Walter Leslie (1607–1667)
Walter Leslie (* 1607 in Fetternear House, Aberdeenshire, Schottland; † 4. März 1667 in Wien) war ein kaiserlicher Feldmarschall, der 1637 zum Reichsgrafen ernannt wurde.
Herkunft und Familie
Walter Leslie entstammte dem schottischen Clan Leslie. Er war ein Sohn des John Leslie († 1622), 10. Baron of Balquhain, aus dessen dritter Ehe mit Joan Erskine, Tochter des Sir Alexander Erskine (1521–1588), Baron of Gogar. 1647 vermählte sich Walter mit Anna Franziska von Dietrichstein, einer Tochter des Fürsten Maximilian von Dietrichstein. Da die Ehe kinderlos blieb, wurde der Grafentitel 1662 auf Walters Bruder Alexander Leslie († 1677), 14. Baron of Balquhain, und dessen Nachkommen übertragen.[1] 1667 erhob Leslie seine Herrschaften Neustadt in Böhmen und Pettau in der Steiermark zum Familienfideikommiss und setzte die männlichen Nachkommen seines Bruders Alexander, ansonsten das Haus Dietrichstein als Besitznachfolger ein. Nach dem Tod des letzten Grafen Leslie im Jahr 1802 erbte Fürst Karl Johann von Dietrichstein die gräflich Leslie'schen Fideikommissgüter.
Militärische Laufbahn
1631 trat Walter Leslie in das Heer von Albrecht von Wallenstein ein und wurde im Infanterieregiment des Generals Adam Erdmann von Trčka, einem Schwager Wallensteins, Obristwachtmeister. Zusammen mit seinem Landsmann John Gordon nahm Leslie an der Schlacht bei Lützen teil. Da ihn Wallenstein in der Folgezeit mit der Organisation des Munitionsnachschubs beauftragte, reiste er u. a. nach Prag, Krems, Pilsen und Wien, wo er militärische Informationen sammeln und Verbindungen zum Kaiserhof knüpfen konnte. Dort erhielt er vermutlich auch Hinweise auf die bestehenden Spannungen zwischen dem Hof und dem Hauptquartier Wallensteins. Nachdem Wallenstein mit dem Versuch gescheitert war, seine Truppen bei Prag zusammenzuziehen, floh er aus seinem Pilsener Hauptquartier nach Eger. Leslie war persönlich anwesend, als Wallenstein das kaiserliche Patent vom 24. Januar d. J. erhielt, welches Wallensteins Absetzung befahl. Bei einer Lagebesprechung wurde Leslie Zeuge, wie Wallenstein seine Offiziere für eine militärische Verbindung mit dem Feind gewinnen wollte.[1]
Nachfolgend soll Leslie die Offiziere John Gordon und Walter Butler von der Notwendigkeit überzeugt haben, Wallenstein zu töten. Bei einem Gespräch mit Wallenstein, Adam Erdmann Trčka und Christian von Ilow zeigte sich Leslie zum Schein aufgeschlossen gegenüber Wallensteins Plänen. Gleichzeitig bereitete er mit Butler die Tötung Wallensteins vor.[1] Für den Abend des 25. Februar lud der Egerer Stadtkommandant Gordon zu einem Festbankett in das Haus des Bürgermeisters am Unteren Marktplatz ein. Dort fanden in der sogenannten Mordnacht von Eger Wallenstein, Trčka, Ilow und Wilhelm Graf Kinsky den Tod. Leslie wurde verwundet.
Schon im April 1634 belohnte Kaiser Ferdinand II. Leslie für seine Beteiligung an der Verschwörung mit der Ernennung zum Obersten eines Regiments. Weitere Hofämter und Würden eines Kämmerers und Hauptmanns der Trabantenleibgarde folgten. Zudem schenkte ihm der Kaiser die Herrschaft Neustadt an der Mettau in Ostböhmen, die zuvor Trčka gehörte. Vermutlich aus Dankbarkeit trat er zum katholischen Glauben über.[1]
Im Sommer 1634 beteiligte sich Leslie an der Belagerung von Regensburg und nahm am 5. September 1634 an der Schlacht bei Nördlingen teil. Seit 1636 hielt er sich ständig bei Hofe auf, von dem er gelegentlich mit militärdiplomatischen Missionen beauftragt wurde. Im selben Jahr erlangte er die böhmische Landstandschaft und 1637 den Titel eines Reichsgrafen. Er war Informant und Vertrauensmann Octavio Piccolominis in Wien. 1646 wurde er zum Feldzeugmeister und 1650 zum Feldmarschall befördert sowie zum Vizepräsidenten des Hofkriegsrates ernannt.[1]
Nach dem Frieden von Eisenburg wurde er 1665 zum Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies ernannt und leitete 1665/66 die „Großbotschaft zur Hohen Pforte“. Nach seiner Rückkehr nach Wien erlag er der Malaria quartana.[2]
Literatur
- Özgür Kolçak: Habsburg elçisi Walter Leslie'nin Osmanlı devlet yapısına dair gözlemleri (1665) [Beobachtungen des habsburgischen Botschafters Walter Leslie zur osmanischen Staatsstruktur (1665)]. In: Tarih Dergisi. Bd. 54, Nr. 2, 2011 (online). (Türkisch)
- Constantin von Wurzbach: Leslie, Walther. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 15. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1866, S. 13–15 (Digitalisat).
- Rainer Bunz, von Leslie – Schottischer Adel in Deutschland und Österreich. Norderstedt 2018, S. 12–37.
- Hermann Hallwich: Leslie, Walter Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 437–444.
- Peter Broucek: Leslie, Walter Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 331 f. (Digitalisat).
- K. H. Leslie, Historical Record of the Family of Leslie From 1067 to 1868, S. 250
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Peter Broucek: Leslie, Walter Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 331 f. (Digitalisat).
- ↑ Hermann Hallwich: Leslie, Walter Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 437–444.
Personendaten | |
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NAME | Leslie, Walter |
ALTERNATIVNAMEN | Leslie, Walter Graf von |
KURZBESCHREIBUNG | schottischer Adliger, Reichsgraf, Obristwachtmeister im Heer Wallensteins |
GEBURTSDATUM | 1607 |
GEBURTSORT | Aberdeenshire Schottland |
STERBEDATUM | 4. März 1667 |
STERBEORT | Wien |
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Walter Leslie (year ~1646) seal with Clan Leslie crest
Der kaiserliche Feldmarschall schottischer Herkunft Walter Leslie (1607-1667)