Walter Bartel

(c) Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de
Porträt vom Februar 1947

Walter Bartel (* 15. September 1904 in Fürstenberg/Havel; † 16. Januar 1992 in Berlin) war ein deutscher kommunistischer Widerstandskämpfer, marxistisch-leninistischer Historiker und Hochschullehrer.

Leben

Bartel wuchs in einer Arbeiterfamilie auf und ließ sich nach dem Besuch der Volksschule und Realschule zum Kaufmann ausbilden. Bereits 1920 schloss er sich dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) an und trat 1923 in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein. Im Jahre 1927 leitete er die Delegation aus Deutschland beim Internationalen Jugendkongress, der in Moskau stattfand. 1929 begann er ein Studium des Marxismus-Leninismus an der Moskauer Lenin-Schule und erhielt dort eine Aspirantur. Im Jahre 1932 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier beteiligte er sich am politischen Kampf gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. Wegen dieser illegalen Tätigkeit wurde er wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer 27-monatigen Zuchthausstrafe verurteilt, die er von 1933 bis 1935 im Zuchthaus Brandenburg verbrachte. Nach seiner Entlassung emigrierte er in die ČSR, wurde dort aber wegen angeblichen Verrats aus der KPD ausgeschlossen.

Registrierungskarte von Walter Bartel als Gefangener im nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald

Im März 1939 verhaftete ihn die deutsche Besatzung und lieferte ihn im KZ Buchenwald ein. Bartel war in Buchenwald in den Kommandos Zimmerei sowie Arbeitsstatistik eingesetzt.[1] Hier wurde er zusammen mit Ernst Busse und Harry Kuhn bald darauf Mitglied der illegalen Parteileitung, und seit 1943 war er der Vorsitzende des Internationalen Lagerkomitees, das den Widerstand im Lager koordinierte. Nach der Befreiung durch die 3. US-Armee wurde er vom amerikanischen Lagerkommandanten paritätisch als gleichberechtigter Leiter des ehemaligen Lagers anerkannt.[2]

Nach 1945 wurde er nach mehreren Überprüfungsverfahren wieder in die KPD aufgenommen und war seit der Zwangsvereinigung von SPD und KPD Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Nach kurzer Zeit als Volksbildungs-Dezernent beim Berliner Magistrat wurde er 1946 der persönliche Referent von Wilhelm Pieck für Probleme der Parteiarbeit. 1948 wurde er als Sprecher der neu gegründeten Berliner VVN gewählt.[3] 1953 wurde er ein weiteres Mal parteiintern überprüft. Danach musste er sein Tätigkeitsfeld auf die akademische Arbeit verlagern.[4] Er wurde zum Doktor der Philosophie promoviert und wurde Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Von 1957 bis 1962 war er Direktor des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte (DIZ). Danach schloss sich ein Lehrauftrag für Neuere und Neueste Geschichte an der Berliner Humboldt-Universität an. 1965 wurde er Prorektor für Studienangelegenheiten und 1967 Ordinarius. Seit den 1970er Jahren engagierte er sich für die Belange der Buchenwald-Überlebenden und wurde Vorsitzender des Buchenwald-Komitees, arbeitete im Vorstand des Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer. Seit 1970 war er stellvertretender Vorsitzender des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos.

Bartel hat zusammen mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter die Ausrichtung der historischen Seminare und Institute in der DDR nach den Vorgaben der SED vorangetrieben. Dabei stand zunächst nicht jeder DDR-Historiker in der marxistischen Tradition. Nach Angaben von Lothar Mertens habe Walter Bartel – ähnlich wie Horst Bartel, Karl Bittel, Rudolf Lindau und Albert Schreiner – jedoch die nötig fachwissenschaftliche Kompetenz gefehlt, sodass er mit den genannten anderen sogar parteiintern als reiner Propagandist angesehen worden sei.[5]

