Wattolümpiade

Titel-Entwurf „20 Jahre Wattolümpiade“
Wattolümpiade

Die Wattolümpiade ist eine Veranstaltung, die seit 2004 jährlich (ab 2016 alle zwei Jahre) in Brunsbüttel an der Mündung der Elbe in die Nordsee ausgetragen wird. Bei ihr treten Freizeitsportler in mehreren Disziplinen gegeneinander an, die speziell für die Austragung im Wattenmeer der Nordsee adaptiert wurden.

Die im Sommer stattfindende Wattolümpiade zieht jedes Jahr mehrere tausend Zuschauer an. Zum Rahmenprogramm gehört das Musikfestival Wattstock, das jeweils am Vorabend der Wattolümpiade ausgetragen wird. Der Erlös der Veranstaltung kommt der Beratung und Information Krebskranker zugute. Die Gelder fließen unter anderem an das Westküstenklinikum sowie an andere Informations- und Beratungsstellen.[1]

Insbesondere Fotos und Bilder der Veranstaltung sind in den Sommermonaten weltweit in den Medien beliebt und erschienen schon in Zeitungen und Fernsehsendungen auf mehreren Kontinenten.[2]

Geschichte

Die Veranstaltung fand erstmals 1978 statt. Damals war es eine Veranstaltung weniger Freunde, die mit Bierkästen und Radios an den Deich zogen.[3] In den Folgejahren kam es zu unregelmäßigen Wiederholungen, die in ähnlichem Rahmen stattfanden. Initiator der Veranstaltung ist der Künstler Jens Rusch.[4] Als Rusch nach seiner Krebserkrankung nach einer Idee suchte, um Geld für andere Betroffene zu sammeln, verfiel er auf das Freizeitspektakel. 2004 fand die Wattolümpiade erstmals in einem größeren Rahmen unter Beteiligung der Öffentlichkeit statt.[3] Seit jenem Jahr ist es zudem eine jährliche Veranstaltung.[5]

Die Veranstaltung gewann 2005 einen Sonderpreis für kreatives Marketing beim Deutschen Tourismuspreis des Deutschen Tourismusverbands.[6]

Im Jahr 2009 zog die Wattolümpiade etwa 400 Athleten an.[7] Im Jahr 2010 erschien der Dokumentarfilm Meerkampf. Watt?, der auf einigen Filmfestivals und in Hamburg und Schleswig-Holstein im regulären Kinoprogramm lief.[8] Die Zahl der Athleten stieg in diesem Jahr auf 500.[9]

In den folgenden Jahren geriet die Veranstaltung in eine Krise. Bereits 2010 musste das Wattstock-Festival abgesagt werden, da sich die Veranstaltungskosten nicht allein aus Sponsorengeldern decken ließen.[10] 2011 musste die Wattolümpiade aufgrund eines starken Sturms an der Nordseeküste in letzter Minute abgesagt werden.[11] Der Ausstieg eines der beiden Hauptsponsoren bedrohte die Wattolümpiade 2012 in ihrer Existenz. In diesem Jahr konnte die Veranstaltung durch extra Benefiz-Aktionen gerettet werden, noch steht sie aber vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten.[4]

Im Jahr 2012 traten etwa 300 Athleten an, denen 2200 Zuschauer zusahen.[4] Im selben Jahr entzündete der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Torsten Albig, das olümpische Feuer.[12] Schirmherr der Veranstaltung ist jeweils der schleswig-holsteinische Landtagspräsident, im Jahr 2012 war dies Klaus Schlie.[13]

Seit 2004 sammelte die Veranstaltung über 200.000 Euro,[14] davon 26.000 Euro im Jahr 2013.[4] Die Stadt Brunsbüttel selbst bezeichnet die Veranstaltung als touristisches Aushängeschild der Stadt.[15]

Im Jahr 2013 wurde die Wattolümpiade für den Schleswig-Holsteinischen Bürgerpreis nominiert und mit dem Dithmarscher Innovationspreis „Plietsche Lüüd“ (Gesellschaftspreis) ausgezeichnet.

2022 fand das Spektakel nach vier Jahren Pause wieder statt.[16]

Ablauf

Die gesamte Wattolümpiade dauert etwa vier Stunden, in denen die Tiden das Spielfeld freilegen.[1] Die Zahl der Athleten ist begrenzt. In den ersten Jahren wurde die Anmeldung beendet, nachdem die Startplätze besetzt waren. Da im Jahr 2012 aufgrund der ausgefallenen Wattolümpiade 2011 bereits fast alle Startplätze noch aus dem Vorjahr vergeben waren, wurden die restlichen Plätze dieses Jahr auf eBay versteigert. Die Athleten kommen aus der Region, regelmäßige Teilnehmer aber auch aus Italien, Dänemark, Belgien und Tschechien.[15]

In den Teamdisziplinen kommt es zu mehreren Veranstaltungen, bei denen konventionelle Sportarten an das Watt angepasst werden. Dies sind Fußball, Handball und Volleyball (Wolliball). Darüber hinaus gibt es noch ein Schlickschlitten-Rennen und den Aal-Staffellauf, bei dem der Staffelstab durch einen mit gekochtem Reis gefüllten Fahrradschlauch ersetzt wird. Ein kleiner Vibrator am Kopf versetzt den Schlauch während des Laufs in Schwingungen. Neben Preisen für die erfolgreichsten Sportler werden auch die besten Kostüme oder die lustigste Mannschaft prämiert.[17] In der Geschichte der Veranstaltung gab es weitere Sportarten, die zurzeit nicht mehr ausgetragen werden, wie Gummistiefelweitwurf, Fischtennis, Euterball[7] und Tauziehen (Tampentrecken).[18] Einige Jahre wurde das Programm um ein Golfturnier im Watt von Friedrichskoog ergänzt. Dieses ist weniger schlickreich und härter als das Schlickwatt der Elbmündung, sorgte aber trotzdem für ein außergewöhnliches Golfspiel.[19]

