Victoria (Schiff, 1519)

Victoria
Nachbau der Victoria
Nachbau der Victoria
Schiffsdaten
SchiffstypNao
Stapellauf1519
Verbleib1527 gesunken
Schiffsmaße und Besatzung
Länge28 m (Lüa)
Breite7,5 m
Tiefgangmax. 2 m
 
Besatzung43 Mann
Takelung und Rigg
TakelungNao
Anzahl Masten3
Bewaffnung ab 1
  • 10 × Kolubrinen

Die Victoria war eines von fünf Schiffen der Armada von Ferdinand Magellan, der 1519 im Auftrag der spanischen Krone in See stach, um einen westlichen Seeweg zu den Molukken zu finden. Als einziges Schiff der Armada kehrte die Victoria 1522 von Ostasien auf dem Weg durch den Indischen Ozean und um das Kap der Guten Hoffnung nach Spanien zurück und vollbrachte so die erste historisch belegte Erdumrundung.

Aufbau

Nachbau der Victoria im Museo Nao Victoria, Punta Arenas, Chile

Die Victoria war eine Karacke bzw. Nao mit drei Masten sowie Marsstengen auf Fockmast und Großmast. Diese waren mit jeweils zwei Rahsegeln belegt, der Besanmast mit einem Lateinersegel ausgestattet. Ein weiteres Rahsegel unter dem Bugspriet (eine sogenannte „Blinde“) komplettierte die Besegelung.

Geschichte

Anschaffung

Die Victoria hieß ursprünglich Santa María und gehörte einer Reederfamilie aus der baskischen Hafenstadt Ondarroa. Im September 1518 ließ die spanische Regierung das Schiff, das im Hafen von Cádiz lag und bereits für eine Fahrt nach London beladen war, für Magellans Molukken-Expedition beschlagnahmen und die Vorbesitzer mit 800 Dukaten entschädigen. Über die Enteignung ist im Archiv der Notare von Sevilla ein Vertrag erhalten.[1] Darin erklärt einer der Vorbesitzer, ein gewisser Pedro de Arismendi, dass ihm das Schiff gegen seinen Willen weggenommen worden und die als Entschädigung gezahlte Summe zu niedrig sei.[2] Nach der Enteignung wurde das Schiff in Santa María de la Victoria umbenannt, zu Ehren eines Heiligenbildes, das damals im gleichnamigen Konvent des Paulanerordens in Triana verehrt wurde und das sich heute im Karmeliterkonvent Santa Ana, ebenfalls in Triana, befindet. Seit seiner Umbenennung wird das Schiff meistens nur mit der Kurzform Vitoria oder Victoria bezeichnet.

Die erste Weltumsegelung

Am 20. September 1519 segelte das Geschwader von Sanlúcar de Barrameda in Spanien ab. Luis de Mendoza war der Kapitän der Victoria. Mendoza kam bei einer Meuterei am 1. April 1520 in Puerto San Julián ums Leben. Nach Magellans gewaltsamem Tod am 27. April 1521 auf der Philippineninsel Mactán übernahm zunächst der frühere Profos der Armada, Gonzálo Gómez de Espinosa, das Kommando über die Victoria. An der Nordspitze Borneos wurde das Kommando dem Bootsmann Juan Sebastián Elcano übertragen, der es bis zur Rückkehr nach Spanien innehatte. Kurz vor Ende der Reise nahmen die Portugiesen auf Santiago (Kap Verde) einen Teil der Besatzung gefangen. Hunger und Skorbut dezimierten die Mannschaft, das Schiff war in einem erbärmlichen Zustand und musste am Ende rund um die Uhr gelenzt werden.[3] Am 6. September 1522 erreichte die Victoria Sanlúcar de Barrameda, ihren Ausgangshafen an der Mündung des Guadalquivir. Von den ursprünglich 237 Expeditionsteilnehmern erreichten lediglich 18 Europäer und vier Asiaten den heimatlichen Hafen. Die erste Weltumseglung war vollendet. Sie hatte zwei Jahre, 11 Monate und zwei Wochen gedauert und 25 Tonnen an Gewürzen (v. a. Nelke und Zimt) mit heimgebracht. Anders als oft behauptet, reichte der Erlös aus ihrem Verkauf nicht hin, um die Kosten des Unternehmens zu decken.[4]

