Wahlen im Kanton Graubünden 2022

Bündner Grossratswahlen
vom 15. Mai 2022
Wahlbeteiligung: 38,4 %
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0
27,98
22,74
22,03
21,14
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Bei den Wahlen im Kanton Graubünden wurden am 15. Mai 2022 die 120 Mitglieder des Grossen Rates (Parlament) und die fünf Mitglieder des Regierungsrats (Regierung) neu gewählt. Ein allfälliger zweiter Wahlgang für die Regierungsratswahlen hätte am 12. Juni 2022 stattgefunden.

Wahlverfahren

Grosser Rat

Der Kanton Graubünden wählte bis zuletzt sein Kantonsparlament nach dem Majorzwahlrecht. Zwischen 1937 und 2013 wurde insgesamt acht Mal der Übergang zu einem Proporzwahlsystem an der Urne verworfen. Das Bundesgericht stellte im August 2019 jedoch fest, dass aufgrund der hohen Anzahl an zu vergebenden Sitzen in den sechs grössten Wahlkreisen das Majorzverfahren dort die Erfolgswertgleichheit verletze. In den kleineren Wahlkreisen sei der Majorz jedoch zulässig.[1]

Die drei grössten Fraktionen (FDP, CVP, BDP) und die Mehrheit der Gemeinden schlugen daher eine Lösung vor, bei der vier der grösseren Wahlkreise aufgeteilt werden sollten, während die zwei grössten Wahlkreise künftig isoliert nach Proporz wählen sollten (vgl. Landrat (Uri)).[2] Die Gemeinden in den aufzuteilenden Wahlkreisen und die SP- und SVP-Fraktionen bevorzugten hingegen ein reines Proporzsystem. Nach dem Einlenken der FDP- und BDP-Fraktionen wurde die Einführung des Doppelproporzes beschlossen. Die Stimmbevölkerung bestätigte am 13. Juni 2021 mit einem Ja-Anteil von 78,9 % die Wahlrechtsänderung.[3][4]

Mit dem neuen Wahlrecht bleiben die 39 bisherigen Wahlkreise bestehen. Parteien oder Gruppierungen können in allen oder auch in einzelnen Wahlkreisen jeweils Listen einreichen. Gleichnamige Listen in den verschiedenen Wahlkreisen bilden eine Listengruppe. Bei der Methode des Doppeltproportionalen Zuteilungsverfahrens («Doppelter Pukelsheim») erhalten die Listengruppen zunächst auf gesamtkantonaler Ebene Sitze entsprechend ihrem Wähleranteil (Oberzuteilung). Die gewonnenen Sitze werden dann so auf die Wahlkreislisten verteilt, dass die Sitzverteilung möglichst auch den Wahlkreisstimmenanteil abbildet (Unterzuteilung). Die Majorzbedingung sieht vor, dass die stimmenstärkste Liste in jedem Wahlkreis immer mindestens ein Mandat erhält, sofern keine Überhangmandate entstehen. Die Sperrklausel schliesst Listengruppen mit einem gesamtkantonalen Wähleranteil von unter 3 % von der Sitzverteilung aus.[5]

Regierungsrat

Der Regierungsrat umfasst fünf Sitze, die nach dem Majorzwahlrecht vergeben werden. Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer das absolute Mehr erreicht. Sollten nicht alle Sitze im ersten Wahlgang besetzt werden, findet ein zweiter Wahlgang statt. Hier genügt das einfache Mehr, es sind also die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt.

Wählbar sind Schweizer Staatsangehörige ab 18 Jahren mit Wohnsitz im Kanton Graubünden. Die Amtszeitbegrenzung sieht vor, dass Regierungsräte höchstens zweimal wiedergewählt werden können.[5]

Kandidaturen

Grosser Rat

Da die Parteien aufgrund des neuen Wahlsystems Interesse daran haben, in möglichst allen Wahlkreisen anzutreten, wurde eine Rekordzahl an Kandidaturen eingereicht. Für die Grossratswahl wurden fünf Listengruppen gemeldet mit insgesamt 167 Wahlkreislisten und 491 Kandidierenden (336 Männer, 154 Frauen, 1 divers).[6][7]

Folgende fünf Listengruppen wurden gemeldet (in Klammern die Kurzbezeichnung):

Regierungsrat

Die bisherigen Regierungsräte Marcus Caduff (Mitte), Peter Peyer (SP) und Jon Domenic Parolini (Mitte) traten für eine weitere Amtsperiode an. Christian Rathgeb (FDP) und Mario Cavigelli (Mitte) verzichteten auf eine erneute Kandidatur. Als Ersatz nominierte die FDP Martin Bühler und Die Mitte Carmelia Maissen. Die seit 2008 im Regierungsrat nicht vertretene SVP nominierte Roman Hug. Zudem kündigte der ehemalige Gemeinderat Hans Vetsch (parteilos) seine Kandidatur an. Somit bewarben sich sieben Kandidierende um die fünf Sitze.

