Wechte

Große Wechte am Gipfel des 6.345 m hohen Chopicalqui in den peruanischen Anden.

Als Wechte, frühere Schreibung Wächte,[1] bezeichnet man eine stark verdichtete Schneeablagerung an Geländekanten im Mittel- und Hochgebirge. In Süddeutschland und Österreich wird der Ausdruck Schneewechte auch ganz allgemein für Schneeverwehungen verwendet.

Beschreibung

Wechten entstehen durch Schneeverfrachtung an Plateauabbrüchen, Kämmen oder Graten direkt auf der windabgewandten und vornehmlich steileren Seite eines Grates.[2] Dabei haben sie einen ausladenden Überhang auf die Leeseite. Bei wechselnder Windrichtung bildet sich auf der flacheren Seite keine Wechte, bei gleichen Neigungen auf beiden Seiten des Grates (gleichschenkliges Dreieck) bildet sich in der Regel ebenfalls keine Wechte. Unter der Wechte entsteht der Wechtenkeil – eine labile Schneeablagerung, häufig Ursache für Lawinenabgänge.

Gefahren

Gefahrenzone auf einer Wechte

Wechten sind für Bergsteiger, Touren- und Extremskifahrer überaus tückisch. Betritt man den günstiger erscheinenden, flacheren Scheitel der Wechte oberhalb des Wechtenspaltes, kann die Wechte abbrechen. Der Wechtenspalt – eine Art Sollbruchstelle einer Wechte – ist ein meist von Schnee überdeckter Spalt zwischen der Schneedecke auf der Luvseite und der auf der Leeseite überhängenden Wechte. Er entsteht durch Setzungsvorgänge und Kriechbewegungen der Wechte und verläuft auf der Luvseite etwas unterhalb der im Fels vorgegebenen Gratkante. Der Wechtenspalt ist häufig gar nicht oder nur schwer zu erkennen, was das Legen einer sicheren Spur erschwert. Da der Wechtenspalt nicht senkrecht über der Gratkante verläuft und die Spur in genügendem Sicherheitsabstand in der Flanke geführt werden muss, vergrößert sich der Abstand zur Wechtenkante. Dadurch kann in einer Seilschaft die sonst übliche Strategie – das Gehen am verkürzten Seil und das Springen auf die gegenüberliegende Seite bei Sturz eines Partners – nicht mehr anwendbar sein und die Sicherung der Seilschaft wird problematisch. In einem solchen Fall kann es günstiger sein, vom verkürzten Seil wieder auf die volle Seillänge zu gehen.[3] Der Österreichische Bergrettungsdienst meldete im Zeitraum 2. Februar bis 18. April 2013 neun Wechtenbrüche mit fünf Toten und fünf Verletzten.

Durch einen Bergsteiger im April 1997 verursachter Wechtenbruch auf der Wildspitze ohne Folgen. Am 4. April 2009 stürzte an derselben Stelle ein Bergsteiger durch Wechtenbruch tödlich ab.[4]

Neben Bergsteigern kann auch die Gewichtsbelastung durch frischen Schnee oder Destabilisation des Schneeaufbaus bei Temperaturanstieg das Abbrechen der Wechten verursachen. Wechtenabbrüche können auch Lawinen auslösen.

Der bekannte österreichische Bergsteiger Hermann Buhl, Erstbesteiger des Nanga Parbat, kam bei einem Wechtenbruch im Karakorum an der Chogolisa ums Leben (er gilt als verschollen). Gleichermaßen ist Fritz Kasparek, der zu den Erstbesteigern der Eiger-Nordwand gehört, am Gipfelgrat des Salcantay in Peru tödlich verunglückt. Auch der französische Extrembergsteiger Patrick Berhault starb durch Wechtenbruch am Täschhorn (Wallis). Alfred Pallavicini, Namensgeber der Pallavicini-Rinne, starb am 26. Juni 1886 bei der Erstbegehung der Glocknerwand nach einem Wechtenbruch kurz unterhalb des Gipfels. Anatoli Bukrejew starb am 25. Dezember 1997 bei einer durch einen Wechtenbruch verursachten Lawine an der Annapurna. Stéphane Brosse starb am 17. Juni 2012 bei einem Wechtenbruch an der Aiguille d’Argentière. Am 16. April 2019 wurden David Lama, Hansjörg Auer und Jess Roskelley durch eine von einem Wechtenbruch am Howse Peak ausgelösten Lawine erfasst und 800 Meter in die Tiefe gerissen.

Galerie

Weblinks

Commons: Wechten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Wechte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. Eintrag Wächte in duden.online.
  2. Wilhelm Welzenbach: Untersuchungen über die Stratigraphie der Schneeablagerung und die Mechanik der Schneebewegengen nebst Schlussfolgerung auf die Methoden der Verbauung. Karlsruhe 1930, Wissenschaftl. Veröffentlichungen d. D. u. Ö. Alpenvereins. Nr. 9.
  3. Pepi Stückl, Georg Sojer: Bergsteigen: Lehrbuch für alle Spielarten des Bergsteigens. Bruckmann, München 1996, ISBN 3-7654-2859-0, S. 132.
  4. Paul Mair: Auf der sicheren Seite. (PDF; 1,1 MB) bergundsteigen.de, 4. August 2009, S. 60–62, abgerufen am 19. Juni 2012 (Interview und Bilder zum Unglück).

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The mass of wind pressed snow in the very top edgy region of a mountain or saddle or pass is called cornice. The one in the foreground has a height of a few meter, whereas the one to the left is far more behind than appears and its height can not be assumed. This is a remote location on the border of the Hintertux glacier ski area, however far from the glacier itself.
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Wechselseitige Wechten am Rochefortgrat im Montblanc-Gebiet - immer über der steileren Flanke des Grates überhängend
Wechtenbruch.jpg
Gebrochene Wechte, verursacht am 19.04.1997 durch einen Bergsteiger (obere Trittspur, er stürzte nicht mit ab) auf der Wildspitze (3770 Meter) in Tirol, Österreich. Die abgebrochene Wechte hatte auch ein Schneebrett ausgelöst. Am 04.04.2009 stürzte an der selben Stelle ein Bergsteiger mit der Wechte tödlich ab.
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Cordillera Blanca Climbing Peru - Chopicalqui 6354m