Das Ende des Schiffes

Nach ihrer Rückkehr von den Molukken wurde die Victoria im Februar 1523 in Sevilla meistbietend versteigert.[5] Den Zuschlag erhielt ein Kaufmann aus Genua, der das Schiff wieder flottmachen und 1525 für eine Atlantiküberfahrt nach Santo Domingo ausrüsten ließ. Der spanische Geschichtsschreiber Gonzalo Fernández de Oviedo y Valdés berichtet, dass die Victoria noch zwei Seereisen nach Santo Domingo unternahm, von der zweiten Reise aber nicht zurückkehrte, „so dass man nie wieder etwas von ihr oder den Leuten, die auf ihr fuhren, gehört hat“.[6]

Im Jahre 1524 brach Juan Sebastián Elcano abermals zu den Molukken auf unter dem Oberkommando von García Jofre de Loaísa.

Mannschaftslisten

Ausschnitt aus der Karte Maris Pacifici von Abraham Ortelius (1589) mit stilisierter Zeichnung der Victoria

Überlebende an Bord der Victoria, die am 6. September 1522 in Sanlúcar eintrafen

  • Juan Sebastián Elcano, Kapitän, zuvor Schiffmeister der Concepción
  • Antonio Pigafetta, Sobresaliente[7] und Verfasser einer Reisebeschreibung (Italiener)
  • Juan de Acurio, zuvor Bootsmann der Concepción
  • Francisco Albo, Steuermann, zuvor Bootsmann der Trinidad
  • Juan de Arratia, Schiffsjunge der Victoria
  • Hernando de Bustamente, zuvor Barbier der Concepción
  • Diego Gallego, Matrose der Victoria
  • Antón Hernández Colmenero, zuvor Matrose der Trinidad
  • Vasco Gómez Gallego, zuvor Schiffsjunge der Trinidad
  • Martín de Judicibus, zuvor Büttel der Concepción (Italiener)
  • Nicolas Griego, Matrose der Victoria (Grieche aus Nauplia)
  • Miguel de Rodas (Rhodos), Steuermann, zuvor Bootsmann der Victoria
  • Francisco Rodrigues, zuvor Matrose der Concepción (Portugiese)
  • Hans aus Aachen, Artillerist der Victoria (erster deutscher Weltumrunder)
  • Juan Rodríguez de Huelva, zuvor Matrose der Concepción
  • Miguel Sánchez de Rodas (Rhodos), Matrose der Victoria
  • Juan de Santandrés, zuvor Schiffsjunge der Trinidad
  • Juan de Zubileta, Page der Victoria
  • drei namentlich nicht bekannte Passagiere aus Südostasien[8]

Auf den Kapverdischen Inseln Gefangene, die später nach Spanien überführt wurden

  • Martín Méndez, Schiffschreiber
  • Roldan de Argote, Artillerist
  • Ricarte de Normandia, Zimmermann
  • Juán Martín, Sobresaliente
  • Simón de Burgos, Sobresaliente
  • (Maestre) Pedro, Sobresaliente
  • Felipe de Rodas (Rhodos), Matrose
  • Gómez Hernández, Matrose
  • Ocacio Alonso, Matrose
  • Pedro Tolosa, Schiffsjunge
  • Pedro Chindurza, Schiffsjunge
  • Vasquito Gallego, Page
  • Manuel, aus Melaka gebürtiger Christ, der in Tidore an Bord gekommen war[9]

Liste späterer Rückkehrer (Weltumrunder)

Neben der Besatzung der Victoria schafften es auch einige wenige Überlebende der Trinidad, die auf den Molukken in portugiesische Gefangenschaft geraten waren, zurück nach Europa und waren damit ebenfalls Weltumrunder. Die letzten Überlebenden der Trinidad kamen über Lissabon (Januar 1527) nach Kerkerhaft im August 1527 zurück nach Spanien:

