Wanzen-Knabenkraut
Wanzen-Knabenkraut | ||||||||||||
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Wanzen-Knabenkraut (Orchis coriophora) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Anacamptis coriophora | ||||||||||||
(L.) R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase |
Das Wanzen-Knabenkraut (Anacamptis coriophora(L.) R.M.Bateman, Pridgeon & M.W.Chase, Syn.: Orchis coriophoraL.) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Hundswurzen (Anacamptis) in der Familie der Orchideen (Orchidaceae).[1]
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Das Wanzen-Knabenkraut ist eine sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanze. Dieser Geophyt bildet zwei eirunde Knollen als Überdauerungsorgan. Die Wuchshöhe des schwach kantigen, hellgrünen Stängels reicht von 20 bis 50 Zentimetern.
Am Grund des Stängels sind ein bis zwei bräunliche Schuppenblätter und zwei bis vier rosettenartige Grundblätter vorhanden. Die einfachen, ungefleckten Grundblätter sind bei einer Länge von 10 bis 19 Zentimetern sowie einer Breite von 2 bis 5 Zentimetern breit-lanzettlich mit zugespitztem oberem Ende. Im oberen Teil des Stängels befinden sich zwei bis drei weitere Laubblätter, die aber nicht bis zum Blütenstand reichen.
Generative Merkmale
Im schmal zylindrischen Blütenstand stehen 15 bis 40 Blüten dicht beieinander. Die grün bis rot-braun überlaufenen Tragblätter sind bei einer Länge von 9 bis 11 Millimetern sowie einer Breite von 2 bis 2,5 Millimetern lanzettlich.
Die relativ kleinen, zwittrigen Blüten sind zygomorph und dreizählig. Ihre Farbe der Blütenhüllblätter ist bräunlich, rot, rosa oder grünlich. Die Perigonblätter bilden einen schnabelartigen Helm. Die eiförmig zugespitzten Kelchblätter (Sepalen) sind etwa 6 bis 10 Millimeter lang und 2 bis 3 Millimeter breit. Die seitlichen Kronblätter (Petalen) sind linealisch, 4 bis 6 Millimeter lang und 1,5 bis 2 Millimeter breit. Die Lippe (Labellum) ist dreilappig, kegelförmig nach unten gebogen, 5 bis 10 Millimeter lang und 5 bis 6 Millimeter breit. Sie ist am Rand dunkler und in der Mitte mit purpurnen Punkten oder Strichen gezeichnet.
Die Blütezeit des Wanzen-Knabenkraut beginnt im Mittelmeerraum bereits im April, in Mitteleuropa Mitte Mai und endet Mitte Juli.
Chromosomensatz
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 36 oder 38.[2]
Ökologie
Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza).
Vorkommen
Das Verbreitungsareal erstreckt sich von Nordafrika über die iberische Halbinsel, die Balearen, Frankreich, Mitteleuropa, Süd- und Südosteuropa bis in Teile von Russland. In Europa ist das Wanzen-Knabenkraut in der meridional/montanen und temperaten, submediterranen Florenzone verbreitet.
In Deutschland ist das Wanzen-Knabenkraut nur noch mit einigen Restvorkommen im Schwarzwald, am Bodensee und in Bayern anzutreffen.[3] Die Art ist in Deutschland durch die BArtSchV besonders geschützt.[4] In Österreich kommt die Art selten in den Bundesländern Burgenland, Wien, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Salzburg vor. Im Alpengebiet gilt sie als stark gefährdet und im nördlichen und südöstlichen Vorland der Alpen ist es vom Aussterben bedroht.
Das Wanzen-Knabenkraut hat seinen Lebensraum in mageren, moorigen Feuchtwiesen, lichten Wäldern und Gebüschen, aber auch auf trockenen bis feuchten, basenreichen Humus- und Tonböden. Es findet sich in den Pflanzengesellschaften des Verbands Molinion caeruleae oder Calthion, kommt aber auch in wechselfrischen Gesellschaften des Arrhenatherion vor.[5]
Die obere Grenze der Höhenverbreitung liegt bei etwa 2500 Metern (Marokko). Sonst hat nach Baumann und Künkele das Wanzenknabenkraut in Europa folgen Höhengrenzen: Deutschland 20–830 Meter, Frankreich 0–1800 Meter, Österreich 120–1150 Meter, Italien 1–1500 Meter, Österreich 120–1150 Meter, Schweiz 280–1500 Meter, Slowenien 20–1250 Meter, Spanien bis 2000 Meter.[6]
Naturschutz und Gefährdung
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch das Wanzen-Knabenkraut unter strengstem Schutz europäischer und nationaler Gesetze.