Zur Folklore der Veranstaltung gehört es, zahlreiche Begriffe zu „verwatten“. So sprechen die Veranstalter von „Wattleten“, dem „Wattkampfleiter“, wünschen sich „dreckigen Sport“ etc. Der derzeitige Wattkampfleiter ist der Brunsbütteler Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky, Organisationschef ist seit vielen Jahren Michael Behrendt.[20]

Benefiz-Hintergrund

Mit dem lustigen Wattspektakel und den angeschlossenen Wattstock-Konzerten wurde bislang ein Charity-Ertrag über 570 000.- € generiert. Stand Februar 2023. Damit wurden zahlreiche Institutionen für Krebsbetroffene an der Schleswig-Holsteinischen Westküste geschaffen oder unterstützt.[21] Dazu gehört auch das eigene Krebsberatungszentrum Westküste in Brunsbüttel.[22]

Kooperationen

  • Stark gegen Krebs e.V. (Verein mit Sitz in Frankfurt am Main)[23]
  • Lautstarkt gegen Krebs mit dem Wacken Open Air[24]

Auszeichnungen

  • Die Veranstaltung gewann 2005 einen Sonderpreis für kreatives Marketing beim Deutschen Tourismuspreis des Deutschen Tourismusverbands.[25]
  • Michael Behrendt erhielt den 2016 den Landesverdienstorden für seine Arbeit als Erster Vorsitzender des Veranstaltungs-Gremiums „Wattikan“.[26]
  • Jens Rusch erhielt 2021 für sein Engagement den Bundesverdienstorden.[27] Der onkologische Arbeitskreis der Westküstenkliniken ernannte ihn zum Ehrenmitglied.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b ndr: Schlammschlacht an der Elbmündung (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today), 29. Juli 2012
  2. Wattopedia: Weltpresse (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today), 21. Juli 2011
  3. a b Hauke Mormann: "Meerkampf. Watt?" - Matscherei im Kino, shz 26. Februar 2010
  4. a b c d shz: Dicke Einnahme bei Wattolümpiade
  5. Martina Miethig: Nordseeküste Schleswig-Holstein HB Bildatlas, 2005 ISBN 3-616-06187-3 S. 87
  6. Gerhard Schoolmann: Erster Deutscher Tourismuspreis vergeben., Gastgewerbe Gedankensplitter 13. November 2005
  7. a b abl/dpa: Wattolümpiade 2009: Quatsch im Matsch, Spiegel Online vom 31. August 2012
  8. Hauke Mormann: "Wattolümpiade" - Kinopremiere in Marne, shz 3. März 2010
  9. "Wattolümpiade 2010": Schlammschlacht an der Nordseeküste, Spiegel Online vom 6. Juni 2010
  10. Radaktion: Das Wattstock-Festival kehrt zurück (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today), Dithmarscher Landeszeitung vom 16. Februar 2011
  11. Beate Meißner: Sicherheit rangiert noch vor dem guten Zweck (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today), Dithmarscher Landeszeitung, 25. Juli 2011
  12. David Siems: Brunsbüttel: "Olümpiade" im Schlamm, Hamburger Morgenpost vom 29. Juli 2012
  13. sh:z: Landtagspräsident Schlie neuer Schirmherr der Wattolümpiade, shz 6. Juni 2012
  14. dapd Video: Dreckige Schlammschlacht für den guten Zweck (Memento vom 1. Dezember 2016 im Internet Archive), 30. Juli 2012
  15. a b dao: Reisbeutel-Weitwurf auf dem Deich: Wattolümpiade wird multikulturell, shz 7. April 2012
  16. Wattolümpiade: Erstmals seit vier Jahren wieder Sport-Wettkämpfe in Brunsbüttel, auf shz.de, abgerufen am 3. August 2022
  17. Wattoluempia.de
  18. Wolfgang Runge: Brunsbütteler „Wattolümpiade“ bei strahlendem Sonnenschein, Hamburger Abendblatt vom 6. Juni 2010
  19. Pera Fell: Das matscht so schön@1@2Vorlage:Toter Link/zeitungen.boyens-medien.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven.), Dithmarscher Landeszeitung vom 14. Juni 2011
  20. dapd: Schlammschlacht im Watt, Frankfurter Rundschau vom 29. Juli 2012
  21. Wattolümpiade in Brunsbüttel stellt neuen Weltrekord auf, auf ndr.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  22. Schmutziger Sport für eine saubere Sache | Wattolümpiade an der Elbe, auf landundmeer.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  23. Brunsbüttel | Stark gegen Krebs jetzt bundesweit, auf shz.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  24. »Wacken-Opa«: Lautstark gegen Krebs, auf einbecker-morgenpost.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  25. „Watt für ’ne Olümpiade!“ in Brunsbüttel, auf me2be.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  26. Personen des Jahres 2016, auf schleswig-holstein.de, abgerufen am 21. Februar 2023
  27. Verdienstkreuz für Ehrenamtliche der Krebsgesellschaft, auf krebsgesellschaft-sh.de, abgerufen am 21. Februar 2023

Auf dieser Seite verwendete Medien

Wattolümpiade.JPG
(c) Jens Rusch, CC BY-SA 3.0
Brunsbüttels Touristen-Attraktion "Wattolümpiade"
Titel-Entwurf "20 Jahre Wattolümpiade".jpg
Autor/Urheber: Jens Rusch, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das Buch fasst 20 Jahre engagierter Charity-Arbeit zusammen.