Wereth-Massaker

Das Wereth-Massaker, auch Wereth 11 Massacre, war ein Kriegsverbrechen der Waffen-SS, bei dem am 17. Dezember 1944 in den belgischen Ardennen elf afroamerikanische Soldaten der US-Army getötet wurden.

Vorgeschichte und Ablauf

Seit dem 16. Dezember führten Verbände der Wehrmacht und Waffen-SS mit der Ardennenoffensive eine letzte Großoffensive an der Westfront durch. Die Alliierten waren von dem Angriff der Deutschen völlig überrollt worden. Zu den Einheiten, die in schwere Kämpfe verwickelt waren, gehörte das 333rd Field Artillery Battalion, eine sogenannte segregated unit der US-Army. Die Einheit hatte zuvor seit Juli 1944 an den Kämpfen um Frankreich teilgenommen und war dem VIII. Corps unterstellt. Das Battalion, welches nur aus afroamerikanischen GIs bestand, sollte bei den Kämpfen am 16. Dezember mit ihren 155-mm-Haubitzen die 106th Infantry Division vom Gebiet um Schönberg in der heutigen Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unterstützen. Am 17. Dezember hatte die Wehrmacht Schönberg jedoch bereits besetzt, ebenso die Brücke nach Sankt Vith.

Eine Gruppe von elf Soldaten, darunter ein Sanitäter der Battery C des 333rd Field Artillery Battalion, schaffte es, sich nach schweren Gefechten nach Wereth, einem kleinen Dorf in der heutigen Gemeinde Amel, gut sechs Kilometer nördlich von Schönberg, durchzuschlagen. Dort erreichte sie gegen 15 Uhr den Bauernhof von Mathias Langer, der sie aufnahm und versorgte, obwohl jener durch die Feindhilfe ein hohes Risiko für sich und seine Familie einging. Noch am selben Tag gegen 17 Uhr rückte ein vierköpfiger Voraustrupp der 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte SS Adolf Hitler nach Wereth vor. Die Soldaten dieses Trupps waren der Kampfgruppe Knittel unterstellt. Die amerikanischen Soldaten ergaben sich widerstandslos den SS-Soldaten. Sie wurden auf ein nahes Feld geführt, wo sie offensichtlich misshandelt und dann in der Nacht erschossen wurden. Spätere Untersuchungen ergaben, dass den Männern vor ihrem Tod Beine gebrochen, Finger abgetrennt und Verletzungen mit einem Bajonett zugefügt wurden. Eines der Opfer wurde erschossen, als es einen niedergeschossenen Kamerad verbinden wollte. Die Leichen wurden nach dem Abzug der Deutschen liegen gelassen und aufgrund starker Schneefälle erst im Januar 1945 von Soldaten der 99th Infantry Division gefunden.[1] Es ist wohl dem Chaos der Ardennenoffensive zu verdanken, dass die Familie Langer nicht von den Nationalsozialisten zur Rechenschaft gezogen wurde.

Nach dem Massaker

Sieben der elf Opfer des Massakers wurden auf dem Henri-Chapelle American Cemetery and Memorial beerdigt, die anderen vier wurden nach dem Ende des Krieges in ihre Heimat überführt und dort beigesetzt.

Das 333rd Field Artillery Battalion erhielt später für seinen Einsatz in den Ardennen die Presidential Unit Citation.

Unmittelbar nach der Entdeckung des Massakers wurde eine Untersuchungskommission auf den Fall angesetzt, jedoch konnten die Täter nicht ermittelt werden. Die Nachforschungen wurden 1948 eingestellt. Aktuelle Recherchen des Regionalhistorikers Herbert Ruland identifizieren Gustav Knittel als verantwortlich für die am Massaker beteiligte Einheit.[2] Ein Team der Vereinigung U.S. Memorial Wereth VoG. untersucht derzeit weitere.

Hermann Langer errichtete 1994 am Ort des Massakers ein Kreuz. Nachdem amerikanische Touristen darauf stießen, verbreiteten sie die Geschichte in Amerika. Erstmals in 2002 besuchten schwarze US-Militärangehörige das Denkmal.[3]

Opfer

Die Namen der elf Opfer des Massakers:[4]

NameVornameGeburtsdatumGeburtsortDienstgradDienstnummerAuszeichnungen (Auszug)Letzte Ruhestätte
AdamsCurtisSouth CarolinaPrivate34511454Purple HeartHenri-Chapelle, Flur C, Reihe 11, Grab Nr. 41
BradleyMager21.04.1917MississippiCorporal34046336Purple HeartFort Gibson National Cemetery, Fort Gibson, Oklahoma
DavisGeorgeAlabamaPrivate First Class (PFC)34553436Purple HeartHenri-Chapelle, Flur D, Reihe 10, Grab Nr. 61
ForteThomas J.MississippiStaff Sergeant34046992Purple HeartHenri-Chapelle, Flur C, Reihe 11, Grab Nr. 55
GreenRobertMississippiTechnical Corporal34552457Purple HeartHighland Park Cemetery, Cleveland, Ohio
LeatherwoodJames L.15.03.1922MississippiPrivate First Class (PFC)34481753Purple HeartCollege Hill Cemetery, Pontotoc, Mississippi
MossNathanialTexasPrivate38040062Purple HeartHenri-Chapelle, Flur F, Reihe 10, Grab Nr. 8
MotenGeorge W.TexasPrivate First Class (PFC)38304695Purple HeartHenri-Chapelle, Flur E, Reihe 10, Grab Nr. 29
PritchettWilliam Edward09.03.1922AlabamaTechnical Sergeant34552760Purple HeartMc Castar Cemetery, Wilcox, Alabama
StewartJames Aubrey09.03.1922West Virginia (Piedmont)Technical Sergeant35744547Purple HeartHenri-Chapelle, Flur C, Reihe 11, Grab Nr. 2
TurnerDue W.ArkansasPrivate First Class (PFC)38383369Purple HeartHenri-Chapelle, Flur F, Reihe 5, Grab Nr. 9

Curtis Adams war Sanitäter. Thomas J. Forte war Küchenunteroffizier.

