Vitter Kapelle

Vitter Kapelle in neuer Farbgebung
Vitter Kapelle in alter Farbgebung (bis 2017)
Protestplakat wegen neuer Farbgebung
Innenraum
Uferpredigt bei Vitt. (Aquarell von Theodor Schwarz)

Die Vitter Kapelle liegt oberhalb des gleichnamigen Fischerdorfes Vitt, rund ein Kilometer südöstlich von Putgarten, und gehört zur Kirchengemeinde Altenkirchen in der Propstei Stralsund des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises.

Die Kapelle ist für Touristen nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Arkonabahn Richtung Kap Arkona von Putgarten aus erreichbar.

Geschichte

Der Pfarrer und Schriftsteller Ludwig Gotthard Kosegarten erhielt 1792 nach seiner Ordinierung das Pfarramt in Altenkirchen. Er vermisste die Fischer von Vitt bei seinen Predigten in der Kirche von Altenkirchen, die während der Heringssaison keine Zeit hatten, die Küste zu verlassen. Kosegarten erfüllte seinen seelsorgerischen Auftrag, indem er zu den Fischern ans Steilufer des Kap Arkona ging, um dort Gottesdienst unter freiem Himmel zu halten. Wegen Regen oder stürmischen Wetters fanden die Uferpredigten in einer Fischerhütte statt. 1804 gab es nur drei der acht Gottesdienste zur Heringszeit unter freiem Himmel.

Beim schwedischen Generalgouverneur Wilhelm Malte I., Fürst zu Putbus stellte Kosegarten 1804 den Antrag für den Kappelenbau und beklagte sich über „den eindringenden Regen, den tosenden Sturmwind, die Tierstimmen, die sich zugleich mit dem Gemeindegesang erhoben, wobei sie dem Prediger die Fassung und den Zuhörern die Aufmerksamkeit raubten.“[1] Dem Gesuch wurde durch von König Gustav IV. Adolf im Mai 1805 stattgegeben. Der Maler Caspar David Friedrich hatte auf eigene Initiative einen architektonischen Entwurf vorgelegt und die Fertigung eines Altargemäldes angeboten, beides konnte aus Kostengründen nicht realisiert werden. Kosegartens Absicht, den Bau durch Spenden zu finanzieren, erfuhr „einen entschiedenen Widerwillen“. Der Entwurf einer ovalen Kapelle von Friedrichs Hand, ohne eine nähere Beschreibung, ist erhalten geblieben.[2] Der Grundriss zeigt einen ovalen Kirchenraum mit abgesetztem Glockenturm und eine in der Form gespiegelte Außenanlage für den Gottesdienst im Freien, mit Findlingen als Altar und Sitzplätzen.

Im Frühjahr 1806 wandte sich Kosegarten an seinen Freund Johann Gottfried Quistorp mit der Bitte, „ihm einen möglichst einfachen und dauerhaften Plan zu entwerfen“.[3] Der Universitätsbaumeister schlug vor, in eine nahe am Meer gelegene Schlucht mit dem vorhandenen Felsgestein eine gewölbte Grotte zu bauen. Unterdessen legte der Gouverneur den vom Landbaumeister Lorentz Andreas Christian Rühs († nach 1814) bereits ausgearbeiteten Riss vor und drang auf dessen Umsetzung. Vorgesehen war nun ein Fachwerkbau in Achteckform, der in der Bauausführung einen solideren Steinbau aus gesprengten Feldsteinen und gebrauchten Ziegelsteinen vorsah.[4] Kosegarten konnte nur einen kleinen Teil der Bausumme durch Spenden begleichen. Er musste mit seinem eigenen Vermögen einstehen. Die Schulden belasteten ihn bis zum Tod. Erst seine Erben konnten den aufgenommenen Kredit abbezahlen. In ihrer heutigen Gestalt steht die Uferkapelle mit weiß getünchten Wänden und einem Reetdach über dem Meer. Irrtümlich wird immer wieder Karl Friedrich Schinkel als Entwurfsverfasser genannt.

