Württembergischer Landesposaunentag

Der württembergische Landesposaunentag ist eine kirchenmusikalische Großveranstaltung des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg, die im Zwei-Jahres-Rhythmus an einem Wochenende im Mai oder Juni in Ulm stattfindet.

Ablauf

Zu diesem Bläsertreffen kommen hauptsächlich Blechbläser aus Posaunenchören im Einzugsgebiet der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zusammen, um im Münster, in der Martin-Luther-Kirche, in der Pauluskirche und in anderen Kirchen, in sozialen Einrichtungen sowie in der Donauhalle und im Congress Centrum vorwiegend geistliche Werke aller Epochen und Stile zu musizieren und Gottesdienste zu feiern. Der Landesposaunentag endet traditionell mit einer liturgischen Schlussfeier auf dem Münsterplatz, bei der alle teilnehmenden Bläser unter Leitung des württembergischen Landesposaunenwarts gemeinsam musizieren und so den „größten Posaunenchor der Welt“ bilden. Als vorletztes wird der Choral Nun danket alle Gott nach dem Satz von Johann Sebastian Bach BWV 252 (von G-Dur nach Es-Dur transponiert) geblasen: zuerst 4-stimmig, dann mit den Fanfaren und zum Abschluss mit der Oberstimme von Hermann Mühleisen.[1] Während der dritten Strophe beginnen die Münsterglocken zu läuten. Nach Nun danket alle Gott wird als letztes die dritte Strophe des Chorals Wachet auf, ruft uns die Stimme – bei den Bläsern schlicht als „Gloria“ bekannt – gespielt. Dies ist der Schlusschoral aus der Kantate BWV 140.

Geschichte

Gründung

Im Jahr 2006 fand mit dem 41. Landesposaunentag ein „Jubiläumsposaunentag“ unter Leitung von Landesposaunenwart Hans-Ulrich Nonnenmann statt. Hundert Jahre zuvor kamen die Bläser erstmals nach Ulm zum Landesposaunentag. Damals waren es allerdings nur 250 Musikanten, während es 2006 rund 8000 waren. Der erste Landesposaunentag fand 1901 in Esslingen am Neckar statt. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden die württembergischen Landesposaunentage in verschiedenen Städten durchgeführt.

Ulm

1946

Die große Tradition der Ulmer Posaunentage begann, als der damalige Landesposaunenwart Hermann Mühleisen die Posaunenchöre in die vom Krieg zerstörte Münsterstadt rief. Am 1. März 1945 durchschlug eine 500-Kilo-Bombe das Chorgewölbe. Sie stürzte auf den Boden, ohne zu explodieren.[2][3] So war das Münster damals eines der wenigen größeren Gebäude in der Ulmer Innenstadt, das nicht in Trümmern lag. Theophil Wurm begann die Predigt zu Jesus Christus herrscht als König mit den Worten: „Seit 12 Jahren ist es mir nicht möglich gewesen, zu euch zu sprechen“. Gespendetes Vesper wurde kostenlos aus Körben gereicht. Beim Spielen des „Gloria“ brachen gestandene Männer in Tränen aus.[4]

1947

1947 kam zum großen Gesamtklang ein Auswahlchor hinzu: die Geburtsstunde des Schwäbischen Posaunendienstes.

1996

Aufgrund der stetig steigenden Teilnehmerzahlen, von 2000 im Jahr 1946 bis 9000 fünfzig Jahre später, wurde selbst das Münster zu klein für alle Teilnehmer der Landesposaunentage, und es mussten andere Veranstaltungsorte in Ulm miteinbezogen werden; inzwischen gibt es in Ulm fünf Veranstaltungsorte.

2020

2020 wurde ein neues Konzept beschlossen: Ein Spiel- und Sportangebot ergänzt den Landesposaunentag, der künftig in ungeraden Jahren in Ulm stattfindet.[5]

Ursprünglich sollte der 48. Landesposaunentag am 27. und 28. Juni 2020 turnusgemäß stattfinden. Doch die politischen Vorgaben zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie machten neue Überlegungen notwendig.

