Wahrschau am Mittelrhein

Schiffsverkehr an der Rheinkurve um die Loreley (Bildmitte). Das mit roten Containern beladene Schiff fährt talwärts, die anderen bergwärts. Am linken Ufer ist die Signalstelle C Am Betteck zu sehen.
Wahrschaustrecke mit Lage der fünf Signalstellen

Die Wahrschau am Mittelrhein ist eine Maßnahme zur Information und Steuerung des Schiffsverkehrs im Mittelrheintal mit Hilfe von Signalanlagen. Sie betrifft einen knapp 7 km langen Abschnitt des Rheins, der hier sehr schmal ist, starke Strömung und einige Untiefen sowie enge Kurven aufweist, weshalb der Sicht- und Funkkontakt der Schiffe untereinander erheblich beeinträchtigt ist und zur Vermeidung gefährlicher Situationen nicht ausreicht.

Wahrschauen bedeutet in der See- und Binnenschifffahrt „Achtung“ oder „Vorsicht“ gebieten.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Kapitäne der Rheinschiffe von speziellen Wahrschaustationen vor Gefahren gewarnt. 1972 wurde auf Lichtsignalanlagen umgerüstet, die zunächst von den Signalstellen Bankeck, Betteck und Ochsenturm aus bedient wurden. Seit 1993 werden die Signalstellen zentral gesteuert, eine Überwachung an den drei Stationen war aber zunächst noch nötig, bis 1997 die Radarüberwachung in Betrieb genommen wurde und die Revierzentrale Oberwesel, eine Betriebsstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, auch die gesamte Überwachung übernahm.

Strecke Oberwesel – Sankt Goar

Vorsignal gegenüber der Kraus-Aue bei Rüdesheim 1972
Raumbedarf eines Schubverbands bei Kurvenfahrt am Betteck (C), Aufnahme der Bundesanstalt für Wasserbau

Auf der Strecke zwischen Oberwesel und Sankt Goar wird seit 1972 der Schiffsverkehr mit Lichtsignalanlagen nach § 12.02 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV) geregelt. Davor wurden die Schiffer mit Flaggensignalen „gewahrschaut“.

Ursprünglich war eine fünf Kilometer lange Strecke zwischen Oberwesel und Sankt Goar in vier Wahrschauabschnitte unterteilt. Seit der Änderung der RheinSchPV vom 29. November 2012 gibt es nun mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 auf ca. sieben Kilometer sieben neu gegliederte Abschnitte:[1]

  1. km 548,50 – km 549,50,
  2. km 549,50 – km 550,57,
  3. km 550,57 – km 551,30, Ochsenturm Oberwesel bis unterhalb Tauberwerth
  4. km 551,30 – km 552,40, Tauberwerth bis oberhalb Geisenrücken (Felsen in der Flussmitte und Fahrwasserteilung)
  5. km 552,40 – km 553,60, Geisenrücken bis Betteck
  6. km 553,61 – km 554,34, Betteck bis Loreley
  7. km 554,34 – km 555,43, Loreley bis Bankeck.

Schiffe, die in die Wahrschaustrecke einfahren, müssen sich über Funk bei der Revierzentrale melden. Diese stellt dann entsprechend der Schiffsgröße die Signale für die Bereiche, die die Schiffe durchfahren. Die Bergfahrt meldet sich unterhalb des Bankecks und die Talfahrt oberhalb des Ochsenturms. Vor dem Umfahren des Bankecks und des Bettecks müssen die Bergfahrer gegebenenfalls die Talfahrt abwarten.

Die Talfahrt ist in diesem Abschnitt und vorangehend bereits ab Bingen (km 530) nachts nur Fahrzeugen mit Radar erlaubt.

Signalstellen

Die Signalstellen befinden sich alle am linken (also westlichen) Ufer, werden von der Revierzentrale in Oberwesel gesteuert und mit vier Landradarstationen überwacht. Die Zentrale ist über UKW-Kanal 18 erreichbar und rund um die Uhr besetzt. Die Radarstationen befinden sich in Oberwesel, gegenüber dem Kammereck, gegenüber der Loreley und an der Signalstation E An der Bank.

SignalstelleStandortFluss-kmsichtbar fürzeigt an
AAm Ochsenturm550,57Talfahrtweißes Licht: Talfahrt frei

zusätzlich ein weißes Blinklicht: Verband von über 110 Meter Länge passiert Tauberwerth zu Berg
2 rote Lichter: Talfahrt gesperrt

BergfahrtTalfahrt oberhalb auf zwei Signalfeldern
BAm Kammereck552,80Talfahrtweißes Licht: Verband von über 110 Meter Länge passiert das Betteck zu Berg
2 rote Lichter: Talfahrt gesperrt
CAm Betteck553,61BergfahrtTalfahrt in den Abschnitten 3 bis 5 auf drei Signalfeldern
DGegenüber der Loreley (Lützelsteine)554,34BergfahrtTalfahrt in den Abschnitten 4 bis 6 auf drei Signalfeldern
2 rote Lichter: Bergfahrt gesperrt
EBankeck555,43BergfahrtTalfahrt in den Abschnitten 6 und 7 auf zwei Signalfeldern
2 rote Lichter: Bergfahrt gesperrt

