Walther Epstein

Walther Leo Epstein (* 11. Mai 1874 in Breslau; † 3. Februar 1918 in Oberstdorf) war ein deutscher Architekt.

Leben und Wirken

Walther Epstein[1] stammte aus einer vermögenden Breslauer Fabrikantenfamilie. Seine Eltern waren der Fabrikbesitzer Joseph Epstein und dessen Frau Marie Friedenthal. Sein Bruder war der Chemiker Friedrich Epstein.

Nach dem Reifezeugnis von 1894 studierte Epstein Architektur an der TH München, der TH Hannover und der TH Charlottenburg. Schon zu Beginn seines Studiums wurde er 1894 Mitglied der Münchener Burschenschaft Cimbria. 1899 legte er seine Erste Hauptprüfung im Hochbau ab und wurde Regierungsbauführer. 1903 folgte die Zweite Hauptprüfung und er wurde Regierungsbaumeister. Seit Ende 1903 war er verheiratet mit Elsbeth (Else) Luise Kohn (* Nürnberg 22. März 1880, † Auschwitz 31. Dezember 1944[2]).

1903 bis Ende 1904 war Epstein im Preußischen Kultusministerium tätig, wo er an der Ausarbeitung der Baupläne für die „deutsche Unterrichtsausstattung“[3] bei der Weltausstellung von 1904 in St. Louis mitwirkte. Die zweite Jahreshälfte 1904 nahm er Urlaub für eine Studienreise durch Nordamerika, Japan, China und Indien.

Anfang 1905 verließ Epstein auf eigenen Wunsch den Staatsdienst und gründete ein privates Architekturbüro. Im Südwesten und Westen von Berlin entstanden nach seinen Entwürfen mehrere repräsentative Villen und Landhäuser. 1914 nahm er an der Großen Berliner Jubiläumsausstellung teil.

Walther Epstein starb 1918 bei einem Sanatoriumsaufenthalt in Oberstdorf. Sein Grab mit einer großen Urnenskulptur des Bildhauers Richard Scheibe befindet sich auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee und ist heute denkmalgeschützt.[4][5][6]

Bauten (Auswahl)

Landhaus Julius Meier-Graefe (Aufnahme 2011)

Architektur, Kunst am Bau, Nachlass

Walther Epstein äußerte sich selbst 1916 in der Zeitschrift Dekorative Kunst zur städtebaulichen und baukünstlerischen Auffassung seiner Villenbauten so: „Ein freistehendes Landhaus ist keine Fläche, auf die nach schlechter städtischer Gewohnheit eine Fassade geklebt wird, sondern ein plastisches, nach allen Seiten tastbares, kubisches Kunstwerk, dessen Seiten- und Rückansichten nicht dem Spiele des Zufalls überlassen sein dürfen. (...) Bei den Häusern Julius Meier-Gräfe in Nikolassee und Kocherthaler in Dahlem gaben die Größe des Platzes, ziemlich bedeutende Raumbedürfnisse im Verhältnis hierzu, und die Lage an der Straße die Richtlinien. Das Landhaus in Zehlendorf-West, das auf einem Eckplatz steht, wurde in die Diagonale gerückt. Zwei Pappelalleen betonen die Zugangswege und bilden zugleich den architektonischen Rahmen für den rosenumsäumten Rasenplatz und den Brunnen, der Garten und Haus verbindet. Zum Hause Waltz stand ein langer schmaler, im Walde gelegener Platz zur Verfügung. Das Vorlegen der Garage, deren Einfahrt das Haus im Rahmen erscheinen läßt, wurde das handtuchartige Gelände in Vorgarten, Ziergarten und Park geteilt. Haus Fischbach mit den durch Pfeilergänge verbundenen Nebengebäuden wuerde nicht parallel zur Straße gestellt, sondern hat seine Front zu einem Nebenweg. So konnte mit Rücksicht auf den schönen Baumbestand aus dem flachen Grundstück ein schöner Hausgarten geschaffen werden. Am günstigsten lagen die Bedingungen beim Landhause Rehbrücke, das auch auf der Diagonale des großen Parkgrundstückes angeordnet wurde. Als Material wurde in der gewachsenen Stein entbehrenden Mark Putz und Backstein verwendet, letzterer immer in flächiger Wirkung, beim Hause Waltz Rathenower Stein, beim Haus in Zehlendorf-West Oldenburger Klinker, in Rehbrücke flache holländische Ziegel.“[20]

Der bildhauerische Schmuck aus Terrakotta stammte bei allen genannten Bauten von dem Bildhauer Georg Kolbe.[20][21] Kolbe schuf auch Bronzebüsten und eine Medaille[22] von Walther Epstein, dessen Frau Else sowie der Tochter Annemarie (1905–1994).

