Virginische Zaubernuss

Virginische Zaubernuss

Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana)

Systematik
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Ordnung:Steinbrechartige (Saxifragales)
Familie:Zaubernussgewächse (Hamamelidaceae)
Gattung:Zaubernuss (Hamamelis)
Art:Virginische Zaubernuss
Wissenschaftlicher Name
Hamamelis virginiana
L.

Die Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana), auch Herbstblühende Zaubernuss oder Virginischer Zauberstrauch (englischer Trivialname: Witch Hazel) genannt, ist eine Pflanzenart in der Familie der Zaubernussgewächse (Hamamelidaceae). Sie ist als Bestandteil der Strauch- und Unterholzflora in Laubmischwäldern im östlichen Nordamerika beheimatet.

Beschreibung

Illustration der Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana)
Nahaufnahme des Laubblattes
Blüte und Frucht von Hamamelis virginiana

Vegetative Merkmale

Die Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana) ist ein baumartiger Strauch, in ihrem Heimatland auch als kleiner Baum mit kurzem Stamm,[1]. Der sommergrüne, laubabwerfende Strauch erreicht normalerweise eine Wuchshöhe von 3 bis 6 m, selten bis 10 m. Die Rinde junger Zweige ist grau oder bräunlich-rot behaart. Die Borke ist später hellbraun, glatt oder leicht schuppig.

Die wechselständigen, haselnussähnlichen Laubblätter sind in Blattstiel und -spreite gegliedert. Der Blattstiel ist meist 6 bis 15 (bis 20) mm lang. Die einfache Blattspreite ist mit einer Länge von 4 bis 17 cm und einer Breite von 2,5 bis 13 cm breit-elliptisch bis fast kreisförmig oder verkehrt-eiförmig.

Generative Merkmale

Die streng riechenden, auffällig hellgelben, korallenartig geformten Blüten mit langen, schmalen Kronblättern erscheinen im Herbst und frühen Winter, zwischen dem bereits verfärbten Laub oder nachdem es abgefallen ist. Die erst im nächsten Sommer reifenden, eiförmigen, holzigen, dicht behaarten, 10 bis 14 mm langen Kapselfrüchte springen bei Reife auf und schleudern die nur zwei schwarzen, 5 bis 9 mm großen Samen bis zu 15 m weit weg.[1][2]

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24.[3]

Vorkommen

Die Virginische Zaubernuss wächst im östlichen Nordamerika von Mexiko bis Kanada. Sie bevorzugt mäßig nährstoffreiche, feuchte, eher kalkfreie Böden ohne Staunässe in voller Sonne oder Halbschatten.

Natürliches Verbreitungsgebiet (1938)

Verwendung

Verwendung als Zierpflanze

Nach Europa gelangte die Virginische Zaubernuss erst im 18. Jahrhundert und zwar als Ziergehölz.[4][5] Die winterharte Pflanze wird in den gemäßigten Breiten gelegentlich in Gärten und Parks angepflanzt. Sie gehört zu den wenigen im Winter blühenden Arten.

Medizinische Verwendung

Hamameliszubereitungen dienten bei mehreren Stämmen der Ureinwohner Nordamerikas als Heilpflanze. Entsprechende Verwendungen sind insbesondere für Cherokee und Irokesen belegt.[6] Die Cherokee verwendeten Teeaufgüsse als Schmerzmittel sowie bei Erkältungen und Hautverletzungen, die Irokesen auch in der Gynäkologie und als Brechmittel.[6]

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat Monografien für Hamameliswasser, Hamamelisrinde und Hamamelisblätter erstellt.[6]

