Villinger Münster

Das Villinger Münster (Südwestansicht)
Das Münster Unserer Lieben Frau um 1912
Das Nägelinskreuz im Münster
Innenansicht: Die Apostelfiguren an den Seitenwänden von Anton Joseph Schupp und links die von Conrad Rötlin um 1510 geschaffene Kanzel aus Sandstein

Das Villinger Münster (Münster Unserer Lieben Frau) ist ein Münster im Zentrum des Stadtbezirks Villingen in Villingen-Schwenningen. Es ist die katholische Hauptkirche Villingens. Ursprünglich war es Johannes dem Täufer geweiht. Im Villinger Münster befindet sich das Nägelinskreuz.

Bauwerk

Das Wahrzeichen Villingens wurde 1130 im romanischen Stil begonnen und 1284 gotisch fertiggestellt, später aber erweitert.[1] Anlass für den Stilwechsel war der Villinger Stadtbrand von 1271, der Teile des Münsters zerstört hatte.[2] Zwei 50 Meter hohe Türme wurden im 15. und 16. Jahrhundert hinzugefügt.[3]

Veränderungen

Im 18. Jahrhundert wurde es um barocke Elemente erweitert, unter anderem um eine Stuckdecke und einen Hochaltar (1738) durch Johann Martin Hermann. Das gotische Radfenster wurde durch ein Spitzbogenfenster und die Tonnendecke wurde 1701 durch eine Stuckdecke des Villinger Stuckateurs Ignatius Bürkner ersetzt. Die Apostelfiguren an den Seitenwänden schuf 1715 bis 1719 Anton Joseph Schupp. 1724 fertigten die einheimischen Schlosser Johann Stern und Caspar Speth das Chorabschlussgitter. Reste davon sind noch im Franziskanermuseum erhalten.

Puritanische Bestrebungen im 19. Jahrhundert führten zum Verlust zahlreicher Einrichtungsobjekte. Es wurden 1829 unter anderem entfernt: 70 Statuen, 10 Glasfenster, 60 Epitaphien und das Chorgitter. 1851 wurde der Vorbau des Doppelportals von 1623 entfernt. Er ist überliefert auf einem Aquarell von Pieter Francis Peters. Der barocke Hochaltar wurde 1857 entfernt. Erhalten blieb die gotische Kanzel, deren Erbauer bisher unbekannt blieb.

Im Jahr 1908 hatte das Münster für die Kapellen in den Untergeschossen der beiden Türme zwei gekuppelte Doppelaltäre von den Gebrüdern Moroder mit den von Martin Feuerstein bemalten Altarblättern erhalten.[4] Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Villinger Münster bis auf die Zerstörung der nördlichen Münsterfenster keine Schäden[5]

Von 1978 bis 1982 wurde das Münster grundlegend renoviert. Es erhielt unter anderem einen neuen Bodenbelag und neue Bänke. Das Kirchenschiff wurde mit neuen Fenstern und einer neuen Priesterbank (beides von Elmar Hillebrand) sowie mit einem Ambo und einem Zelebrationsaltar von Klaus Ringwald ausgestattet. Die beiden Portale, das Hauptportal und das Südportal, wurden ebenfalls von Klaus Ringwald entworfen und aus Bronze gefertigt.

Prospekt mit Rückpositiv der Sandtner Orgel

Orgel

Die Orgel wurde 1983 von der Orgelbaufirma Sandtner aus Dillingen erbaut.[1] Das Instrument hat eine mechanische Spieltraktur und eine elektrische Registertraktur.

I Rückpositiv C–a3
01.Principal08′
02.Rohrgedackt08′
03.Quintade08′
04.Octave04′
05.Traversflöte04′
06.Gemshorn02′
07.Sesquialter II 00223
08.Larigot0113
09.Mixtur IV01′
10.Dulcian16′
11.Cromorne08′
Cimbelstern
Tremulant
II Hauptwerk C–a3
13.Praestant16′
14.Principal08′
15.Gamba08′
16.Spitzflöte08′
17.Holzgedackt08′
18.Quinte0513
19.Octave04′
20.Blockflöte04′
21.Terz0315
22.Quinte0223
23.Octave02′
24.Cornet V (ab g0)08′
25.Mixtur IV-V0113
26.Cimbel III013
27.Trompeta magna 016′
28.Trompete08′
29.Vox humana08′
30.Clarino04′
Carillon (Klangschalen)
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
31.Bourdon16′
32.Principal08′
33.Flauto08′
34.Salicional08′
35.Voix céleste08′
36.Octave04′
37.Holzflöte04′
38.Viola04′
39.Nasard0223
40.Waldflöte02′
41.Terz0135
42.Sifflet01′
43.Fourniture IV-V 002′
44.Basson16′
45.Trompete08′
46.Hautbois08′
47.Clairon04′
Tremulant
Pedal C–f1
48.Untersatz32′
49.Principal16′
50.Subbass16′
51.Quinte1023
52.Octavbass08′
53.Gedackt08′
54.Octave04′
55.Pommer04′
56.Holzpfeife02′
57.Hintersatz V 00223
58.Posaune16′
59.Fagott16′
60.Trompete08′
61.Schalmey04′

