Vierte Flottille (Volksmarine)

Flagge eines Konteradmirals als Chef der 4. Flottille

Die 4. Flottille der Volksmarine der DDR war ein gemischter Verband der Volksmarine. Sie war eine von drei Flottillen der Volksmarine und wurde 1956 gegründet. Sie war im Marinestützpunkt Hohe Düne stationiert und wurde am 2. Oktober 1990 aufgelöst.

Geschichte des Verbandes

Geschichte des Verbandes bis zum Mauerfall, 1956 bis 1989

(c) Bundesarchiv, Bild 183-1982-0429-034 / CC-BY-SA 3.0
1982 – Wehrpflichtige der 4. Flottille werden ins Zivilleben entlassen.

Mit Befehl 4/56 des Ministers für Nationale Verteidigung der DDR, Generaloberst Willi Stoph, wurde Anfang 1956 mit der Bildung der Seestreitkräfte der DDR begonnen. Die bereits bestehenden Einheiten der Volkspolizei zur See wurden dem Kommando der Nationalen Volksarmee unterstellt und bildeten den Grundstock der neuen Seestreitkräfte. (Siehe auch Geschichte der Volksmarine)

Aus dem Stab und einigen Einheiten der „Flottenbasis West“ der Volkspolizei wurde am 4. Dezember 1956 die 4. Flottille der Volksmarine auf einem ehemaligen Flugplatz in Rostock-Hohe Düne aufgestellt. 1957 und 1958 wurden Unterkünfte und Einrichtungen für das Personal eingerichtet, und die Stationierung der ersten Schiffe begann. In den Anfangsjahren bestand die Aufgabe des Verbandes hauptsächlich in der Instandsetzung und Erweiterung der Gebäude und Straßen auf dem nach dem Zweiten Weltkrieg als Folge des Potsdamer Abkommens stark zerstörten Stützpunkts. Außerdem wurden Seeminen in den Gewässern um Warnemünde geräumt.[1]

9. November 1989 bis 2. Oktober 1990

In Vorbereitung auf die deutsche Wiedervereinigung und dem damit verbundenen Ende der DDR befahl das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung am 31. August 1990 die Entmunitionierung der Gefechtsfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge. Am 2. Oktober 1990, dem Vortag der deutschen Wiedervereinigung, wurde die Nationale Volksarmee (NVA) mit ihren Teilstreitkräften aufgelöst. Die Soldaten und Mitarbeiter traten am 2. Oktober zum letzten Mal als Angehörige der 4. Flottille der Volksmarine an, als bei einer Zeremonie die Flaggen der Volksarmee und der Volksmarine eingeholt wurden.[1]

Nach dem 3. Oktober 1990

Am 3. Oktober 1990 übernahm der Bundesminister der Verteidigung Gerhard Stoltenberg die Befehls- und Kommandogewalt über die in der Bundeswehr aufgegangenen Teile der aufgelösten NVA. Reste der 4. Flottille wurden in die Bundesmarine im Marinekommando Rostock übernommen und nach kurzer Zeit außer Dienst gestellt.

Gliederung

Eine Flottille der Volksmarine setzte sich aus Brigaden zusammen, die wiederum in Abteilungen untergliedert waren. Diesen Abteilungen waren die Schiffe zugeteilt. Die 4. Flottille bestand aus einer Küstenschutzschiff- und einer Sicherungsbrigade, außerdem unterstanden ihr zwei Abteilungen direkt.

4. Küstenschutzschiffsbrigade

Stander eines Brigadechefs

Die 4. Küstenschutzschiffsbrigade bestand aus den Küstenschutzschiffen der Volksmarine. Das waren zunächst vier Fregatten der Riga-Klasse und später drei Fregatten des Projekts 1159. Zunächst noch als 4. Küstenschutzschiffsabteilung bezeichnet, wurde der Verband 1980 zur Brigade umstrukturiert.

