Vorstellwagen
Ein Vorstellwagen ist ein Eisenbahnwagen, der auf Zahnradbahnen oder Steilstrecken bergseits aller Triebfahrzeuge eingereiht ist.[1] Er wird vor allem bei Bahnen verwendet, bei denen die Triebfahrzeuge aus Sicherheitsgründen auf der Talseite laufen müssen[2] und die keine Wendezüge einsetzen. Aufgrund dieser Wagenreihung werden Vorstellwagen bei Bergfahrten geschoben. Bei durchgehend ansteigenden Strecken und kurzen Rahmenlokomotiven als Triebfahrzeug werden bei Zahnradbahnen die Vorstellwagen aus Sicherheitsgründen nicht mit dem Triebfahrzeug gekuppelt.[3] Beim Betrieb mit entkuppelten Wagen muss z. B. mit einer Klinkenbremse dafür gesorgt werden, dass diese bei einer Zugtrennung nicht auf das Triebfahrzeug zurückrollen.[4]
Ebenfalls als Vorstellwagen bezeichnet man bei Standseilbahnen Wagen, die selbst nicht mit dem Zugseil verbunden sind und bergseitig vor dem eigentlichen Seilbahnwagen laufen. Das können ein- oder zweiachsige Loren für Gepäck- oder Gütertransport sein[5], aber auch Schneeräumungsfahrzeuge. Dabei kann ein Vorstellwagen bei Bahnen mit Abtschen Weichen nur mit einem bestimmten Seilbahnwagen verwendet werden. Anstelle von Vorstellwagen sind heute oft auf der Talseite angehängte Wagen in Gebrauch, z. B. bei der Braunwaldbahn.
Weil bei Bergfahrten mit Vorstellwagen der Triebfahrzeugführer in der Regel keine Sicht auf die Strecke hat, ist der erste Wagen mit einem speziellen Arbeitsplatz für den Bremser, dem sogenannten „Pilotenstand“,[6] ausgestattet. Der Streckenbeobachter im Pilotenstand führt den Zug indirekt. Er beobachtet die Signale und den Fahrweg[7] und kann im Gefahrenfall die Notbremse betätigen.[8] Zur Kommunikation zwischen dem Personal an der Spitze des Zuges und dem Triebfahrzeugführer wurde teilweise eine Klingelanlage mit entsprechenden Zeichen genutzt. Vorstellwagen müssen auch mit Signallichtern ausgestattet sein und bei Bedarf akustische Warnsignale (Makrofon, Läutwerk) von sich geben können.[6]
Zu unterscheiden sind Vorstellwagen von Steuerwagen. Diese verfügen über einen Führerstand, direkte Wendezugsteuerung, eine Geschwindigkeitsanzeige[9] und müssen auch bei Bergfahrt dauernd mit dem Zug gekuppelt sein.[10] Im Gegensatz zu Steuerwagen müssen Vorstellwagen nicht mit der Automatischen Bremse ausgestattet sein.[11]
Bei einigen Zahnradbahnen kann sich der Lokomotivführer mit der Funkfernsteuerung an der Zugspitze auf dem Vorstellwagen postieren und den Zug von dort aus direkt führen. Funkfernsteuerung ist nur bei Bergfahrt möglich. So ausgerüstet sind bislang vier Triebfahrzeuge: der BDeh 3/6 25 der Rorschach-Heiden-Bergbahn, die He 2/2 31–32 der Wengernalpbahn sowie die He 4/4 19 der Bayerischen Zugspitzbahn.
Galerie
- Der vorgestellte Niederbordwagen der Jungfraubahn behindert die Streckensicht des Triebfahrzeugführers nicht
- Direkte Zugführung mittels Funkfernsteuerung im Vorstellwagen B3 von 1875 der Appenzeller Bahnen auf der Strecke Rorschach–Heiden
- BDeh 3/6 25 der Bergbahn Rorschach–Heiden mit drei Vorstellwagen unterhalb der Endstation Heiden
- Vorstellwagen für die Fahrradbeförderung bei der Zahnradbahn Stuttgart
- Vorstellwagen 8 der Vitznau-Rigi-Bahn (Rigi Kulm)
Einzelnachweise
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB Anhang Nr. 4 Begriffe: Fahrzeuge
- ↑ Steilstrecken-Vorstellwagen Pwgs 041 – Ein Umbau speziell für Steilstrecken auf graf-vlad.de, abgerufen am 5. Januar 2020
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 54.2.a.1 Zug und Stossvorrichtungen von gekuppelten Fahrzeugen, Ziffer 1.2.1
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 54.2.a.2 Zug und Stossvorrichtungen von nicht gekuppelten Fahrzeugen, Ziffer 1 und 1.1
- ↑ Das Rollmaterialverzeichnis 1950 des Eidg. Amtes für Verkehr, Schweiz, weist für folgende Bahnen zusätzliche Wagen aus: Braunwaldbahn, Parsennbahn, Dietschibergbahn, Engelberg–Gerschnialp, Lauterbrunnen–Mürren, Les Avants–Sonloup, Ligerz–Tessenberg, Mürren–Allmendhubel, Niesenbahn, Schwyz–Stoos, Sierre–Montana–Crans. Es wird nicht unterschieden nach Vorstellwagen oder unten angehängten Wagen.
- ↑ a b Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 54.2.b.2 Bremsen von Zugskompositionen, Ziffer 4.1
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB Anhang Nr. 4 Begriffe: Führen indirekt
- ↑ Die historische Zahnradbahn auf stuttgarter-bahnen.de, abgerufen am 5. Januar 2020
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 50.1 Geschwindigkeitsmesser und Fahrdatenregistrierung, Ziffer 15
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 54.2.a.1 Zug und Stossvorrichtungen von gekuppelten Fahrzeugen, Ziffer 1.2.2
- ↑ Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung (AB-EBV) UVEK, 1. November 2020 (PDF; 9 MB). AB 54.2.b.3 Bremsen von Wagen, Ziffer 1.1.1
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Nosztalgia fogaskerekű hegymenetben az Adonis utcánál
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Der Wagen 1002 der Stuttgarter Zahnradbahn an der Endhaltestelle Degerloch, hoch über dem Stuttgarter Zentrum.
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Nach Ankunft von Vitznau, der Vorstellwagen 8 stammt noch aus der Zeit des ausschließlichen Dampfbetriebes. Eine Wendezugsteuerung gibt es nicht, die Vorstellwagen laufen bergwärts als Befehlswagen. Türen gibt es auch bei den Vorstellwagen der VRB nur auf der bergwärts linken Seite.
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Der Triebfahrzeugführer der Appenzeller Bahnen steuert den Triebwagen BDeh 3/6 25 mit der Funkfernsteuerung vom Vorstellwagen B3 aus.
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Zug der Schafbergbahn oberhalb der Station Schafbergalpe.
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Neubaudoppeltriebwagen von 1992 oder 2002, der Zug wartet mit einem Vorstellgüterwagen auf die Abfahrt in Richtung Jungfraujoch. Am bergseitigen Ende der Vorstellwagen gibt es nur einen Stoßpuffer mit Rangierkupplung, aufgrund der Neigungen bis 250 ‰ ist ein Ziehen von Wagen bergwärts ohnehin nicht zulässig.
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Appenzeller Bahnen BDeh 3/6 auf Talfahrt in Heiden mit den B 5, 6 und 3