Walther Krause (Journalist)

Walther Krause (* 7. Januar 1937 in Frankfurt (Oder); † 6. Oktober 2018 in Berlin[1]) war ein deutscher Journalist, Musikwissenschaftler, Programmchef und Hörfunkmoderator.

Werdegang

Krause flüchtete nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen Eltern in den Westen Deutschlands nach Bad Homburg; sein Vater war Pfarrer. Bereits vor dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums der Musikwissenschaft arbeitete er für den Hessischen Rundfunk, 1965 für den Saarländischen Rundfunk. Ab 1968 war er für den ehemaligen Südwestfunk (heute Südwestrundfunk) in Baden-Baden tätig. Dort war Walther Krause ab 1970 Chefredakteur vom dritten Hörfunkprogramm, dem späteren SWF3. Sein Nachfolger wurde ab Jahresbeginn 1975 Peter Stockinger. Ab 1978 wechselte er zum Deutschlandfunk (seit 1990 ein Teil von Deutschlandradio) nach Köln und arbeitete dort als Hauptabteilungsleiter für U-Musik. Ende 1995 ging er in den Ruhestand.

Die Südwestfunk-Jahre

Krause galt als kreativ und experimentierfreudig. Beim Südwestfunk überzeugte er den damaligen Hörfunkdirektor Manfred Häberlen gegen den anfänglichen Widerstand der Technik vom Konzept des Selbstfahrerbetriebs, bei welchem ein einziger Mensch in Personalunion gleichzeitig als Redakteur, Moderator und Techniker arbeitet. Der seinerzeit 31-jährige Krause befand sich 1967 in den USA und beobachtete dieses Prinzip bei mehreren Radiostationen. Er gründete und moderierte Ende 1968 im ersten Hörfunkprogramm die „Stars und Hits-Hitparade“ am Samstagabend, welche außer deutschen Schlagern auch internationale Popmusik enthielt. Diese Sendung brachte einen großen Gewinn an Hörern der jungen Generation. Aufgrund dieses Erfolges beauftragte Häberlen im Jahr 1969 Walther Krause damit, auf der dritten UKW-Senderkette ab dem 1. Januar 1970 im Rahmen einer Programmumgestaltung ein neues, spezielles Sendeformat für junge Leute zu entwickeln. Daraus entstand der Pop Shop, welcher anfänglich im eigenen Funkhaus belächelt wurde, sich aber in kurzer Zeit zu einem sehr beliebten Jugendprogramm etablierte. Der SWF übernahm damit eine Vorreiterrolle in der deutschen, ausschließlich öffentlich-rechtlichen Radiolandschaft, in welcher Popmusik sehr rar war. Es schien, als hätte man die heranwachsende Jugend als Hörer-Zielgruppe vergessen. Um aktuellen Pop zu hören, welcher zu dieser Zeit vor allem aus Großbritannien und den USA boomte, musste diese auf ausländische Sender wie zum Beispiel AFN, BFN oder Radio Luxemburg ausweichen.

Seine Mitarbeiter suchte Krause gerne über unkonventionelle Wege. So fragte er zum Beispiel den damaligen Sendebetreuer des Schallplattenlabels Electrola, Frank Laufenberg, der sich mit einem Künstler zum Promotion-Termin beim SWF befand, nach seinen Eindrücken zum gerade absolvierten Interview. Nach Laufenbergs Kritik an der Gesprächsführung des Moderators entgegnete Krause: „Wenn Sie das Gefühl haben, Sie können es besser als der jetzige Moderator, dann machen Sie es doch mal für eine Woche“[2] – und warb den später führenden, deutschen Rock- und Popmusikexperten von seinem Job bei der Plattenfirma ab. Nach dieser Probewoche war Laufenberg über viele Jahre fester Bestandteil im Team. Zum späteren, erfolgreichen TV-Moderator Hans Meiser, der ebenfalls beim SWF unter Krause anfing meinte er: „Herr Meiser, bei mir wird das nichts, Sie wären im Fernsehen besser aufgehoben“[3] – womit er auch hier richtig lag.

