Weingut Reichsrat von Buhl

Weingut Reichsrat von Buhl
Ansicht von Süden

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Daten
OrtDeidesheim
BaujahrWeinstraße 16: um 1770
Weinstraße 18: 1789
Nebengebäude: 18. und 19. Jahrhundert
Koordinaten49° 24′ 34,4″ N, 8° 11′ 11,6″ O

Das Weingut Reichsrat von Buhl ist in der rheinland-pfälzischen Kleinstadt Deidesheim im deutschen Weinbaugebiet Pfalz ansässig. Es produziert überwiegend Rieslingweine und bewirtschaftet 59 ha Rebfläche.[1] Das Weingut ist Mitglied des Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V. (VDP).

Geschichte

Der Grundbesitz der Familie Buhl wurde 1849 unter dem Namen Franz Peter Buhl (1809–1862) in das Grundbuch eingetragen,[2] dies gilt als die Gründung des Weinguts;[3] Erfahrungen im Weinbau hatte die Familie allerdings schon früher gesammelt. Der Gründer und erste Besitzer des Hauses Franz Peter Buhl, Abgeordneter im badischen und später auch im bayerischen Landtag, gelangte über das Erbe der beiden Brüder Peter Heinrich Jordan († 1830) und Andreas Jordan (1775–1848) an zahlreiche Weinberge, Äcker und Häuser, die den Grundstock für das neue Weingut bildeten. Anteil an der Erbmasse erhielt Buhl, weil seine Mutter Barbara eine Schwester von Peter Heinrich Jordan war und seine Frau Josefine die Tochter von Andreas Jordan.[4] Der Erbteil, der Buhl zufiel, umfasste etwa 62 Morgen Weinberge.[5]

Nach dem Tod Franz Peter Buhls ging das Weingut in den Besitz seiner drei Söhne Franz Armand Buhl (1837–1896), Eugen Buhl (1841–1910) und Heinrich Buhl (1848–1907) über.[6] Als ältester Sohn leitete Franz Armand Buhl das Weingut; er war wie sein Vater Politiker, war Reichstagsabgeordneter und lebenslanger Reichsrat der Krone Bayerns. Unter seiner Leitung wurden die Buhlschen Weine international dadurch bekannt, dass sie bei der Eröffnung des Suez-Kanals 1869 ausgeschenkt wurden.[6] Durch das Erbe seiner Frau Julie Schellhorn-Wallbillich aus Forst vergrößerte das Weingut seine Rebfläche um weitere 25 Morgen.[7] Bei Weltausstellungen wurden dem Weingut zahlreiche hohe Preise zugesprochen: auf der Weltausstellung 1867 in Paris errangen seine Weine die Goldmedaille, auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia die Große Medaille, und den Grand Prix auf den Weltausstellungen in Paris (1900), St. Louis (1904), Brüssel (1910) und Paris (1937).[2] Das Motiv auf dem Weinetikett der Buhlschen Weinflaschen wurde 1887 von Franz von Stuck als Auftragsarbeit entworfen; es wird heute immer noch in leicht abgewandelter Form verwendet.[8]

Nach dem Tod Franz Armand Buhls ging die Leitung des Weinguts an seinen Bruder Eugen über. Er war Abgeordneter in der bayerischen Abgeordnetenkammer und wurde – anstelle seines Bruders – lebenslang zum Reichsrat der Krone Bayerns ernannt.[9] Seit 1910 ist das Weingut als Gründungsmitglied Teil des Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V. (VDP).[10]