Umfragen

Gemäss einer Umfrage von Sotomo im Auftrag von Somedia und RTR einen Monat vor der Wahl (1888 Befragte) führen die bisherigen Regierungsräte Marcus Caduff (Mitte) und Peter Peyer (SP) das Feld an. Die FDP könnte mit Martin Bühler ihren Sitz neu besetzen. Ebenfalls gewählt wären Carmelia Maissen (Mitte) und Roman Hug (SVP). Hingegen wäre Erziehungs- und Kulturdirektor Jon Domenic Parolini (Mitte) nach zwei Amtsperioden abgewählt, wodurch Die Mitte einen Sitz an die SVP abgeben müsste. Die Abstände liegen jedoch innerhalb des Fehlerbereichs von 2,6 Prozentpunkten.[8]

Umfragen zur Grossratswahl
InstitutDatumMitteSVPSP/GrüneFDPGLP
Sotomo[9]28.03.–04.04.202226 %26 %22 %17 %9 %
Umfragen zur Regierungsratswahl
InstitutDatumCaduffPeyerBühlerMaissenHugParoliniSonstige
Sotomo[9]28.03.–04.04.202250 %47 %44 %42 %40 %39 %9 %

Ergebnisse der Grossratswahlen

Sitzverteilung 2022
Insgesamt 120 Sitze
Grossratswahlen GR 2022.svg
ParteiWählerProzentSitze (+/−)
Die Mitte14'46827,98 %34−19
Sozialdemokratische Partei und Grüne11'76122,74 %271+9
FDP.Die Liberalen11'39122,03 %27−9
Schweizerische Volkspartei10'93321,14 %25+16
Grünliberale Partei3'1606,11 %7+4
1 Davon 25 SP und 2 Grüne

Ergebnisse nach Wahlkreisen

WahlkreisSitzeMitteSP/GrüneFDPSVPGLP
Alvaschein255,9 %2±011,9 %0±016,2 %0±009,8 %0±006,2 %0±0
Avers108,6 %0−188,9 %1+102,5 %0±0
Belfort154,5 %1±025,7 %0±019,9 %0±0
Bergell127,4 %0±014,0 %0±048,4 %1±010,2 %0±0
Bergün121,7 %0±028,3 %0±039,0 %1±011,0 %0±0
Breil/Brigels157,8 %1±024,5 %0±017,7 %0±0
Brusio108,6 %0±015,8 %0±022,5 %0±053,2 %1±0
Calanca143,1 %1±010,5 %0±032,6 %0±013,7 %0±0
Chur21 (+1)18,1 %3−236,5 %8±018,3 %4−117,3 %3+309,8 %3+1
Churwalden131,6 %1+127,7 %0±016,9 %0−118,9 %0±004,9 %0±0
Davos610,0 %1+131,1 %2+128,3 %1−220,2 %1±010,4 %1±0
Disentis472,9 %3−113,0 %1+103,2 %0±010,9 %0±0
Domleschg314,9 %0−127,6 %1±020,2 %1±027,4 %1+109,9 %0±0
Fünf Dörfer11 (−1)24,1 %2−222,7 %3±013,6 %1−131,8 %4+107,8 %1+1
Ilanz646,0 %3−219,5 %1+113,7 %1±017,4 %1+103,4 %0±0
Jenaz124,5 %0−109,1 %0±025,7 %1+125,6 %0±015,1 %0±0
Klosters324,0 %1±013,3 %0−122,6 %1+127,8 %1±012,3 %0±0
Küblis114,8 %0±019,7 %0±016,2 %0±049,3 %1±0
Lumnezia/Lugnez256,8 %1−112,1 %0±010,1 %0±020,9 %1+1
Luzein120,3 %0±021,4 %0±043,8 %1±014,5 %0±0
Maienfeld5 (+1)13,8 %1±024,4 %1+128,7 %1−125,5 %1±007,6 %1+1
Mesocco1 (−1)41,4 %1±015,3 %0±036,6 %0−106,7 %0±0
Oberengadin816,8 %1−118,2 %2+128,1 %2−222,5 %2+114,4 %1+1
Poschiavo223,3 %0−114,7 %0±034,4 %1±023,7 %1+104,0 %0±0
Ramosch116,6 %0±017,8 %0±039,4 %1±026,2 %0±0
Rhäzüns735,1 %3−325,3 %2+116,9 %1+118,7 %1+104,0 %0±0
Rheinwald129,5 %0±031,8 %1+131,8 %0−106,9 %0±0
Roveredo324,8 %1+122,1 %1±043,6 %1±009,5 %0±0
Safien149,5 %1±009,6 %0±040,8 %0±0
Schams138,9 %1±018,9 %0±034,7 %0±007,5 %0±0
Schanfigg206,6 %0±013,7 %0±044,2 %1−135,6 %1+1
Schiers320,2 %0−115,7 %1+124,8 %1−131,6 %1+107,8 %0±0
Seewis128,9 %1±007,4 %0±028,2 %0±026,7 %0±008,8 %0±0
Suot Tasna341,4 %1−119,9 %1+116,7 %0−122,0 %1+1
Sur Tasna120,1 %0−136,0 %0±043,9 %1+1
Surses137,7 %0±015,9 %0±039,1 %1±007,3 %0±0
Thusis426,2 %1−219,8 %1+115,4 %1±028,2 %1+110,3 %0±0
Trins524,1 %1−125,2 %1±030,9 %2±016,6 %1+103,2 %0±0
Val Müstair162,1 %1±007,1 %0±030,8 %0±0
Graubünden12028,0 %35−1922,7 %27+922,0 %27−921,1 %25+166,1 %7+4