Johannes von Bodungen urteilte 2006 rückblickend zum architektonischen Werk so: „Die meisten seiner qualitätvollen Bauten wurden in zeitgenössischen Architekturzeitschriften veröffentlicht; lange Krankheitsperoden und sein früher Tod verhinderten jedoch ein umfangreicheres Oeuvre, was dazu führte, dass Walther Epstein heutzutage weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Ebenso ist bisher kein wissenschaftlicher Niederschlag zu verzeichnen. Bei den Bauherren handelte es sich um Persönlichkeiten aus dem industriellen, intellektuellen und künstlerischen Bereich, die zu Epsteins direktem Umfeld gehörten. Seine Bauherren waren u. a. der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe, der Künstler Leo von König und der Direktor Bruno Theusner. Den damals noch unbekannten Bildhauer Georg Kolbe beauftragte Epstein, seine Landhäuser mit Bauschmuck, vereinzelt auch mit Brunnenskulpturen auszustatten. (...) Neben der interessanten sozialgeschichtlichen Komponente ist auch die architektonische Qualität der Bauten Epsteins hervorzuheben. Geradezu als Musterbeispiel für ein großes, romantisch geprägtes Landhaus kann das eigene[23] Wohnhaus („Landhaus Epstein“ 1907/08) gelten. Die vorliegenden Außenaufnahmen und die bemerkenswerte fotografische Dokumentation des zeitgemäßen Interieurs und der Innen- sowie Außenraumabwicklung zeigen ein solches frühromantisch klassizistisches Berliner Landhaus, das den Prinzipien des englischen Landhauses folgt. Epsteins Werk verfügt über eine ungeheure Spannbreite, die bis hin zu streng symmetrisch aufgebauten Landhäusern im preußischen Herrenhausstil reicht.“[24]

Ein Teilnachlass von Walther Epstein befindet sich im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau in Karlsruhe.

Literatur

  • Werner: Landhäuser von Regierungsbaumeister Walther Epstein in Berlin-Zehlendorf, in: Der Profanbau, Jg. 10 (1914), Heft 16, S. 449–472.
  • Neue Landhäuser von Walther Epstein-Berlin. Mit einem Geleitwort des Architekten, in: Dekorative Kunst 19 (1915/16), S. 245–254, Abb. bis S. 272. (Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021)
  • Zur Erinnerung an Walther Epstein, 1874–1918. Verlag von J. F. Bergmann, Berlin 1922.
  • Mitglieder-Verzeichnis des Philisterverbandes der Münchener Burschenschaft Cimbria, München August 1913, dort „Walter Eppstein (sic!), Architekt, k. Regierungsbaumeister“.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 174, dort falsch „Danubia“.