Nach Eugen Buhls Tod leitete Franz Eberhard Buhl (1867–1921), der Sohn seines Bruders Franz Armand, das Weingut. Er hatte bereits nach dem Tod seines Onkels Heinrich Buhl 1907 dessen Anteil am Weingut geerbt,[6] nach dem Tod seines Onkels Wilhelm Schellhorn-Wallbillich (1848–1909) auch dessen ganzes Besitztum, und übernahm nach dem Tod seines Onkels Eugen Buhl das gesamte Buhlsche Weingut. Das Weingut umfasste nun etwa 100 ha Weinbaufläche und war damit eines der größten Weingüter Deutschlands, das sich in Privatbesitz befand.[3] Auch Franz Eberhard Buhl war Mitglied der Kammer der Abgeordneten des Königreichs Bayern und wurde 1911 lebenslang zum Reichsrat der Krone Bayerns ernannt.[11] Buhl übernahm diesen Titel in den Namen des Weinguts.[3]

Buhls Ehe mit Frida Russell (1876–1952), einer Tochter des Bankiers Emil Russell (1835–1907),[12] blieb kinderlos, und mit seinem Tod 1921 erlosch die Familie Buhl in Deidesheim im Mannesstamm. Buhl wollte sein Weingut der Familie seines Bekannten aus der Kammer der Reichsräte, Georg Enoch Freiherr von und zu Guttenberg, hinterlassen, damit sein Besitz „sicher und der Tradition gemäß fortleben würde“.[13] Buhl adoptierte Georg Enoch Freiherr von und zu Guttenberg deshalb kurz vor seinem Tod im Jahr 1920.[14]

Nasenschild über der Hofeinfahrt

Nach seinem Tod 1921 leitete seine Witwe Frida von Buhl, die dann den Politiker Carl Anton Piper (1874–1938) heiratete,[12] das Weingut bis zu ihrem Tod 1952.[3] Nachdem Enoch von und zu Guttenberg und dessen erstgeborener Sohn Philipp Franz 1940 bzw. 1943 im Zweiten Weltkrieg gefallen waren, adoptierte Frida Piper-von Buhl Enochs zweitgeborenen Sohn Karl Theodor zu Guttenberg (1921–1972), um damit den Willen ihres verstorbenen Gattens zu erfüllen.[15] Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg übernahm 1952 das Weingut, nach ihm dann sein Sohn, der Dirigent Enoch zu Guttenberg. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten verkleinerte sich die bewirtschaftete Rebfläche auf 52 ha. Von 1989 bis 2013 wurde das Gut an japanische Investoren verpachtet, und 2005 an den Neustadter Unternehmer Achim Niederberger (1957–2013) verkauft, zu dessen Unternehmensgruppe es seitdem gehört.[3] Nach dem Tod von Achim Niederberger wurde seine Witwe Jana Seeger Inhaberin des Weinguts.[10]

Weinlagen und Rebsorten

Weinstöcke des Weinguts

Die Weinlagen des Guts befinden sich in der Mittelhaardt zwischen Ruppertsberg und Forst; darunter finden sich Große Lagen wie Forster Freundstück, Forster Kirchenstück, Forster Jesuitengarten, Forster Pechstein, Forster Ungeheuer, Deidesheimer Kieselberg und Ruppertsberger Reiterpfad, sowie die Erste Lagen Forster Stift, Deidesheimer Mäushöhle, Deidesheimer Herrgottsacker, Deidesheimer Paradiesgarten, Forster Musenhang, Deidesheimer Leinhöhle.[1]

2006 bewirtschaftete das Weingut zwei Lagen exklusiv für den Weinkeller der BASF.[16]

Die Rebsorten, mit denen das Weingut seine Weinberge bestockt, sind zu 87 % Riesling, zu 7 % Spätburgunder, daneben Rieslaner und Scheurebe.[10] Das Weingut arbeitet seit 2006 biologisch und seit 2009 sind die Weinberge und Weine ökologisch zertifiziert.[17]

Gebäude

Das Gut an der Deutschen Weinstraße ist ein denkmalgeschützter spätbarocker Winzerhof.[18]

