Vijñānavāda
Vijñānavāda (Bewusstseinslehre), auch Cittamātra (Nur-Geist) oder Yogācāra (Yoga-Praxis) genannt, ist eine von Asanga und Vasubandhu ca. im 4. Jh. gegründete philosophische Schule des Mahāyāna-Buddhismus. Die zentrale Lehre dieser Schule besagt, dass alle wahrnehmbaren Phänomene nur auf Grundlage des Geistes entstehen und als solche substanzlos sind. Infolgedessen werden alle Wahrnehmungen als geistige Projektionen eingestuft.
Nach der Lehre des Vijñānavāda bestehen alle Dinge nicht im Sinn manifester Wirklichkeit, sondern nur als geistige Phänomene des Bewusstseins (vijñāna). In den Gedanken und Vorstellungen schaffen wir uns eine vermeintlich »reale« Welt, die in Wahrheit aber nur in der kreativen Phantasie des Betrachters besteht. Alles ist nur Bewusstsein, nur Geist (citta) (lateinisch esse est percipi) und nicht wirklich. Den Dingen kommt deshalb kein Eigensein, keine eigentliche Realität zu. Die Welt ist nichts mehr als eine mentale Konstruktion, somit nur Traum, nicht seiend. Nichtseiend ist aber auch der Träumer (Ich), denn ist die Welt nur Traum, dann ist auch der Träumer (Ich) nur geträumt. Mit dieser Auffassung vertritt der Vijñānavāda einen konsequenten Idealismus.
Die Denkschule des Vijñānavāda erlosch in Indien mit dem Niedergang des Buddhismus in seinem Heimatland im 12. Jahrhundert. Einige Elemente leben aber weiter im chinesischen Faxiang, dem japanischen Hossō-shū und dem tibetischen Vajrayāna.
Zusammen mit der Mādhyamaka hat der Vijñānavāda wie kein anderes System das Denken des Mahāyāna tief zu durchdringen vermocht.
Literatur
- Kochumuttom, Thomas A. (1999), A buddhist Doctrine of Experience. A New Translation and Interpretation of the Works of Vasubandhu the Yogacarin, Delhi: Motilal Banarsidass
- Keenan, John (2000), Scripture on the Explication of the Underlying Meaning, Berkeley: Numata Center, ISBN 1886439109
- Chilton, Lee; Oldmeadow, Peter (2009). Louis de La Vallée Poussin, Theodore Stcherbatsky, and Tibetan Tradition on the Place of the Absolute in Yogacara Buddhism, Journal of Religious History Vol. 33, No. 2.
- Choi, Jong-Nam (2001). Die dreifach Schulung (Siksa) im frühen Yogacara. Der 7. Band des Hsen-yang sheng-chiao lun, Alt- und Neu-Indische Studien Band 54. ISBN 978-3-515-07874-0
- Lusthaus, Dan (2002), Buddhist Phenomenology: A Philosophical Investigation of Yogācāra Buddhism, RoutledgeCurzom. ISBN 0700711864
- Lévi, Sylvain, trad. (1911): Mahāyāna-Sūtrālaṃkāra: exposé de la doctrine du Grand Véhicule selon le système Yogācāra / Asaṅga. Éd. et trad. d'après un manuscrit rapporté du Népal - Tome 2: Traduction, introduction, index. - Paris : Librairie Honoré Champion. Gallica, Bibliothèque Nationale de France (PDF 20,9 MB)
- Kalupahana, David J. (1992), The Principles of Buddhist Psychology, Delhi: ri Satguru Publications
- Cook, Francis H. (1999). Three Texts on Consciousness Only, Numata Center for Buddhist Translation and Research, Berkeley.
- Stcherbatsky, Theodore (1936). Mathyanta-Vibhanga, "Discource on Discrimination between Middle ans Extremes" ascribed to Bodhisattva Maiteya and commented by Vasubhandu and Sthiramathi, translated from the sanscrit, Academy of Sciences USSR Press, Moskow/Leningrad. Digitalisat (Memento vom 30. Januar 2014 im Internet Archive)
Weblinks
- Basic features of the Gelug Chittamatra System (englisch)
- Yogācāra Buddhism Research Association (englisch)
- Zim, Robert 1995, Basic ideas of Yogacara Buddhism aufgerufen am 23. August 2013