Vor diesem Hintergrund haben die Verantwortlichen des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg (EJW) in Kooperation mit der Stadt Ulm beschlossen, den Landesposaunentag auf das Jahr 2021 zu verschieben.

2021

Im Jahr 2021 beging das Evangelische Jugendwerk in Württemberg sein 50-jähriges Jubiläum; zugleich feierte die Sportarbeit im EJW den 100. Geburtstag. Deshalb sollte es in Ulm am 3. und 4. Juli 2021 ein Fest mit zwei Akzenten geben. Die Posaunenbläser des EJW planten Ulm in eine klingende Stadt zu verwandel; die Sportler der Eichenkreuz-Sportarbeit im EJW wollten mit ihren Angeboten Jung und Alt in Bewegung setzen. In Zukunft sollte der Landesposaunentag dann in den ungeraden Jahren in Ulm stattfinden.

Klassische Großveranstaltungen waren im Sommer 2021 noch nicht möglich.

Das EJW und die Kirchengemeinden in Württemberg luden dazu ein, diesen Sonntag zum „Posaunentag im Land“ zu machen. Unter dem Motto „Vertrauenssache Glaube“ gab es dazu ein fertig ausgearbeitetes Programm für den Festgottesdienst, sowie den Vorschlag, auch am Samstag vor Ort ein kleines Konzert zu gestalten – jeweils angepasst an die dann aktuell geltenden Corona-Verordnungen.

Eine Serenade und ein Fernseh-Gottesdienst aus dem Ulmer Münster fanden statt[6]

2023

Nach gravierenden, pandemiebedingten Einschnitten in den Jahren 2020 und noch einmal 2021 ist am 24. und 25. Juni 2023 derzeit ein weiterer Termin in Ulm geplant, der wieder ein gemeinsames Musizieren in analoger Form möglich machen soll.[7]

Weitere Planungen

Zahlreiche Bläser möchten bereits den Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 7. bis 11. Juni 2023 in Nürnberg unterstützen. Einladungen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), der Stadt Nürnberg und des Freistaates Bayern liegen vor. Für das Jahr 2025 ist ein Bläsereinsatz beim Kirchentag in Hannover geplant.

Symbole des Landesposaunentages

Eichenkreuzpult

Der Landesposaunenwart Hermann Mühleisen dirigierte die Bläser der Landesposaunentage vom Eichenkreuzpult aus.[8]

Eichenkreuz

Eichenkreuz

In Württemberg wurde das Eichenkreuz hauptsächlich als Eigenname der Sportarbeit im Evangelischen Jugendwerk verwendet.[9] im Jahr 1844 mit seinem ganzheitlichen Ansatz der Jugendarbeit – für Körper, Geist und Seele – wurden die Leibesübungen zu einem zentralen Element. Ein Meilenstein für die Sportarbeit in organisatorischer Sicht war das Jahr 1921, „als sich die regionalen Turngremien der Jungmännerbünde zusammenschlossen, [und] das Eichenkreuz als einheitliches Zeichen eingeführt wurde“.[10]

Die Gründerväter formulierten damals folgenden Grundsatz: „Eichenkreuz ist die schöpferische Neugestaltung der Leibesübungen aus christlicher Glaubensverantwortung, die keine ‚religiöse Neutralität‘ kennt. Sie erfasst die Gesamtheit jugendlichen Lebens bis in die Tiefen der Gottesgemeinschaft hinein und entfaltet damit Kräfte sittlicher Lebenshaltung, die nicht mit Stoppuhr und Bandmaß gemessen werden können. Eichenkreuz ist der Wille, die Leibesübungen zum wesentlichen Bestandteil einer umfassenden Gemeinschaft jugendlichen Lebens zu machen, das im Evangelium wurzelt.“[11]