Ergebnisse der Regierungsratswahlen

KandidatParteiStimmen[10]% 1Ergebnis
Marcus Caduff (bisher)Mitte29'99154,2 %Gewählt
Martin BühlerFDP28'64951,8 %Gewählt
Peter Peyer (bisher)SP26'06347,1 %Gewählt
Carmelia MaissenMitte25'14545,4 %Gewählt
Jon Domenic Parolini (bisher)Mitte25'03745,2 %Gewählt
Roman HugSVP18'92634,2 %
Absolutes Mehr17'27831,2 %
Hans Vetschparteilos3'5006,3 %
1 im Verhältnis zu den abgegebenen Wahlzettel

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesgerichtsurteil 1C_495/2017. Bundesgericht (Schweiz), 29. Juli 2019, abgerufen am 16. Februar 2021.
  2. Die Regierung will die Mischung. Südostschweiz, abgerufen am 16. Februar 2021.
  3. Neues Wahlsystem: Wieso plötzlich fast alle für den Proporz sind. Schweizer Radio und Fernsehen, 8. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021.
  4. Graubünden stimmt zum neunten Mal über den Proporz ab. Südostschweiz, 16. Februar 2021, abgerufen am 16. Februar 2021.
  5. a b Wahlanleitung für die Gesamterneuerungswahlen vom 15. Mai 2022 – Grosser Rat und Regierung. Standeskanzlei Graubünden, abgerufen am 28. April 2022.
  6. Stefan Liechti: Grossandrang bei den Bündner Parlamentswahlen. Schweizer Radio und Fernsehen, 21. April 2022, abgerufen am 18. April 2022.
  7. 491 Bündnerinnen und Bündner wollen in den Grossen Rat. GR Heute, 3. März 2022, abgerufen am 28. April 2022.
  8. Für Bündner Mitte-Regierungsrat Parolini könnte es knapp werden. FM1 Today, 13. April 2022, abgerufen am 17. April 2022.
  9. a b Wahlumfrage in Graubünden: Die SVP gewinnt auf Kosten der FDP. In: Südostschweiz. Somedia Press, 13. April 2022, abgerufen am 15. Mai 2022.
  10. https://www.srf.ch/news/abstimmungen-15-mai-2022/wahlen-graubuenden-svp-weiterhin-nicht-in-der-buendner-regierung-vertreten

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Stärkste Partei nach Wahlkreisen und Sitzverteilung bei den Grossratswahlen Graubünden 2022