- Rote Liste Deutschland und Österreich: 1 (vom Aussterben bedroht)
- Rote Liste deutsche Bundesländer: Baden-Württemberg:1, Bayern:1, Brandenburg:0, Hessen:0, Niedersachsen:0, Mecklenburg-Vorpommern:0, Nordrhein-Westfalen:0, Rheinland-Pfalz:0, Saarland:0, Sachsen:0, Sachsen-Anhalt:0, Thüringen:0.
- Rote Liste österreichische Bundesländer: Vorarlberg, Oberösterreich und Steiermark 0 (ausgestorben), übrige Bundesländer 1 (vom Aussterben bedroht)
- Rote Liste Schweiz: stark gefährdet
- Regionen: stark gefährdet im Nordjura, im östlichen Mittelland, in den Westlichen Zentralalpen, den Östlichen Zentralalpen, den Östlichen Nordalpen und in den Südalpen.
- ausgestorben im Westjura, in der Nordostschweiz, im Westlichen Mittelland und den westlichen Nordalpen.
Das Wanzen-Knabenkraut ist eine der am stärksten vom Aussterben bedrohten Orchideen Deutschlands und Österreichs. Nur in einigen Gebirgsteilen Südosteuropas ist die Art noch etwas häufiger. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war diese Art noch in ganz Mitteleuropa vertreten. Heute gibt es in Mitteleuropa nur noch einige wenige Restvorkommen, in Deutschland in Baden-Württemberg und Bayern, die den allergrößten Schutzstatus genießen. Einige Standorte konnten jedoch auch trotz Schutz und Pflege nicht erhalten werden. Der Grund dafür ist noch nicht restlos geklärt, wahrscheinlich ist Stickstoffeintrag aus der Luft einer der Hauptgründe. Da das Wanzen-Knabenkraut als extrem konkurrenzschwach gilt, wird es sehr schnell von anderen Pflanzenarten verdrängt und verschwindet recht schnell. Die wohl größte Gefährdung der noch verbliebenen Populationen dürfte durch Pflanzenraub gegeben sein. Immer wieder werden Standorte geplündert; dies geschah zuletzt 2011 in größerem Ausmaß in einem Biotop am Lech, wo laut Angabe des Arbeitskreises Heimischer Orchideen Bayern e. V. (AHO) circa 50 Pflanzen ausgegraben wurden.
Im Jahr 1997 wurde das Wanzen-Knabenkraut vom Arbeitskreis Heimischer Orchideen (AHO) in Deutschland zur „Orchidee des Jahres“ erklärt, um auf die hohe Schutzwürdigkeit und die Problematik der Zerstörung der Biotope aufmerksam zu machen.
Systematik
Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Orchis coriophora durch Carl von Linné in Species Plantarum, S. 940.[1]
Es wurde im Jahr 1753 von Carl von Linné in seinem Werk Species Plantarum erstbeschrieben und ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine der am meisten vom Rückgang bedrohten mitteleuropäischen Orchideenarten. Diese Art ist seit 1997 unter dem Namen Anacamptis coriophora (L.)R.M.Bateman, Pridgeon & M.W.Chase (1997) der Gattung Hundswurzen (Anacamptis) zugeordnet. Synonyme sind beispielsweise Anteriorchis coriophora(L.) E.Klein & Strack (1989).
Bei einer Revision der Orchideenarten auf der Basis von genetischen Merkmalen durch Bateman et al. 1997 wurde das Wanzen-Knabenkraut gemeinsam mit einigen weiteren Arten in die Gattung Hundswurzen (Anacamptis) als Anacamptis coriophora (L.) R.M.Bateman, Pridgeon & M.W.Chase (1997) eingeordnet.[7] In Exkursionsfloren ist teilweise die alte Systematik zu finden.
Unterarten, Varietäten und Hybriden nach alter Systematik
Vom Wanzen-Knabenkraut sind eine große Anzahl von Unterarten, Varietäten und Formen beschrieben worden, die von verschiedenen Autoren teilweise zu Arten erhoben wurden.
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Das Wanzen-Knabenkraut hybridisiert mit nahe verwandten Arten wie mit der Pyramiden-Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), dem Kleinen Knabenkraut (Orchis morio) oder mit dem Sumpf-Knabenkraut (Orchis palustris).