  • Gonzalo Gómez de Espinosa
  • Ginés de Mafra
  • Hans Barge, Deutscher (zweiter deutscher Weltumrunder, in Lissabon in Kerkerhaft verstorben)
  • Leone Pancaldo aus Savona, Italiener (als blinder Passagier auf portugiesischen Schiffen zurückgekehrt)
  • Juan Rodríguez (el Sordo) (1525 als erster Gefangener der Portugiesen von Kochi nach Europa verschifft, und aufgrund seines hohen Alters – er war mit 58 Jahren der älteste Teilnehmer der Expedition – nach kurzer Kerkerhaft in Lissabon freigelassen und nach Sevilla zurückgekehrt)[10]

Namensgebung

Nach dem Schiff ist der Marskrater Victoria benannt.

Weblinks

Literatur

  • Antonio Pigafetta: Ein Augenzeugenbericht der ersten Weltumsegelung. Edition Erdmann, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-811-6.
  • Attilio Cucari: Segelschiffe – Die Königinnen der Meere, Geschichte und Typologie. Bassermann Verlag, München 2008 (Italienische Originalausgabe: Velieri, Mondadori Electra S.p.A. Milano 2004)
  • Antonio Pigafetta: Die erste Reise um die Welt. An Bord mit Magellan. Erstmals vollständig übersetzt und kommentiert von Christian Jostmann, wbg Edition, Darmstadt 2020, ISBN 978-3-534-27217-4.
  • Christian Jostmann: Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde. München 2019. ISBN 978-3-406-73443-4.

Einzelnachweise

  1. ARCHIVO DE PROTOCOLOS DE SEVILLA, auf ARCHIVO DE PROTOCOLOS DE SEVILLA
  2. Fernando Agirre Aramaio: Munduari buelta eman zion NAO VICTORIA txaluparen erreplika ondarroan. 2015, abgerufen am 30. Oktober 2020 (spanisch).
  3. Terra X: Magellans Reise um die Erde – Das Abenteuer der ersten Weltumsegelung. Xavier Agote, Präs. d. Albaola Basque Maritime Heritage Society San Sebastian. ZDF, 13. April 2020, abgerufen am 11. April 2020.
  4. Jostmann: Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde. S. 309.
  5. Juan Gil: La almoneda de la „Victoria“. In: Suplemento de Anuario de Estudios Americanos. Sección Historiografía y Bibliografía. Band 45, Nr. 1, 1988, S. 105–116.
  6. Gonzalo Fernández de Oviedo y Valdés: Historia general y natural de las Indias, islas y tierra firme del mar océano. Internet Archive, 1851, abgerufen am 30. Oktober 2020 (spanisch).
  7. Span. wörtl. „Überzähliger“. Vgl. http://dle.rae.es/sobresaliente?m=form In den Heuerlisten von Magellans Armada wurden mit diesem Ausdruck Passagiere ohne bestimmte fachliche Funktion an Bord bezeichnet.
  8. Martín Fernández de Navarrete: Colección de los viages y descubrimientos, que hicieron por mar los espanoles desde fines del siglo XV. Band IV. Madrid 1837, S. 96.
  9. Martín Fernández de Navarrete: Colección de los viages y descubrimientos, que hicieron por mar los espanoles desde fines del siglo XV. Band IV. Madrid 1837, S. 94 (cervantesvirtual.com).
  10. Laurence Bergreen: Over the Edge of the World: Magellan’s terrifying circumnavigation of the globe. Perennial, New York, NY 2004, ISBN 978-0-06-093638-9, S. 407

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Autor/Urheber: Gnsin, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Nachbau der Victoria, einer Nao, das einzige der ursprünglich aus fünf Schiffen bestehenden Flotte Magellans, das 1522 den spanischen Ausgangshafen erreichte und somit als erstes Schiff um die Welt gesegelt war.
Fotografiert in Nagoya (Japan).
NaoVictoria.JPG
Autor/Urheber: Magallanes1, Lizenz: CC0
Replica de la Nao Victoria de Hernando de Magallanes en la ciudad de Punta Arenas