Einzelnachweise

  1. Biographische Angaben nach Findbuch zum Bestand Walther Epstein (bearbeitet von Johannes von Bodungen, 2006) im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau SAAI an der Universität Karlsruhe, Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021, unpaginiert (PDF-Seite 3).
  2. Biographische Angaben zur Ehefrau nach Findbuch zum Bestand Walther Epstein (bearbeitet von Johannes von Bodungen, 2006) im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau SAAI an der Universität Karlsruhe, Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021, unpaginiert (PDF-Seite 3). Allerdings nennt der vor dem Haus verlegte Stolperstein andere Daten, vgl. Stolpersteine in Berlin, abgerufen am 11. Juli 2021.
  3. So zitiert aus den biographischen Angaben im Findbuch zum Bestand Walther Epstein (bearbeitet von Johannes von Bodungen, 2006) im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau SAAI an der Universität Karlsruhe, Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021, unpaginiert (PDF-Seite 3). - Gemeint ist wohl die Abteilung Deutsches Unterrichtswesen als einer der deutschen Beiträge für die Weltausstellung in St. Louis; vgl. Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reichs / Weltausstellung in St. Louis 1904, S. 112 f.; Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021.
  4. Ev. Kirchhof Nikolassee (Obj.-Dok.-Nr.: 09050055,T). In: Denkmaldatenbank. Landesdenkmalamt Berlin, abgerufen am 11. Juli 2021 (Dort Teilobjekt Grabstätte Walther Epstein, Teil-Nr.: 09050055,T,003, mit zwei Abbildungen).
  5. Werner Natzschka: Gräber bekannter Persönlichkeiten auf dem Kirchhof Nikolassee. Hrsg. Eckart Henning, 2. ergänzte Auflage, Berlin 1997, S. 97.
  6. Vgl. nicht verwirklichte Grabmalsentwürfe für Walther Epstein von 1918 von Georg Kolbe im Georg Kolbe Museum, Berlin (Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021).
  7. Das Landhaus Epstein in Zehlendorf. In: Der Profanbau, Jg. 1910, Heft 14 (15. Juli 1910), S. 385–391.
  8. Villa Grunewaldallee 20, in: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, Jg. 22 (1909), Heft 10, S. 38, Tafel 98–100.
  9. Villa Grunewaldallee 20, in: Berliner Architekturwelt, Jg. 13 (1911), S. 282.
  10. Villa Epstein, (1919 - 1911) Architekt Walther Epstein. In: altenkamp.de. AKP Architektenbüro Dipl.-Ing. Peter Altenkam, abgerufen am 11. Juli 2021 (Mit Hinweis auf Umbau von 2005).
  11. Wohnhaus Forststraße 55 (Obj.-Dok.-Nr.: 09075625). In: Denkmaldatenbank. Landesdenkmalamt Berlin, abgerufen am 11. Juli 2021 (Enthält Baubeschreibung und Literaturangaben).
  12. Haus Meier-Graefe (Obj.-Dok.-Nr.: 09075245). In: Denkmaldatenbank. Landesdenkmalamt Berlin, abgerufen am 11. Juli 2021 (Enthält Literaturangabe).
  13. Landhaus Meier-Graefe, Große Berliner Kunstausstellung 1914, in: Berliner Architekturwelt, Jg. 17 (1915), S. 99 mit Modellabbildung. Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021.
  14. Walther Epstein (1874-1918). In: www.saai.kit.edu. Archiv für Architektur und Inenieurbau, Karlsruher Institut für Technologie, abgerufen am 11. Juli 2021.
  15. a b Neue Landhäuser von Walther Epstein-Berlin. Mit einem Geleitwort des Architekten, in: Dekorative Kunst 19 (1915/16), S. 245–254, mit Fotos und Plänen. (Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021)
  16. Vorgarten Rötheweg 36/42 (Obj.-Dok.-Nr. 09045964). In: Denkmaldatenbank. Landesdenkmalamt Berlin, abgerufen am 11. Juli 2021.
  17. Neue Landhäuser von Walther Epstein-Berlin. In: Dekorative Kunst, 1916, S. 245.
  18. Annett Böhm: Das Grebe'sche Haus. Digitalisiertes Typoskript, abgerufen am 11. Juli 2021.
  19. Landhaus Rehbrücke, Große Berliner Kunstausstellung 1914, in: Berliner Architekturwelt, Jg. 16 (1914), S. 161.
  20. a b Neue Landhäuser von Walther Epstein-Berlin. Mit einem Geleitwort des Architekten, in: Dekorative Kunst 19 (1915/16), S. 245–254, hier S. 252 f. (Digitalisat, abgerufen am 11. Juli 2021)
  21. Brief von Walther Epstein an Georg Kolbe. In: https://sammlung.georg-kolbe-museum.de. Georg Kolbe Museum, abgerufen am 11. Juli 2021.
  22. Medaille Walther Epstein. In: https://sammlung.georg-kolbe-museum.de. Georg Kolbe Museum, abgerufen am 11. Juli 2021.
  23. Hier irrte v. Bodungen, denn es handelte sich um das von Walther Epstein entworfene Wohnhaus für seinen jüngeren Bruder Friedrich Epstein.
  24. Bestand Walther Epstein im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau SAAI in Karlsruhe, unpaginiertes Findbuch, 2006 bearbeitet von Johannes von Bodungen, PDF-Seite 5 (Digitalisat; abgerufen am 11. Juli 2021)

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