1925 erfolgte dann der Zusammenschluss der christlichen Turn- und Sportbünde unter dem amtlich-einheitlichen Namen “Eichenkreuz-Verband für Leibesübungen der Evangelischen Jungmännerbünde Deutschlands.” Entwickelt wurde das Eichenkreuz 1921 von Johannes Tack für die gesamte Arbeit im Nationalverband der Evangelischen Jungmännerbünde. Die grünenden Blätter der Eiche sind in Deutschland vielfach als Sinnzeichen für Standhaftigkeit, Sieg und neues Leben verstanden worden. Bei der verwendeten Grafik Eichenkreuz der Sportarbeit im Evangelischen Jugendwerks in Württemberg und in der CVJM Bewegung sind hingegen Eichelhütchen ohne Früchte künstlerisch zusammengefügt. Hier durch die kreuzförmige Anordnung bewusst mit Jesus Christus oder dem Christentum in Verbindung gebracht. Schwachwüchsige Eichenwälder gedeihen hingegen auf trockenem Felsköpfen der Schwäbischen Alb, wo andere Baumarten nicht mehr zurechtkommen. Der CVJM Westbund verwendet das Eichenkreuz beim Bundesthing.[12]

Kleidung mit Eichenkreuz wird in der bündischen Jugendarbeit verwendet.[13]

Kugelkreuzflagge

Der mit einem Kreuz überhöhte Kreis

Die Fanfarentrompeten sind beim Landesposaunentage in Ulm mit dem Kugelkreuz aus Tuch beflaggt.[14]

Kugelkreuz

Das Kugelkreuz wurde im Mai 1946 von den evangelischen Jugendverbänden als Symbol für die Evangelische Jugend Deutschlands festgelegt. Für die Evangelische Jugend war dies ein Zeichen des Neuanfangs nach der Zeit des Nationalsozialismus. Das Kreuz auf der Weltkugel wird auch als höchste Auszeichnung verwendet, in Form des Goldenen Kugelkreuzes.[15]

Taktstock

Der Landesposaunenwart dirigiert mit überdimensionalem Taktstock (98 cm).[16] Wie der Ehrenhäckel im Bergbau wird der Stock bei der Pensionierung weitergereicht.[17] Wilhelm Mergenthaler stieg 1968 zu seinem Vorgänger auf das Dirigentenpodest hinauf und übernahm von Hermann Mühleisen den überlangen Taktstock.[18]

Diskographie

Literatur

  • Reinhart Hohner, Albrecht Schuler: Ulm – ein Vorplatz des Himmels. Chronik der württembergischen Landesposaunentage. buch & musik, ejw-service-GmbH, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-932595-89-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Überstimme Hermann Mühleisen
  2. Oliver Helmstädter: Steinschlag-Gefahr: Unterm höchsten Kirchturm der Welt wird neu verputzt. In: Augsburger Allgemeine. 19. Oktober 2018 (augsburger-allgemeine.de [abgerufen am 21. Oktober 2018]).
  3. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Ulmer Münster: Nach abgebröckeltem Putz: Chorraum bis März 2020 gesperrt. In: swp.de. 19. Oktober 2018 (swp.de [abgerufen am 21. Oktober 2018]).
  4. Kirchengeschichte
  5. Posaunentag Jubiläum Jugendwerk Eichenkreuz und Verschiebung auf 2021
  6. Anders
  7. Anders
  8. Historische Fotografie von Hermann Mühleisen am Eichenkreuzpult Eichenkeuzpult abgerufen am 24. Mai 2020
  9. Sport_4_2020
  10. Rolf Müller (Hrsg.): „Zwischen Eigenständigkeit und Fremdbestimmung. Die Geschichte des Sports im CVJM in Deutschland“, Kassel 1987, S. 123
  11. Rolf Müller (Hrsg.): „Zwischen Eigenständigkeit und Fremdbestimmung. Die Geschichte des Sports im CVJM in Deutschland“, Kassel 1987, S. 123
  12. Bundesthing Homepage des CVJM Westbundes abgerufen am 24. Mai 2020
  13. Eichenkreuzmützen abgerufen am 24. Mai 2020
  14. Fanfarentrompeten mit Kugelkreuzfahnen bei der dritten Strophe des Chorales „Nun danket alle Gott“ - YouTube vom Ulmer Landesposaunentag 2010 abgerufen am 24. Mai 2020
  15. Kugelkreuzfilm
  16. 98 cm
  17. Bergbau
  18. Taktstock

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Eichenkreuz-Logo der Sportarbeit des CVJM
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