896. 1896. Progr. No. 67/ 68 Auflage. IV. Statistische Mitteilungen, Nr. 5. Druck von Gustav Matthes, Brandenburg a. d. Havel 1896, S. 21 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 17. Juni 2022]).
  3. Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Fortsetzung und Ergänzungen 1913-1929. Hrsg.: Verein der ehem. Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Selbstverlag, Belzig, Ludwigslust 1929, S. 43 (kit.edu [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  4. Justus Perthes (Hrsg.): Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser (Uradel). Gotha 1942, DNB 01078103X, S. 600.
  5. Siegfried von Boehn, Wolfgang von Loebell: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Teil. Fortsetzung und Ergänzung 2., 1914 - 1945. Mit einer Gedenktafel der Opfer des 2. Weltkrieges. Hrsg.: Karl von Oppen, Otto Graf Lambsdorff, Gerhard Hannemann. Zöglingsnummern Söhne von Goertzke: Karl Albrecht 1987, Horst 2015, Friedrich 2057. Gerhard Heinrigs, Köln 1971, DNB 720252679, S. 124–161.
  6. Balley Brandenburg des Ritterlichen Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (Hrsg.): Gesamtliste der Mitglieder des Johanniter-Ordens nach dem Stand vom September 1957. Eigenverlag, Berlin 1957, S. 40 (kit.edu [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  7. Herold Verein (Hrsg.): Verzeichnis der Mitglieder des Vereins Herold zu Berlin. 1904. II. Ordentliche und außerordentliche Mitglieder., Nr. 267. C. A. Starke, Görlitz 18. Mai 1904, S. 1469–1474, PMID 7.
  8. Joachim von Goertzke: Geschichte des Königlich-Preussischen Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr 2. Teil: Bd. 3., Offizierstammliste : 1814-1914 (mit d. Stande v. 15. 7. 1914). Paul Parey, Berlin 15. Juli 1914, DNB 367769611, S. 1–350.
  9. Deutsche Adelsgenossenschaft (Hrsg.): Anschriftenbuch der Deutschen Adelsgenossenschaft 1940. Schlieffen, Berlin 1940, DNB 012108553, S. 115–394.
  10. Wilhelm von Goertzke, Claus-Ulrich von Koschembahr:: Ergänzungsband zum Alt-Herrenverzeichnis vom Mai 1925 der Angehörigen des Corps Saxonia zu Göttingen nach dem Stande vom November 1958. Dieterichsche Universitäts-Buchdruckerei, Göttingen 1958, S. 1–58 (booklooker.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  11. Hans Erich Kubach, Joachim Seeger: Die Kunstdenkmäler des Kreises Teltow. In: Provinzialverband Brandenburg (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Deutscher Kunstverlag, Berlin 1941, DNB 361503679, S. 88.
  12. BLHA (Hrsg.): Darlehen für Wilhelm von Goertzke zum Umbau von zwei Werkwohnungen in Großbeuthen, Grundbuch der Rittergüter Bd. 1 Bl. 1; 1938-1939 (Akte). Rep. 2A I SW 2599. Großbeuthen 1939, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  13. Adreßbuch des Kreises Teltow 1927. Rohde, Berlin 1927, DNB 013280856, S. 173.
  14. Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht: Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe der Provinz Brandenburg. Hrsg.: Niekammer. 4. Auflage. Band VII.. Niekammer’s Adressbücher-Verlag G.m.b.H., Leipzig 1929, S. 113–122 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 13. September 2021]).
  15. Fritz Graf v. Schwerin-Wendisch Wilmersdorf: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft-Jahrbuch. Eigenverlag, Wendisch Wilmersdorf b. Thyrow 1928, S. 22 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  16. Max-Wichard v. Bredow: Spahren, ein Gut in Kurland, Aus Gästebüchern. In: Das Baltikum im Spannungsfeld zwischen Nord-, Mittel- und Osteuropa. Selbstverlag, Burgdorf-Heeßel, Isernhagen 1991, S. 276 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  17. Magnus Freiherr v. Braun: Weg durch vier Zeitepochen: Vom ostpreussischen Gutsleben. C. A. Starke, Limburg a. d. Lahn 1965, S. 29 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  18. Irmgard von Künßberg, geborene von Badewitz-Siethen: Lebensbilder aus Siethen und Wernstein. Hrsg.: Anita Eichholz. epubli, Berlin 2014, ISBN 978-3-8442-8441-6, S. 79 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  19. Justus Perthes (Hrsg.): Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. 39. Auflage. Gotha 1940, S. 303 (kit.edu [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  20. Justus Perthes (Hrsg.): Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser Teil A 1932. 31. Auflage. Stammreihe der Familie von Goertzke. Gotha 1932, DNB 01078103X, S. 211.
  21. Archiv des Deutschen Landwirtschaftsrats. 41. Auflage. Band 44-45. Paul Parey, Berlin 1926, S. 8 (google.de [abgerufen am 30. Juni 2021]).
  22. Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte. Band 55-58. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin 1985, S. 106 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).
  23. Albrecht von dem Bussche: Die Ritterakademie zu Brandenburg. Peter Lang, Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris 1989, ISBN 3-631-40721-1, S. 130 (google.de [abgerufen am 15. Juni 2021]).