Glocken und Glockenspiel

Die Türme des Münsters von Süden

Das Münster verfügt über ein neunstimmiges Geläut sowie eine historische Glocke aus dem 14. Jahrhundert in der Dachlaterne des Südturms. Acht Glocken des Geläuts wurden 1954 von der Glockengießerei F. W. Schilling gegossen, eine weitere Glocke 1985 von der Karlsruher Glockengießerei. Sieben der Läuteglocken hängen im Südturm in einem Holzglockenstuhl. Im Nordturm hängen die beiden tontiefsten Glocken in einem Stahlglockenstuhl.[6]

Nr.NameGießerGussjahrDurchmesserMasse (ca.)Schlagton
(HT-1/16)
1Christus SalvatorF. W. Schilling, Heidelberg19541982 mm5400 kgas0 −4
2St. JakobusKarlsruher Glockengießerei19851715 mm3651 kgb0 −3
3MariaF. W. Schilling, Heidelberg19541458 mm2065 kgdes1 −4
4St. Josef1284 mm1389 kges1 −4
5Johannes d.T.1177 mm1098 kgf1 −6
6Peter und Paul0982 mm0617 kgas1 −4
7Nikolaus von Flüe0915 mm0508 kgb1 −4
8St. Pius X.0805 mm0336 kgc2 −6
9Schutzengel0760 mm0290 kgdes2 −4
ITaufglockeunbekannt~14 Jh.0430 mm~ h″

Im Südturm des Münsters hängt ein Glockenspiel mit einem Tonumfang von es1 und as1 bis a5. 46 Glocken wurden 2006 von der Glockengießerei Perner gegossen. Außerdem wurde eine Glocke des ursprünglichen Münster-Geläuts von Grüninger aus dem Jahr 1909 in das Glockenspiel integriert. Ferner sind vier Läute-Glocken des Münster-Geläutes spielbar (Glocken 4, 6 ff.). Mit insgesamt 51 Glocken stellt dieses „eines der größten Glockenspiele im süddeutschen Raum“ dar.[7] Der Glockenstuhl mit den 47 Spielglocken, eine zylindrischen Stahlkonstruktion, befindet sich auf einer zweigeschossigen Turmzwischenetage.[8]

Die schwerste Glocke konnte 2020 wegen eines Risses nicht mehr geläutet werden und musste vom Turm genommen werden, um sie reparieren zu lassen. Diese Reparatur führte die Glockengießerei Eijsbouts in Asten (Niederlande) aus.[9]

Veranstaltungen

Neben Gottesdiensten finden im Villinger Münster auch Konzerte statt, die allerdings auf Geistliche Musik beschränkt bleiben.[10]

Persönlichkeiten

  • Ewald Huth (1890–1944), Chordirektor und Organist, wurde wegen Kritik am Nationalsozialismus hingerichtet
  • Stephan Rommelspacher (* 1959), Kirchenmusiker, Chorleiter und Organist

Literatur

Villingen mit Münster, 1643/1656

Weitere Frauenkirchen

Commons: Münster Unserer Lieben Frau (Villingen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 21. August 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.villingen-muenster.de
  2. https://www.alemannische-seiten.de/deutschland/villingen-schwenningen_muenster-villingen.php
  3. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 30. Oktober 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wissen.de
  4. Werner Scheurer: Die Altäre der Offenburger Altarbauer Moroder. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 147–182, hier: S. 177 f.
  5. Jochen Schultheiß: Villingen im Wandel der Zeit: Ein altes Gotteshaus im Wandel der Jahrhunderte - Ein Gang durch 900 Jahre Baugeschichte des Villinger Liebfrauenmünsters. Hrsg.: Geschichts- und Heimatverein Villingen e.V. Jahrgang 47/2024, Dezember 2023, S. 8–35.
  6. Glockeninspektion Erzbistum Freiburg: Kath. Münster Unserer Lieben Frau in Villingen
  7. Glockenspiel (Memento desOriginals vom 20. Dezember 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.100prozent-vs.de
  8. Informationen zum Carillon auf der Website der Gemeinde
  9. Schwarzwälder Bote, 18. August 2020: Münsterglocke mit spektakulärer Aktion aus Turm geholt
  10. http://www.muensterkonzerte.de/aktuell

Koordinaten: 48° 3′ 37,2″ N, 8° 27′ 29,8″ O

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