4. Sicherungsbrigade

Küstenschutzschiff Berlin, Hauptstadt der DDR (Projekt 1159)

Die 4. Sicherungsbrigade bestand aus Minensuch- und U-Boot-Abwehreinheiten die in vier Abteilungen gegliedert waren. Zusätzlich gehörte zu dieser Brigade auch ein Schulschiff.

4. Sicherstellungsschiffsabteilung

Stander eines Abteilungschefs

Die 4. Sicherstellungsschiffsabteilung bestand aus Schleppern, verschiedenen Versorgungsschiffen und einem Wohnschiff. Sie wurde bis 1986 als 4. Hilfsschiffs- und Bergungsdienstabteilung geführt, bevor sie umbenannt wurde.

4. Vermessungsschiffsabteilung

Die 4. Vermessungsschiffsabteilung diente im Wesentlichen dem Seehydrographischen Dienst der DDR und bestand aus Vermessungsschiffen die hydrografische Vermessungen vornahmen und aus Aufklärungsschiffen für die Funkaufklärung. Zu letzteren zählten die Aufklärer des Projekts 65.2 Meteor und Komet (modifizierte Schiffe der Kondor-Klasse). Zur Gruppe der Vermessungsschiffe gehörte z. B. die Karl Friedrich Gauss, Projekt 136, eine modifizierte Kondor-II-Klasse.

Unfälle und Vorkommnisse

Am 2. November 1962 kollidierten ein MLR-Schiff der 4. Flottille vom Typ Krake (Bordnummer 221) und das Minensuchboot „Minden“ der Bundesmarine (Bordnummer M1085) als Folge von Fehleinschätzungen der Kommandanten um 21.32 Uhr nördlich von Warnemünde. Beide Schiffe wurden am Bug beschädigt, zu Personenschäden kam es nicht.[2]

Am 8. Juli 1980 kam es südlich von Gedser zu einer Kollision. Das Vermessungsschiff Komet (Kondor-II-Klasse), 4. Vermessungsschiffsabteilung, lief von Backbord kommend, hart vor dem Bug des dänischen Marinekutters MHV-94 her. Die Schiffe verkeilten sich kurz, auf der Komet wurde die Reling verbogen, MHV-94 wurde im Bugbereich ein Leck oberhalb der Wasserlinie gerissen. Es kam zu keinen Personenschäden, aber zu heftiger diplomatischer Aktivität und Berichten in der dänischen Presse, da die Komet die Seeverkehrsregeln missachtet hätte. Die DDR teilte den dänischen Behörden dagegen mit, die Schuld für den Vorfall liege klar bei MHV-94.[3]

Einheiten des Verbandes

Die 4. Flottille beheimatete die größten Kriegsschiffe der Volksmarine, die Küstenschutzschiffe (KSS), nachdem diese aus der 6. Flottille ausgegliedert worden waren. Bis zu ihrer Außerdienststellung waren das die KSS des Projekts 50 und später die des Projekts 1159.

Kampfschiffe

[4]

KlassenbezeichnungVM-internes KürzelProjekt-Nr.NATO-BezeichnungVM-BezeichnungAnzahlDienstzeit
KüstenschutzschiffKSSProjekt 50Riga-Klasse-4 Schiffe1965 bis 1977
KüstenschutzschiffKSSProjekt 1159Koni-Klasse-3 Schiffe1978 bis 1990
U-Boot-AbwehrschiffUAW-SchiffProjekt 133.1-Parchim-Klasse8 Schiffebis 1990
Minensuch- und RäumschiffMSR-SchiffProjekt 89.2Kondor-II-Klasse-12 Schiffebis 1990
Minenleg- und RäumschiffMLR-SchiffProjekt 15-Krake-Klasse-bis 1969
U-Boot-AbwehrbootUAW-BootProjekt 201M---bis 1976
U-Boot-AbwehrschiffUAW-SchiffProjekt 12Hai-KlasseHai-Klasse-bis 1982
MotorschulschiffSSProjekt 888Wodnik-KlasseWilhelm Pieck1 Schiff1976 bis 1990

Hilfsschiffe

[5][6]

