Walther von Knebel

Johann Heinrich Carl Matthaeus Ralph Walther von Knebel (* 13. April 1880 in Jauer, Provinz Schlesien; † 10. Juli 1907 an der Askja) war ein deutscher Geologe, Vulkanologe und Speläologe. Er leistete bedeutende Beiträge zum Verständnis der geologischen Entstehung der Kanarischen Insel Gran Canaria sowie zur Geneseinterpretation von Karsthöhlen. Im Sommer 1907 verschwand er spurlos auf Island.

Nach Walther von Knebel wurde die manganreiche Fayalit-Varietät Knebelit benannt.

Leben

Herkunft, Ausbildung und Privatleben

Er kam als Sohn des Majors Heinrich von Knebel (später Oberst z. D.) und dessen Ehefrau Hedwig von Knebel, geborene Freiin von Seckendorff-Gutend, zur Welt und entstammte dem ursprünglich mittelfränkischen Adelsgeschlecht derer von Knebel. Seine Schulausbildung absolvierte er nacheinander am Königlichen Gymnasium in Wiesbaden, an der Königlich-Preußischen Kadettenanstalt Karlsruhe, an der Preußischen Hauptkadettenanstalt in Groß-Lichterfelde sowie am Königlichen Realgymnasium zu Wiesbaden. Dort legte er Ostern 1898 die Reifeprüfung ab.[1] Anschließend immatrikulierte er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München, von der er zu Ostern 1900 an die Friedrich-Wilhelm-Universität wechselte. Zu seinen Dozenten zählten unter anderen Erich von Drygalski, Adolf von Baeyer, Ferdinand von Richthofen und Jacobus Henricus van ’t Hoff. Am 12. April 1902 wurde von Knebel an der philosophischen Fakultät der Universität mit der Dissertation Beiträge zur Kenntnis von Überschiebungen am vulkanischen Ries von Nördlingen promoviert.

Walther von Knebel war mit der sieben Jahre älteren Abenteurerin und Autorin Ina von Grumbkow verlobt.

Wissenschaftliche Laufbahn

Im Juni 1901 erhielt von Knebel eine Assistentenstelle im geologisch-paläontologischen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Später wirkte er als Privatdozent. 1905 unternahm er mit eigenen Mitteln eine Forschungsreise nach Island und 1906 sowie 1907 absolvierte er drei Exkursionen nach Gran Canaria.

Während seiner kurzen Karriere agierte von Knebel als einer der Hauptakteure in einer wissenschaftlichen Grundsatzdiskussion: In der – damals erst entstehenden – Karstologie war zur Jahrhundertwende eine Debatte um die korrekte genetische Interpretation der in den Nördlichen Kalkalpen entdeckten Karst-Höhlen entbrannt.[2] Alfred Grund und Albrecht Penck führten dabei das Lager derer, die die Theorie eines Karstgrundwassers favorisierten. Von Knebel hingegen sah gemeinsam mit Friedrich Katzer vielmehr sogenannte Karstflüsse – also den Abfluss von Niederschlagswasser über bei Kohlensäureverwitterung entstandene unterirdische Kanäle – als Ursache der Höhlenbildung. Letztlich bestätigte sich letztere Theorie. Des Weiteren führte von Knebel in einer 1906 erschienenen Monographie den Begriff Pseudokarst ein.

Steinpyramide am Öskjuvatn

Mit finanzieller Unterstützung durch den „Humboldt-Fonds für Naturforschung und Reisen“ der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften brach er im Sommer 1907 gemeinsam mit seinem Studenten Hans Spethmann und dem Maler Max Rudloff zu einer weiteren Island-Reise auf. Zusammen mit Rudloff verschwand er am 10. Juli während einer Bootsfahrt auf dem Öskjuvatn, dem Kratersee der Askja. Möglicherweise wurden die beiden Männer in der Nähe des Ufers von einer Steinschlaglawine getötet. Von Knebels Verlobte Ina von Grumbkow reiste im Sommer 1908 in Begleitung von Hans Reck selbst in die Gegend, um wenigstens die Leichen der beiden Männer zu finden und zu bergen. Sie hatte jedoch keinen Erfolg. Am Westufer des Öskjuvatn errichteten sie eine etwa vier Meter hohe Steinpyramide und meißelten „† 1907, Walther von Knebel, Max Rudloff“ in das Lavagestein. In jüngerer Zeit wurde eine Metalltafel an der Pyramide installiert.