ArzneidrogeHerstellungQualitätsbeschreibungWichtige InhaltsstoffeVerwendung
Hamamelidis aqua
(syn. Aqua Hamamelidis,
Aqua Hamamelidis corticis,
Liquor Hamamelidis)
Wasserdampfdestillat (Hamameliswasser) der frisch geschnittenen oder teilweise getrockneten Zweige beziehungsweise Blätter.ätherisches ÖlBei oberflächlichen Hautverletzungen, lokalen Entzündungen der Haut und Schleimhäute, zur Behandlung von Hämorrhoidenleiden in Anfangsstadien.
Hamamelidis cortex
(syn. Cortex Hamamelidis)
Extrakte der getrockneten, zerkleinerten Rinde der Stämme und Zweige.Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur.)Gerbstoffe (ca. 8–12 %), wie zum Beispiel Hamamelitannin und freie Gallussäure. Außerdem ätherisches Öl, Ellagitannin und Flavonglykoside.Bei Beschwerden wie Juckreiz, Brennen, leichten Blutungen bei Hämorrhoidenleiden (I. und II. Grad), Entzündungen der Schleimhaut im Bereich des Darmausgangs. Volkstümlich zur Unterstützung akuter, unspezifischer Durchfallerkrankungen und Menstruationsbeschwerden.
Hamamelidis folium
(syn. Folia Hamamelidis)
Extrakte der getrockneten Hamamelisblätter.Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur.)Gerbstoffe (ca. 3–8 %), besonders Hamamelitannin sowie einfache und oligomere Proanthocyanidine, ätherisches Öl (Ionon, Safrol), Flavonoide und Kaffeesäurederivate.Bei Juckreiz, Nässen und Brennen bei Hämorrhoidenleiden (I. und II. Grad) bei Schleimhautentzündungen im Analbereich.[6][7]
(c) Rillke, CC BY-SA 3.0 de
Hamamelidis cortex

Im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) sind zudem Fluidextrakte aus den Blättern (Hamamelidis folii extractum fluidum) und der Rinde (Hamamelidis corticis extractum fluidum) beschrieben.[6]

Hamamelis virginica ist ein Homöopathikum (Kurzform: Ham), welches aus der frischen Rinde von Wurzeln und Zweigen hergestellt wird. Es wurde 1850 von Constantin Hering geprüft und als Mittel besonders zur Behandlung von Verletzungen der Weichteile mit schmerzhafter venöser Blutfülle, Blutungen, Venenentzündung oder Hämorrhoidenleiden genutzt.[8][9]

Systematik und Trivialnamen

Die Erstveröffentlichung von Hamamelis virginiana erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, 1, S. 124. Bei der Wahl des botanischen Artepithetons virginiana bezog sich Carl von Linné auf die Herkunft aus dem östlichen Nordamerika, damals über die Grenzen des heutigen Bundesstaates als Virginia bezeichnet. Synonyme für Hamamelis virginianaL. sind: Hamamelis androgynaWalter, Hamamelis corylifoliaMoench, Hamamelis dioicaWalter, Hamamelis macrophyllaPursh, Hamamelis virginiana fo. parvifolia(Nutt.) Fernald, Hamamelis virginiana fo. rubescensRehder, Hamamelis virginiana var. angustifoliaNieuwl., Hamamelis virginiana var. orbiculataNieuwl., Hamamelis virginiana var. macrophylla(Pursh) Nutt., Hamamelis virginiana var. parvifoliaNutt., Trilopus dentataRaf., Trilopus estivalisRaf., Trilopus nigraRaf., Trilopus nigra var. catesbianaRaf., Trilopus parvifolia(Nutt.) Raf., Trilopus rotundifoliaRaf., Trilopus virginica(L.) Raf.[10]

Weitere Trivialnamen sind: Amerikanische Zaubernuss, Herbstblühende Zaubernuss, Hexenhasel, Virginia-Zaubernuss.[11]

Trivialnamen für Hamamelisblätter: Wünschelrutenblätter, Zauberhaselblätter, Zauberstrauchblätter.[5]

Literatur

  • Frederick G. Meyer: Hamamelidaceae in Flora of North America, Volume 3: Hamamelis virginiana – Online. (Abschnitt Beschreibung und Systematik)
  • Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Area, Erftstadt 2005, ISBN 3-89996-682-1 (2 Bände, genehmigte Sonderausgabe).
  • Marilena Idžojtić: Dendrology. Academic Press, 2019, ISBN 978-0-444-64175-5, S. 308.

