Vom Himmel hoch, da komm ich her

Straßburger Gesangbuch von 1541
Druck von 1567

Vom Himmel hoch, da komm ich her ist ein deutschsprachiges Weihnachtslied von Martin Luther. Der Text entstand um 1533/34 in Wittenberg und wurde dort 1535 veröffentlicht, die Veröffentlichung der Melodie folgte 1539 in Leipzig. Es ist eine von Luthers bekanntesten Liedschöpfungen.

Geschichte

Martin Luther schuf zu allen christlichen Festen Lieder, insgesamt über dreißig an der Zahl. Dieses bekannte Weihnachtslied dichtete er der Legende nach[1] 1533 oder 1534[2] für die Weihnachtsbescherung seiner eigenen Kinder. Ursprünglich unterlegte er den aus 15 Strophen bestehenden Text als geistliche Kontrafaktur dem Spielmannslied Ich kumm auß frembden landen her und bring euch vil der newen mär.[3] In dieser Form erschien das Lied im Wittenberger Klugschen Gesangbuch von 1535.[4] Später komponierte Luther noch selbst die Choralmelodie dazu, die 1539 erstmals gedruckt wurde und auf die das Lied seither gesungen wird. Der Text wurde 1555 noch durch eine weitere, vorangestellte Strophe aus der Feder von Valentin Triller, Pfarrer von Panthenau (heute: Ratajno), ergänzt.

Johann Sebastian Bach verwendete die Melodie für drei Choräle in seinem Weihnachtsoratorium: Ach, mein herzliebes Jesulein, Schaut hin, dort liegt im finstern Stall, Wir singen dir in deinem Heer. Die Choralmelodie dient auch als Grundlage für Bachs Canonische Veränderungen über Vom Himmel hoch. Dieses 1748 im Druck herausgegebene Orgelwerk ist ein typischer Vertreter von Bachs kontrapunktischem Spätstil.

Auf Luthers Melodie werden auch Paul Gerhardts Text Wir singen dir, Immanuel (im Erstdruck 1653 mit der Melodie Erschienen ist der herrlich Tag bezeichnet[5]) und Christian Fürchtegott Gellerts Text Dies ist der Tag, den Gott gemacht (vor 1755) gesungen.

Inhalt

Der Text des Liedes stellt einen Teil der Weihnachtsgeschichte (Lk 2,8–18 ) in der Form eines Krippenspiels mit verteilten Rollen frei dar. Die ersten fünf Strophen richtet der Verkündigungsengel an die Hirten und damit pars pro toto an alle Gläubigen. Die weiteren Strophen bestehen aus der Aufforderung, mit den Hirten zur Krippe zu gehen und dem neugeborenen Heiland in der Tradition des Kindelwiegens zu huldigen.

Liedtext

Es kam ein Engel hell und klar
von Gott aufs Feld zur Hirtenschar;
der war gar sehr von Herzen froh
und sprach zu ihnen fröhlich so:
Valentin Triller (1555)

„1. Vom Himmel hoch, da komm ich her.
Ich bring’ euch gute neue Mär,
Der guten Mär bring ich so viel,
Davon ich singn und sagen will.

2. Euch ist ein Kindlein heut’ geborn
Von einer Jungfrau auserkorn,
Ein Kindelein, so zart und fein,
Das soll eu’r Freud und Wonne sein.

3. Es ist der Herr Christ, unser Gott,
Der will euch führn aus aller Not,
Er will eu’r Heiland selber sein,
Von allen Sünden machen rein.

4. Er bringt euch alle Seligkeit,
Die Gott der Vater hat bereit,
Daß ihr mit uns im Himmelreich
Sollt leben nun und ewiglich.

5. So merket nun das Zeichen recht:
Die Krippe, Windelein so schlecht,
Da findet ihr das Kind gelegt,
Das alle Welt erhält und trägt.

6. Des laßt uns alle fröhlich sein
Und mit den Hirten gehn hinein,
Zu sehn, was Gott uns hat beschert,
Mit seinem lieben Sohn verehrt.

