Villa Seligmann
Die Villa Seligmann ist ein ehemaliges großbürgerliches Wohnhaus in Hannover. Es steht an der Eilenriede im Stadtteil Hannover-Oststadt, Hohenzollernstraße 39.[1] Die Villa wurde 1903–1906 nach einem Entwurf des Architekten Hermann Schaedtler für Siegmund Seligmann, den jüdischen Direktor der Continental AG, und seine Familie erbaut.[1] Das denkmalgeschützte Gebäude[2] dient heute als Schauplatz für Konzerte und andere Veranstaltungen.
Baubeschreibung
Hermann Schaedtler entwarf den stark gegliederten, zweigeschossigen Baukörper aus Sandstein[3]-Quadern in neobarocken Formen unter hohem Mansarddach. Große Bedeutung hat das Gebäude heute auch durch seine[2] reichhaltige, nahezu vollständig erhaltene Innenausstattung.[3] Aus der Zeit um 1910 existiert eine Ansichtskarte von der Einrichtung des Herrenzimmers.[1]
Die freistehende Villa „auf einem der größten Grundstücke der sonst dichten Villenbebauung an der Eilenriede“ wurde zusätzlich mit einer Park-ähnlichen Gartenanlage nach Plänen des hannoverschen Gartendirektors Julius Trip geschmückt.[1] Das Gelände wurde mit „schönen Baumgruppen“ besetzt; an der seitlich vorgesetzten, halbkreisförmigen Auffahrt fand sich ein „qualitätvoller Brunnen, dessen mit maurischen und Jugendstil-Ornamenten geschmücktes Becken auf fünf Säulen“ aufsaß.[2]
Geschichte
Schon kurz nach der Fertigstellung der Villa[3] wurde während des Kaisermanövers 1907 der belgische Thronfolger Prinz Albert in der Villa Seligmann einquartiert.[1] Doch noch nach dem Tode von Siegmund Seligmann[4] blieb das Gebäude bis 1931 Wohnsitz der Familie, die die Immobilie dann aber wegen hoher Unterhaltskosten und Steuerlasten der Stadt Hannover schenkte.[1]
Die nun städtische Villa wurde zunächst als Depot für Exponate des damaligen Kestner-Museums verwendet. 1939, im Jahr des Beginns des durch die Nationalsozialisten heraufbeschworenen Zweiten Weltkriegs, wurde das Gebäude für Dienststellen der Wehrmacht umgenutzt und zusätzliche Baracken aufgestellt.[1] Die Luftangriffe auf Hannover überstand die Villa Seligmann nahezu unbeschadet[3] und wurde nach dem Einmarsch US-amerikanischer und britischer Truppen in Hannover[5] 1945 Sitz des Landesernährungsamtes.[1]
Ab 1962 diente die Villa Seligmann kulturellen, insbesondere musikalischen Zwecken, zunächst als Außenstelle der Niedersächsischen Hochschule für Musik und Theater und rund zwölf Jahre später, ab 1974, als Verwaltungs-, Unterrichts- und Konzertgebäude der städtischen Musikschule der Landeshauptstadt Hannover.[1]
Nachdem der Musiker und Professor Andor Izsák bereits 2006 seine Schrift Geschichte und Vision. 100 Jahre Villa Seligmann herausgegeben hatte,[6] erwarb die Siegmund-Seligmann-Stiftung die Immobilie[7] am 17. Januar 2012[8]. Seitdem dient sie als Sitz des mit der Musikhochschule Hannover verbundenen Europäischen Zentrums für jüdische Musik und wird für Konzerte und Ausstellungen genutzt.
Ausstellungen
- 2012, 13. November – 1. Dezember: „Heben Sie das gut auf!“ – Die Rettung der Sammlung Oberkantor Nathan Saretzki.
- 2013, 15. April bis 31. Oktober: Verbrannte Bücher – Verbrannte Noten
- 2013: Israel Alter, der letzten Oberkantor von Hannover.
- 2014, 26. Januar – 6. Mai: Synagoge und Tempel – 200 Jahre jüdische Reformbewegung und ihre Architektur[9]
Medienecho (Auswahl)
- Beate Roßbach: Hannover / Harmonie und Hartnäckigkeit. In: Jüdische Allgemeine. Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und jüdisches Leben vom 1. Dezember 2011 (juedische-allgemeine.de Abschrift).
Siehe auch
Literatur
- Andor Izsák (Hrsg.): Geschichte und Vision. 100 Jahre Villa Seligmann. (herausgegeben von der Siegmund-Seligmann-Stiftung) gutenberg beuys, Hannover 2006, passim.
- Gerd Weiß: Hohenzollernstraße. (mit Abbildungen u. a. des Brunnens). In: Hans-Herbert Möller (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Band 10.1. ISBN 3-528-06203-7, S. 167 ff.
- Addendum Oststadt. In: Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege), Stand 1. Juli 1985. Stadt Hannover, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, S. 11 f.
- Peter Schulze: Villa Seligmann. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 644.
- Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hohenzollernstraße 39. In: Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon. S. 152.
Weblinks
- Karoline Grothe: Die Villa Seligmann - Ein Ort mit Geschichte. (Memento vom 3. Dezember 2016 im Internet Archive) ndr vom 16. Januar 2012
- Homepage Villa Seligmann
- Siegmund Seligmann Stiftung
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ a b c d e f g h i Peter Schulze: Villa Seligmann In: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 644.
- ↑ a b c Gerd Weiß: Hohenzollernstraße In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Band 10.1. ISBN 3-528-06203-7, S. 167 ff.
- ↑ a b c d Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hohenzollernstraße 39 In: Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon. S. 152.
- ↑ Waldemar R. Röhrbein: Seligmann, Siegmund. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 331 f.
- ↑ Klaus Mlynek: Zweiter Weltkrieg. In: Stadtlexikon Hannover, S. 694 f.
- ↑ Andor Izsák (Hrsg.): Geschichte und Vision. 100 Jahre Villa Seligmann. Hannover 2006.
- ↑ Abweichend von der Webseite der Siegmund-Seligmann-Stiftung nennt das Stadtlexikon Hannover das Jahr 2008 (statt 2006) als Jahr des Eigentümerwechsels.
- ↑ Andor Izsak: Siegmund Seligmann Stiftung (villa-seligmann.de).
- ↑ Jochen Litterst (Vors.): Willkommen! Welcome! auf der Seite bet-tfila.org, zuletzt abgerufen am 27. Januar 2014.
Koordinaten: 52° 23′ 4,3″ N, 9° 45′ 17,5″ O
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