Wien Ostbahnhof

Straßenfront mit Ankunftsseite rechts (1880)

Der Wiener Ostbahnhof, ursprünglich als Centralbahnhof und später Staatsbahnhof bezeichnet, war der größte von ursprünglich sechs Fernbahnhöfen in Wien. Der Kopfbahnhof wurde 1870 von der Österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft errichtet und war zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie der wichtigste Bahnhof für Züge in Richtung Ungarn. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem benachbarten Südbahnhof zu einem Baukörper vereinigt.

Geschichte

Abfahrtsseite (1880)
Haupteingang der Abfahrtsseite (1880)
Straßenfront und Abfahrtseite (1905)

Nachdem die Planungen zum aus Laaer Ostbahn und Marchegger Ostbahn bestehenden „Ergänzungsnetz“ der k.k. priv. Öst.-Ung. Staatseisenbahngesellschaft (StEG) konkret wurden, begannen unter der technischen Leitung von Carl von Ruppert zugleich die Pläne zur Errichtung eines repräsentativen Fernbahnhofes in Wien als Ersatz für den Raaber Bahnhof. Der deutsche Architekt Carl Schuhmann plante ein üppiges, jedoch im Gegensatz zum prunkvollen, von Gustave Eiffel gebauten Budapester Westbahnhof schlichter gehaltenes Aufnahmsgebäude mit französischen Stilelementen, da die StEG mehrheitlich mit französischem Kapital finanziert wurde. Obwohl der Ostbahnhof der Knotenpunkt („Centralbahnhof“) des StEG-Netzes war, mussten einige den Bau einschränkende Forderungen des Militärs aufgrund es angrenzenden Arsenals erfüllt werden.[1][2]

Der Bau begann 1867, am 24. November 1870 wurde der neue „Centralbahnhof“ gemeinsam mit den Strecken nach Brünn und Marchegg eröffnet. Im Vorfeld wurden ausgedehnte Zugförderungsanlagen sowie ein Güterbahnhof errichtet, mehrere Gleise und der 1873 eröffnete Steudeltunnel stellten die Verbindung zum rechtwinkelig gelegenen benachbarten Südbahnhof und der Verbindungsbahn her. Zwischen den beiden Bahnhofsanlagen lag die Lokomotivfabrik der StEG.[2]

Der Bahnhof war Ausgangspunkt der StEG-Schnellzüge nach Mähren und Ungarn, ab 1885 hielt auch der berühmte Orientexpress im Ostbahnhof. Die Schnellzüge nach dem Osten fuhren dabei fast ausschließlich über Stadlau und Marchegg, da die Ostbahn nach Bruck (damals Kiralyhida) lediglich lokalen Charakter aufwies. Aufgrund der Lage des Bahnhofes mussten von der Verbindungsbahn kommende Expresszüge nach dem Passieren des Steudeltunnels im Vorfeld des Ostbahnhofs stürzen und in die Bahnhofshalle zurück schieben.[2]

1909 wurde die StEG von den k.k. Staatsbahnen übernommen und in Folge bis 30. April 1914 auch offiziell als (k.k.) Staatsbahnhof bezeichnet, nachdem sich der Name schon früher eingebürgert hatte. Die Laaer Ostbahn begann dadurch jedoch an Bedeutung zu verlieren, da der Staat auch die Strecke der kürzeren und neigungsärmeren Nordbahn ebenfalls übernommen hatte. Ab 1914 wurde der Bahnhof offiziell als Ostbahnhof bezeichnet.[1]

Das Ende der Donaumonarchie ließ die Bedeutung des Bahnhofes sinken, da der Verkehr Richtung Böhmen, Ungarn und Rumänien stark abfiel. In der Zwischenkriegszeit war der Ostbahnhof Ausgangspunkt der Schnelltriebwagen nach Ungarn, welche mit den Arpad-Triebwagen der MAV und den VT 42 der BBÖ geführt wurden. 1930 schloss die benachbarte Lokomotivfabrik ihre Tore.[1]

Am Abend des 11. März 1938 war der Richtung Prag abgehende Nachtexpress bereits gegen 20:00 mit Flüchtlingen überfüllt, es kam zu ersten Verhaftungen von Juden durch enttarnte Mitglieder der SA. Angeblich zwangen diese mit Hundepeitschen in der Hand bereits im Zug sitzende Fahrgäste zum wieder Aussteigen und trieben diese „wie Vieh“ ins nächste Gefängnis.[3]