Das Aufklärungsschiff Jasmund 1986 beim Beobachten eines NATO Manövers
KlassenbezeichnungTypProjekt-Nr.NATO-BezeichnungVM-BezeichnungAnzahlDienstzeit
ReedeschlepperSchlepperProjekt 270-Havel-Klasse2 Schiffe-
ReedeschlepperSchlepperProjekt 414-Zander-Klasse2 Schiffe-
VersorgungsschiffHochseeversorgerProjekt 602Darss-KlasseMS „Darss“ E 441 Projekt 602/131// // MS „Kühlung“ P 441 Projekt 602/1342 SchiffeMS „Darss“ von 01/1983 bis 11/1991
VermessungsschiffAufklärungsschiffProjekt 65.2Kondor-KlasseMeteor, Komet2 Schiffebis 1990
VermessungsschiffAufklärungsschiff--Hydrograph1 Schiffbis 1985
VermessungsschiffAufklärungsschiffProjekt 602Darss-KlasseJasmund1 Schiff1985 bis 1990
TankschiffTankerProjekt 1545-Baskunchak-Klasse Tanker „Usedom“ // Riems-Klasse Tanker „Poehl“2 Schiffe-
HafentankfahrzeugBinnentankerProjekt 2855/56-Königs-Klasse1 Schiff-
Schwimmender StützpunktWohnschiffProjekt 162-Ohre-Klasse1 Schiff-
(c) Bundesarchiv, Bild 183-L0618-027 / CC-BY-SA 3.0
Im Juni 1976 besucht Fidel Castro Einheiten der 4. Flottille in Rostock

Weitere Einheiten

  • Wachkompanie 4
  • Kraftfahrzeugkompanie 4
  • Seehydrographischer Dienst 4
  • 4. Seehydrographische Schiffsgruppe
  • Teile Seehydrographischer Dienst 4 (Tonnenhof)
  • Raketentechnische Abteilung / Kompanie 4
  • Lehrbasis 4
  • Munitionslager 4
  • Marinepionierzug 4(im Objekt 2)
  • Marine Taucher 4 (im Objekt 2)
  • Flakbatterie 4 Reservisten (im Objekt 2)
  • Chemischer Dienst 4
  • Nachrichtenkompanie 4
  • Kraftfahrzeuginstandsetzungszug 4
  • Auswerte-, Rechen- und Informationsgruppe 4
  • Instandsetzungsbasis 4
  • Musikkorps 4
  • Hafenkommando Darßer Ort
  • Versorgungs- und Ausrüstungslager 4
  • Zug Chemische Abwehr 4, ZChA-4 (im Objekt 2)
  • HBTD – Hafenbau Techn. Dienst (Pioniere)
  • BD – Bergungsdienst (Taucher)
  • CD – Chem. Dienst (Aufklärer)

Kommandeure der Flottille

  • 1. Mai 1956–31. Oktober 1956 Fregattenkapitän Neumeister, Hellmut
  • 1. November 1956–31. Dezember 1958 Fregattenkapitän Kühn, Walter – ab 1958 Kapitän zur See
  • 1. Januar 1959–31. Dezember 1961 Fregattenkapitän Streubel, Johannes – ab 1960 Kapitän zur See
  • 1. Januar 1961–30. November 1964 Fregattenkapitän Notroff, Fritz – ab 1964 Kapitän zur See
  • 1. Dezember 1964–31. Mai 1971 Fregattenkapitän Bernig, Herbert – ab 1969 Kapitän zur See
  • 1. Juni 1971–30. März 1976 Kapitän zur See Richter, Waldemar
  • 1. Mai 1976–30. November 1980 Kapitän zur See Kahnt, Klaus – ab 1979 Konteradmiral
  • 1. Dezember 1980–30. Juni 1985 Kapitän zur See Rödel, Rolf – ab 1983 Konteradmiral
  • 1. Juli 1985–31. Januar 1990 Kapitän zur See Müller, Gerhard – ab 1989 Konteradmiral
  • 1. Februar 1990–2. Oktober 1990 Kapitän zur See Fechner, Hans-Joachim