An der Stelle des heutigen Weinguts befand sich seit dem Hochmittelalter der Hubhof des Hochstiftes Speyer; die große Fläche, die das Anwesen einnimmt, ist seiner früheren hoheitlichen Funktion geschuldet. Seitdem der Hubhof 1805 säkularisiert wurde, befindet sich hier ein Weingut. Das Gut besteht heute aus zwei Hauptgebäuden, einem weiten Innenhof, und weiteren Nebengebäuden, die allesamt um den Hof herum gruppiert sind. Die beiden Hauptgebäude sind beides ehemalige Herrenhäuser, zweigeschossige, spätbarocke Putzbauten auf einem L-förmigen Grundriss. Das ältere der beiden, mit der Adresse Weinstraße 16, wurde um 1770 erbaut;[19] seine Festersimse sind mit Rokoko­dekor – Masken und Blumen – verziert. Unter dem Dachgiebel des leicht vorspringenden Gebäudemittelteils ist das Wappen der Familie Walter angebracht; der Bauherr des Gebäudes, ein bischöflicher Beamter, gehörte dieser Familie an.[20] Das andere an die Weinstraße grenzende Gebäude, mit der Adresse Weinstraße 18, stammt aus dem Jahr 1789. Beide Gebäude tragen über Eck geführte Walmdächer mit Biberschwanz­deckung. Nur wenige Gebäude dieser Epoche im Landkreis Bad Dürkheim sind an Größe und qualitativer Gestaltung mit diesen beiden Gebäuden vergleichbar.[19]

Literatur

  • Joachim Kermann: Wirtschaftliche und soziale Entwicklung 1816 bis 1914. In: Kurt Andermann, Berthold Schnabel (Hrsg.): Deidesheim – Beiträge zu Geschichte und Kultur einer Stadt im Weinland. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1995, ISBN 3-7995-0418-4, S. 230–253.

Weblinks

Commons: Weingut Reichsrat von Buhl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Die Weinbergslage. Weingut Reichsrat von Buhl GmbH, abgerufen am 19. November 2016.
  2. a b Pfälzische Weingüter und Kellereien. In: Das Große Pfalzbuch. Pfälzische Verlagsanstalt GmbH, Neustadt an der Weinstraße 1959, S. 500.
  3. a b c d e Historie. Weingut Reichsrat von Buhl GmbH, abgerufen am 19. November 2016.
  4. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 232.
  5. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 233.
  6. a b c Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 245.
  7. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 246.
  8. Franz von Stuck. Weingut Reichsrat von Buhl GmbH, abgerufen am 19. November 2016.
  9. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 251.
  10. a b c Steckbrief Reichsrat von Buhl. VDP. Die Prädikatsweingüter, abgerufen am 18. November 2016.
  11. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 252.
  12. a b Martin L. Müller: Russell, Emil. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 298 f. (Digitalisat).
  13. Elisabeth zu Guttenberg: Beim Namen gerufen – Erinnerungen. Ullstein Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-548-23260-4, S. 56.
  14. Horst Müller: Berühmte Weinorte. Deidesheim. Falken-Verlag Erich Sicker KG, Niedernhausen/Taunus 1976, S. 36. (ohne ISBN).
  15. Kermann, Wirtschaftliche und soziale Entwicklung …, S. 253.
  16. Burgunder von BASF. Handelsblatt, abgerufen am 19. November 2016.
  17. Unsere Lagen Eintrag auf der Webseite von-buhl.de. Abgerufen am 16. März 2021.
  18. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler – Kreis Bad Dürkheim. Mainz 2021, S. 24 (PDF; 5,1 MB; siehe: Weinstraße 16, 18).
  19. a b Georg Peter Karn, Rolf Mertzenich: Kreis Bad Dürkheim. Stadt Bad Dürkheim, Gemeinde Haßloch, Verbandsgemeinden Deidesheim, Lambrecht, Wachenheim (= Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Band 13.1). Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1995, ISBN 3-88462-119-X, S. 173–174.
  20. Berthold Schnabel: Kunsthistorischer Führer durch die Verbandsgemeinde Deidesheim. Deidesheim 1976, S. 31.

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Blick über die Weinlage Forster Kirchenstück
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Deidesheim, Weinstraße 16
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