Nach dem Anschluss Österreichs folgte ein starker Verkehrsanstieg in Richtung Osten, der sich im zweigleisigen Ausbau der Ostbahn nach Hegyeshalom durch die Deutsche Reichsbahn äußerte. Im Zweiten Weltkrieg wurde vor allem die Eisenkonstruktion der Halle schwer beschädigt, insgesamt blieb nur der vordere Baukörper der Ankunftsseite weitgehend intakt. Die Abfahrtsseite hingegen wurde fast bis auf die Grundmauern zerstört. Die historische Bausubstanz wäre wiedererrichtbar gewesen, jedoch entschieden sich die Österreichischen Bundesbahnen den Bahnhof mit dem ebenfalls neu zu bauenden Wiener Südbahnhof zusammen zu legen. Der Abriss des Bahnhofs erfolgte während des laufenden Betriebs, so dass die Abfertigung der Züge letztendlich unter freiem Himmel erfolgte.[1][2][4]

Als letzter Rest blieb die Zugförderung Wien Ost mit den aus der Bauzeit stammenden Langheizhäusern bis zum Bau des Wiener Hauptbahnhofs ab 2009 erhalten.[1][2]

Der Bau

Bau der Bahnhofshalle (1870)

Aufgrund der französischen Dominanz bei der StEG herrschten am im Stil des Historismus gebauten Staatsbahnhof französische Stilelemente (jedoch in abgeschwächter Form) vor. Der Kopfbahnhof besaß wie damals üblich getrennte Zugänge für Abfahrt und Ankunft, die Abfahrtsseite war dementsprechend sehr repräsentativ gestaltet. Allegorische Figuren über dem Eingangsportal symbolisieren die wichtigen Städte am StEG-Netz.[2][1][5]

Um die anschließende Bahnstrecke aufgrund der Donaubrücke so tief wie möglich zu halten, waren die Gleisanlagen des Ostbahnhofs im Gegensatz zum benachbarten Südbahnhof ebenerdig angelegt.[6]

Der Ostbahnhof besaß die größte Bahnhofshalle Wiens, allerdings musste diese aufgrund der Forderung des Militärs nach einem freien Schussfeld und befürchteter Beschädigungen durch Explosionen im benachbarten Arsenal niedrig und daher zweischiffig gebaut werden. Die stählerne Dachkonstruktion der 40 Meter breiten und 166 m langen Halle war mit Polonceau-Bindern ausgeführt und von gusseisernen Säulen getragen. Es gab je drei Gleise für Abfahrt und Ankunft, welche durch eine mittig gelegene Säulenreihe getrennt waren. Weichenverbindungen an den Ankunftsgleisen sorgten für ein schnelles wegführen der Lokomotiven bei ankommenden oder durchgehenden Zügen, was den betrieblichen Nachteil eines Kopfbahnhofs milderte. Markant und in Wien einmalig war der Abschluss der Bahnhofshalle mit einer Glaswand an der Straßenfront gegen den Gürtel, ebenfalls ein eher französisches Baumerkmal.[1][2][5][6]

Es gab einen Hofwartesaal für die kaiserliche Familie, Kaiser Franz Joseph fuhr bei seinen Fahrten nach Ungarn mit dem k.u.k Hofzug stets vom Ostbahnhof ab.[7]

Literatur

  • Wolfgang Kaiser: Die Wiener Bahnhöfe • Geschichte, Gegenwart, Zukunft. GeraMond, München 2011, ISBN 978-3-86245-110-4.
  • Wolfgang Kos, Günter Dinhobl (Hrsg.): Großer Bahnhof. Wien und die weite Welt. Czernin, Wien 2006, ISBN 3-7076-0212-5 (Sonderausstellung des Wien-Museums 332, Ausstellungskatalog, Wien, Wien-Museum, 28. September 2006 – 25. Februar 2007).
  • Mihaly Kubinszky: Bahnhöfe in Österreich – Architektur und Geschichte. Verlag Slezak, Wien 2003, ISBN 3-85416-077-1.
Commons: Ostbahnhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Ostbahnhof im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  2. a b c d e f g Wolfgang Kaiser: Die Wiener Bahnhöfe.
  3. Wolfgang Kos (Hrsg.): Großer Bahnhof. S. 139.
  4. Wolfgang Kos (Hrsg.): Großer Bahnhof. S. 146.
  5. a b Kubinszky: Bahnhöfe in Österreich.
  6. a b Wolfgang Kos (Hrsg.): Großer Bahnhof. S. 274–275.
  7. Dieter Winkler: Die k.(u.)k. Hofzüge und ihre Geschichte. ALBUM-Verlag, Wien 1997, ISBN 3-85164-055-1.

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Staatsbahnhof Wien 1880.jpg
Der Wiener Staatsbahnhof (ab 1918: Ostbahnhof) um 1880
Staatsbahnhof 1880.jpg
Zweiter Ostbahnhof (Staatsbahnhof), Ansicht gegen den Bahnhofsplatz.
Staatsbahnhof Wien 1870.jpg
Baustelle der Abfahrtshalle des Staatsbahnhofes (später: Ostbahnhof) in Wien am 13. März 1870