7. Merk auf, mein Herz, und sieh dorthin!
Was liegt dort in dem Krippelein?
Wes ist das schöne Kindelein?
Es ist das liebe Jesulein.

8. Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
Und kommst ins Elend her zu mir,
Wie soll ich immer danken dir?

9. Ach, Herr, du Schöpfer aller Ding,
Wie bist du worden so gering,
Daß du da liegst auf dürrem Gras,
Davon ein Rind und Esel aß!

10. Und wär’ die Welt vielmal so weit,
Von Edelstein und Gold bereit’,
So wär sie doch dir viel zu klein,
Zu sein ein enges Wiegelein.

11. Der Sammet und die Seide dein,
Das ist grob Heu und Windelein,
Darauf du König groß und reich
Herprangst, als wär’s dein Himmelreich.

12. Das hat also gefallen dir,
Die Wahrheit anzuzeigen mir:
Wie aller Welt Macht, Ehr und Gut
Vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.

13. Ach, mein herzliebes Jesulein,
Mach dir ein rein, sanft Bettelein,
Zu ruhen in meins Herzens Schrein,
Daß ich nimmer vergesse dein.

14. Davon ich allzeit fröhlich sei,
Zu springen, singen immer frei
Das rechte Susaninne schon,
Mit Herzenslust den süßen Ton.

15. Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
Der uns schenkt seinen ein’gen Sohn.
Des freuen sich der Engel Schar
Und singen uns solch neues Jahr.“

Melodievarianten

(Matthias Roth) EG 24 Vom Himmel hoch da komm ich her

Die wohl von Luther selbst geschaffene und 1539 veröffentlichte Melodie beginnt in allen vier Zeilen mit einem Achtelauftakt. Dieser wurde im Barock zum Viertelauftakt ausgeglichen; außerdem wurde der fünfte Ton der letzten Zeile (Textwort „und“) um eine große Sekund erhöht und damit der letzten Zeile von Ein feste Burg ist unser Gott angeglichen, erstmals bei Johann Jeep 1629.[3] Diese Melodiegestalt liegt u. a. den Bearbeitungen von Bach und Mendelssohn zugrunde und blieb in der Weihnachtsmusik bis heute vorherrschend. Das Evangelische Kirchengesangbuch von 1950 kehrte jedoch zur zurück (Nr. 16), ebenso das Gotteslob (1975) (Nr. 138), das Evangelische Gesangbuch von 1993 (Nr. 24) und das Mennonitische Gesangbuch von 2004 (Nr. 269). Dagegen wurde für das Gotteslob von 2013 wieder die gewählt (Nr. 237).

Bearbeitungen

Übersetzungen

Ins Dänische übersetzt „Fra Himlen højt kom budskab her med nyt til alle fjern og nær ...“ 1542/1544 (kombiniert mit einer Übersetzung von „Vom Himmel kam der Engelschar …“),1569 und 1845; in der Fassung von 1845 nach Kolderup-Rosenvinge (Janus Lauritz Andreas Kolderup-Rosenvinge, 1792 – 1850; Dr. jur., Prof. in Kopenhagen) mit 10 Strophen im dänischen Kirchengesangbuch Den danske Salmebog, Kopenhagen 1953, Nr. 79 (wie in der deutschen Gesangbuchtradition gefolgt von Nr. 80 „Fra Himlen kom en engel klar, for hyrders øjne åbenbar …“, übersetzt von Nikolai Frederik Severin Grundtvig 1837, bearbeitet 1889, nach Luthers „Vom Himmel kam der Engelschar …“; dazu eine Übersetzung von Hans Tausen 1544 und im Gesangbuch von Hans Tausen, En Ny Psalmebog, 1553; ebenso im Gesangbuch von Hans Thomissøn, 1569). – Die Nr. 79 und Nr. 80 von 1953 übernommen in Den Danske Salme Bog, Kopenhagen 1993, und in Den Danske Salmebog, Kopenhagen 2002, Nr. 95 und Nr. 96.[12]