Allerdings war die Aufgabe des „Erfinders“ vom Jugendmagazin Pop Shop zu dieser Zeit nicht ohne Stolpersteine: Auf der einen Seite sollte im Zuge einer Programmreform ein modernes, dem Zeitgeist gerechtes Teenage-Format entstehen, ohne jedoch von den eng gesteckten, öffentlich-rechtlichen Grundsätzen und Tugenden abzuweichen. Ein in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre nicht gerade einfacher Balanceakt, bei dem Walther Krause und der bisher ungewöhnlich freie, rebellische Stil seiner Jung-Radiomoderatoren im „Unterhaltungskomplex“ (diese Abteilung wurde im Kellergeschoss des Funkhauses etwas separiert untergebracht[4]), hausintern gelegentlich unter besonderer Beobachtung standen. Ganz ohne deutsche Schlagermusik ging es anfangs auch nicht, diese verschwand aber sukzessive aus dem Programm. Aber ungeachtet davon führte Krause seine Abteilung weiter unaufgeregt mit langer Leine, forderte und förderte Ideen, brachte völlig neue Innovationen, steigerte damit die Hörerzahlen und die Hörerbindungen. Schon bald war mehr Sendezeit und eine Vergrößerung des Teams notwendig. Der Pop Shop war kein Vollzeit-Programm, sondern ein Überbegriff von einzelnen, verschiedenen Sendungen – er startete inklusive Walther Krause mit vier Moderatoren[5] täglich um die Mittagszeit und endete am Spätnachmittag bzw. frühen Abend.

Krause hatte bereits damals ein waches Auge für Talente und Perlen aus der in diesen Jahren heftig pulsierenden in- und ausländischen populären Musikszene – so entdeckte er beispielsweise schon Ende der 1960er-Jahre als erster Programmchef im deutschen Hörfunk die Band Santana oder den derzeit völlig unbekannten jungen Liedermacher Reinhard Mey – heute würde man von einem intensiven „Airplay“ sprechen, um den öffentlichen Bekanntheitsgrad der Künstler via Hörfunk zu forcieren. Krause war der Wegbereiter der ab dem 1. Januar 1975 auf Sendung gehenden Vollzeit-Popwelle SWF3, dessen Leitung Peter Stockinger übernahm.

Beim Deutschlandfunk

1978 wechselte Walther Krause als Hauptabteilungsleiter U-Musik zum ehemaligen Deutschlandfunk nach Köln. Wie sich Krause erinnerte, hatte sein Vorgänger während dessen Amtszeit Blas- und Marschtönen eindeutig den Vorzug vor der von ihm wenig geliebten „Studentenmusik“ (wie dieser moderne Popmusik bezeichnete) eingeräumt. Wieder musste Walther Krause reformieren, wenn auch nicht mehr ganz so umfangreich wie beim SWF. Und ebenfalls griffen seine Korrekturen, danach stand der Deutschlandfunk mit neuentwickelten Jazz- und Popformaten bei den Hörerzahlen deutlich besser da als vor der Programmreform. Während seiner Zeit beim DLF hat Krause viel experimentiert und angeschoben – wie etwa die Sendung „Zwischentöne“[6], die bis in die Gegenwart jeden Sonntagnachmittag mit einem bekannten Gast und dessen eigener Musikauswahl noch immer auf Sendung ist.

Privat galt Krause als zurückhaltender und bescheidener Mensch, der eine große Bühne in der Öffentlichkeit vermieden hat und sich lieber im Hintergrund aufhielt.

Walther Krause verstarb am 6. Oktober 2018 in Berlin im Alter von 81 Jahren.

Einzelnachweise

  1. Radiolegende und Pop Shop-Gründer Walther Krause gestorben – Nachruf-Artikel im Insider-Radiomagazin „RADIOSZENE“ vom 22. Oktober 2018
  2. Frank Laufenberg - POPSTOP
  3. Nachruf zum Tod von Walther Krause - Magazin „RADIOSZEZNE“ vom 22. Oktober 2018
  4. Pop Shop-Sendekomplex 3 im Jahr 1971 – mit auf dem Bild: Walther Krause, Frank Laufenberg
  5. Das Pop Shop-Team der ersten Stunde – von links nach rechts: Guido Schneider, Walther Krause, Karlheinz Kögel und Frank Laufenberg
  6. Deutschlandfunk – „Zwischentöne“