Heute dient die Kapelle der stillen Einkehr und ist vor allem als „Hochzeitskapelle“ beliebt.

Baulichkeiten und Ausstattung

Die Kapelle ist ein einfacher oktogonaler Bau mit Reetdach (früher mit Holzschindeln gedeckt). Bis 2017 waren die Außenwände weiß getüncht. Im Zuge der grundlegenden Sanierung der Kapelle wurde 2017 restauratorisch festgestellt, dass die Kapelle ursprünglich nur gekalkt war und nach der Errichtung des Vorbaus einen terrakottafarbenen Anstrich erhielt.[5] Deswegen beschloss der Kirchgemeinderat im Juli 2017, der Empfehlung des Landesamtes für Denkmalpflege folgend, die bis dahin weiße Außenfarbe durch diese Farbgebung ersetzen zu lassen – was zu einer leidenschaftlich geführten Kontroverse innerhalb der Gemeinde führte.

Der Innenraum ist sehr schlicht gehalten. Größere Schmuckelemente sind der Kanzelaltar und ein gusseisernes Kruzifix. Über dem Altar befindet sich eine vom Stralsunder Maler Erich Kliefert (1893–1994) gefertigte Kopie des Bildes „Petrus auf dem Meer“ von Philipp Otto Runge, welches im Jahr 1805 von Pastor Kosegarten als Altarbild in Auftrag gegeben wurde. Das Original blieb nach dem Tod Runges 1810 in Hamburg und befindet sich derzeit im Besitz der Kunsthalle Hamburg.

Im Jahr 1990 kam das Wandgemälde „Menschen im Sturm“ vom italienischen Künstler Gabriele Mucchi hinzu.[6]

Drehort

Szenen des DEFA-Spielfilms Schatten über den Inseln (Regie: Otto Meyer) wurden 1952 im Umfeld der Kapelle gedreht.[7]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kapelle Vitt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Sabine Bock: Rügen. Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Rittersitze und Herrenhäuser. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2022. ISBN 978-3-944033-42-6, S. 82–84

Einzelnachweise

  1. Landesarchiv Greifswald, Rep. 10, Nr. 27, Nr. 2757, 1804–1817
  2. Caspar David Friedrich: Grundriss eines ovalen Raumes mit Turmvorbau und angrenzenden Park Um 1805, Aquarell, Feder, 11,1x11,9 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Grafische Sammlung
  3. Landesarchiv Greifswald, Rep 65c, Nr. 3129
  4. Birte Frenssen: Mensch & Maler. In den Stürmen des Lebens In: Ausst.-Kat. Friedrich, Runde, Klinkowström. Die Geburt der Romantik. Stiftung Pommersches Landesmuseum Greifswald, 2010, S. 140 f.
  5. Sabine Bock: Rügen. Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Rittersitze und Herrenhäuser. Thomas Helms Verlag Schwerin 2022, ISBN 978-3-944033-42-6, S. 84.
  6. Vitt (Rügen): Kapelle Vitt - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 19. März 2023.
  7. Ralf Schenk: Otto Meyer (Biografie). In: DEFA-Stiftung. Dezember 2021, abgerufen am 7. Januar 2022.

Koordinaten: 54° 40′ 0,5″ N, 13° 25′ 47″ O

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Kapelle Vitt - Protestplakat wegen neuer Farbgebung.jpg
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Wegen der 2017 veranlassten geänderten (originären) Farbgebung der Vitter Kapelle kam es zu Protesten.
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Kapelle Vitt auf Rügen, Innenraum
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Die Vitter Kapelle oberhalb des Fischerdorfes Vitt, Rügen.
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Der Kirchengemeinderat beschloss im Juli 2017, einer Empfehlung des Landesamtes für Denkmalpflege folgend, die bis dahin weiße Außenfarbe der Kapelle durch die 2017 aufgefundene originäre, terracotafarbene Farbgebung ersetzen zu lassen-
TheodorSchwarzVitt.jpg
Uferpredigt bei Vitt. Aquarell von Theodor Schwarz (1777–1850)