Vorwärts (Schiff, 1903)
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Der 1903 in Rostock gebaute Dampfer Grete Cords war als Vorwärts 47 Jahre später das erste Handelsschiff der DDR.
Geschichte
Gebaut wurde das Schiff 1903 bei der Rostocker Actien-Gesellschaft für Schiff- und Maschinenbau, der späteren Neptun-Werft. Abgeliefert wurde die unter der Baunummer 214 entstandene spätere Vorwärts im Juni 1903. Die Reederei Cords & Schmidt und später die Dampfschiffsreederei August Cords setzten das Schiff in der europäischen Trampfahrt ein. Bei Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Grete Cords in Avilés interniert und kam erst 1921 wieder nach Rostock. 1926 wurde sie an die Reederei Erich Ahrens verkauft und in Johann Ahrens umbenannt. Bei Ende des Zweiten Weltkriegs lag die Johann Ahrens beschädigt in Rostock.
Sie wurde 1950 im Auftrag der Deutschen Schiffahrts- und Umschlagsbetriebszentrale (DSU) zur Instandsetzung von Wismar in die Volkswerft Stralsund geschleppt. Nach abgeschlossener Reparatur und Umbau der Wohneinrichtungen wurde sie am 13. Oktober als erstes Schiff der DSU in Dienst gestellt und begann am 4. November 1950, unter dem Kommando von Kapitän Willy Beykirch, ihre Jungfernreise ins lettische Ventspils.[1] Im Rahmen der Feiertage in der DDR wurde der 13. Oktober als das Datum der Indienststellung des Dampfers Vorwärts als erstes Schiff der DSU nachfolgend als „Tag der Seeverkehrswirtschaft“ in die Reihe der Ehren- und Gedenktage kalendarisch aufgenommen, war aber kein gesetzlicher arbeitsfreier Feiertag. 1952 wurde sie zum ersten Seeschiff der neu gegründeten DSR. Im April 1954 wurde sie nach 104 Ladungsreisen mit etwa 100.000 t transportierten Gütern aufgrund eines Kesselschadens außer Dienst gestellt.
Sie wurde erneut umgebaut und ging in den Besitz der Pionierorganisation Ernst Thälmann über. Ab dem 15. Mai 1955 lag sie an ihrem Dauerliegeplatz am Mühlendamm in Rostock.[2] Als stationäres Schiff am Mühlendamm in Rostock beherbergte das „Pionierschiff Vorwärts“ bis 1981 die Arbeitsgemeinschaft „Junge Matrosen“.[3]
Am Petridamm in Rostock begannen Neubau von Straße und Brücke über die Warnow, so dass die Vorwärts ab Ende 1981 ihren Liegeplatz dann am Warnowufer Nähe Anlegestelle Am Kabutzenhof bekam.
Seine letzte See-Reise machte das Schiff im November 1969 in die Ostsee. Dabei lief es aber nicht als Frachtschiff, sondern lediglich für Aufnahmen eines Kinderfilms der DEFA aus. Für diesen Zweck wurde es in eine „französische“ Orion umbenannt, erhielt einen neuen Unterwasseranstrich in der Warnowwerft und lag kurze Zeit am Passagierkai in Warnemünde.[4]
Obgleich das Schiff 1978 und 1984 in die Kreisdenkmalliste der Stadt Rostock eingetragen war und dies auch am 18. April 1986 bestätigt wurde, konnte der Erhalt nicht durchgesetzt werden. Der Entschluss zur Verschrottung wurde Anfang 1988 bekannt und in der Presse aufgeregt diskutiert. Da aus finanziellen Gründen der Erhalt als Museumsschiff nicht gewährleistet werden konnte, wurden Teile des Schiffes als Andenken geborgen und ein anderes Schiff wurde zu einer schwimmenden Jugendfreizeitstätte umgebaut. Der Ruderbock, der Kompass und der Maschinentelegraf der VORWÄRTS wurden in das Traditionskabinett der DSR gebracht. Außerdem fand ein Traditionstreffen am 25. Oktober statt.[5] Am 29. März 1989 ging die letzte Fahrt vom Stadthafen Rostock im Schlepp warnowabwärts zum Kai des VEB Metallaufbereitung Rostock in Marienehe. Dort erfolgte die Verschrottung des Schiffes. Die letzten Sachzeugen des alten Frachtdampfers werden zusammen mit Schiffstagebüchern, Fotos und Dokumenten noch von der Deutschen Seereederei aufbewahrt.
Technik
Angetrieben wurden das Schiff von einer ebenfalls in der Rostocker Actien-Gesellschaft für Schiff- und Maschinenbau hergestellten Dreizylinder-Dreifachexpansions-Kolbendampfmaschine mit 338 kW Leistung bei einer Drehzahl von 90 Umdrehungen pro Minute. Höchste Leistung erzielte die Maschine bei 106 Umläufen aus dem Stand mit 503 PS. Zur Dampferzeugung standen zwei konventionell von Hand beschickte kohlebefeuerte Zweiflammrohrkessel mit 12 atü zur Verfügung. Der Rumpf war genietet, hatte fünf wasserdichte Abteilungen und vier Querschotts.
