Wilhelm Stoeltzner
Karl Friedrich Wilhelm Stoeltzner[1] (* 19. Dezember 1872 in Berlin; † 26. Dezember 1954 ebenda) war ein deutscher Ordinarius für Kinderheilkunde der Universitätskinderklinik in Königsberg.
Leben
Wilhelm Stoeltzner promovierte 1895 und habilitierte sich 1903 für Kinderheilkunde an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. Anschließend wurde er Extraordinarius an der Universität Halle/Saale, woraufhin er 1925 nach Königsberg als Nachfolger von Hugo Falkenheim zum Leiter der Universitätsklinik an der Albertus-Universität Königsberg berufen wurde. Am 12. Mai 1922 (Matrikel-Nr. 3463) wurde er Mitglied der Leopoldina.[2] Mit den Umständen im Nationalsozialismus nicht einverstanden, ließ er sich „pünktlich“ mit 65 Jahren 1937 emeritieren und lebte zurückgezogen in Berlin.
Nach Kriegsende wurde er 1945 gebeten, den Klinikbetrieb der im Krieg zerstörten Universitätskinderklinik Berlin wiederherzustellen bei Wahrnehmung der Lehrtätigkeit für Kinderheilkunde. Er schuf damit in zwei Jahren die Voraussetzungen für einen geordneten Betrieb an der Humboldt-Universität zu Berlin, bis er sich 1947 endgültig zur Ruhe setzte. In diesem Jahr wurde er auch von der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde zum Ehrenmitglied ernannt. Er starb am 26. Dezember 1954 in Berlin. Sein Grab auf dem Friedhof Lichterfelde ist erhalten.
Werk
Nachdem die Infektionskrankheiten, wie Scharlach und Diphtherie, durch die Impfungen ihren Schrecken verloren hatten, grassierten in den 1920er Jahren die "Säuglingsdyspepsien" (Brechdurchfälle auf Grund von Ernährungsstörungen). Stoeltzner errichtete mit seinem Oberarzt Rau, der aus Wien stammte und viel Erfahrung mitgebracht hatte, eine Frauenmilchsammelstelle ein und dazu ein Abruf- bzw. Meldesystem von Ammen. Weiterhin wurde eine Mütterberatungsstelle am Kinderkrankenhaus eingerichtet. Diese Maßnahmen waren Voraussetzung, die Ernährung von Säuglingen völlig umzustellen: Stoelzner entwickelte ein spezielles „Kinderzucker-Dextrin-Maltosegemisch“ zur Ernährung.
Auch kamen Kinder mit der schrecklichen „Königsberger Haffkrankheit“, über die mehrfach im Verein für wissenschaftliche Heilkunde berichtet wurde, zur Aufnahme. Stoeltzner richtete im Keller seiner Klinik ein spezielles Labor ein, fütterte Katzen und Hunde mit Fischen und – getrennt davon – mit dem Wasser aus dem Frischen Haff und kam zu der Erkenntnis, dass die von den Fischen aufgenommene Zellulose der speziellen Zellulosefabriken am Ufer des Haffs Frisches Haff Urheber der Erkrankung sei. Damit trug er zur Erforschung der Krankheit bei, wenngleich sich seine Thesen als nicht richtig erwiesen (Es handelte sich um eine Viruserkrankung der Fische, wie sie später, unabhängig von Zellulose, in Nordeuropa und Russland vorkam).
Familie
Wilhelm Stoeltzner war ein Sohn des Lithografen (Ferdinand Eduard) Heinrich Stoeltzner (1846–1930) und dessen Frau Elisabeth Franziska, geb. Stolle.[1][3] Sein Großvater war der mit ihm gleichnamige Lübecker Maler und Grafiker Wilhelm Stoeltzner (1817–1868).[4] Wilhelm Stoeltzner war seit dem 20. Dezember 1904 verheiratet mit der Ärztin (Dr. med.) Helene, geb. Ziegelroth (geb. 10. Februar 1868 in Warschau; gest. 1. Oktober 1961 in Berlin), Tochter des Kantors Israel Ziegelroth und dessen Frau Rachel, geb. Warsz.[3][5] Der Opernsänger und spätere praktische Arzt für Biochemie (Dr.) Adolf Abraham Ziegelroth (1873–1951) war sein Schwager. Als jüdischem Arzt war es ihm während des Nationalsozialismus nur gestattet, als Krankenbehandler zu arbeiten.[6]
Literatur
- E. Neumann-Redlin von Meding: Die Universitäts-Kinderklinik in Königsberg 1925–1945. Hinweise auf Kinderwaisenhäuser 1945–1948. In: Königsberger Bürgerbrief. Nr. 81, 2013, S. 44–47.
- H. Scholz, P. Schroeder: Kinderheilkunde. In: Ärzte in Ost- und Westpreussen. Holzner Verlag, Würzburg 1970, S. 95–100.
- R. Linstädt: Die Universitätsklinik in Königsberg. In: Die Ostpreußische Arztfamilie. Osterrundbrief 1965, S. 14–15 (3 Abbildungen)
- E. Neumann-Redlin von Meding: Königsberger Haffkrankheit. In: Königsberger Bürgerbrief. Nr. 76, 2010, S. 57–58.
- L. Teichert-Hoenisch: Erinnerung an meine Assistententätigkeit in der Königsberger Universitätsklinik unter Prof. Dr. Stoeltzner. In: Die Ostpreußische Arztfamilie. Osterrundbrief 1964, S. 15–16. (4 Abbildungen)
Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Stoeltzner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Wilhelm Stoeltzner im Catalogus Professorum Halensis
Einzelnachweise
- ↑ a b Kirchengemeinde der Petrikirche Berlin, Taufregister, Eintrag Nr. 44, 25. Januar 1872, S. 215.
- ↑ Mitgliedseintrag von Wilhelm Stoeltzner bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 11. September 2017.
- ↑ a b Standesamt Berlin III, Eheregister, Nr. 974/1904.
- ↑ Standesamt Berlin VIIc, Sterberegister, Nr. 226/1930 (Tod des Vaters).
- ↑ Helene Stoeltzner, geb. Ziegelroth. In: Ärztinnen im Kaiserreich. bei Geschichte der Charite.
- ↑ Rebecca Schwoch: Jüdische Ärzte als Krankenbehandler in Berlin zwischen 1938 und 1945. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-86321-322-0, S. 564 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Personendaten | |
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NAME | Stoeltzner, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pädiater und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 19. Dezember 1872 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 26. Dezember 1954 |
STERBEORT | Berlin |
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Wilhelm Stoeltzner (1872- 1963) war Ordinarius an der Königsberger Kinderklinik, der auch wissenschaftlich tätig war und u.v.a. auch Versuche zur Ursache der "Königsberger Haffkrankheit" anstellte.
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Wilhelm Stoeltzner, Friedhof Lichterfelde (Stoeltzner war Professor für Kinderheilkunde und Leiter der Universitätsklinik in Königsberg
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Die Errichtung der Kinderklinik in Königsberg/ Preußen wurde 1912 von Prof. Dr. Hugo Falkenheim initiiert, der zugleich der erste Leiter wurde. Erst 1921 wurde die Kinderheilkunde als Lehrfach anerkannt. Erster Ordinarius der nunmehr Universitätskinderklinik wurde Hugo Falkenberg, gefolgt von Wilhelm Stoeltzner und Philipp Bamberger. 1945 wurde die Klinik durch russ. Artillerie teilzertört und diente nach dem Kriege als Wohnheim der russischen Miliz.