Ehrungen

Schriften

  • La deportazione nei campi di sterminio nazisti/studi e testimonianze. Angeli, Milano 1987.
  • Wilhelm Pieck. Verlag Junge Welt, Berlin 1985.
  • Buchenwald. Deutscher Verlag der Wissenschaften, 4., völlig neu bearbeitete Auflage, Berlin 1983.
  • Das internationale antifaschistische Aktiv befreite das Konzentrationslager Buchenwald. Nationale Mahn- u. Gedenkstätte Buchenwald, 1979.
  • Karl Liebknecht. Weltkreis-Verlags-GmbH, Dortmund [1974].
  • Der Aufgabenbereich des Leiters des Amtes DIV des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes der SS. [Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen Deutschland], Berlin [1966].
  • Lewica niemieckiej socjaldemokracji w walce przeeiwko militaryzmowi i wojnie. Książka i wiedza, Warszawa 1963.
  • Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion. 6 Bde., Deutscher Militärverlag, Berlin 1962–1968.
  • Der deutsche Imperialismus und der Zweite Weltkrieg / Band 5. Beiträge zum Thema: Die Ergebnisse und Folgen des Zweiten Weltkrieges und der Zerschlagung des deutschen Imperialismus. Rütten & Loening, Berlin 1962.
  • Buchenwald varuje. Státní Nakl. politické literatury, Praha 1962.
  • Karl Liebknecht. VEB Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1961.
  • Ein Held der Nation. Verlag Neues Leben, Berlin 1961.
  • Buchenwald. Kongress-Verlag, Berlin 1960.
  • Buchenwald. Mahnung und Verpflichtung. Dokumente und Berichte. Hrsg. im Auftrag der Fédération Internationale des Résistants, des Victimes et des Prisonniers du Fascisme (FIR) von dem Internationalen Buchenwald-Komitee und dem Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer in der DDR. Röderbergverlag, Frankfurt am Main 1960.
  • Ideologie des Verbrechens und des Unterganges. Rütten & Loening, Berlin 1960.
  • Levye v germanskoj social-demokratii v bor'be protiv militarizma i vojny, Izd. inostrannoj literatury, Moskva 1959.
  • Bei den Kindern zu Besuch. Kinderbuchverlag, Berlin 1959.
  • Die Linken in der deutschen Sozialdemokratie im Kampf gegen Militarismus und Krieg. 1.–8. Tsd., Dietz-Verlag: Berlin 1958; Volltext-Archiv
  • Zum Gedenken des treuen Mitkämpfers Ernst Thälmanns Albert Kuntz. SED-Kreisleitung, Wurzen [1957].
  • Die Linken in der deutschen Sozialdemokratie im Kampf gegen Militarismus und Krieg. o. O., [1957].
  • P'i k'o tsung t'ung, Shao nier ïeh t'ung ch'u pan shen, Shanghai 1956.
  • Lehrbriefe für das Fernstudium der Mittelstufenlehrer / Geschichte. / 19./20. Deutschland in der Zeit der faschistischen Diktatur, 2., verb. Aufl. Als Ms. gedr., 1956.
  • Deutschland in der Zeit der faschistischen Diktatur 1933–1945. Verl. Volk u. Wissen, Berlin 1956.
  • Unser Präsident Wilhelm Pieck. Kinderbuchverlag, Berlin 1954.
  • Wilhelm Pieck. Práce, Praha 1952.
  • Karel Liebknecht proti Kruppovi. Rovnost, Praha 1952.
  • Ernst Thälmann, ein mutiger Vorkämpfer gegen Faschismus und imperialistischen Krieg. Volk und Wissen, Berlin 1951.
  • Karl Liebknecht gegen Krupp. Dietz, Berlin 1951.
  • Wilhelm Pieck, Präsident der Deutschen Demokratischen Republik. Amt für Information der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin [1950].
  • Aktion / Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. SAPMO-BArch, Berlin 1948/49.
  • Konzentrationslager Buchenwald. Thüringer Volksverlag, Weimar 1949.

Literatur

  • Philipp Neumann: „… eine Sprachregelung zu finden“. Zur Kanonisierung des kommunistischen Buchenwald-Gedächtnisses in der Dokumentation Mahnung und Verpflichtung. In: Katharina Stengel, Werner Konitzer (Hrsg.): Opfer als Akteure. Interventionen ehemaliger NS-Verfolgter in der Nachkriegszeit. Campus, Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-593-38734-4, S. 151–173.
  • Lutz Niethammer (Hrsg.): Der „gesäuberte Antifaschismus“. Die SED und die kommunistischen Kapos von Buchenwald. Akademie, Berlin 1994, ISBN 3-05-002647-2.
  • Siegfried Prokop, Siegfried Schwarz (Hrsg.): Zeitgeschichtsforschung in der DDR. Walter Bartel (1904–1992) – ein bedrohtes Leben. Beiträge zum 100. Geburtstag von Walter Bartel. RLS Brandenburg, Potsdam 2005, ISBN 3-935530-42-0.
  • Waltraud Falk: Laudatio zum 85. Geburtstag von Prof. Dr. Walter Bartel. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Reihe Gesellschaftswissenschaften 39 (1990), Heft 6, S. 522–525.
  • Lothar Mertens: Bartel, Walter. In: Ders.: Lexikon der DDR-Historiker. Biographien und Bibliographien zu den Geschichtswissenschaftlern aus der Deutschen Demokratischen Republik. Saur, München 2006, ISBN 3-598-11673-X, S. 115 f.
  • Karin Hartewig, Ilko-Sascha KowalczukBartel, Walter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Weblinks

Commons: Walter Bartel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harry Stein, Gedenkstätte Buchenwald (Hrsg.): Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945, Begleitband zur ständigen historischen Ausstellung, Göttingen 1999, S. 292 f.
  2. Emil Carlebach, Willy Schmidt, Ulrich Schneider: Buchenwald ein Konzentrationslager. Berichte – Bilder – Dokumente, Bonn 2000, S. 145.
  3. Konsequent gegen Neonazismus, Rassismus, Antisemitismus und Krieg
  4. Wolfgang Kießling: Partner im Narrenparadies. Der Freundeskreis um Noel Field und Paul Merker. Dietz Verlag, Berlin 1994, ISBN 978-3-320-01857-3, S. 134.
  5. Lothar Mertens: Priester der Klio oder Hofchronisten der Partei? Kollektivbiographische Analysen zur DDR-Historikerschaft, V & R unipress, Göttingen 2006, S. 125, ISBN 3-89971-307-9.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Walter Bartel Buchenwald Arolsen Archives DocID5482920.jpg
Autor/Urheber: Arolsen Archives, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Registration card of Walter Bartel as a prisoner at Buchenwald Nazi Concentration Camp.
Stamps on the bottom of back page mean Bartel was liberated by the U. S. Army and released after a screening questionnaire by the Allied Military Government.
Fotothek df pk 0000275 020 Hildegard Brand, Olga Körner, Anja Korn, Hilde Kahn, Lehrer Barthels.jpg
(c) Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de
Originale Bildbeschreibung von der Deutschen Fotothek
Hildegard Brand, Olga Körner, Anja Korn, Hilde Kahn, Lehrer Barthels