Weblinks

Commons: Hamamelis virginiana – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den unter Literatur angegebenen Quellen, darüber hinaus sind folgende Einzelnachweise wiedergegeben:

  1. a b Hamamelis virginiana bei baumkunde.de, abgerufen am 10. Juli 2009
  2. Frans Vermeulen: Prisma. Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen Substanz und Arzneimittel. Emryss, Haarlem 2006, ISBN 978-90-76189-17-8.
  3. Hamamelis virginiana bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
  4. Joseph-Amedee Lathoud: Materia Medica, Barthel & Barthel, 1996, ISBN 3-88950-017-X
  5. a b Hamamelis virginiana auf awl.ch, abgerufen am 10. Juli 2009
  6. a b c d e Tobias Niedenthal, Johannes Gottfried Mayer: “Drink before breakfast and vomit”: Zur Geschichte von Hamamelis in Amerika und Europa. In: Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(03): 137-144 doi:10.1055/s-0043-108664
  7. Hamamelidis folium – Hamamelisblätter (Memento des Originals vom 22. Juni 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/pharm1.pharmazie.uni-greifswald.de auf uni-greifswald.de, abgerufen am 14. Juli 2009
  8. Andrew Lockie, Nicola Geddes: Homöopathie. BLV, München 1996, ISBN 3-405-14719-0.
  9. Manuel Mateu i Ratera: Erste Hilfe durch Homöopathie. Ein homöopathischer Ratgeber für Praxis, Freizeit und Reise. Hahnemann-Institut, Greifenberg 1997, ISBN 3-929271-10-9.
  10. Hamamelis virginiana bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
  11. Hamamelis virginiana auf heilkraeuter.de, abgerufen am 10. Juli 2009

Auf dieser Seite verwendete Medien

Common Witch Hazel Hamamelis virginiana Leaf 2000px.jpg
Autor/Urheber: Photo by and (c)2007 Derek Ramsey (Ram-Man), Lizenz: CC BY-SA 2.5

Photograph of a leaf of the Common Witch Hazelen (Hamamelis virginiana en ). Photo taken at the Mt. Cuba Center where it was identified.

Camera and Exposure Details:
Camera: Nikon D50
Lens: Sigma 70mm f/2.8 EX DG Macro
Exposure: 70mm (105mm in 35mm equivalent) f/5.6 @ 1/200 s. (200 ISO)
Hamamelis virginiana 03.JPG
Autor/Urheber: H. Zell, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hamamelis virginiana, Hamamelidaceae, Virginische Zaubernuss, Virginischer Zauberstrauch, Blüte und Früchte. Karlsruhe, Deutschland. Die Rinde der Wurzeln und Zweige wird in der Homöopathie als Arzneimittel verwendet: Hamamelis (Ham.)
Hamamelis virginiana - Köhler–s Medizinal-Pflanzen-070.jpg
Zaubernuss. A ein blühender Zweig mit Herbstbelaubung, natürl. Grösse. B ein fruchttragender Zweig mit Sommerbelaubung, natürl. Grösse. 1 Blüte vergrössert 3/1; 2 Kelchblatt mit Staubblatt vergrössert 3/1; 3 Kelchblatt, Rückseite; 4 Geschlechtsorgane im Längsschnitt, stark vergrössert; 5 Pistill im Längsschnitt, stark vergrössert; 6 Frucht im Längsschnitt, natürl. Grösse; 7 Samen im Längsschnitt, vergrössert; 8 Diagramm.
The distribution of important forest trees of the United States (1938) Hamamelis virginiana (20976229885).jpg
Autor/Urheber: Munns, E. N. (Edward Norfolk), 1889-1972, Lizenz: No restrictions

Title: The distribution of important forest trees of the United States
Identifier: distributionofim287munn (find matches)
Year: 1938 (1930s)
Authors: Munns, E. N. (Edward Norfolk), 1889-1972
Subjects: Forests and forestry; Trees
Publisher: Washington, D. C. : U. S. Dept. of Agriculture
Contributing Library: U.S. Department of Agriculture, National Agricultural Library
Digitizing Sponsor: U.S. Department of Agriculture, National Agricultural Library

View Book Page: Book Viewer
About This Book: Catalog Entry
View All Images: All Images From Book
Click here to view book online to see this illustration in context in a browseable online version of this book.

Text Appearing Before Image:
134
Text Appearing After Image:
'

Note About Images

Please note that these images are extracted from scanned page images that may have been digitally enhanced for readability - coloration and appearance of these illustrations may not perfectly resemble the original work.
Hamamelidis cortex 062.jpg
(c) Rillke, CC BY-SA 3.0 de
getrocknete Hamamelisrinde