Publikationen

Eigene Werke

  • von Knebel, W.: Beiträge zur Kenntnis von Überschiebungen am vulkanischen Ries von Nördlingen. Dissertation, J. F. Starcke, Berlin, 1902.
  • von Knebel, W.: Vergleichende Studien über die vulkanischen Phänomene im Gebiete des Tafeljura. In: Sitzungsberichte der physicalisch-medicinischen Societät zu Erlangen, Jahrgang 35, 1903, Seiten 189–210.
  • von Knebel, W.: Basaltmaare im Taunus. In: Sitzungsberichte der physicalisch-medicinischen Societät zu Erlangen, Jahrgang 35, 1903.
  • von Knebel, W.: Der Nachweis verschiedener Eiszeiten in den Hochflächen des inneren Islands. In: Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart, 1905, № 17 & 18, Seiten 546–553.
  • von Knebel, W.: Studien in Island im Sommer 1905. In: Globus, Band 88, № 20, 22 & 24, 1905, Braunschweig Seiten 309–314, 341–346 und 373–380.
  • von Knebel, W.: Vorläufige Mitteilung über die Lagerungsverhältnisse glazialer Bildungen auf Island und deren Bedeutung zur Kenntnis der diluvialen Vergletscherungen. In: Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart, 1905, Seiten 535–546.
  • von Knebel, W.: Höhlenkunde mit Berücksichtigung der Karstphänomene. Verlagsbuchhandlung Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig, 1906.
  • von Knebel, W.: Studien in den Thermengebieten Islands. In: Naturwissenschaftliche Rundschau, Jahrgang 21, Braunschweig, 1906.
  • von Knebel, W.: Über die Lava-Vulkane auf Island. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Band 58, 1906, Seiten 59–76.
  • von Knebel, W.: Der Vulkanismus. In der Reihe: Die Natur – Eine Sammlung naturwissenschaftlicher Monographien, Band 3, Verlag von A. W. Zickfeldt, Osterwieck, 1906.
  • von Knebel, W.: Zur Frage der diluvialen Vergletscherungen auf der Insel Island. – Entgegnung an Helgi Pjetursson. In: Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Stuttgart, 1906, № 8, Seiten 232–237.
  • von Knebel, W.: Studien zur Oberflächengestaltung der Inseln Palma und Ferro. In: Globus, Band 90, № 20 & 21, 1906, Braunschweig, Seiten 312–316 und 329–332.
  • von Knebel, W.: Ein Überblick über unsere gegenwärtige Kenntnis vom Innern der Erde. In: Aus der Natur – Zeitschrift für alle Naturfreunde, Verlag von Erwin Nägele, Leipzig, Jahrgang 1906/1907, Seiten 530 ff.
  • von Knebel, W.: Theorien des Vulkanismus. Ein Rundblick auf ältere und neuere Lehren. In: Globus, Band 91, № 18 & 19, 1907, Braunschweig, Seiten 277–280 und 303–305.
  • von Knebel, W.: Lavaspalten und Kraterrillen auf Island. In: Gaea – Natur und Leben, Band 43, № 9, Leipzig, 1907, Seiten 547–561.
  • von Knebel, W.: Der vulkanische Aufbau der Insel Gran Canaria. In: Globus, Band 92, № 21 & 22, 1907, Braunschweig, Seiten 325–331 und 343–348.
  • von Knebel, W.; Reck, H.: Island. Eine naturwissenschaftliche Studie. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 1912.

Beteiligung

  • Spethmann, H.: Überblick über die Ergebnisse der v. Knebelschen Islandexpedition im Jahre 1907. Verlagsbuchdruckerei Otto Sautter, Stuttgart, 1909.

Einzelnachweise

  1. Günter Voss: Die Kanarische Fibel. Aus deutschen Schriften 1777–1965. epubli GmbH, Berlin, 2012, ISBN 978-3-8442-3123-6.
  2. Johannes Mattes: Reisen ins Unterirdische. Eine Kulturgeschichte der Höhlenforschung in Österreich bis zur Zwischenkriegszeit. Böhlau Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-205-79687-9, Seite 185.

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Denkmal für Dr. Walter von Knebel und Max Rudloff, Öskjuvatn, Island