Mahnmal

Hermann Langer, Sohn von Mathias Langer, errichtete 1994 am Ort des Massakers ein Mahnmal. Für das nahezu vergessene Kriegsverbrechen wurde nach zunehmender Bekanntheit in 2004 ein offizielles Mahnmal eingeweiht. Dort finden jährlich Gedenkveranstaltungen statt. Es ist das einzige Mahnmal in Europa, das farbigen US-amerikanischen Soldaten gewidmet ist.[5]

U.S. Memorial Wereth VoG.

Logo der Vereinigung U.S. Memorial Wereth VoG.

2001 wurde von drei belgischen Bürgern die ehrenamtliche Vereinigung U.S. Memorial Wereth VoG. gegründet. Die Vereinigung, in der auch drei Mitglieder der Familie Langer — unter anderem Patrick und Sylvia Langer, die beiden Kinder von Hermann Langer — aktiv sind, konnte im Jahr 2004 den Bau des größeren Denkmals durch Spendenaufrufe und Benefizveranstaltungen finanzieren.

Die Vereinigung organisiert jedes Jahr eine Zeremonie am Denkmal in Wereth, an der belgische und amerikanische Veteranen, Militärbeamte, Politiker und Bürger aus beiden Länder teilnehmen. Die Vereinigung fungiert als offizieller Ansprechpartner und Verantwortlicher für das Denkmal.

2017 organisierte die U.S. Memorial Wereth VoG. in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Botschaft in Belgien ein Austauschprojekt zwischen vier belgischen Studenten aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und afroamerikanischen Studenten des Morehouse College in Atlanta. Ziel war eine bilaterale Recherchearbeit zum Wereth-Massaker sowie ein Austausch über aktuelle politische und gesellschaftliche Parallelen.[2]

„Der Anfang ist gemacht. Bislang wurden bereits Filme gedreht, Bücher geschrieben und das Denkmal ist zur Anlaufstelle für viele afroamerikanische Veteranen geworden. Wir werden versuchen mit unserer geschichtlichen Aufarbeitung einen weiteren Beitrag für die Propagierung des Wereth-Memorials zu leisten. [...] Wir werden das Erlebte nochmals filmisch aufarbeiten und beim Gegenbesuch unserer neuen US-Freunde bei der Gedenkfeier in Wereth präsentieren. Ich denke, dass dies der Auftakt einer langen Zusammenarbeit werden kann.“ (Fazit der am Austausch beteiligten Studenten)[6]

Die Vereinigung setzt sich mit einem Team aus drei Studenten für Nachwuchsarbeit und politische Bildung in ostbelgischen Schulen und Vereinigungen ein. Die Studenten sind an mehreren Rechercheprojekten beteiligt und produzieren derzeit eine Dokumentation unter dem Arbeitstitel „Open Doors“ über das Wereth-Massaker aus Sicht der Familie Langer sowie über den Austausch mit dem Morehouse College im Jahr 2017.

Film

  • The Wereth Eleven – US-amerikanischer Dokumentarfilm aus dem Jahr 2011[7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Geschichte – U.S. Memorial Wereth. Abgerufen am 14. Mai 2021 (deutsch).
  2. a b Gerd Hennen: "Die Farbe des Blutes ist immer rot". GrenzEcho, Eupen 15. Mai 2017 (grenzecho.net [PDF]).
  3. Steve Przybilla, Es hat sie nie losgelassen, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 28. Mai 2023.
  4. Die 11 Soldaten – U.S. Memorial Wereth. Abgerufen am 14. Mai 2021 (deutsch).
  5. Gedenkfeier: US-Memorial in Wereth erinnert an SS-Massaker.
  6. Gerd Hennen: "Deutliche Spuren in Atlanta hinterlassen". GrenzEcho, Eupen 24. März 2017 (grenzecho.net [PDF]).
  7. Wereth Eleven bei der IMBd.

Koordinaten: 50° 20′ 55,2″ N, 6° 13′ 52,5″ O

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Wereth 11 Memorial.JPG
Flowers adorn one of three monuments at the Wereth 11 Memorial, dedicated to a group of black soldiers killed by the German SS during the early stages of the Battle of the Bulge.
Wereth honor guard.jpg
Army Sgt. Edward Murray, Spcs. Clint McKinley and Terrence Hicks, and Pfc. Kevin McPherson, assigned to Landstuhl Regional Medical Center, in Germany, served as the color guard for an April 28 ceremony in Wereth, Belgium. The ceremony commemorated 11 black soldiers assigned to the 333rd Field Artillery Battalion during World War II who were killed by the German SS on Dec. 17, 1944, during the early stages of the Battle of the Bulge.
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Autor/Urheber: Patrick Langer, Lizenz: CC BY 4.0
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