Einzelnachweise

  1. a b Geschichtsabriss der Kasernenanlage "Hohe Düne" in Warnemünde (Memento vom 13. Mai 2009 im Internet Archive) Roberto Roth über den Standort Hohe Duene
  2. http://www.kss-wismar.de/kw/bilder/begegnungen/marineforum2008-01.pdf Begegnungen von Bundesmarine und Volksmarine auf See, PDF, gesichtet am 21. Juni 2009
  3. Østtysk minestryger påsejler dansk hjemmeværnskutter (Memento vom 6. Januar 2010 im Internet Archive), Ereignisse und Bilder auf navalhistory.dk, dänisch, gesichtet am 14. Juni 2009
  4. http://www.mks-kss.de/index.php?page_id=22 Zeittafel der KSS auf mks-kss.de, gesichtet am 20. Juni 2009
  5. Schiffsprojekte der Volksmarine (Memento vom 14. September 2005 im Internet Archive), Namen und Kennungen von Roberto Roth
  6. Stützpunkt Warnemünde (Memento vom 31. Juli 2009 im Internet Archive), freundeskreis-schnellboote-korvetten.de, gesichtet am 1. Juli 2009

Literatur

  • Manfred Röseberg: Schiffe und Boote der Volksmarine der DDR. 2. durchgesehene Auflage. Ingo Koch Verlag, Rostock 2002, ISBN 3-935319-82-7.
  • R. Fuchs: Genosse Matrose! BS-Verlag, Rostock, ISBN 3-89954-196-0.

Weblinks

Koordinaten: 54° 10′ 34″ N, 12° 7′ 8″ O

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Bundesarchiv Bild 183-1982-0429-034, Rostock, Volksmarine, Verabschiedung.jpg
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Rostock, Volksmarine, Verabschiedung

ADN-ZB Sindermann 29-4-82 Rostock: NVA-Angehörige in die Reserve versetzt

Der Klang von Typhons von den Kampfschiffen im Verband Rödel der Volksmarine entbot den in die Reserve versetzten Besatzungsmitgliedern einen akustischen Abschiedsgruß.
Pennant of chief of detachment VM (East Germany).svg
Stander eines Abteilungschefs der Volksmarine der Deutschen Demokratischen Republik.
Flag of warships of VM (East Germany).svg
Dienstflagge für Kampfschiffe und -boote der Volksmarine der Deutschen Demokratischen Republik
Jasmund1986.jpg
A starboard beam view of the East German intelligence ship JASMUND observing NATO ships during Exercise NORTHERN WEDDING 86.
East German frigate Berlin underway on 1 October 1985 (6409381).jpg
The East German Volksmarine frigate Berlin (142) underway near NATO ships participating in "Exercise BALTOPS '85".
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-L0618-027 / CC-BY-SA 3.0
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Rostock, Fidel Castro bei Volksmarine

ADN-ZB/Koard/18.6.72/Rostock: Castro Herzlich wurde die von Fidel Castro, Erster Sekretär des ZK der KPK und Ministerpräsident der revolutionären Regierung der Republik Kuba (l.), geleitete Partei- und Regierungsdelegation in einem Verband der Volksmarine begrüßt. Obermaat Ernst Krietsch (2.v.r.), Elektromonteur aus Halle, überreichte dem Gast einen Strauß Rosen als Willkommensgeschenk. Die Delegation wurde von Werner Lamberz, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED (2.v.l.) und weiteren Persönlichkeiten begleitet.

Abgebildete Personen:

  • Castro, Fidel: Ministerpräsident, Vorsitzender der KP, Kuba
  • Lamberz, Werner: Politbüro des ZK der SED, Leiter der Abteilung Agitation beim ZK, DDR (GND 124666779)
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Die Flagge eines Konteradmirals der Volksmarine der Deutschen Demokratischen Republik.
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Der Stander eines Brigadechefs der Volksmarine der Deutschen Demokratischen Republik.