Die beiden Laderäume hatten ein Volumen von 1530 m³ und wurden mit herkömmlichen Scherstöcken, Deckeln und Persenningen seefest verschlossen. Das Ladegeschirr bestand aus drei Ladebäumen für jeweils 3 Tonnen.
Die komplette Besatzung wohnte (nach 1945) im Mittschiffsdeckshaus, darunter in sechs Einmann- und drei Zweimannkammern.
Literatur
- Neumann, Manfred; Strobel, Dietrich: Vom Kutter zum Containerschiff. Schiffe von DDR-Werften in Text und Bild. 1. Auflage. VEB Verlag Technik, Berlin 1981.
- Hückstädt, Harald; Larsen, Erik; Schmelzkopf, Reinhart; Wentzel, Hans-Günther: Von Rostock nach See. Die Geschichte der Rostocker Dampfschifffahrt von 1850 bis 1945. Hrsg.: Lars U. Scholl. 1. Auflage. Oceanum Verlag, Wiefelstede 2011, ISBN 978-3-86927-074-6.
- Pfeiffer, Ingo: Indienststellung des ersten Handelsschiffes der DDR am 13. Oktober 1950: VORWÄRTS. In: Köhlers Flottenkalender. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1994, S. 68–71.
Einzelnachweise
- ↑ Hildtrud Gerlach, Siegfried Fügenschuh (Red.): Mit dem Dampfer „VORWÄRTS“ begannen wir – Erinnerungen, Aufzeichnungen. (= Beiträge zur Geschichte der Seeverkehrswirtschaft der DDR; Heft 2). Geschichtskommission der SED-Kreisleitung Seeverkehr und Hafenwirtschaft Rostock, Rostock 1975, (DNB 811051242)
- ↑ SS „Vorwärts“ am Liegeplatz am Mühlendamm in Rostock. In: Ulrich Scharnow et al.: Lexikon Seefahrt. 3. bearbeitete und ergänzte Auflage, Transpress Verlag, Berlin 1981, S. 589 (DNB 20341036X).
- ↑ Dampfer „VORWÄRTS“ 30 Jahre alt – ein Name wurde zum Programm. (= Beiträge zur Geschichte der Seeverkehrswirtschaft der DDR; Heft 13). Geschichtskommission der SED Kreisleitung Seeverkehr und Hafenwirtschaft Rostock, Rostock 1980 (DNB 910685142).
- ↑ Joachim Stübner: Verschrottet – aber nicht vergessen. Ein Nachtrag zur Geschichte des Dampfers ‚Vorwärts‘. In: Panorama maritim. 26 (1991), S. 6, 7
- ↑ Joachim Stübner: Verschrottet – aber nicht vergessen. Ein Nachtrag zur Geschichte des Dampfers ‚Vorwärts‘. In: Panorama maritim. 26 (1991), S. 8.
Weblinks
- Miramar Ship Index, IDNo: 5602051, (englisch)
- Literatur über die Vorwärts in der Landesbibliographie MV
Auf dieser Seite verwendete Medien
Flag of the Germans(1866-1871)
Flag of the Germans(1866-1871)
(c) Bundesarchiv, Bild 183-Z0916-025 / Jürgen Sindermann / CC-BY-SA 3.0
(c) Bundesarchiv, Bild 183-08298-0009 / Horst Sturm / CC-BY-SA 3.0
Am 13. Oktober 1950, dem Tag der Aktivisten, wurde auf der Staatswerft Stralsund das erste Hochseehandelsschiff der Deutschen Demokratischen Republik auf den Namen "Vorwärts" getauft und 1 1/2 Monate vorfristig in Dienst gestellt. An dem feierlichen Taufakt nahmen die Arbeiter und Aktivisten der Staatswerft, der Minister für innerdeutschen Handel, Außenhandel und Materialversorgung, Georg Handke, Staatssekretär Bachem, Vertreter der Sowjetischen Kontrollkommission un der Generalinspekteur der Seepolizei, Verner, teil. UBz: Nach wohlgelungener Tauffahrt kehrt die "Vorwärts" in den Hafen von Stralsund zurück.
Illus / Sturm / 14.10.1950 [Herausgabedatum](c) Bundesarchiv, Bild 183-21419-0001 / Pietsch / CC-BY-SA 3.0
Ein Zeichen für den sich ständig erweiternden Außenhandel der Deutschen Demokratischen Republik ist die große Zahl der Schiffe, die im Hafen von Rostock mit wertvollem Material be- und entladen werden.
UBz: Das erste deutsche Frachtschiff "Vorwärts"