Die Signalfelder zeigen mit ein bis drei leuchtenden Balken den entgegenkommenden Verkehr in den jeweiligen Abschnitten an. Dabei ist das unterste Signalfeld dem nächstliegenden Abschnitt zugeordnet; die darüber liegenden jeweils den weiter entfernt liegenden:

Keine TalfahrtMindestens 1 Einzelfahrer bis 110 m LängeMindestens 1 Einzelfahrer über 110 m Länge oder 1 Verband bis 110 m LängeMindestens 1 Verband über 110 m Länge

Beispiele

Signalstelle E An der Bank bei St. Goar für die Bergfahrt mit Lotsenmuseum.
Angezeigt wird: Mindestens ein zu Tal kommender Einzelfahrer bis 110 m in Abschnitt 7 sowie mindestens ein Talfahrer über 110 m oder ein Verband bis 110 m in Abschnitt 6.
Signalstelle C Am Betteck für die Bergfahrt.
Angezeigt wird: mindestens ein Talfahrer bis 110 m in Abschnitt 5 (gemeint ist das Schiff links im Bild), keine Talfahrt in den Abschnitten 4 und 3.

Wahrschau 1910

In der Rheinschiffahrts-Polizeiverordnung von 1910 ist die Wahrschau auf der Strecke von Bingen bis Sankt Goar geregelt. Wahrschauer waren an folgenden Stellen eingerichtet:

  • am Binger Loch auf dem Mäuseturm, siehe Wahrschau im Mäuseturm
  • gegenüber dem Mäuseturm an der Zollmauer, zur Anmeldung der von Rüdesheim zu Tal fahrenden Flöße
  • an der Wirbelley
  • unterhalb des Ochsenturms
  • am Kammereck
  • am Betteck
  • gegenüber der Loreley
  • am Bankeck.

Die zu Berg fahrenden Schiffe wurden durch Aufziehen von Flaggen oder Körben auf die Talfahrt aufmerksam gemacht:

  • ein Schiff wurde mit einer roten Flagge angekündigt
  • ein Schleppzug mit einer weißen Flagge
  • ein Floß mit einer weißen und einer roten Flagge.

Die Wahrschauer für das zweite Fahrwasser am Binger Loch und für das linksseitige Fahrwasser oberhalb des Kammerecks zeigten anstelle der Flaggen gleichfarbige Körbe.

Wenn am Betteck oder am Bankeck neben der gewöhnlichen Flagge noch eine kleine rote Flagge gezeigt wurde, bedeutete dies, dass sich der angekündigte Talfahrer in Sicht des Wahrschaupostens befindet.

Siehe auch

Literatur

  • Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest: Kompendium der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest. Organisatorische und technische Daten, Binnenschifffahrt, Aufgaben, Wasserstraßen. Eigenverlag, Mainz Juni 2007.
  • Karl-Heinz Lautensack: Rheinschif(f)fahrt gestern und heute. Selbstverlag, 2003, ISBN 3-00-012331-8.
  • Günther J. Janowitz: Warum ist es am Rhein so schön, ein Buch für Kenner und Liebhaber – Technik, Romantik, Natur, Geschichte, Kunst, Schifffahrt in zwei Jahrtausenden – neuartige Rheinlauf-Karten von Mainz bis Köln. Verlag Sera-Print, Einhausen 2000, ISBN 3-926707-09-7.

Weblinks

Commons: Wahrschau am Mittelrhein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Veröffentlichung zur neuen Lichtwahrschau Oberwesel – St. Goar Rhein-km 548,50 – 555,43 auf ELWIS.de (Memento desOriginals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.elwis.de, PDF-Datei

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Originalbeschreibung: "Nach den Wahrschaustationen mit Flaggen wurde auf der 5 km langen Strecke Oberwesel - Sankt Goar ab 1972 die Schifffahrt mit Lichtsignalen geregelt, die von den Signalstellen Ban(k)eck, Betteck und Ochs(e)nturm bedient wurden (4 Wahrschaubschnitte). Bild: Blick auf das Vorsignal am rechten Ufer gegenüber der Kraus-Aue, Rüdesheim"
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Reportage / Serie : Rijnvaart, reportage over het leven en werken aan boord van een Rijnschip
Beschrijving : Seinwachter bij de Lorelei observeert met verrekijker het scheepvaartverkeer op de Rijn
Datum : 1 april 1955
Locatie : Duitsland, Sankt Goarshousen, West-Duitsland
Trefwoorden : binnenvaart, rivieren
Fotograaf : Poll, Willem van de
Auteursrechthebbende : Nationaal Archief
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Originaltitel: "Wahrschaustation Wirbelley, 1969/Rhein"

Originalbeschreibung: "Blick auf die Station. Wahrschau ist das Lotsen des Schiffsverkehrs mit Hilfe von Lichtsignalanlagen. Bis 1972 am Mittelrhein (Strecke Oberwesel - Sankt Goar) mit Flaggenanlagen (Bild: Wirbelley, rechtes Ufer), von 1972 bis 1997 mit Lichtsignalen, danach mit Radaranlagen".
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