- ×Anacamptorchis simarrensisE.G.Camus (1908) – (Orchis coriophora × Anacamptis pyramidalis)
- Orchis × olidaBréb. (1835) – (Orchis coriophora × Orchis morio)
- Orchis × timbaliiVelen. (1882) – (Orchis coriophora × Orchis palustris)
- Orchis × parvifoliaChaub. (1821) – (Orchis coriophora × Orchis laxiflora)
Bildergalerie
- Spanien – Mallorca
- Spanien – Mallorca
- Spanien – Mallorca
- Spanien – Mallorca
- Orchis coriophora, im Bild mit (großen) Blättern der Herbst-Zeitlose, bei Razloge, Grenze Slowenien-Kroatien
- Standort in Bayern
- Blütenstand in Bayern bei Landsberg am Lech
Quellen und weiterführende Informationen
Einzelnachweise
- ↑ a b Anacamptis coriophora. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 6. Mai 2020.
- ↑ Orchis coriophora bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- ↑ Steffen und Ute Hammel: Anacamptis coriophora (L.) R. M. Bateman, Pridgeon & M. W. Chase - Im Schwarzwald noch aktuell. In: Mitt. bad. Landesver. Naturkunde u. Naturschutz, N.F. 22 (3): 435 – 441; Freiburg 2019.
- ↑ Gerald Parolly: Anacamptis. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 178.
- ↑ Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 280.
- ↑ Helmut Baumann, Siegfried Künkele: Orchidaceae. In: Oskar Sebald u. a.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 1. Auflage Band 8, Seite 379. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1998. ISBN 3-8001-3359-8
- ↑ R. M. Bateman, A. M. Pridgeon, M. W. Chase: Phylogenetics of subtribe Orchidinae (Orchidoideae, Orchidaceae) based on nuclear ITS sequences. 2. Infrageneric relationships and reclassification to achieve monophyly of Orchis sensu stricto. In: Lindleyana – The scientific journal of the American Orchid Society. West Palm Beach Fla 12.1997, S. 113–141. ISSN 0889-258X
Literatur
- Standardliteratur über Orchideen
- AHO (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands. Verlag AHO Thüringen Uhlstädt – Kirchhasel, 2005, ISBN 3-00-014853-1.
- H. Baumann, S. Künkele, R. Lorenz: Die Orchideen Europas. Ulmer Verlag, 2006, ISBN 978-3-8001-4162-3.
- Karl-Peter Buttler: Orchideen, die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas. Mosaik Verlag 1986, ISBN 3-570-04403-3.
- Robert L. Dressler: Die Orchideen – Biologie und Systematik der Orchidaceae. (1996) – gutes Werk zum Thema Systematik [deutsch]
- Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. Brücke-Verlag, 2. Auflage: 1975, ISBN 3-87105-010-5.
- J.G. Williams: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien. BLV Verlag, ISBN 3-405-11901-4.
- Spezielle Literatur
- R. M. Bateman, A. M. Pridgeon, M. W. Chase: Phylogenetics of subtribe Orchidinae (Orchidoideae, Orchidaceae) based on nuclear ITS sequences. 2. Infrageneric relationships and reclassification to achieve monophyly of Orchis sensu stricto. In: Lindleyana, Volume 12, 1997, S. 113–141.
- R. M. Bateman, P. M. Hollingsworth, J. Preston, Y.-B. Luo, A. M. Pridgeon, M. W. Chase: Molecular phylogenetics and evolution of Orchidinae and selected Habenariinae (Orchidaceae). In: Bot. J. Linn. Soc. Volume 142, 2003, S. 1–40.
- Horst Kretzschmar, Wolfgang Eccarius, Helga Dietrich: Die Orchideengattungen Anacamptis, Orchis, Neotinea. EchinoMedia-Verlag, Bürgel, 2007, ISBN 978-3-937107-11-0.
Weblinks
- Orchis coriophora L., Wanzen-Knabenkraut. auf FloraWeb.de
- Wanzen-Knabenkraut. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
- Verbreitungskarten
- Regionales
- Die Orchideen der Rhön: Anacamptis coriophora, Wanzen-Knabenkraut
- www.guenther-blaich.de: Orchis coriophora
- AGEO Schweiz: Orchis coriophora
- siehe auch
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Wanzen-Knabenkraut (Anacamptis coriophora, Syn.: Orchis coriophora), Orchideen (Orchidaceae), natürlicher Standort: frische Wiese auf leicht salzigem Boden / natural habitat: fresh meadow on slightly saline soil - Österreich/Austria/Autriche: Burgenland, Seewinkel, Illmitz
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Orchis coriophora, im Bild mit Blättern der Herbst-Zeitlose, bei Razloge, Grenze Slowenien-Kroatien
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Orchis coriophora bei Landsberg am Lech