Literatur

  • Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. 11. Auflage. Schott, Mainz 2004, ISBN 3-254-08213-3.
  • Franz Xaver Erni, Heinz Alexander Erni: Stille Nacht, Heilige Nacht. Die schönsten Weihnachtslieder. Herder, Freiburg 2002, ISBN 3-451-27859-6.
  • Hans-Otto Korth: Zur Entstehung von Martin Luthers Lied „Vom Himmel hoch, da komm' ich her“. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 44, 2005, S. 139–154; JSTOR:24239793.
  • Ernst Sommer: Johann Walters Weise zu Luthers „Vom Himmel hoch da komm ich her“. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 10, 1965, S. 159–161; JSTOR:24193727.
  • Otto Schlißke: Handbuch der Lutherlieder. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1948, DNB 454375018.
  • Ansgar Franz, Christa Reich: 24 – Vom Himmel hoch, da komm ich her. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Nr. 12. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-50335-0, S. 16–24 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks

Commons: Vom Himmel hoch, da komm ich her – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Frauke Schmitz-Gropengiesser: Vom Himmel hoch, da komm ich her (2011). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
  2. Ansgar Franz, Christa Reich: 24 – Vom Himmel hoch, da komm ich her. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Nr. 12. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-50335-0, S. 16–24 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Wilhelm Lucke: Singweisen – 29. Vom Himmel hoch …. In: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Band 35. Weimar 1923, S. 524 f. (Textarchiv – Internet Archive).
  4. Martin Luther: Geistliche Lieder auffs new gebessert zu Wittemberg. Joseph Klug, Wittenberg 1535, fol. 4v ff. (G 842 im VD 16.; Digitalisat).
  5. Praxis Pietatis Melica. Runge, Berlin 1653, S. 186 f. (Digitalisat).
  6. https://www.carus-verlag.com/musiknoten-und-aufnahmen/caspar-othmayr-vom-himmel-hoch-da-komm-ich-her-v.html
  7. Gemeinfreie Noten von Vom Himmel hoch, da komm ich her in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
  8. "Vom Himmel hoch, da komm ich her", BWV 769 (Bach, Johann Sebastian): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  9. Vom Himmel hoch, da komm' ich her, P.52 (Pachelbel, Johann): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  10. Vom Himmel hoch, da komm ich her (Böhm, Georg): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  11. Fuge über 'Vom Himmel hoch da komm ich her' (Faisst, Immanuel): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  12. Vgl. Otto Holzapfel: Liedverzeichnis: Die ältere deutschsprachige populäre Liedüberlieferung mit weiteren Hinweisen = Update 2023 "www.ebes-volksmusik.de" (obere Adressleiste des Browsers).

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Luther's Christmas hymn Vom Himmel hoch in a print from 1567, Digital Image Archive, Pitts Theology Library, Candler School of Theology, Emory University
Vom Himmel hoch, da komm ich her (EG).mid
Autor/Urheber: Melodie: Martin Luther 1539; Satz und Tondatei: Rabanus Flavus (Peter Gerloff), Lizenz: CC0
Vom Himmel hoch, da komm ich her, Evang. Gesangbuch 24; Es kam ein Engel hell und klar, Gotteslob (1975) 138; Dies ist der Tag, den Gott gemacht, Evang. Gesangbuch 42
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Aus dem Straßburger Gesangbuch 1541: "Kinderliede auff die Weihenachten" (Vom Himmel hoch) (Prädikantenbibliothek Isny, Theol. 255)
Vom Himmel hoch, da komm ich her (GL).mid
Autor/Urheber: Melodie: Martin Luther 1539; Satz und Tondatei: Rabanus Flavus (Peter Gerloff), Lizenz: CC0
Vom Himmel hoch, da komm ich her, Gotteslob (2013) 237
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(Matthias Roth) EG 24 Vom Himmel hoch da komm ich her