Wüterich (Person)

Briefmarke: Für die Jugend, 100. Todestag von Heinrich Hoffmann mit dem Bild des wütenden Friederich.

Ein Wüterich (weiblich auch Wüterin oder Furie genannt[1]) ist jemand, der wütet[2] oder der leicht in Wut gerät und gewalttätig wird.[3] Das Wort wurde auch zur Bezeichnung von affektlabilen[4] Menschen gebraucht und wird teils als umgangssprachlich angesehen.[5]

Das Wort ist zuerst im 9. Jahrhundert als ahd. wuotarīh belegt.[6] Dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm zufolge bezeichnete es zunächst vor allem einen Gewaltherrscher, Despoten, Tyrannen als genaue Entsprechung des lateinischen tyrannus, später dann auch allgemein einen „harten, gewalttätigen menschen“. Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ziehe es sich (in beiden Bedeutungen) „aus dem ernsthaften sprachstil mehr und mehr zurück“.[7]

Der mittelalterliche Beiname Wüterich entwickelte sich zum Geschlechtsnamen und ist heute auch ein Familienname (auch: Wüeterich, Wütrich, Wüthrich, Wütherich etc. geschrieben) und bezeichnete bereits damals eine Person, die z. B. zu Jähzorn neigte oder später, einen solchen Vorfahren hatte.

Synonyme

Wüterich ist ein Oberbegriff für z. B.: Amokläufer, Berserker, Jähzorniger, Rasender, Scheusal, Tobender, Tobsüchtiger oder ganz allgemein Wüter.

Verwendung in der Literatur

Im Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann ist die Geschichte vom bösen Friederich enthalten mit dem sehr bekannten Vers:

Der Friederich, der Friederich, Das war ein arger Wüterich!

Bekannt auch in Rumpelstilzchen & Co.:

Heiß nicht Alexander, und nicht Welomyr, auch nicht Celsius, das verrat ich dir, heiß nicht Alpha oder Beta oder Caesar gar, heiß nicht Dietrich oder Wüterich, bin auch nicht der Zar. Ha, ha, ha – ach wie gut das niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß. Rumpelstilzchen heiß ich, doch der König weiß nicht, wie ich wirklich heiß. – Alles läuft ganz prächtig und so sing ich mächtig – trallalla – trallalla.

Heinrich von Kleist nannte Napoleon in einem Brief an Ulrike von Kleist einen Wüterich.[8]

Friedrich Schiller lässt in Wilhelm Tell die Kleinbäuerin Armgard zu den Kindern sprechen, als Gessler vom Pfeil des Tell durchbohrt ist: Seht Kinder, wie ein Wüterich verscheidet. In Die Bürgschaft verwendet Schiller Wüterich in der älteren Bedeutung als Synonym (vgl. DWB, Eintrag Wüterich):

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
"Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!"
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
"Die Stadt vom Tyrannen befreien!"
"Das sollst du am Kreuze bereuen.

Der römische Satirikendichter Juvenal gibt an, dass der Name Antiphates, in der griechischen Mythologie[9] der König der riesenhaften, menschenfressenden Laistrygonen, sprichwörtlich für einen Wüterich gebraucht wurde.[10]

Bekannte Personen

Siehe auch

Literatur

  • Wayrhafftige neuwe tzydunghe, weß sich der Tyrannische Vuttrich Turck Salomon gen. dyt 29. jair entgegen Ungeren, Oesterreich und gemeyner Christenheit dye tzo bekreygen unnd tzo eroferen, 1529.
  • Iris Karg, Willi Wüterich sagt nein! : eine Geschichte, Regensburg 2010, Charlotte Verlag : Kinderleicht-Wissen-Verlag, ISBN 978-3-86751-315-9.
  • Annette Langen, Ritter Wüterich und Drache Borste, Hamburg 2017, Verlag Dressler, ISBN 978-3-7707-0023-3
  • Hans-Peter Langfeldt, "Zappel-Philipp" und "Friedrich der Wüterich" : Prototypen verhaltensgestörter Kinder, in: Psychologie in Erziehung und Unterricht: Zeitschrift für Forschung und Praxis, Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, München 2003, Reinhardt, Bd. 50.
  • Hans Jörg Mannasser, Warhaffte und Eigentliche Abbildung und Contrafactur deß Aller Durchleuchtigsten Unuberwündlichsten König Æstas oder Sommer König neben trefflicher verheissung starckes beystandts Teutscher Nation wider den grausamen Tyrannen und Wüterich Rex Hyems oder Winter König, Augspurg 1623.
  • M. Augustinum Neser von Fürstenberg Wie man dem grimmen Wüterich vnd Christlichen bluts durstigen Tyrannen, in allweg widerstand thun möchte : Tröstlicher, nutzlicher vnnd notwendiger bericht an alle Ständ. In wölchem angezaigt wirdt, wie sich in diser fürgefallner Kriegßnoth ein yeder halten soll ..., Jngolstatt, Weyssenhorn 1566.
  • Cornelia Nitsch, Der kleine Wüterich : Spiele und praktischer Rat gegen Aggression und schlechte Laune, München 2000, Mosaik.
  • Autor unbekannt, Gallerie menschlicher Wütheriche, Ungeheuer und Scheusale, sowie gefährlicher Gauner und frecher Diebe : Nebst einigen interessanten Anekdoten, Leipzig 1838, Ludwig Schreck.
  • Kriegsrüstũ=||ge vnnd Heerzůgk des wüterichen || Türckischen Keysers/ mit aller ord||nung vnd zal des volcks/ so er zů roß || vnd zů fůß die Christenheit zů überzi||hen/ mit jm bringt/ warhafftig || beschrieben.|| Allen Christen zů trewer warnung/|| ... ||,Mainz 1532, Peter Jordan.

Weblinks

Wiktionary: Wüterich – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Ausprägungen psychischer Affektstörung. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 183–192, hier: S. 183 f.
  2. Eintrag „Wüterich“ im Duden-Onlinewörterbuch. Abgerufen am 22. Juli 2020.
  3. Eintrag „Wüterich“ im Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977) Zitiert nach DWDS, abgerufen am 22. Juli 2020.
  4. Gundolf Keil: Wut, Zorn, Haß. Ein semantischer Essai zu drei Ausprägungen psychischer Affektstörung. 2017/2018, S. 184.
  5. So im DWDS, nicht aber im Duden.
  6. Eintrag „Wüterich“ in: Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 1993. Digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 22. Juli 2020.
  7. Eintrag „wüterich“ im Deutschen Wörterbuch (online, abgerufen am 22. Juli 2020).
  8. Zit. nach L. Jordan: Kleist als Dramatiker: Kleist und Dresden. Werk, Kontext und Umgebung. Würzburg 2009, S. 87.
  9. Homer, Odyssee, 10, 80 – 132; Bibliotheke des Apollodor, Epitome 7, 12f.; Hyginus, Fabulae 125; u. a.
  10. Juvenal, Satiren 14, 20.

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